ha, wenigstens die listen retten! ich machs wie der lfb, und scheiß vorerst auf bilder und videos.
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das wird ganz ganz schwer. ich bin nicht der erste, der das sagt/schreibt, und auch nicht der erste, der trotzdem einen thread aufmacht. ich möchte euch nur warnen.
da ich keine rangfolge habe und will, und da es sich um lebenssongs handelt, die nicht unbedingt auch lieblingssongs sein müssen (obgleich es doch meist doch welche sind), fange ich bei 1 an, und versuche, ein bisschen chronologisch zu bleiben. mal sehen, wo ich rauskomme.
ZitatLFB: Wuhuu, das wird spannend
ich: ach was, du weißt doch, wo ich herkomme.
LFB: Seit der Erkenntnis, dass Faxe eine Wagenladung Bootlegs von den Doors besitzt, rechne ich mit allem. Von 1989-1995 warst du bestimmt Resident-DJ in irgendeiner umgewandelten Fabrikhalle.
1. The Beatles - Yellow Submarine
eine chronologische liste der songs meines lebens MUSS mit diesem hier anfangen. eine immer wieder gern erzählte geschichte auf familienfesten ist die, wie ich (der ich nahezu zeitgleich mit der "revolver" auf die welt kam) in der obhut meiner damals noch nicht volljährigen tante auf dem töpfchen saß und begeistert wechselweise zu diesem lied (und gelegentlich wohl auch anderem gebeatle) oder aber zu mozarts "kleiner nachtmusik" wippte. talk about frühkindliche prägung. auch wenn ich den song schon ca mit 8 jahren nicht mehr ertragen konnte, so hatte er doch unstrittig größtmöglichen einfluss auf mich.
2. Heintje - Mama
meine erste bewusste musikalische liebe. ich hatte einen ollen kofferplattenspieler samt diversen ebenso ollen platten von einem kommilitonen meiner mutter geschenkt bekommen. heintje traf mich ins herz. ich war sogar in dem film, aus dem dieser auschnitt stammt; das war das erste mal, dass ich überhaupt im kino war, ich muss knapp 5 gewesen sein. ich entsinne mich, geweint zu haben.
ZitatMrMister7: Und mein erster richtiger musikalischer Hass. Alle Mädchen meiner Klasse mochten Heintje, etliche Jungs sogar auch. Ich mochte lieber Crazy World of Arthur Brown und hätte da fast mal Klassenkeile bekommen.
von Krolock: "Mama" habe ich bewusst verdrängt, er wäre aber irgendwie auch dabei. Im übrigen halte ich "Yellow Submarine" für einen sehr guten Popsong, überhaupt nicht peinlich oder minderwertig, wie oft zu lesen.
King: @Krolock: "Peinlich" oder "minderwertig" wäre auch zu hart. Ich mag ihn nur selten hören, denn mir geht er mittlerweile gepflegt auf die Brezel. Aber eine simple Melodie für die Ewigkeit ist es schon.
ich: es gibt immer wieder momente, in denen ich freude an den kleinen details habe. er fällt aber in die kategorie "yesterday" oder "obladi-oblada" - songs, die man eben als kind gut findet, und dann irgendwann einfach nicht mehr hören kann. ich weiß schlichtweg nicht, ob yesterday toll oder scheiße oder beides ist. es ist wie der wohnblock, in dem man sein leben verbracht hat - hässlich und schön und heimat und trotzdem will man raus. das tolle an den beatles ist ja aber auch, dass sie für jedes lebensalter songs zum entdecken, staunen und zerschmelzen bereitgestellt haben. ich werde darauf noch zurückkommen.
cobra: Bei uns lag / liegt die [heintje-]-7" rum. Der Song hat mich aber nur insofern geprägt, dass ich ihn abgrundtief gehasst habe, bis hin zum Wutanfall.
3. Schnuckenack Reinhardt - Fuli Tschai
mein vater, obschon ungeachtet seiner (nie wirklich geförderten) musikalität nicht unbedingt geschmackssicher in seiner auswahl, besaß zwischen seinen (grandiosen) klassikplatten und den zum teil wahrhaft fürchterlichen volksmusikalischen ergüssen des frühen heino und seiner spießgesellen ein paar echte preziosen, die den soundtrack meiner kindheit bildeten. einer der wichtigsten einflüsse war hier sicherlich schnuckenack reinhardt, von dem mein alter herr 5 schallplatten sein eigen nannte, und der zu allen zeiten bis heute immer wieder konsens ist, lustigerweise auch mit dem king, was wiederum eine ganz andere himmelsrichtung darstellt. dass ich mir vor zwei wochen von einem schnuckenack-großneffen die frisur richten ließ, schließt den kreis in die gegenwart gar trefflich.
ZitatKing: :hüpf:
4. Brenda Lee - Sweet Nothings
ebenfalls mein dad war es, der im auto eine zeitlang nahezu ausschließlich diese eine cassette hörte, überwiegend mit meiner billigung. keine ahnung, wie lange diese phase anhielt - ich meine, sie irgendwann mit ca 11 jahren unterbrochen zu haben. begonnen hatte sie definitiv schon vor meiner einschulung. irgendwann hatte ich die schnauze derart voll von solchem zeug, es waren ja auch die 70er, verdammt! heute könnte mein soft spot dafür softer nicht sein.
es gibt wohl kaum jemanden meines alters, der das nicht in die festplatte gehämmert bekommen hat. das "wer wie was"-thema war natürlich schon fantastisch, aber der abspann hat mich regelrecht verfolgt, und vermutlich den grundstein für meine black-music-liebe gelegt. so funky war deutsches kinderfernsehen nie wieder.
es gibt wohl kaum jemanden meines alters, der das nicht in die festplatte gehämmert bekommen hat. das "wer wie was"-thema war natürlich schon fantastisch, aber der abspann hat mich regelrecht verfolgt, und vermutlich den grundstein für meine black-music-liebe gelegt. so funky war deutsches kinderfernsehen nie wieder.
7. Schobert & Black - Versöhnung-never!
mein hier schon mehrfach erwähnter vater war großer fan des in den 70ern recht bekannten duos, das im zuge der sog. nonsens-und-blödel-welle (siehe auch insterburg & co, ulrich roski, otto waalkes etc) sogar eine zeitlang eine eigene fernsehshow im kinderprogramm besaß. allerdings beruhte die zuneigung meines alten herrn weniger auf den apolitischen, heute doch arg betulich daherkommenden und immer wieder bildungsbürgerlich-onkelig verbrämten nonsensversen, mit denen sich die beiden in so manchen lehrerhaushalt schlichen (und die ich als grundschüler natürlich auch total klasse fand), sondern in erster linie auf den weniger bekannten ersten zwei werken der herrschaften begründet: "die singenden bärte" und "deutschland oder was beisst mich da", auf denen sie sich durchaus mit biss aktuellen politischen themen widmeten. da beide wie mein vater den ehemaligen ostgebieten entstammten, war der revisionismus der vertriebenenverbände ein dankbares thema für sie, und das lieblingslied meines alten herrn war das hier vorliegende, das er irgendwann sogar mit diebischer freude onkel oskar, dem einzigen echten ewiggestrigen unter seinen ganzen ex-schlesischen cousins und cousinen, vorspielte, um ihn danach vor versammelter mannschaft argumentativ in grund und boden zu hauen (was dieser aber wohl anders empfand). es waren seltsame zeiten, in denen auch meine kunstlehrerin gelegentlich noch "beim BDM gab's sowas nicht" seufzte; ich bin äußerst froh, dass das vorbei ist. diesen song hier höre ich aber auch immer noch mit freuden.
8. Ella Fitzgerald - Don't mean a thing if it ain't got that swing
irgendwann ließen sich meine eltern scheiden, und meine mutter verarbeitete das trauma bei einem psychologen, dem sie sich dann auch prompt an den hals warf. der mann war selbst hochgradig therapiebedürftig, aber andererseits der erste echte musiknerd, dem ich begegnete - er hatte in seiner winzigen und nur mit designzeug eingerichteten wohnung (die er vermutlich jeden abend komplett desinfizierte) eine unfassbar große jazzschallplattensammlung, die jedesmal, wenn ich zu besuch kam, nach anderen kriterien sortiert war. natürlich bestand auch die bis dato eher winzige kollektion meiner mutter bald zu ca 80% aus jazzplatten, von denen einige durchaus meinen zuspruch fanden. die wichtigste unter ihnen war jedoch eine edle box (die erste dieser art, die ich je in der hand hielt) namens "ella & louis", eine wohlgeratene zusammenstellung von kollaborationen, aber auch einzeltaten dieser beiden koryphäen, deren nachnamen man wohl nicht erst nennen muss. mit den jahren ergaben sich immer wieder unterschiedliche favoriten für mich, so war eine zeitlang "blueberry hill" der soundtrack meines lebens; aber durchgängig immer weit oben, und ob seiner unfassbaren, fast punkigen vitalität noch immer sehr von mir verehrt, bleibt diese spezielle aufnahme dieses evergreens (von dem es so unfassbar viele versionen auf youtube gibt, dass man schier verzweifeln will). der duke persönlich begleitet die königin mit seinem orchestra.
