Auch das war Teil meiner Comeback-Planung, die wurde nun vorverlegt, also fange ich mal mit dem Recap an:
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25.4.14
" Hi.
Vor ungefähr 6,5 Jahren fragte ich bei den 15-Platten-Threads noch, ob ich dafür nicht zu jung sei, würde ich zwar dreist behaupten alles gehört zu haben, unter dem Druck der weisen, ergrauten Riege der Forums-Musikhörer (ich war doch noch frisch damals, was wusste ich schon von euch) elendig zusammenbrechen. Jetzt bin ich 25, am oberen Spektrum des Attributes jung angelangt und finde, es ist an der Zeit mal ein wenig auszupacken über das, was in diesem, in meinem 1/4-Jahrhundert musikalisch mit mir passiert ist, indem ich 100 Songs feilbiete, die mir alle mindestens viel und maximal die Welt bedeuten. Die mit absurd vielen Umwegen und obskuren Trampelpfaden ausgestatteten, nie gerade verlaufenen Wege, die früh vom HipHop über Turntablism, über House, Ambient, Techno bishin zu Funk, Bloc Party, Dubstep, New Wave, allem was mal in Belgien als verrauschte Minimal Wave-Kassette erschien und allem anderen Gelump und Gelöt und Geschniesel führten.
Was ist mit Silent Alarm, das im Prinzip komplett in diese Liste muss? Ein Kompromiss muss her, hilft ja nix. Mehr als 3 Titel pro Interpret sind nicht erlaubt, bei Bloc Party sind es 5. Die Platzierungen sind besonders in den unteren Top 50 aufreizend willkürlich, ganz oben sowieso. Es gibt keine richtige Antwort auf die Frage nach dem besten Song aller Zeiten. Nur diese 100, die aktuell das Glück haben als Kandidat zu zählen und mehrere hundert andere, die gerade einfach Pech haben und ein paar Kindheitserinnerungen, die vermutlich ihren Platz brauchen, und all denen, die im Format Album wesentlich besser aufgehoben sind, was vielen Instrumental-HipHop-Platten oder allen voran Boards Of Canada das Genick bricht. Wie gut, dass noch viele weitere Listen folgen werden. Komplett, vollständig, allumfassend, sind sie ja sowieso nie.
Als 90er-Kind und 00er-Teenager, ist die Liste natürlich geprägt von diesen Jahren. Da ich die letzten Jahre (besonders 2007, 2009) als irrsinnig aufregend im Hinblick auf Entwicklungen und Fusionen und whatnot empfinde, schlawiniert sich auch das ein oder andere aktuellere Stück darein, Uraltzeug inklusive.
Mein Name ist Geronimo Röder und das sind meine 100 Songs. "
Lange müsste ich suchen, um bei einem Song zu landen, der so eine klaffende Diskrepanz zwischen oberflächlichem Cover-Abturner und ironiefreiem, von mir aus auch auch betörenden, aufrichtigen Vortrag im Angebot hat. Wie viele Abende ich schon von diesem Song zerstört wurde. Wofür ist die U8 denn bitte da, wenn nicht für „Baby“, müde Augen und eine komplett eigene Welt, die sich öffnet. Gecovert, wenn man dieses Wort bei den beiden überhaupt verwenden will, wurde das große Stück 2012 von Dean Blunt & Inga Coplenand, und was sie daraus gemacht haben, war gewohnt schnoddriger Lo-Fi-R&B (deshalb auch Closer auf meinem zweiten Prom-Mixtape). Die Platte, 1979 aufgenommen, war anfangs übrigens ein gewaltiger Flop, bzw. konnte nicht einmal einer werden, weil Donnie Joe & Emerson damals kein Label wollte. Per Zufall fiel dem Musiksammler Jackie Dee das Ding dann in die Hand und das Internet agierte, wie das Internet eben agiert und mittlerweile gibt’s einen Repress und späten Ruhm für die in der Zwischenzeit als Country-Sänger und Farmer arbeitenden Glückspilze. Ich liebe solche Storys. Und „Baby“ sowieso. Die MiB bzw. das passende Mixtape wird noch kommen. Mag den Song mittlerweile jeder kennen, ins Bett muss ich ja trotzdem alleine.
