Islamismus, Genitalverstümmelung, Klimawandel, Korruption, Migration, Schleusertum und Entfremdung ("Libya"), Kolonialismus, Pan-Afrikanismus, kein Thema ist sicher vor den eingängigen Reggaesongs und wütenden, manchmal allzu simplen Statements Tiken Jah Fakolys (am Ende ist eben doch immer irgendwie Frankreich an allem Schuld). Neben internationaler Anerkennung handelte er sich damit zahlreiche Morddrohungen sowie Einreise- und Auftrittsverbote ein, was 2003 in seiner Flucht aus der Elfenbeinküste in die malische Hauptstadt Bamako gipfelte, in der er bis heute residiert und auch eine Konzertlocation samt Studio besitzt. Geboren als Doumbia Moussa Fakoly 1968 im konservativen, islamischen Norden der Elfenbeinküste, angefixt als Kind durch eine Bob Marley Kassette entscheidet er sich zur Enttäuschung seiner Familie für eine Karriere als Reggaesänger, die er allerdings erst nach dem Tod des Vaters mit Nachdruck verfolgt. Während er sich mit seinen inzwischen elf Soloalben im fankophonen Westafrika sowie Frankreich eine große Fanbasis erspielt hat und Stadien füllt, ist er in Deutschland fast unbekannt, was vermutlich vorrangig sprachliche Gründe hat. Das stilsichere englischsprachige Coveralbum "Racines" könnte deshalb ein guter Einstieg sein, "Francafrique" ist meiner Meinung nach das beste Einzelalbum, das fulminante Liveset "Live à Paris" bietet alle Hits, ich aber sage euch: Holt euch für 30 Euro direkt die komplette Box (alle Alben von 1996 bis 2015 inklusive besagtem Livealbum sowie einer Raritäten-Sammlung), es lohnt sich. Die für 2020 geplante erste Deutschlandtour fiel leider wegen Corona aus, die neuen Termine werde ich hier ausgiebig bewerben.
Discografie: 1993: Djelys (mit Djelys) 1994: Missiri (mit Djelys) 1996: Mangercratie 1999: Cours d'histoire 2000: Le Caméléon (nur Elfenbeinküste) 2002: Francafrique 2004: Coup de Gueule 2007: L'Africain 2008: Live à Paris 2010: African Revolution 2014: Dernier Appel 2015: Racines (Cover Album) 2019: Le Monde Est Chaud
Ich habe nur die "Coup de Gueule" (die in Deutschland aber 2005 erschien, wenn ich das richtig sehe) und der habe ich damals 7/10 gegeben.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ich bastle derzeit an einer Best of für den Eigengebrauch. Ist aber gar nicht so leicht, weil die Hitdichte recht hoch und die Quote der Ausfälle gering ist. Dazu geht es stilistisch natürlich recht homogen zu, Experimente sind nicht so seins.
Eine fast komplette Werkschau gibts gerade bzw. immer noch für recht wenig Kohle. Wenn es denn nur um die Musik und nicht so sehr um die Haptik mit Linernotes etc. geht, könnten sich die 32 € durchaus lohnen. Sein neuestes Werk "Le Monde est chaud" hatte ich mir Anfang des Jahres gegönnt, es hatte mich allerdings ein wenig ernüchtert. Es ist fast schon natürlich und vollkommen ok, dass ein Reggae-Man alles Böse dieser Welt in recht deftigen Lyrics zum Thema macht. Die Musik selbst sollte allerdings -wenn möglich- dann schon ein wenig mithalten und vielleicht etwas weniger harmlos aus den Speakers tönen. Dass er seine Griot-Wurzeln wie auch einen Schuss dieses französischen HipHop in seine Musik einfließen lässt, ist auch in Ordnung und unterscheidet ihn schon ein wenig von den üblichen Verdächtigen, die normalerweise in der Karibik beheimatet sind. Dennoch: die musikalische Umsetzung geht mir manchmal ein wenig zu sehr in die Richtung "Reggae-Pop". Ein wenig roher, ein wenig rauher, vielleicht sogar eine Schippe aggressiver...das käme vielleicht besser. LFB: wenn die Suchfunktion in Ordnung ist, hatten wir Ende Januar schon einmal in anderem Zusammenhang kurz über den Mann hier gepostet.
Ja, hatten wir. Die sehr tolle Werkschau (ja, leider ohne Booklet) hatte ich im Eingangsposting doch bereits angepriesen, aber Danke fürs verlinken.