(ausnahmsweise mit video:)
Zitatdrosophila: der song ist natürlich famos!
von Krolock: Ella ist großartig, zu Schobert & Black habe ich gar keinen Draht außer dem Wissen, dass das ab und zu im Fernseher lief und den Abspann der Sesamstraße kann man natürlich nehmen, so lang der Kli-Kla-Klawitter-Song nicht in den Top Ten ist, was mir die Frage stellt, ob es schon einen Fernseh-Musik-Erinnerungs-Thread gibt
9. The Beatles - I feel fine
eine neuer abschnitt begann. meine nunmehr getrennten eltern begannen beide, neue bereiche des lebens auszuloten, und dazu gehörte auf beiden seiten sowohl plötzlich viel mehr musik als auch sehr viel flohmarkt. häufig waren wir auf dem heute wieder in betrieb befindlichen oberen bahnsteig des u-bahnhofs nollendorfplatz zu gast, der seinerzeit einen recht hübschen antik- und krempeltrödel vorstellte. in einem der historischen waggons befand sich ein höker, der auch alte schall- und schellackplatten feilbot. gleich bei meinem ersten besuch entdeckte ich dort einen stapel beatles-singles, und erstand gleich eine von meinem taschengeld in dem glauben, das schnäppchen des jahrtausends gemacht zu haben. es handelte sich aber nur um ältliche re-releases der capitol, nichts, was damals finanziell die wurst vom brot gezogen hätte (könnte heute auch schon wieder anders aussehen). zuhause aufgelegt (der krötige fifties-koffer war mittlerweile durch einen etwas weniger krötigen elac-vollautomaten ersetzt worden), und schwer abgegangen! die beatles gehörten zwar all die jahre vom nachttopf bis jetzt zum musikalischen grundrauschen meiner kindheit (natürlich waren die blaue und die rote feste einrichtungsgegenstände), und auch mein damals bester freund war bereits ein derartiger die-hard-beatlesfan, dass er problemlos die immer wieder in tv-quizshows auftauchenden experten kalt ausgebrunzt hätte (wir waren 9!), aber meine ERSTE! SELBSTGEKAUFTE! PLATTE! hörte ich doch noch mal mit ganz anderen ohren. und bis heute ist dieser song einer meiner allerliebsten geblieben. den rest hat der mister schon erzählt.
10. Comedian Harmonists - Mein lieber Schatz, bist du aus Spanien
in derselben tüte wie die beatles-single befand sich auch eine feine auswahl an schellackplatten - zum einen faszinierte mich dieses schwere material, zum anderen konnte mein neuer elac auch 78. und billig waren die dinger auch noch - in den 70ern wurden einem schellackplatten für 50 pfennig und weniger nachgeschmissen, was sehr taschengeldfreundlich war (die nostalgiewelle begann gerade erst wieder). die comedian harmonists kannte ich schon aus dem radio, den kleinen grünen kaktus etc, aber das hier schmiss mich dann doch um. und das tut es bis heute - für mich ihr absolutes meisterwerk! (darum hat der song auch gegen "die nacht ist nicht allein zum schlafen da" gewonnen, das hier auch noch zur auswahl stand. auch großartig, aber es fehlen doch ca 0,2%.)
mit der o.g. beatlesplatte war ich in eine neue phase musikalischer bewusstwerdung eingetreten. ich las nun die BRAVO (obwohl ich von den älteren mädchen im schulhort deswegen immer komisch beäugt bis belächelt wurde, aber mich interessierten damals wirklich nur die musik-berichte!), sah regelmäßig disco '75 ff (und sogar immer wieder die hitparade, obwohl schlager eigentlich ein no-go waren), und beschwatzte meine eltern zum ankauf verschiedenster musikcassetten fürs auto. ich hatte mir sogar trommelstöcke aus ollen rundleisten gesägt, und schlug damit zum autoradio den takt auf die beifahrerkopfstütze. und dann geschah es, dass sich in meiner klasse um einen jungen namens ralf eine fraktion sweet-fans bildete. ich war sofort dabei, denn die songs waren catchy und rockistisch, und das ganze gehabe war präpotent genug, um uns zu sofortiger pantomimischer nachahmung mittels federballschlägern und waschmitteltrommeln im wäschekeller von ralfs elternhaus zu animieren. ich war sogar auf dem konzert (die geschichte hab ich wohl schon mehrfach erzählt, sonst tu ichs ein andermal, das führt zu weit, aber es war mein erstes rockkonzert mit 10), und ich folgte der band bis zu ihrem split 1979. heute zählt das oeuvre der jungs zu den schwierigeren erbteilen in meinem musikalischen gedächtnis - da war schon eine menge grütze dabei, und ich hab in späteren jahren dann auch eine ziemliche aversion gegen diese ausgeprägte schwanzigkeit entwickelt. aber unser neuer forums-konsenssong "ballroom blitz" ist natürlich eine großtat, für mich nur noch getoppt von eben diesem hier.
Zitatcobrabora: The Sweet tauchen ja ganz schön oft hier auf.
ich: vermutlich ein generationending. wenn die jüngeren mumm haben, posten sie auch irgendwann nickelback.
squonk: Bei Sweet war selbstverständlich NICHT viel Grütze dabei, sondern auch erstaunlich gute Alben. 100 % Zustimmung auch aus meiner Ecke für "The Name Of The Game", auch mein Lieblings-ABBA. Sollte ich irgendwann auch so einen Thread aufmachen, tauchen Sweet natürlich noch ein weiteres Mal auf.
ich: na ja, die veröffentlichungspolitik war ja zunächst, gelinde gesagt, recht konfus. das beste album ist für mich eigentlich "sweet fanny adams", da ist aber zumindest in der europäischen ausgabe nicht ein einziger single-hit draufgewesen (ich glaube, man hat da gar nix ausgekoppelt). "desolation boulevard" is in der US-version etwas völlig anderes (mit teilen von "sweet f.a.") als hierzulande gewesen, und somit dort eher eine best of, hier dafür eher medioker. "strung up" ist noch bescheuerter, der live-teil ist nicht wirklich dolle, und das schlagzeugsolo hätte man sich samt "man with the golden arm" komplett schenken dürfen. dafür ist "action" drauf, was aber auf "give us a wink" ebenfalls zu finden ist. über letztere sagt george starostin sinngemäß "was ist wohl von einem album zu halten, dessen bester track schon auf dem vorgänger war?!" genau. und "off the record" ist kinderpipi, also echt. "level headed" habe noch nicht einmal komplett durchgehört, obwohl ich es sogar besitze. es hilft ja nichts.
squonk: "Give Us A Wink" ist spitze! "Healer" ist superspitze! Und "Action" hat wenigstens ein anderes Intro . Das Album "The Sweet"(von Bell, eigentlich eine Zusammenstellung von bisher nicht auf einem Album erschienen samt B-Seiten) mag ich auch sehr gerne. "New York Connection" hat es mir da besonders angetan.
tenno: "healer" ist allerdings wirklich klasse. ansonsten lieg ich mit dem album eher über kreuz, auch wenn ich es seinerzeit sehr mochte. für den tenno von heute ist das einfach zu viel unoriginelles songwriting mit zu viel mantschigem gedudel.
12. The Wolfe Tones - Come Out Ye Black And Tans
mein erster irlandurlaub - erst mit dem pferdewagen durch die gegend, dann noch zwei wochen dublin in einer gastfamilie mit sprachunterricht. mein vater wollte unbedingt englisch lernen, was ihm im gegensatz zu mir nur begrenzt gelang. allerdings entflammten wir beide für die irische musik (die seinerzeit noch nicht zu der s/m-metapher von riverdance geronnen war), und trieben uns ständig in den einschlägigen stores zwielichtiger stadtbezirke herum. ich glaube, wir kamen mit ca 15 musikcassetten nach hause, von zum teil höchst durchwachsener qualität (und die wirklich guten sachen wie planxty oder the chieftains wussten wir damals gar nicht zu würdigen). unsere ganz klaren favoriten waren allerdings die wolfe tones, und mir wurde erst später klar, welch talibanischen IRA-revoluzzer-militaristen-gedenk-soundtrack man uns da angedreht hatte. heute nur noch bei meinem dad verfügbar. ich hab mir das abgewöhnt, und höre allerhöchstens noch bothy band.
13. Stevie Wonder - Superstition
es muss so um diese zeit gewesen sein, dass mir dieser song zum ersten mal bewusst begegnet ist, und das offenbar schon immer schon in mir schwelende funkfeuer entzündete bzw vollendete, was die sesamstrasse begonnen hatte. seither ist superstition für mich mutter, vater, onkel und schwippcousine des funk, war immer, wird immer sein, und sex machine kann von mir aus weggehen. es gibt natürlich noch andere tolle schwitzschwarzschunkelstücke, von stevie wie von anderen großen funkmasters, und einige werden hier auch noch auftauchen. aber dies ist untoppable, unstoppable, und meine liebe währet ewiglich.
(nachtrag: mein jüngster wünschte sich unlängst, beim schlagzeugvorspiel bei ebenjenem song von mir begleitet zu werden. mein herz stieg wie ein adler in die lüfte.)
