Ja nun, zwar gibt es sowas wie meine recht emotionale Meinungsäußerung (bla) im aktuellen Musikexpress, aber ich will mal etwas mehr ins Detail gehen, was das ein oder andere Gefühl zu diesem Album bzw den Songs angeht. Schließlich gibt es wenige Dinge, die Emotionen so fordern wie ein neues Album der Foals. War immer so, ist so und wird immer so bleiben. Oh! Electric Shocks! No!
Irgendwie fehlt es diesem Jahr ja schon etwas an Alben, vor denen man erstmal die Wohnung aufräumt, die Tür abschließt, das Fenster schließt, sich die perfekte Position auf dem Sofa sucht, das Telefon auf lautlos stellt etc....
What Went Down ... bleibt der anstrengende Auftakt, der das Sequencing (noch) recht komisch wirken lässt. Wie in der Rezension beschrieben, kann dieser Song "funktionieren", ob er das muss ist die andere Frage. Ich kann herumspringen und brüllen und mir auf die Brust trommeln, aber will ich doch gleichzeitig verwirrt und betäubt sein, erfüllt mit tausenden Eindrücken, wofür ich sie so liebe, zackig, klirrend, klingelnd, mir selbst suspekt. Und seit Yannis mit seinen Texten alles will, beommt er eine Augenbraue, erhoben. Das ist schon ein Problem für mich, weiter entfernt war "meine" Band mir noch nie. Aber es kommt ja was ganz was feines danach.
Mountain At My Gates ...ist wieder einmal der berühmte zweite Song des Albums, steht ganz hervorragend in einer Reihe neben "Cassius", "Miami" (hört mehr TLF, ernsthaft!), "Inhaler". Letzterer hatte mich vor drei Jahren durchaus auch verwirrt, aber das im Groove erstickende Outro haute alles raus. Da hat es dieser etwas leichter, das Hin und Her zwischen Chorus und Bridge sorgt für einen Freeman ohne Sorge, ein Wechselspiel, welches auch im Club hervorragend funktioniert. Und textlich schon wesentlich eher meins. Es ist ja so, ich habe sehr häufig mit Yannis Texten gespielt, ihnen etwas weggenommen, etwas neues gegeben, um die Bedeutung für mich selbst klarer zu gestalten, meine Perspektive quasi, sehr persönlich ist das alles, sehr oft sogar, aber mit eigener Feder verstärkt. Dabei ist dieser Song nicht aus einer großen Idee geboren, sondern nur, weil im Notizbuch mal der Satz "I see a mountain at my gate" stand und ein Song daraus werden sollte. Na von mir aus.
Birch Tree ... ist dieser merkwürdige Mix aus Blood-Orange-Soulness und Hot-Chip-Catchyness. Und da ist sie, die alles ausblendende Gitarre, dieser Lauf, der mich wieder an den Sommer 2010 erinnert. Eine laid back affair ist das, etwas, das für immer und ewig wirklich nur diese Band ausmacht. Wie schön. In letzter Instanz verdammt poppig, aber so unaufdringich und das synthie-orgelige Ende am Ende unterstreicht den letzten Chorus ganz zauberhaft. Das Outro dürfte Stunden dauern.
Give It All ... ist dies Ballade, die wieder zuviel möchte, und viel besser sein könnte, wenn auch hier etwas subtiler gewerkelt werden würde. Die pumpenden Drums in der zweiten Strophe sind durchaus fies, aber diese Orient-Gitarre (for a lack of a better word), lässt mir keine Ruhe. Wie schön. Versöhnt bin ich erst wieder am Ende, denn für gepflgt eingestreute "uuh uuhs" bin ich in meinen schwachen Momenten doch zu haben. Und ein jener wird von einem starken Moment des Songs eingefordert.