Wie willkürlich die Platzierungen sind, beweist die 99. Eigentlich VIEL weiter vorne, habe ich jetzt einfach Bock ihn zu posten, und eigentlich ist es schon schwer genug sich bei dem Grandmaster of all things Detroit zu entscheiden, aber eigentlich dann wieder nicht, denn mal ehrlich, verdammt, „Solitary Flight“. Seine immer noch wachsende Diskografie ist voller Klassiker und solcher, die es werden wollen und er nicht ganz unschudig daran, dass ich eine Geduld für Tracks aufbringen kann, die auf Dinge wartet, die nicht kommen, dabei aber Dinge auslösen, die manchmal auch Gänsehaut heißen. Gefühle und so. Unerträglich ist jedoch vor allem das Gefühl, diese niemandem in adäquatem Weg mitteilen zu können, einen unglaublichen Song vor sich zu haben, aber der einzige weit und breit zu sein, der irgendwie mitbekommt warum er SO gut ist. Es. Ist. Frustrierend. Der Track ist auf seine smarte, zurückgelehnte Art derart spektakulär, startet mit langsamen Aufbau, der nicht nur den Bass immer weiter hochzieht, sondern auch den Beat an der 1.30-Marke endlich mit dem Trademark des Songs zu paaren weiß. Ein gelooptes Sample einer orchestralen Version von ‘Memories Of Green’ des Blade Runner-Soundtrack mischt sich immer wehementer in die Machenschaften des jazzigen Pianohouse ein. (Diesen merkwürdigen Satz gibt es ab JETZT, präsentiert von Hirn). Über 10 Minuten, die nie zu lang erscheinen. Ich sitze unmotiviert auf meinem Bett mit Kopfhörer im Ohr und bin doch ganz woanders. Gänsehaut deluxe 2000. Was auch immer. Nennt es wie ihr wollt. Man. Wenn der Beat sich auf seine letzten Meter begibt und ich nach Schlusspfiff nicht weiß wohin mit mir…
98 Squarepusher The Exploding Psychology Go Plastic 2001
Wir hatten ja nichts. Nachdem ich als kleiner Stöpsel „Blair Witch Project“ gesehen hatte und mein Wohnort gefühlte drei Meter von einem Waldstück entfernt lag, wollte ich ein solches die nächsten Millenien nicht mehr betreten. Bin ja nicht bescheuert, soll die Hexe sehen wo sie bleibt. Ok, worauf ich hinaus will, ist ja eigentlich nur, dass ich ohne dieses Internet keinen Dunst hatte, worauf ich mich da einließ, ja, nicht einmal das Internet war damals so weit, so naiv und jungfräulich wie man ihnen noch die ersten viralen Mätzchen abkaufte. Ja, in Ordnung, nun die Verbindung zu Squarepusher, schon klar, keinen Stress. Jetzt hatte ich sowieso keinen Computer und ohne dieses Internet keine Chance mich nach dem Jahrtausendwechsel großartig an meiner Post-Aphex-Twin-Entdeckung zu laben und dieses sensationelle Gefrickel, dieses düstere und rhythmisch komplett durchtriebene Spektrum an Musik, das sich mir da erschloss gebührend weiterzuverfolgen, auch wenn ich tatsächlich das Gefühl nicht los wurde, das wäre „Erwachsenenmusik“, es fehlten ja nur die FSK18-Aufkleber auf der „I Care Because You Do“.
Was heute spotify, last.fm oder bestenfalls Discogs leisten, musste damals in einer krampfigen Hercules-Leistung der Magnus (sic!) meiner Heimat“stadt“ leisten. WARP hat seinen Ruf durchaus verdient, was der britische Techno diesem Label in den 90ern zu verdanken hat, ist enorm, IDM war nie eine Beleidigung und Squarepusher passte optimal auf den Aphex-Legostein (schaut den Lego-Film!). Die offensichtliche Wahl wäre vermutlich der fisselige Klicker „My Red Hot Car“, aber für mich ist „The Exploding Psychology“ der große Favorit. Heute bin ich vieles gewohnt, wenig überrascht noch (bar the Actress experience), aber damals hat mich das so fertig gemacht, das war eine so völlig andere Art von Musik für mich und als ich begriff, wieviel da noch auf mich wartet, war der Sammlertrieb entfacht.
97 Charizma & Peanut Butter Wolf Red Light, Green Light Big Shots 2003
„What is a MC if you can't rap“
Mein bester Freund und ich haben über Jahre einige wirklich unverschämt anregende Moves für die Tanzfläche komponiert, über deren Genialität weniger als zwei Meinungen zu herrschen haben. Immer wenn ich „Red Light, Green Light“ höre, und das rote Licht angeht, denke ich an den legendären Freeze, der uns zwingt unter höchster Konzentration mehrere Sekunden still und stumm zu verharren, um nach einem Countdown den Beat wieder in die Hüften zu katapultieren Ich hoffe, euch hat die Geschichte gefallen und wenn ihr nachher eure Mütter anruft und davon berichtet, dann haltet die Tränen zurück.