14. ABBA - The Name Of The Game
natürlich war mir "coolness" mit 10 jahren nur begrenzt ein begriff, kleines schwammhirn, das ich damals war, und so tauchte ich relativ ungefiltert in fast alles ein, was das radio und die k-tel-platten hergaben. dass ABBA und the sweet im widerspruch stehen könnten, fiel mir damals nicht ein; "bay city rollers" hieß der gottseibeiuns, und ansonsten alles, was deutsch war und nach schlager klang. ABBA gefielen mir, ich wünschte mir regelmäßig die neuerscheinungen, und weiß noch, dass ich an einem kalten winterabend einfach im auto sitzen blieb und mir ergriffen die erste seite der neuerschienenen "arrival" anhörte, während mein vater alleine in den supermarkt musste. den höhepunkt meiner abba-affäre stellte aber dieses lied dar, das an einem dienstagabend (pflichttermin) in der sendung "hey music" zum erstenmal den hörern vorgestellt wurde. "über fünf minuten lang!" raunte begeistert der moderator, und ich war fasziniert. ich mag das lied heute noch sehr, und manchmal kommt sogar noch die faszination zurück; dann bin ich hingerissen von der komplexität des songs, seines fantastischen arrangements, und der irgendwie zeitlosen produktion - alle stärken der band sind hier konzentriert versammelt, und die handelsübliche cheesiness ist auf ein minimum reduziert. aber wie das so ist - der höhepunkt ist meist auch das ende, und kurze zeit später kam ich aufs gymnasium, und erzählte keinem mehr von meiner heimlichen liebe.
Zitatkrautathaus: Sehr guter Titel! Ich war seit ca. 77 lange ABBA Fan, in meinem Jugendzimmer hat es kaum einen Flecken Wand ohne ABBA Poster gegeben. Genau Tenno, dieser Song zeigt wie clever das Songwriting ist. Bei Minute 2, wenn sie nach dem "I wanna know" wieder in das düstere Intro wechseln, um dann bei Minute 4 nach "I wanna know oh YES i wanna know" in den Refrain umzuleiten. ABBA waren für mich dann nur leider nach "The Album" nicht mehr so spannend, weil zwar die Texte ernster wurden, aber die Musik ihre düsteren Passagen und vor allem die Dynamik nicht mehr so ausspielte, wie in den Jahren vorher. "Arrival" ist für mich perfekt und war das erste reguläre Album, daß ich bei Erscheinen kaufen konnte. Vorher hatte ich Singles und das "The very best of ABBA" mit dem Musikladen Logo.
von Krolock: Es ist ja bekannt, dass mein Verhältnis zu ABBA ein gänzlich anderes ist, aber wenn es für mich neben "Eagle" einen Song gibt, den ich in einer Auswahl okay fände, dann ist es "The Name Of The Game", was bedeutet, die beiden besten Songs von Abba sind auf einer Platte, die anzuschaffen lohnend wäre, gäbe es nicht diesen Gard-Haarpflege-Song.
ich: als ich sie erwarb, gab es die werbung noch nicht. der song war natürlich trotzdem schlimm.
thunderbird78: Schön, dass du da eines der weniger bekannten Stücke herausgepickt hast. Hört man heute eigentlich kaum noch. Toller Song.
15. 10cc - I'm Not In Love
ich hab mir gerade kürzlich einen stapel k-tel- und arcade-sampler aus den mittsiebzigern vom flohmarkt geschossen. es ist lustig, wenn man 90% aller songs kennt, die meisten aber erst mal aus irgend einem krumpligen erinnerungshaufen im stammhirn buddeln muss. es gibt aber den einen oder anderen, der so classy und stilprägend und verwirrend und ungewöhnlich und einzigartig ist, dass er für immer bleibt. ich könnte mir vorstellen, dass dieser hier meine vorliebe für verschrobenere popsongs entscheidend mitgeprägt hat. hach.
ZitatKrautathaus: Meine Initialzündung bei 10cc war die Single "Good Morning Judge". Danach habe ich mir dann alles zugelegt, was ich von 10cc bekommen konnte. Allerdings hat man "GMJ" schon das Fehlen von Godley und Creme angemerkt, ihm fehlen die genialen Momente der Vorgänger. Wenn Fans der Beatles über George Martin's Produktion schwärmen, sollten sie sich diese akustschen Dokoumentation der Produktion von "I'm not in love" nicht entgehen lassen (Von Krolock, wink, wink).
16. Plastic Bertrand - Ca Plane Pour Moi
auch die BRAVO ignorierte den punk-trend nicht, und so entstanden fotos, auf denen ich mit 11 jahren im zerlöcherten hemd, mit sicherheitsnadeln gespickt, zum fasching ging. der soundtrack dazu bestand unter anderem aus diesem song, der natürlich eher eine parodie als echter punk war. dafür war er aber echter pop, und wir hampelten dazu auf den klassenparties rum, als gäbe es kein morgen. die single kriegte ich dann zum geburtstag geschenkt. so albern das ding auch ist - es gab keine zeit, zu der mich der song nicht doch durch seine dreiste frische bezaubert hätte. und ich würde mich auch heute noch nicht entblöden, mich dazu auf irgendeiner tanzfläche zum löffel zu machen, schon gar nicht vor euch.
ZitatJoaT: Das kenne ich nur von Leila K.
krautathaus: Für mich ist das eh' eine dünne Linie zwischen tanzbaren Punk- und Popsongs: zeitgebundene, kurze Statements + prägnante Melodien, expressionistisch.
17. Heavy Metal Kids - She's No Angel
etwa zur gleichen zeit fand auch dieser als popsong verkleidete haufen juvenilen rotzes den weg in die deutschen charts, und landete auf irgendeinem k-tel-sampler ("hit explosion"??). ohne auch nur eine blanke ahnung von werden und vergehen dieser unterbewerteten, von the damned wie den stranglers als großem einfluss genannten lad-combo zu haben, fuhr ich schwer drauf ab, nur um song und band mangels follow-up-hit bald wieder in der geistigen rumpelkammer zu parken, von wo er sich aber in all den jahren immer wieder mal hustend und klopfend bemerkbar machte, bis ich schließlich irgendwann bei ebay die platte bestellte, um festzustellen, obd das ganze nur eine schimäre meiner frühen jugend, oder doch ein substantieller beitrag zur musikalischen genese war. seither gehört es zu meinen unverrückbaren lieblingsliedern; ich fand googelnd heraus, dass der sänger gary horton auch als schauspieler in der seinerzeit von mir lässig ignorierten tv-serie "auf wiedersehen, pet" tätig war, bevor er dem sowohl handelsüblichen als auch in keiner weise überraschenden drogentod erlag und aus dem skript geschrieben werden musste; und ich fand auch jenes video, das die band bei einem auftritt im deutschen fernsehen zeigt. man beachte den hübschen kontrast zwischen dem erwartbaren rockismus der instrumentalisten und dem rottenesquen irrsinn holtons inklusive arschtritt kurz vor schluss!
(auch hier ausnahmsweise das video:)
18. Sly & The Family Stone - I want to take you higher
unterdessen war ich nach wie vor mit meinen eltern auf flohmärkten unterwegs, und wenn mein schmales taschengeld es erlaubte, kaufte ich mir so mancherlei tand - blöde gürteltaschen, stumpfe taschenmesser, eine schwarz umhäkelte wasserflasche mit pudelkopf als deckel, und auch immer wieder olle schallplatten. der stand mit den capitol-beatles-singles war bald von mir geplündert, und irgendwann entdeckte ich dann für gerade mal eine münze diese compilation, die eine der wichtigsten platten meines lebens werden sollte:
(hier fände man in einer besseren welt ein bild des schönen samplers "american top hits".)
man kann schon sagen, dass diese zusammenstellung als abbildung der frühen 70er US-jahre hochwertiger kaum sein könnte - kein vergleich mit den "hit machines" und "disco explosions", die sonst so mein gesichtsfeld säumten. mein musikalisches wissen erweiterte sich exponentiell, und verschaffte mir zutritt zu den kreisen erwachsener musiknerds, die sich im kollegen- und freundekreis meiner eltern tummelten (und die mir dann auch wiederum weiterführende bildung verschafften). manches war mir sofort zugänglich (wie janis joplin, lynn anderson, leonard cohen, the byrds), anderes befremdete mich zunächst, um sich dann aber umso nachhaltiger ins bewusstsein zu brennen, wie eben dieses für mein damaliges empfinden unfassbar dreckige tanzgeräusch, das nach anfänglicher abwehr leise und unbemerkt in den leise vor sich hin köchelnden funksuppentopf meiner seele fiel und dort sein zerstörerisches werk begann. ohne diesen song wäre mein musikalisches leben vermutlich sehr viel anders verlaufen. love!
ZitatMister: Ah ja - da hängen wir recht eng zusammen - bei mir waren es Anfang der 70er vier ganz ähnliche Sampler, die mich stark geprägt und Künstler an mich herangebracht haben, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Zu den von dir oben genannten, die bei "meinen Samplern" auch alle drauf waren kamen prägend u.a. noch Spirit, Trees, Argent, Flock und Soft Machine dazu.
19. Redbone - The Witch Queen Of New Orleans
ebenfalls auf dem sampler war dieser song, der mich im gegensatz zum obigen sofort im griff hatte. ich weiß nicht viel über die band - ich müsste mal googeln, aber irgendwie möchte ich dieses lied als solitär haben, ohne irgendein enzyklopädisches wissen drumrum. es schwebt so über allem, einer jener songs, die auch zu kurz wären, wenn sie 20 minuten lang wären. aber knapp 3?! jessas!
es steht hiermit auch für einen haufen weiterer songs von diesem album, die ich nicht alle posten kann, weil sonst irgendwann kein platz mehr auf der liste wäre; u.a. "25 or 6 to 4" (der einzige chicago-song, den ich nicht nur ertragen kann, sondern sogar liebe), "spinning wheel" von blood sweat & tears", "indian reservation", "sunshine superman" und noch viele mehr, die alle einen großen platz in meinem herzen gefunden haben.