Albatross ... ist dieses Monstrum an Song, das nicht nur die Hand der Versöhnung ausstreckt, dich aber dann zu sich zieht, mitreißt und einen Platz in der ersten Reihe reserviert, wenn das Ding groß, größer, am größten wird. Ein Wirbelsturm aufzieht, von mir aus darf auch an dieses PlayStation 2-Spiel gedacht werden, wie heißt das noch, in welchem alles an dir klebt, bis deine Kugel so groß wird wie das Universum, ich komm nicht drauf. Ich will das live sehen, ich will das live hören. Über die Percussions kommend, bin ich sowieso erstmal Ohr, nicht die Melodie, aber der Rhythmus bestimmt das Ding. So trommelt sich der Song immer weiter nach oben, Yannis singt dagegen an und ich bin glücklich. Sehr. Irgendwie vermischt sich am Ende alles, Anfang, Ende, jede Zeile wird über die nächste gestülpt. Die A-Seite ist fertig, ich auch. Und es gibt sie ja doch noch.
Dass das Album merkwürdig zuammengebaut ist, wirkt nur beim ersten Mal so, wenn man beide Seiten nebeneinanderlegt, wirkt das schon sehr gewollt, als würden beide ähnlich einsteigen und episch enden. Vielleicht auch eine Mixtape-Krankheit, aber ich bilde es mir zumindest ein.
Snake Oil ... ist dieser Song, über den ich irgendetwas mit "Black Keys" schrieb, und dabei beibe, es wird teilweise über verschleppte Drums gebluesrockt, wenn man so will, die Vocals werden einfach in einem ähnlichen Stil über das langgezogene Ende des Riffs gelegt, das erinnert mich doch sehr daran. Alles ganz okay, aber einfach wieder nichts, wofür ich ins Stadion gehen würde. Gespielt werden wird der wohl ca. immer. Aber ach, aber ach. Wesentlich angenehmer als "What Went Down".
Night Swimmers ... ist dieser Song, der ein Remix eines wesentlich besseren Foals-Songs sein könnte, der mit seinen über merkwürdig trampelnde House-Beats kratzenden Riffs am Ende Fragezeichen hinterlässt. Ich checke einfach nicht ganz wo hier die Reise hingeht. Das ist auch das, was mich an dieser ersten Single des dritten FF-Albums vor sechs Jahren so nervte. Ein bisschen billig ist das schon, auch wenn er natürlich "funktioniert". Aber für mich wurde das leider nicht geschrieben.
London Thunder ... ist ja diese Ballade, die wirklich funktioniert, wenn auch nicht so sehr unter die Haut wie die wirklich zu Tränen rührenden wie "A Song For You", den ich wirklich kaum hören kann, ohne, dass ich anfange zu zittern. Tja und wenn ich wieder so darüber nachdenke, dann mag ich "London Thunder" schon wieder nicht, haha. Ist aber auch unfair, sorry. Nein, der geht klar. Wie es hier zischt und schallt, und alles vor diesem Vorhang, bemalt mit den tristesten Farben aus dem Effektekabinett der Band.
Lonely Hunter ... ist so ein bisschen das "Out Of The Woods" des Albums, straight aufgebaut, keine großen Haken und Irrgärten, what you hear is what you get, ist nur nicht ganz so forsch. Sehr schöne Melodie, und diese schwere Orgel (?) im Chrorus ist wirklich wundervoll. Ich befürchte, es werden einige Abende mit diesem Song beendet werden. Die Nachbarn haben sich bereits bedankt, aber gut, zu ihrem zweifelhaften Geschmack muss hier nichts stehen, alles wird gut, alles wird Foals. Das beste kommt ja tatsächlich zum Schluss..
A Knife In The Ocean ... ist vielleicht einer der Songs des Jahres und das ist für mich fast das größte Kompliment, denn bis auf die CCTV-Sessions konnte das keiner ihrer Songs au dem Jahre 2013 wirklich behaupten. Hierzu wurde schon manches geschrieben und ich mag mich nur wiederholen. Erstmal musste ich nämlich tatsächlich an solch Unasslichkeiten wie "Glaciers" denken, an diese damals bei Nacht zusammenexperimentierten B-Seiten, dieses "mal machen", nur Jimmy und Yannis und das gute Stück wird schon werden. "A Knife In The Ocean" hat viel davon und es war auch tatsächlich der letzte Song, der überhaupt angedacht und aufgenommen wurde, und nun mag ich mir gar nicht vorstellen wie das Album ohne ihn auskommen könnte. Ganz gänsehautiger Abschluss, hübsch stolpernd, und alles ist da. Ich danke!