Anyway, das erste und auf Garantie nicht das letzte Mal, dass wir hier über Stones Throw reden, DAS Rap-Label schlechthin für mich, welches vom wahnsinnigen Plattensuchti Peanutbutter Wolf hochgezogen wurde und Legenden wie Dilla, Madlib, DOOM vereinte, mir zeigte, wie Rap-Musik auch abseitiges produzieren kann, und nebenher obskure Wave-Funk-Genialos wie James Pants an mein Ohr brachte. Angefangen hat alles mit der Madvillain, zu der wir später noch kommen, Charizmas posthumes Überalbum kam für mich dann im aftermath dazu, damals wusste ich gar nicht, dass der Wolf das Label der Legende nach für seinen zehn Jahre zuvor erschossenen Kumpel Charizma gegründet hat, denn die beiden hatten das Album Anfang der 90er schon fertig gestellt und Wolf hatte es dann in der Schublade, wollte ihm aber unbedingt die Ehre erweisen. Ich stehe so sehr auf diesen verspielten, ultracoolen Beat und ein guter Rapper war Charizma ohne jeden Zweifel. Ein riesiger Hit für mich, auch wenn der Text insgesamt eher so okay ist.
Der robotisch-discoide Beat, als würde er unendlich gehen, als würde man sich immer wieder in ihm verlaufen, um einen Moment dieser woah-Stimmung mitzunehmen. Wenn auf den ersten Ton tanzbare Musik diese Grand Canyon-tiefe Melancholie mit sich herumträgt, und diesen mächtigen Kontrast schafft, bin ich gerne dabei. In richtig epischem Umfang erlebte ich das in abstrakter Form bei der Here-EP von Deadboy 2011, die vielleicht später auch nochmal behandelt wird. So aber zunächst die ehemals unantastbaren Hot Chip, die diesen unfassbar großartigen Song auf diesem unfasslich großen Album voller Hits zum König krönten. Seit acht jahren frage ich mich worum es hier genau geht, und immer, wenn ich in Songs keine Antwort finde, denke ich mir meinen Teil und diesen Teil behalte ich in dem Fall für mich, geht nicht anders. Leider waren sie bis auf die „My Piano“-12“ ein Jahr später nie wieder so einnehmend wie 2006, aber Boy From School lässt mir heute noch einen Kloß im Hals.
She's here, Mr. Johnson. Clarence erklärt (s)einer Großmutter das funkigste Gewürm, das unter der Erde haust, und es folgen 160 Sekunden unerklärlicher Wahnsinn, der zum Glück keinerlei Sinn zu ergeben hat und für meine O-MiB 2008 gesetzt war. Grandmas Stimme in Kombination mit den hochgepitchten G-Funk-Synthesizer und Bläsern haut mich immer noch um. Komplett bescheuert, komplett großartig. Die erste Begegnung fand vor gut neun Jahren statt, als ich meine sieben Sachen packte und einen Sommer in San Andreas verbrachte. Bounce.FM ist und bleibt einer der besten Radiosender, den Rockstar je aufsetzte.
Ein bisschen Quatsch muss sein. Diese im Internetsprech verankerte Buchstabenkombination WTF ist auch in Mimik-Form zu haben und eine solch übersetzte hatte ich für dieses Stück Irgendwas in petto, als ich es erstmals hören durfte. Hosono kann man kennen, war Teil des japanischen Experimental-Trios Yellow Magic Orchestra, davon hatte ich damals aber weniger als wenig Ahnung, man schmiss mich ins eiskalte Wasser, in dem sich auch der unsportliche Hosono nicht so wohl fühlte, wenn man dem bekloppten Text glauben schenkt. Was ich hörte war ein grundabsurder Pop-Song mit einer Hook, die jeden Novelty-Factor verzehnfacht. Noch schwimmt der Song auf einer MiB, die niemals stattfand, aber gerüstet bin ich. Don’t put me in skates Ping-pong, I’m no great shakes People say I’m weak Can’t even hold her tight You are the star of the poolside Your streamline curves I can’t abide I’ll be a good sport be a good sport I’ll be a sportsman Yeah yeah yeah
Freeman: "Ah, ein Missverständnis, meinte die Songs hier."
Krolock: "Ich klinke mich zumeist nur dann ein, wenn was Besonderes anliegt. Manches kenne ich, manches nicht und bislang habe ich die mir nicht bekannten Sachen erst angespielt. Da ist es noch zu früh für eine eigene Meinung. Vom Yellow Magic Orchestra kenne ich beispielsweise alles. Fast auswendig "