ZitatMister: 1. Komplettüberschneidung, auch wenn ich das noch nicht gepostet habe und 2. werde ich die CD demnächst kaufen. Bin wild entschlosssen.
20. Sam & Dave - Soul Man
mit 12 hatte ich mir bei erwachsenen den ruf erarbeitet, mich mit moderner technik auszukennen (ungefähr das, was 50jährige heute mit den stichworten "12jähriger junge" und "computer" verbinden). ein freund meines vaters kaufte sich eine schicke, mattgebürstete stereoanlage, und bat mich, sie anzuschließen. ein kinderspiel für klein tenno, da brauchte ich nicht mal die bedienungsanleitung. als ich noch cinchkabelschwenkend zugange war, kam besagter bekannter mit einem großen karton voller schallplatten aus dem keller, um sie ins regal einzuräumen. ich griff aufs geratewohl hinein, um den plattenspieler zu testen, und hielt ein exemplar der verdienstvollen compilation-reihe "that's soul" in der hand (von denen, wie sich bald herausstellte, noch 5 weitere im karton befanden, sowie bald darauf auch auf mehreren schnell von mir erworbenen BASF-chromdioxidcassetten). das testosteron, das in jenen tagen ohnehin schon im ansteigen begriffen war, brachte im zusammenspiel mit dieser schallplatte meine komplette körperchemie durcheinander, und die existenz eine black-music-drüse wurde allein schon durch meinen endorphinspiegel, der sich in ungekannte höhen schraubte, zum erstenmal wissenschaftlich belegt. auch hier nur ein geeigneter stellvertreter, der es aber auch ganz besonders in sich hat.
Zitatking: War bei mir auch in der Auswahl.
krautathaus: Die Reihe ist klasse und hat mir vor 6 Jahren endlich den letzten Kick gegeben, mich intensiver mit Southern Soul zu beschäftigen. King Kurtis "Memphis Soul Stew" von der Dritten, geht auch sehr in die Beine. So ein Erbe ist schon klasse. Meine erster Kontakt (nach "Dock of the bay") mit Soul kam über den "Blues Brothers" Soundtrack.
den hätte ich fast vergessen, deshalb kommt er chronologisch etwas zu spät: mit ungefähr zehn war ich mit meinem dad und einem schulfreund in norwegen. dort war es wider erwarten sehr heiß, was die mitgenommenen musikcassetten im auto sehr mitnahm - insbesondere ein tag auf einem heißen parkplatz am fjord verbeulte und verklumpte einen großteil des mitgeführten repertoires dergestalt, dass es auch mit viel zureden nicht mehr in den schacht des radios passen wollte. ersatz musste her! nun soll man nicht denken, norwegen sei musikalische diaspora! bereits an der nächsten tankstelle gab es eine feine auswahl an unterschiedlichen tonträgern, und zwischen obskuren skandinavischen folkloregruppen und absurd frisierten schlagersängern fand sich u.a. eine best-of-elvis, eine aktuelle hit-compilation (leider ohne originalinterpreten), die neue smokie (midnight cafe), sowie ein mixtape namens "reggae - the sunny sound of the carribean islands". letztere war der generationenübergreifende konsens-soundtrack des ganzen urlaubs, es war sogar eine frühe bob-marley-nummer drauf ("mr brown", hätte hier fast das rennen gemacht), und ken boothe war aber auch unser aller gemeinsames lieblingslied. und auch, wenn aus mir kein sonderlicher reggaefan mehr geworden ist - bei dieser nummer steigen vor meinem inneren auge noch immer bilder von sonnenlichtdurchfluteten karibischen fjorden in mir auf.
Zitatvon Krolock: Ein Leben mit Sam & Dave sowie Ken Boothe ist schon ein okayes Leben.
22. Gerry Rafferty - Baker Street
natürlich konnte ich mich trotz solch positiver einflüsse nicht dem zeitgeist entziehen, und so geschah es, dass man mich in touristendiscos zu "tragedy" hüpfend oder auf klassenfeten zu "maybe" vom thom pace im klammer-stehblues beobachten konnte. ich war ja noch jung, und ausserdem sowohl pubertierend, präpotent, als auch hemmungslos romantisch. neben meinem blättermagen für rotzrumpelpunk, dem verlängerten rückenmark für schwarze knackgrooves und dem schläfenlappen für skurrilen scheiß lungerte (und lungert immer noch) zwischen meinen inneren organen eine krankhaft vergrößerte herzkammer für komplexe, elegische popsongs herum. welch ein glück, dass die siebziger davon doch etliche zu bieten hatten - es war ja nicht alles schlecht! und da kam doch wieder einer daher, den ich beim ersten hören noch nicht ganz verstand, dem aber schon bald kaum noch zu entkommen war. und auch, wenn saxophone ganz allgemein zu den überbewerteten blasinstrumenten gehören (vor allem im verhältnis zur posaune), so sind es doch momente wie dieser, die ihnen ihre existenzberechtigung verleihen. die "city to city" hab ich mir gerade jüngst auf dem flohmarkt geschossen, um sie endlich mal selbst zu besitzen - seinerzeit hatte sie eh jeder, da brauchte ich sie nicht auch noch. allerdings ist der rest der scheibe durchaus verzichtbar, nur: "baker street" alleine ist schon ein so großer song, dass eine single zu fipsig für ihn wäre. 30 cm sind das minimum, das für ihn angemessen ist!
Zitatvon Krolock: Puh, für mich die Galle. Dieser Song ist einer der Hauptgünde, dass ich jahrelang einen großen Bogen um jedes Saxophonsolo gemacht habe
ich: schon klar, dass das kipplig ist. aber nur wer geschmacklich schwindelfrei ist, kann es sich auch leisten, am abgrund zu tanzen!
Krautathaus: das muß ich mir merken! Die "Baker Street" mag ich sehr, auch wenn sie keine Chance auf eine Top100 hat.
LFB: Classic! Ich mag die Liste bisher sehr
Back Door Man: Ist das Leben nicht ungerecht als Musiker? Wenn es stimmt was in Wiki steht erhielt der Saxophonist (Raphael Ravenscroft) für sein Solo 27 Pfund als ungedeckten Scheck.
von Krolock: Wenn mir jemand mitteilt, wo der wohnt, fahre ich hin und nehme ihm die Kohle wieder weg
23. Simon & Garfunkel - Keep The Customer Satisfied
1978 war ein eminent wichtiges jahr für mich - ich kam aufs gymnasium, lernte neue freunde kennen, und mein musikalischer wie weltanschaulicher horizont sollte sich um ein vielfaches erweitern. es begann aber erstmal damit, dass ich zum geburtstag die "bridge over troubled water" geschenkt bekam. von diesen heinis auf dem cover hatte ich bis dahin noch nicht gehört, aber die scheibe wurde schnell zu einem guten freund, weichei das ich bin. vieles von dem, was im sturm mein herz eroberte, kann ich heute nicht mehr hören (the boxer, cecilia, den titelsong, vom unsäglichen el condor pasa ganz zu schweigen), aber dies mag ich noch immer sehr, mit seinem country-upbeat, den schmissigen bläsern, und dem dazu in merkwürdigem kontrast stehenden, resignierten text.
24. Kraftwerk - Die Roboter
auch wenn das jetzt schon die gefühlt zwumpfzigste überschneidung ist - dieser song war so unendlich wichtig für mich in jenem sommer, als ich an der neuen schule unter lauter vermeintlich coolen leuten saß, und mir so klein und unbedarft vorkam. und dann kam aber die erste schulparty (mit durchaus abgeschmacktem musikprogramm - "rockin all over the world" ließ sogar die oberstufe johlen und brüllen), und es lief dieser song, und ich kannte ihn als einziger meiner klasse nicht nur, sondern hatte mir sogar gerade die single gekauft! (kurze zeit später kannten ihn eh alle, denn er war ja ein hit geworden.) und auch wenn aus mir nie ein elektrokopp geworden ist - dieses gefiepe und gezurpel ist für mich immer noch einzigartig groß. allein diese wundersam abgezirkelte geräuschkomposition im intro, die dann später die verschobene unterlage für den "ja travoi sluga, ja travoi robotnik"-teil bildet, ist in meinen ohren so genial, dass ich ihn zu meinem klingelton für alle telefonnummern erkoren habe, die mit arbeit zu tun haben.
Zitatdrosophila: schon ein verdammt grossartiger track.