Hoffentlich ist in 8 - 10 Stunden der Postbote da! Die Box wird erwartet!
Wer es denn nun die letzten 24 Stunden wirklich nicht mehr aushalten kann: Es gibt auf ihrer UK-Homepage auch ein 11min Pre-Listening Video http://www.foals.co.uk/splash/preorder
Ansonsten lässt sich nur sagen, daß aus einer typischen 08/15-Indie-Band, nach etlichen durchwachsenen Alben mit Potential, nun endlich ein ernstzunehmender Pop-Act gereift ist, der es schafft das ganze Spektrum in perfekter Produktion abzudecken: Treibende Rocker ("What Went Down", "Snake Oil"), Eingängige Hits ("Mountain At My Gates", "Lonely Hunter"), Entspanntes Fußwippen ("Birch Tree", "Albatross") und hymnische Melancholie ("London Thunder", "A Knife In The Ocean") + die Hälfte der Tracks schreien geradezu nach einem Remix für den Dancefloor.
Urteil: SEHR GUT
ME-Leser 1984 bis 2016 - ME-Forum seit 30.04.2003 - Erster Beitrag: "Wo kann ich mich hier wieder abmelden?" Heavy Rotation → ◉ Jake Bugg (2024) A Modern Day Distraction ◉ Julie (2024) The Ant-Aircraft Friend ◉ Towa Bird (2024) American Hero ◉ The Courettes (2024) The Soul Of... The Fabulous Courettes ◉ Noga Erez (2024) The Vandalist
Weder würde ich "Antidotes" als 08/15-Indie bezeichnen, noch aus den bisherigen drei Studioalben "etliche" durchwachsene Alben machen, aber sei's drum, ich freu mich auf ein neues Foals-Album, auch wenn es nie meine absolute Herzensband war.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
ZitatEs sollte das manische, das wahnsinnige, das laute, das gewaltige Rock-Album der Foals werden. Dass das nicht ganz geklappt hat, ist gut.
Man darf dem Selbsttest im Club nicht trauen. Reicht denn jetzt schon ein Whisky, um einfach hinzunehmen, was aus dieser wundersam verspielten, rhythmisch elendig vertrackten und angenehm emotional-komplexen Band wurde? „What Went Down“, die erste Single des gleichnamigen Viertlings der Foals funktioniert natürlich als schweißtreibender Motor, um brüllend im Refrain sein Lieblingsshirt zu zerreißen; zwar bleibt die Frage, ob man das auch so will, allerdings bleibt sie auch vermessen.
Weiß man selbst besser, was eine Herzensband gefälligst im Tonstudio zu schaffen hat? „Natürlich“, lautet die inoffizielle Antwort, aber es gehört auch Vertrauen dazu, ein „sie mal machen lassen“. Diese Platte sollte laut Milchbubi-turned-Rockstar Yannis Philippakis die vertonten „primal urges“ werden, ein Album mit prachtvollem Bart, ein Löwe, der auf seine Beute lauert („When I see a man I see a lion“, aus „What Went Down“), triebgesteuert und eins mit Natur und den hauseigenen Urinstinkten, hier und da ein Grunzer und alles wird gut. So weit, so männlich. Nun ist die Platte aber gar kein brachiales Noise-Monstrum mit Neandertaler-Gestus geworden, dafür – und hier setzt das angesprochene Vertrauen wieder ein – kann eine Band mit ihrem längst gefundenen Sound gar nicht anders, als diese Momente weiter auf ihre Songs zu sprenkeln.
An den passenden Stellen wird der Dreck und der Wahnsinn zu einem einzigen Rausch wie im neuen Mad-Max-Film. Da wäre insbesondere „Mountain At My Gates“, die stolpernde, klingelnde und im Ohr klebende Fortsetzung der Grooveminister „Miami“, „Total Life Forever“ oder „My Number“ der Vorgängerplatten, welche erst im großen Finale die Anlage aufdreht. Finale, das ist immer etwas gewesen, was sie können.