Recht poppig ist das letzte Album schon, außerdem rutschen seine Lyrics immer ins Belanglose ab, sobald er auf Englisch singt. Ist vermutlich der Preis der internationalen Karriere. Wie findest du das Coveralbum (Racines)?
Zitat von LFB im Beitrag #5Ja, hatten wir. Die sehr tolle Werkschau (ja, leider ohne Booklet) hatte ich im Eingangsposting doch bereits angepriesen, aber Danke fürs verlinken.
Recht poppig ist das letzte Album schon, außerdem rutschen seine Lyrics immer ins Belanglose ab, sobald er auf Englisch singt. Ist vermutlich der Preis der internationalen Karriere. Wie findest du das Coveralbum (Racines)?
Racines ist ein Coveralbum, das ganz sicher mehr Licht als Schatten enthält. Wenn ich mir z.B. "Slavery Days" vom alten Burning Spear anhöre, klingt die Version von TJF schon fast ein wenig schnarchig....sorry und so viel zu den Schatten. Das schon sicher tausendfach gecoverte "Get Up, Stand Up" hält sich bei TJF recht nahe am Original des großen Meisters. Marley hat da allerdings dieses Mehr an "Kifferstimme" zu bieten...was ich übrigens sehr an ihm schätze. Andererseits gefällt mir z.B. "Zimbabwe" in seiner Version etwas besser, als das Original von Marley. Hier wirkt Marley (subjektiver Eindruck) ein wenig....zu kiffermäßig. Auch "African" (Original von Tosh) hält sich relativ nahe ans Original, wirkt allerdings natürlich produktionstechnisch gesehen schon eine Spur "moderner", satter...gefällt mir gut. "One Step Forward". Hier hilft Max Romeo ein wenig mit und beide schenken sich nichts. Die Coverversion gefällt mir sehr gut, durchaus auch deswegen, weil auch hier dieses ordentliche Paket mehr an moderner Produktion für mich den Ausschlag gibt. Die Version von TJF (mit MR) klingt offener, natürlicher, weniger gepresst. Und büßt dadurch noch nicht mal diesen gewissen "Spirit" ein. Ein Song, bei dem man durchaus der Ansicht sein kann: hier arbeiten 2 Meister auf Augenhöhe. Okay, noch einer: "Hills And Valleys", im Original vom hier eher wenig bekannten Buju Banton. Auch hier gilt für mich: den gewissen Mehrwert macht die etwas satter (aber auch etwas poppiger) klingende Version vom TJF aus, obwohl das Original natürlich nicht schlecht ist, im Gegenteil. Insgesamt finde ich Racines als Coveralbum sehr gelungen, die Auswahl der Songs ist sehr ok für mich. Ich denke, wenn TJF gewollt hätte, wäre auch ein sauberes Doppelalbum möglich gewesen.
Originellerweise ist ausgerechnet "Slavery Days" für mich der Höhepunkt des Albums, diese düstere Umsetzung passt für mich besser zur Message des Songs als das eher "nur" angenehm zu hörende Midtempo-Original. Ansonsten finde ich noch "Christopher Columbus" dem ebenfalls für mich etwas zu harmlos produzierten Original deutlich überlegen. "Brigadier Sabari" und "Police and thieves" gehören dagegen schon in den Originalversionen zu meinen Lieblingssongs, deshalb haben die recht werksgetreuen Cover natürlich leichtes Spiel.
Ich habe auch mal reingehört und muss sagen, dass das eine ziemlich lahme und ziemlich seichte Angelegenheit ist. Mir gefällt keine einzige seiner Versionen besser (oder auch nur annähernd so gut) wie die bekannten Versionen. Manchmal lässt der Sound aufhören, aber das entpuppt sich dann zwar als effektvoll, aber halt ohne organische Verbindung zu den Songs.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Ja, in die hatte ich mal reingehört, als du die im "Ich höre gerade..."-Thread gelobt hattest. Einige okaye Tracks aber mir ist bei beiden Compilations die Schnittmenge zu Soul und R&B eindeutig zu groß, das brauche ich bei Reggae nicht unbedingt und empfinde die Songs als teilweise recht schnulzig. Tiken Jah Fakoly für zu seicht halten und dann eine Compilation mit Coverversionen von "Ain't no sunshine" oder "Everything I own" zu empfehlen ist aber zumindest ein innovativer Schachzug.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ja klar. "Miracle" höre ich immer mal wieder und immer noch sehr gerne.
Und bei Tiken Jah Fakoly wollte ich noch sagen, dass mir seine eigenen Songs recht gut gefallen.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)