25. Michael Jackson - Don't Stop 'Til You Get Enough
wir hatten in der 7. klasse eine sehr liebe deutschreferendarin, die vermutlich irgendwann aufs land gezogen oder alkoholikerin geworden ist, anders kann man mit so viel idealismus nicht enden. die liebte uns mehr als wir sie (was nicht heißt, dass wir sie nicht mochten), und initiierte irgendwann eine klassenparty in einem jugendheim, in dem sie während des studiums irgendwas mit unterprivilegierten jugendlichen gemacht hatte. die kamen dann natürlich auch, beäugten uns mitleidig (sie waren auch allesamt 2-3 jahre älter), und reklamierten sofort die lufthoheit über den plattenteller. die situation war sowohl skurril als auch äußerst peinlich, denn ausser ein paar unansehnlichen plunzen tanzte niemand, es redete auch niemand, und es war noch nicht mal dunkel, als wir geschlossen das feld wieder räumten. in den unendlichen zeiträumen, die zwischen ankunft und abflug lagen, war ich mit meinem gehirn irgendwo zwischen meiner eigenen scham, der angst vor den älteren, meinem völlig konfusen hormonhaushalt und dem beklemmenden ambiente eines frühsiebziger sichtbetonriegel-mehrzweckraums verlorengegangen. das einzige, was wirklich zu mir durchdrang (und das aber umso klarer und messianischer), war dieser song. hätte ich auch nur ein ei in der hose gehabt, ich hätte dazu getanzt, und heute tu ich es auch, egal was kommt. der king wusste in karlsruhe auch genau, was er tat. und michael jackson war nie, nie, nie, nie wieder so funky. echt.
ZitatJose Lopez: So, hier steige ich ein. Ich kenne keinen Song, der mehr dafür geeignet ist, um Menschen auf die Tanzfläsche zu bekommen. Wer dabei nicht irgendein Gelenk rhythmisch bewegt, muss tot sein. Ich habe den Song schon so oft gehört und mir immer überlegt, wie und ob es eine Möglichkeit gibt, ihn NOCH besser zu machen - aber mir fällt da nichts ein. Und zeitlos ist er. So viele Songs fallen mir da nicht ein, denen ich das Prädikat verleihen kann. Ich habe dazu leider keine Geschichte zu erzählen, sonst wäre er bei mir auch aufgetaucht...wenn auch erst 1996 mit der HisTory.
26. Gloria Gaynor - I Will Survive
meine erste selbstgekaufte maxi. was soll ich sagen? ich weiß ja schon wieder nicht, wie ich das eigentlich finde. aber die cake-version hat mich seinerzeit hoch erfreut, und ich musste schon damals feststellen, dass das wohl ein lebenssong ist.
27. Nina Hagen - Pank
und dann kommt ausgerechnet meine mutter (!!!) nach hause, und hat die "nina hagen band" unterm arm! eine freundin hatte sie ihr empfohlen. das ding war noch ziemlich frisch, erst vor wenigen wochen war ein bericht im "stern" gewesen. und nun sass ich mit meiner mutter (!!!) auf dem sofa und hörte sachen wie "auf'm bahnhof zoo im damenklo" und "tach, herr wichsmann, wie man weiss, es is heiss, und ich schwitze auf der ritze". die platte blies mich um; ich glaube, es gibt nur wenig platten in meinem leben, die ähnlich wichtig waren (kommt auch noch irgendwann in gänze im "15-platten-fred"). aber was natürlich der absolute höhepunkt für einen 12jährigen sein muss, der mit seiner mutter (!!!) auf dem sofa sitzt und nina hagen hört, ist ein großes geräusch, aus dem man nur mit mühe wörter wie "fickmaschine" und "spritz spritz" extrahieren kann. (später im leben ergab sich übrigens noch ein anderes nina-hagen-intermezzo für mich, aber das ist eine andere geschichte, und soll ein andermal erzählt werden.)
28. Ton Steine Scherben - Wir müssen hier raus!
an diesen urknall schloss sich eine musikalisch-systemkritische bewusstwerdung sowohl bei meiner mutter (!!!) als auch bei mir an. während erstere sich aber GEW-konform dann doch eher im bereich nachdenklich-schmunzelnmachender politbarden und zeitgeistnah auch mit projektbezogenen musikalischen selbsthilfeprojekten befasste (es begann ja die zeit, da auf jeder demo hinter dem wagen mit der unvermeidlichen gniedelband "stoned rabbit" dann irgendwann die ebenso unvermeidliche, nur aus anorexischen oder krankhaft adipösen kampflesben bestehende "frauensambagruppe lärm & lust" jedes gespäch unmöglich machte), wurde ich von meinem schulfreund nicki ins gebet genommen. der hatte einen älteren bruder, und darum auch ahnung. und er hatte TSS-platten, was für mich sehr schön war, denn damit hatte ich diese zumindest auf cassette.
29. The B-52's - Dance This Mess Around
ein weiterer wichtiger schulfreund war andi, der trotz seines zarten alters (wir waren gerade 13 geworden) bereits vorsichtig in postpunk-gefilden herumschnupperte, und die zahlreicher und ungezwungener werdenden klassenparties mit moderneren klängen anreicherte. als er mit dem B-52's-debüt antanzte, gelang ihm ein entscheidender durchbruch, und "planet claire" war über monate ein absolutes muss (was sich bis in meine studentenzeit hinzog). diesen song mochte ich aber immer noch ein quentchen lieber, auch weil er die unsterbliche zeile "why don't you dance with me?! I'm not no limburger!!" enthält.
Zitatking: Abgesehen von "Downtown", das man aussägen und verbrennen sollte, ist die komplette "Play Loud!" eines meiner absoluten Lieblingsalben. Leider scheiterten die B- 52's an der 100er- Hürde, ansonsten hätte "Planet Claire" reingemußt.
cobra: Die B-52's waren schon verdammt großartig. Ich bin erst mit dem "Party Mix" Album eingestiegen, nachdem ich bei Formel 1 "Private Idaho" gehört hatte. Sie haben aber auch später noch tolle Songs gemacht, "Roam" liebe ich nach wie vor.
king: Natürlich. Ich mag auch ihr "Funplex"- Comeback. "Roam" war nie so meins, in dem Fall nehme ich "Love Shack".
nullerbank: Von den B-52´s ist mir leider der Soloausflug von Kate Pierson mit Iggy Pop der allerliebste. Candy kann ich immer .
30. The Flying Lizards - Money (That's What I Want)
eine weitere errungenschaft von andi war diese single. mein herz für kranken scheiß tat einen großen sprung, und ich danach einen ebensolchen auf den tanzteppich des gerade zur verwüstung anstehenden elternlosen wohnzimmers. und wenn man sich heute überlegt, dass sowas damals tatsächlich in die charts kam (zumindest in england), muss man schon sagen: so scheiße war die zeit nicht, frisuren hin oder her.
Zitatcobra: Yeah! Habe ich damals auch öfter gehört, schade dass bei dem Video das laute Bleep! am Ende nicht mehr drauf ist.
von Krolock: "Money" wäre von mir fast auch drin gewesen. Und von den B 52's nehme ich den klassischen "Rock Lobster"
freeman: Money kommt natürlich auch in meine Liste, allerdings dann eher auf Interpretenseite.
postpunk hin, kraftwerk her - die ganze zeit lief das radio trotzdem heiß mit dem üblichen mist. und ganz weit vorne war zu der zeit die italo-pop-welle. ich kotzte regelmäßig im strahl angesichts der ergüsse von al bino & romika powder und ihren spießgesellen (ich nehme jetzt mal ausdrücklich drupi und die oliver onions aus), was ein problem darstellte, da die freundin meines vaters das zeug rauf und runter hörte. ich hatte bereits sowas wie ein gewisses geschmäcklerisches ehrgefühl entwickelt, und war daher peinlich berührt, als sie mich endlich doch kriegten: umberto (um was??) tozzi of "ti amo"-fame, ein song, den ich mindestens genauso hasste wie "felicita", berührte mich mit "gloria" plötzlich im tiefsten innern. ich nutzte eine fahrt in die innenstadt zum heimlichen erwerb der single, und erzählte niemandem davon. dies ist ein öffentliches coming out: ich finde das noch immer toll. so.
32. Kris Kristofferson - Loving Her Was Easier
und nicht genug der uncoolness - die best of, die meine mutter von kris kristofferson geschenkt bekam, fand im stillen meinen allergrößten zuspruch. country war seinerzeit der gottseibeiuns, und den genuß solch reaktionärer troglodytenmusik zuzugeben, hätte über viele jahre meinen gesellschaftlichen tod bedeutet. erst die rehabilitation johnny cashs in den 90ern und die damit einhergehende akzeptanz von roots und americana ermöglichte es mir, meinen neigungen in aller offenheit nachzugehen, statt in dunklen hinterzimmern mit fremden, unrasierten... - nein, das meinte ich dann doch nicht. kristofferson ist bis heute einer meiner helden geblieben. auch wenn er nie der große performer war, so ist er doch ein fantastischer songwriter, und sein wackliger gesang und sein unbeholfenes gitarrenspiel berühren mich oft mehr als das spätwerk des man in black, und das will was heißen.
33. Aretha Franklin feat. The Blues Brothers - Think
und dann kam DER FILM in die kinos, und haute mich dermaßen vom hocker, dass es nur so eine art hatte! ich könnte alle möglichen songs aus dem streifen in der liste parken, sei es die ray-charles-nummer im musikladen, james brown als prediger oder die strassenszene mit john lee hooker, aber dieser song war und ist mein unbestrittener höhepunkt, der mich auf der stelle und unwiderruflich zum aretha-fan machte, der sein taschengeld auf ein best-of-album von ihr sparte. darauf ist natürlich die originalversion zu hören, und die ist ja auch ganz klasse - aber diese szene ist so mitreißend, und die band ist so tight, und die göttin singt, wie göttinnen nun mal singen, und fleckige schürze hin, wampe her - wenn sie den mund aufmacht, ist sie die schönste frau der welt!