Ob große oder kleine Geste, die Outros bleiben, so auch „A Knife In The Ocean“, eine wippende, verschleppte Referenz an die damals bei Nacht zusammenimprovisierten B-Seiten. Wir finden weiterhin die kleinen, flirrenden Gitarren, wie im Intro zu „Birch Tree“, ein sonst kurios nach Blood Orange klingender Spätsommer-Tune mit HipHop-lastigem Beatgerüst. Natürlich werden jetzt trotzdem endgültig die Bühnen neu vermessen, auf denen in der kommenden Tour zu spielen sein wird. „Snake Oil“, noch so ein wüster Song mit sich durch das Album ziehender Wildnis-Termini sucht verdächtig oft den verzerrten Blues-Rock der Black Keys und kommt der im Vorfeld verkündeten Vision der Platte noch am nächsten.
Anders dagegen die obligatorischen Balladen. Im Kitsch gebettet, hat „Give It All“ erst mal nicht die besten Karten, und was man sich bei „Night Swimmers“ dachte – einen Kitsuné-Remix einer rockenden Fingerübung? – bleibt ein Geheimnis. Trotzdem: Traut dem Selbsttest, sei es mit Whisky. You can take riffs into Foals. But you can’t take Foals out of Foals.
Ich bin ja nur der "Foals-ok-Finder", nicht der Fan. Die Songs scheinen insgesamt schon recht unterschiedlich gelagert zu sein, da frage ich mich, ob da am Ende auch ein richtiges Album herauskommt, oder ob das eher eine Ansammlung von Einzelsongs ist.
Ob nun 4 oder 5 Sterne ist doch auch egal, jedenfalls kein Flop !
(PS: Ich hätte keinem der Vorgänger mehr als 3 gegeben)
ME-Leser 1984 bis 2016 - ME-Forum seit 30.04.2003 - Erster Beitrag: "Wo kann ich mich hier wieder abmelden?" Heavy Rotation → ◉ Jake Bugg (2024) A Modern Day Distraction ◉ Julie (2024) The Ant-Aircraft Friend ◉ Towa Bird (2024) American Hero ◉ The Courettes (2024) The Soul Of... The Fabulous Courettes ◉ Noga Erez (2024) The Vandalist
Insgesamt klang es dann doch so, als ob das Fanherz höher schlagen würde ;-) Ich selbst wäre da mit den Sternen vielleicht ein bisschen großzügiger gewesen.
Wenn das Fan-Herz höher schlagen würde, gäbe es dann nicht automatisch mehr Sterne? Deshalb wollte ich darüber schreiben, wie sich Erwartung und Realität treffen, was dann verhandelt wird und letztlich übrig bleibt, und vor allem, dass es der Fan doch wieder "besser weiß", wie er sich aber mit dem Ist-Zustand abfindet. Es mag das viertbeste Album sein, und keines, welches mich als Debüt so sehr mitgenommen hätte (gut, das fing dann auch vorher an), aber es hat mich auch dazu gebracht, dass sie - was auch immer für Platten kommen werden - nie ganz aus ihrer Haut können und ich deshalb immer etwas für mich finden werde, auch wenn die legendären Großtaten nicht mehr erreicht werden. Das könnenn nicht alle, und ch werde damit leben müssen. "What Went Down" funktioniert durchaus als Album, aber überleben werden einige Songs, allen voran "A Knife In The Ocean", "Albatross" und "Mountain At My Gates".
Gut, dann bin ich auf diese Songs zumindest mal sehr gespannt. Wahrscheinlich sind es bei mir wieder andere, die mir besonders gut gefallen. ;-)
Versteh mich übrigens nicht falsch, ich finde es immer gut, wenn eine Besprechung auch aus der Fan-Perspektive geschrieben wird. Mein Eindruck ist ja der, dass es den meisten Rezensenten eher peinlich ist, mal von etwas richtig begeistert zu sein. Das finde ich schade.