Zitatanders: Ich fand Cab Colloway mit Minnie The Moocher so richtig geil. Und ich war in Carrie Fisher verliebt.
34. Paul Simon - Late In The Evening
im gegensatz zu umberto und kris war meine sympathie für simon & garfunkel kein geheimnis, und so kam eines tages kumpel dani zu mir und sprach wie folgt: "ich hab gesehen, da kommt heute was im radio über paul simon, den findest du doch gut, oder?" ich also an den apparat, und horchte gebannt einer einstündigen sendung, in der der gute interviewt und seine neue platte vorgestellt wurde. das hatte für meine begriffe nur wenig mit dem zu tun, was ich von s&g so kannte; dennoch war ich fasziniert. ich hatte das gefühl, an der schwelle zu einer neuen welt zu stehen, und da das für einen pubertierenden jungen ein prima gefühl ist, wollte ich diese platte unbedingt haben. wie lange ich brauchte, um die platte zu verstehen; die gefühle, die mich dabei begleiteten; dass ich bald alle mitwirkenden musiker namentlich kannte und über jahre zu meinen helden erkor: ein fall für den 15-platten-thread (hoffentlich schaff ich das bald mal). aber dieser opener, der hit, war natürlich auch der türöffner für mich, und ist bis heute ein kniewipper, kopfwackler, herzwärmer.
Zitatking: Das glaubt mir jetzt keiner, aber ich finde einen Großteil von Paul Simons Solosachen richtig klasse. Zum Beispiel das hier.
ich: das wiederum finde ich jetzt ziemlich großartig!
anders: Dito. "Slip Slidin' Away" war fester Bestandteil unserer Parties. Genau richtig für den Engtanz, Stehblues, wie auch immer es genannt wurde.
ich: ganz wichtig wäre auch noch "train in the distance", aber das ist a) aus platzgründen rausgeflogen, und b) auf youtube nicht zu finden.
35. Peter Gabriel - Intruder
und dann kam erik, der nachbarsjunge, mit dem ich immer wieder mal musik tauschte, mit dieser platte an. und auch diese ist ein fall für den 15-platten-thread, aber nie, niemals werde ich die ersten takte des openers vergessen - diesen steinzeitbeat, diese krepligen geräusche, diese klaustrophobische atmosphäre. ich hatte noch nie auch nur annähernd etwas vergleichbares gehört. ich war gerade 14 geworden, und plötzlich auf einen schlag sämtlichen psychischen abgründen der menschheit ausgeliefert. psychosen, phobien, soziopathen. und irgendwie gefiel mir das. nerdwissen am rande: dies ist das allererste mal, dass der in den 80ern so beliebte gated-reverb-effekt eingesetzt wurde - coproduzent hugh padgham hatte eigentlich nur vergessen, den talkbackschalter am mischpult wieder auszumachen, und gabriel fuhr schwer drauf ab. phil collins, der hier schlagzeug spielt (und dem gabriel sämtliche becken weggenommen hatte), klaute den effekt dann für "in the air tonight". hat ja auch funktioniert.
Zitatvon Krolock: "Intruder" kommt bei mir auch noch
ich: ich bin eh begeistert, was sich hier alles überschneidet bzw noch überschneiden wird.
36. Barclay James Harvest - Hymn
*hust* einer der unangenehmsten, aber auch unvermeidlichsten momente tritt nun ein: die erkenntnis, dass die liebe einen zum vollkommen trotteligen horstlöffel machen kann. ich war 15, und hatte meine erste freundin. und was macht man da? richtig, man findet alles ganz toll, was sie toll findet, und am besten glaubt man auch noch selbst daran. und was fand sie toll? ratet mal. ich habe das trauma bis heute nicht richtig verarbeitet - ich habe noch die platten von damals, und einmal im jahr muss ich eine davon auflegen, um mich zu vergewissern, dass diese band wirklich so scheisse war. selbst wenn man auf schmonzigen, eierlosen, beamtigen, fantasielosen schmodder mit billigsten mittelstufenphilosophietexten steht (wie ich es damals tat, und es mir dann aber ganz ganz schnell abgewöhnt habe), sollte man sich doch eine andere fantasielose lieblingsschmodderband suchen, denn unorigineller als BJH kann man eigentlich nicht musik machen. kein wunder, dass sie speziell in deutschland so erfolgreich waren. ich bin sehr froh, dass ich mit meinen ersten knutschereien auch noch andere lieder und bilder verbinden kann als das hier. aber ein song meines lebens ist das unzweifelhaft, also muss es wohl sein.
Zitatvon Krolock: Liebe ist wirklich die einzige Entschuldigung, und Liebe macht nicht nur blind, sondern mindestens taub. Meiner Frau gefiel das Lied auch, aber da kannten wir uns noch nicht
king: Wenn ich gerade meinen fünfminütigen Lachanfall aufgrund des Kommentars bedenke und die Tatsache, daß ich meinen Mitbewohner vor den Rechner geholt habe, auf daß er ihn lese, muß ich sagen: das war's wert. Nach LFB im JOAT- Thread mein zweites Highlight des Tages. Ich liebe diese Threads.
ich: ich verspreche euch, dass die schlimmen sachen bald vorbei sind.
squonk: Hihi! Ich sag nicht viel, schöne Grüße aus dem Glashaus und lass uns mal ein eine Karaoke-Bar gehen!
ich: es hilft ja nichts, man muss schonungslos zu sich selbst sein. auch wenn es mensch und material verschleißt.
anders: Ich sehe heute noch die zwei Jungs vor mir am "Kartenhäusle" in Stuttgart, die wutentbrannt abzogen ob des unverschämten Preises von DM 32,00 für eine Karte des BJH-Konzertes in Stuttgart . Ich habe die sogar mal live in Köln gesehen, ca. 1984. Bin eingeladen worden und da ist wirklich nichts hängengeblieben, weder Lieder noch Bühnenbild.
37. Free - Heartbreaker
das mit der freundin war irgendwann vorüber, aber da es schon die zeit der ersten male war, kam auch bald die erste band. und wie das so ist bei ersten bands - geschmackssicher geht anders. wir spielten zuerst bluesrock, dann funkrock, dann sowas ähnliches wie jazzrock. es war grauenhaft, allerdings beim anderen geschlecht durchaus zielführend. und: es machte mich mit bands bekannt, die das, was wir versuchten, doch sehr viel besser konnten. unser gitarrist war großer free-fan, und ich hab immer noch die platten, die ich mir auf sein betreiben hin gekauft hatte. so ökonomisch spielten die wenigsten vertreter dieses genres, und in den besten momenten waren sie auch dreckig und filigran gleichzeitig. nicht alles von diesem breitbeinigen zeug ist in würde gealtert, aber speziell diesen song mochte ich damals enorm, und mag ihn immer noch sehr.
Zitatking: Da muß ich leider passen. Aber sowas von. Hier wird es ranzig.
ich: falls ich in diesem forum je einen ruf hatte, ist er seit diesem thread ein anderer.
king: "Bleib mir weg mit diesem Elektro- und Rapscheiß. Für mich ist gute Musik noch handgemacht, mit richtigen Instrumenten."
ich: "die können ja alle gar nicht richtig spielen, das sind ja nur maschinen!"
Back Door Man: ja/jein- Kossoff war sicherlich kein schlechter Gitarrist, er spielte relativ sparsam (wenn ich da nur heutzutage an fuckin`Bonamassa denke). In dem Bereich (vermutlich springt Bronkowitz gleich aus dem Fenster) sagt mir allerdings Spooky Tooth eher zu: M.E. die besseren Leadvocals als Paul Rodgers und die Band spielt kompakter und fokussierter: https://www.youtube.com/watch?v=QGxRstWAZBc
ich: bei mir ist das pure einbrenne. wenn ich heute irgendwas aus diesem genre verpasst kriege, mache ich zu (und ich habe einen lieben freund verprellt, als ich spooky tooth doof fand). ich würde auch free doof finden, aber das geht halt nicht mehr.
38. Gil Scott-Heron - The Bottle
und wofür ich besagtem gitarristen noch heute dankbar bin: er spielte mir das erste mal etwas von diesem vogelscheuchigen kauz vor, der ab da ein steter begleiter meines lebens wurde. wir versuchten sogar, "the bottle" nachzuspielen, scheiterten aber grandios, und beschränkten uns auf "gun", was immer noch holprig klang, aber zumindest irgendwie funktionierte. später durfte ich ihn sogar live erleben, und es wurde eines der besten konzerte meines lebens. seinen tod vor einigen jahren habe ich ihm sehr übelgenommen.
Zitatking: Er hat ja im Leben alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Werbekasper für irgendwelche Scheißfirmen, Alkoholismus, Drogen, Knast. Für jemanden, der "The Revolution Will Not Be Televised" skandiert hat, ist das, was er daraus gemacht hat, eher suboptimal.
39. B.B. King - Better Not Look Down
auch eine errungenschaft meiner bandkollegen. was habe ich dieses lied geliebt! es gab damals eine höchst absonderliche platte: "Royal Jam", the crusaders feat. b.b. king live with the royal philharmonic orchestra die hab ich rauf und runter gehört. vor englischem publikum hatte die strophe mit der queen of england natürlich noch mal ihren besonderen reiz, aber dennoch rührte ich das skurrile omelette bald geschmacklich wieder auseinander und hörte orchester, jazz und blues lieber in ihren natürlichen biotopen (nicht dass musikalische grenzüberschreitungen damit für mich an reiz verloren hätten). und so wurde auch die "normale" version des songs zu meiner lieblingsversion. rückblickend darf man dem schicksal danken, dass b.b. seinerzeit nicht zum peter ustinov der lustigen negermusik wurde. seinen launigen schnurren hör ich allemal lieber zu.
40. Joni Mitchell - Both Sides Now
um diese zeit herum kam ich auch zum erstenmal mit einer weiteren göttin in berührung. die "miles of aisles" lief rauf und runter (und tut es auch heute noch gerne), und ich hab in folge mit großer freude und ebensolchem respekt verfolgt, wie diese frau sich immer wieder neu erfunden hat, und dabei doch immer mit großer würde sie selbst geblieben ist. und ich könnte unendlich viele songs nennen, die wichtig für mich waren, aber "both sides now" war immer ganz vorne mit dabei, und spätestens seit der tränentreibenden szene in "love...actually" hat die späte version sämtliche früheren überholt. die stimme ist merklich tiefer gerutscht, und das elfenhaft-hippieske ist dankbarerweise einer art weiblicher sinatrahaftigkeit gewichen, einer melancholisch-heiteren abgeklärtheit, die vielen menschen in diesem alter gut anstünde, und dem song aber besonders gut steht. *schnief*
ich habe wohl an anderer stelle schon einmal erwähnt, dass ich dieselbe schule wie farin urlaub besuchte, der drei klassen über mir war, und den ich am anfang meiner oberschulkarriere auf einer "schülershow" noch ohne künstlernamen, dafür aber mit langen hippiehaaren schüchtern ein englisches lied zur akustischen gitarre vortragen sah. ehrensache, dass ich ärztefan wurde und blieb, und zwar, sobald das überhaupt nur halbwegs möglich war. über die rolle berlin-hermsdorfs als eine der hauptkeimzellen des deutschen funpunk referiere ich im nächsten abschnitt. bis dahin viel spaß.
42. Die Suurbiers - Teenage Rebell
eine der schlimmsten scharten in meiner biographie stammt von einem vorfall, der mich hätte unsterblich machen können: die suurbiers nahmen ihre erste mini-lp auf, und unser schulchor (dessen mitglied ich war) sollte bei drei liedern mitsingen! dummerweise hatte irgendein beklopptes familienmitglied an jenem tag irgendein beklopptes jubiläum (blecherne scheidung?!), und mein vater bestand auf meinem pünktlichen erscheinen. ich fuhr sogar noch mit ins studio nach kreuzberg, in der hoffnung, dass die aufnahmen fertig wären, bevor ich aufbrechen musste, aber nein: kurz bevor das rotlich anging, war bei mir schon ultimo, und ich musste brechenden herzens abschied nehmen. darum werde ich auch nicht auf dem cover der seither von mir in ehren gehaltenen schallplatte erwähnt!
und was soll das nun sein, suurbiers?! nun, diese band war für den deutschen funkpunk nichts mehr und nichts weniger als das, was alexis korner seinerzeit für den britischen blues war - irgendwie haben alle mal den fuß in diese band gehalten. sahnie, der spätere ärzte-bassist, verdiente sich hier seine ersten sporen, und lernte dabei bela b. kennen, der am schlagzeug saß, bis er von wölli alias grandmaster suurbier abgelöst wurde. (genau, der wölli of "tote hosen"-fame.) micha suurbier wurde später zu beckmann und erfand das berühmte gitarrenriff zu "blueprint" von den rainbirds. mitglieder der mimmis, der "wahre heino" und andere funpunkgrößen gaben sich immer wieder ein stelldichein bei der band, die sich für ein dezidiertes amateurdasein entschieden hatte. leider war der anführer captain suurbier psychisch nicht so stabil, wie das wort "funpunk" hätte vermuten lassen, und warf sich letztes jahr vor die ubahn.
weil wölli neben bela b. das prominenteste ex-mitglied ist, darf er auch den signature-song singen:
(wieder mal ausnahmsweise, der ehre wegen:)
43. Genesis - The Lamb Lies Down On Broadway
neben funpunk lief im kleinstädtischen bis dörflichen milieu hermsdorfs (immerhin war das ja WESTBERLIN) vor allem hippiekram und prog. auf den monatlichen teestubenparties (das war das örtliche evangelische jugendheim) wurde ELP, yes und mike oldfield rauf und runtergespielt, vor allem aber genesis. wer die letzten wochen seine angebetete beackert hatte, und endlich knutschen wollte, kam an der teestubenfete nicht vorbei. oldfield hatte frisch bei mir verschissen, yes ging eh nicht, und zu pigbag konnte man nicht knutschen (ausserdem war ich da immer fast der einzige auf der tanzfläche, wenn es schon mal lief). "carpet crawlers" hingegen ging natürlich immer, und da ich ohnehin schon gabriel-aficionado war, keimten in mir auch anderweitig sympathien für seine ex-band. ich überspielte mir das eine oder andere album von den üblichen verdächtigen, und gewann die "lamb lies down" dann aber doch so lieb, dass ich sie als LP erwarb. und der titelsong mir ist über die jahre der liebste geblieben. die these von kumpel jörg, genesis seien die punks unter den proggern gewesen, ist sicherlich doch sehr steil. aber zumindest waren sie wagemutig und hatten eier (die ihr frontmann dann mit sich nahm, als er die band verließ). die platte ist voll mit elaboriertem "fuck you", und am schönsten kommt das in dieser live-version zum tragen, die gabriel als zugabe einige jahre nach seinem ausstieg zum besten gab. (genießer beachten bitte auch den hinreißenden, so gar nicht zum rest der band passen wollenden piano-kopulateur!)
(und noch eine ausnahme, des bezuges wegen:)
Zitatkrautathaus: Abgefahren! Da es damals kein YouTube gab, sehe ich zum ersten Mal eine Liveaufnahme von Gabriel in den 70ern. Muß mir mal das ganze Konzert anschauen.
von Krolock: Ich kenne zwar ein paar, aber die immer als Gänseblümchen, Minnesänger, Geschwulst oder ähnliches. Für mich auch der erste Genesis-Gabriel, der aussieht wie der spätere Solo-Gabriel
44. Peter Hammill - Nadir's Big Chance
einer der teestuben-DJs hatte eine freundin, die ein paar jahre älter war, und sowohl einen wicked humour als auch profundes musikalisches wissen besaß. wir verstanden uns sofort ziemlich prima, und sie versuchte mich zu zahlreichen proggereien zu bekehren, was auf breiter front misslang (immerhin verschaffte es mir enormes grundlagenwissen). ihre absolute lieblingsband waren van der graaf generator, und deren (ehemaliger) sänger peter hammill war für sie, was peter gabriel damals für mich war. und nach ein paar geschichtsstunden in musikhistorie konnte ich auch verstehen, weshalb: der mann war zwar auch internatszögling, aber ebenso von einem fuck-you-geist besessen, und machte (und macht bis heute) sein absolut eigenes ding. "nadir's big chance" ist von 1975, und aber so gnadenlos rotzig und fies, dass der kommerzielle misserfolg für einen bis dahin feingeistigen artrocker mit abgespreiztem kleinem finger vorprogrammiert war. allerdings gab johnny rotten jahre später zu, dass diese platte und besonders dieser song eine initialzündung für die sex pistols gewesen seien. nur dass es damals niemand wissen durfte.
45. Madness - Tomorrow's just another day
die englische invasion anfang der 80er fand an meiner schule überwiegend im kreis von arschlöchern statt - reiche söhne, die sich in den ferien nach london zum sprachunterricht verschicken ließen, um mit brettfrisuren, creeps und einer tüte mit dem heißen scheiß zurückzukehren und damit einen ziemlichen larry zu machen. die meisten von denen waren auch noch stockreaktionär und hatten gar keine ahnung, was für ein linksradikales zeug sie sich mit dem ganzen two-tone-zeug ins haus geholt hatten. all das machte mir den zugang zu diesen bands nicht unbedingt leicht. ich kann allerdings auch mit gewissheit sagen, dass ich die specials und vor allem auch madness eben vor allem wegen ihrer musik mochte, und nicht wegen, sondern trotz des drumherums. und so sind madness für mich (auch wenn "one step beyond" natürlich jahrelang ein treuer party-wegbegleiter war und blieb) weniger eine ska-band, als vielmehr purer und lupenreiner britpop (ein wort, das es damals durchaus schon gab, und das aber keinen trend, sondern eben diese besonders clevere und verquere britische art beschrieb, hits zu machen). ich könnte eine menge lieblingssongs aufzählen, aber die meisten sind trotz hoher widerstandskraft irgendwann doch totgenudelt worden - "it must be love", "my girl", und allen voran "our house" (von dem ich immer noch hoffe, dass es sich irgendwann mal davon erholt). geblieben ist aber dieser song, den ich auch schon imer liebte, und hoffentlich immer lieben werde. solche songs können die amis halt nicht schreiben (und oasis konnten es übrigens auch nicht, so am rande).
46. Special A.K.A. - Free Nelson Mandela
"a message to you rudy" mochte ich auch schon gerne, aber als dieser song erschien, war ich so hingerissen, dass mich die o.g. doofmänner gar nicht störten. einer der wenigen ertäglichen polit-parolen-songs (und umso schöner, dass der text bald hinfällig war).
ein interessanter kleiner treppenwitz ergab sich beim münsteraner forumtreffen, wo ich beim ein-euro-spiel (erklärung auf nachfrage) eine platte eines gewissen stan campbell ergatterte. die sah fast genauso aus wie das debüt von terence trent d'arby, und stammte auch aus dem gleichen jahr. zuhause aufgelegt, gefiel sie mir recht gut; allerdings daurte es eine ganze weile, bis google endlich die tatsache ausspuckte, dass besagter herr campbell zeitweise sänger bei den bereits zerfallenden specials war, und mit diesen unter obigem namen untiges lied herausgebrcht hatte, bevor er dann mit seinem solodebüt eine bauchlandung galaktischen ausmaßes hinlegte. seine momentane postadresse ist irgendein böser knast in london, wo er wegen diverser sexualvergehen einsitzt.
Zitatvon Krolock: Madness waren (ein wenig auch: sind) eine tolle Popband und haben ja den Ska-Pfad nach ihrem zweiten Album mehr und mehr verlassen. Das hat wohl ihre Karriere gerettet. Mir war ihr erstes Album das liebste und auch das rangiert hinter Specials - Selecter - The Beat. Trotzdem, mir war die band immer sympathisch und so richtig über habe ich eigentlich nur "Our House"
The Special A.K.A. nahm ich deutlich persönlicher, schließlich war meine Lieblingsband Geschichte. "Mandela" ist ein Jahrhundertsong, aber nicht stellvertretend für die stellenweise doch sehr düstere Musik, gegen die "Ghost Town" ein Quell der Freude ist. Erst als ich mich damit abgefunden hatte, dass es die Specials nicht mehr gibt, habe ich die Platte richtig geliebt. Und das ist bis heute so. Schon wegen "Mandela" und
If you have a racist friend Now is the time, now is the time for your friendship to end
squonk: Schönheit! Überall nur Schönheit!
cobra: Die Maxi habe ich auch noch! Anekdote dazu, damals erzählt von Jerry Dammers: Als das Album vorgestellt wurde, hatte man auf den Flyer für die Presse unten den Slogan "Free Nelson Mandela!" geschrieben. Auf der Release-Party fragten ihn dann die anwesenden Journalisten ständig, wo es denn nun den "free Nelson Mandela" gebe - die hatten den für einen Cocktail gehalten.
47. Freur - Doot Doot
um diese zeit herum flackerte plötzlich irgendwann mal kurz im radio dieses lied auf. mein bester freund sprang auf und kaufte sich das album. ich tippte mir an die stirn, nur um es mir gleich darauf auch zu kaufen. und ich liebte es , und liebe es noch immer. schwer war die wahl, denn es sind mindestens drei songs drauf, die mich seither immerzu begleiten. aber "doot doot" ist dann doch der könig unter königen.
launige anekdote nr.2378: die band hatte ursprünglich keinen namen, sondern (lange vor prince) nur ein symbol als erkennungsmerkmal:
auf druck der plattenfirma bla bla bla und so hieß man dann plötzlich freur. wie hätte die hieroglyphe auch sonst ausgesprochen werden sollen?! das zeichen entstand im übrigen in eigenregie unter mitarbeit von freunden aus der kunsthochschule, ein kollektiv, aus dem bald darauf das designbüro "tomato" werden sollte. und aus der band wurde nach ein paar irrungen und wirrungen eine neue band, die mir ein paar jahre später gänzlich neue horizonte erschließen sollte, nämlich underworld. aber dazu zu gegebener zeit.
Zitatcobra: Ich kann mich noch erinnern, dass Thomas Gottschalk damals immer von "Oms" sprach. Die Maxi habe ich mir aber trotzdem gekauft. Underworld hatte ich dann zwar zur Kenntnis gekommen, zur Zeit der ersten beiden Alben gefielen sie mir allerdings nicht sonderlich. Das änderte sich danach aber schlagartig.
ich: besonders das zweite album ist auch wirklich nur noch pure pflichterfüllung. erst mit "dubnobasswithmyheadman" hatten sie so eine art coming out. wäre für mich auch ein fall für die "15 platten".
48. Foyer Des Arts - Könnten Bienen fliegen
mein vater hatte einen freund in ost-berlin, den wir regelmäßig besuchen fuhren, und zu dessen söhnen ich freundschaftliche bande entwickelt hatte. insbesondere der jüngere der beiden war ein pfiffikus, wie man damals so schön sagte, und als wir ins entsprechende alter kamen, auch höchst musikinteressiert. es entspann sich ein reger ost-west-austausch, von dem auch ich durchaus profitierte - weniger durch die silly-, city- und karat-platten, die ich von ihm im austausch bekam, als vielmehr durch die sachen, die er sich von mir wünschte. als eifriger westradiohörer war er in vielen punkten besser informiert als ich; und obwohl mir foyer des arts durch die "königin" und "erlangen" durchaus ein angenehmer begriff waren, war es erst sein wunsch nach "die unfähigkeit zu frühstücken", der auch mir die großartigkeit dieser kapelle vor augen führte. ich kaufte mir die platte gleich noch mal nach, und seither auch jede weitere. zeitlich nicht ganz korrekt, aber dann doch in der folge dieser ereignisse wurde "ein kuss in der irrtumstaverne" eine meiner platten für die insel, und nach hartem kampf gegen "das leben ist uninteressant" gewann dann doch dieser song ob seiner ungeheuren melancholie (und auch mangels youtube-verfügbarkeit seines konkurrenten). man denkt immer "die sind ja so lustige". sind sie aber nicht immer.
"könnten menschen sprechen, spräng die welt in tausend stücke. sie sprechen nicht, doch manche springen still von einer s-bahn-brücke."
49. Blue Rondo A La Turk - Klactoveesedstein
im gegensatz zu manch anderem hier im forum nervte mich die englische popjazzinvasion unendlich. man kam aber nicht drumrum, weil die damenwelt nahezu geschlossen matt bianco hörte, und so hatte ich meinen fair share of "half a minute", mit innerlich rollenden augen ertrug ich's der hormone wegen. doch eines tages kam mir irgendwie zu ohren, dass der matt-bianco-mastermind mark reilly zuvor eine weitaus spannendere formation gehabt haben solle, und als mir die platte irgendwo im restpostenständer unterkam, kaufte ich sie einfach mal blind. hätte schiefgehen können, aber nein: dieser haufen komplett wahnsinniger fand meinen gefallen, und insbesondere dieser wahnsinnigste unter den wahnsinnigen songs wurde eine zeitlang mein signature-song auf den parties der studenten-wg, in die ich zwei jahre später ziehen sollte. spätere recherchen ergaben, dass der song zumindest in GB ein minderer hit gewesen war (aber da kamen ja auch "money" und "o superman" in die top ten, o glückliches inselvolk!), und dass sich der kryptische songtitel auf einen nicht minder kryptischen songtitel charlie parkers bezieht (genau wie der bandname ein songtitel von dave brubeck ist - diese elenden eklektizistischen metaebenen!). all das nerdwissen beiseite gelassen, macht mich der song immer noch springen und tanzen! allein dieses völlig bekloppte gegrunze als loop darunter entzückt mein herz wie nur weniges, und ich würde als DJ vermutlich jeden abend meinen job riskieren, weil ich von dem track nicht die finger lassen könnte!
Zitatvon Krolock: Jetzt warte ich auf Haircut 100
ich: und das vergeblich.
50. Holger Czukay - Cool In The Pool
man kann bis hierhin schon feststellen, dass in den jahren 84/85 bei mir ein deutlicher umbruch vom boring old schlock hin zu skurrilem scheiß erfolgt war (nicht dass ich dafür nicht immer schon ein faible gehabt hätte, aber jetzt erst recht!). und in diesen jahren begann ich auch, noch konzentrierter als bisher zukünftige helden zu sammeln. holger czukay war und ist einer von ihnen. als bassist von can im englischsprachigen ausland bereits zu einschlägigen ehren gelangt, galt der prophet im eigenen lande wie immer recht wenig (und mit humor ist man ja in deutschlands hochkultur sowieso meist auf verlorenem posten). mittlerweile gilt er als der urvater des sampling - schon bei can hatte er begonnen, bei konzerten seinen bass einfach in die ecke zu stellen, und stattdessen, von seiner intuition geleitet, auf dem kurzwellenradio sender zu suchen, die gerade zur musik passendes zum besten gaben. auf seinen soloplatten perfektionierte er dieses vorgehen, auch mithilfe des sogenannten dictaphons, eines vorsintflutlichen diktiergeräts auf magnetbandbasis, bei dem man den tonkopf abschrauben und per hand über vorher markierte passagen führen konnte. zu einer zeit, als sich nur die allerwenigsten den über 100.000$ teuren fairlight-sampler leisten konnten, schuf er mit einem gerät vom flohmarkt fantastische, atmosphärische wie aber auch höchst humorvolle werke. das war natürlich ein gefundenes fressen für mich! ich kaufte irgendwann spontan das album "der osten ist rot" nachdem ich irgendwo etwas darüber gelesen hatte (ja, so war ich damals. hey.). und nach wochenlanger irritation sprang ich plötzlich auf, und kaufte mich rückwärts durchs repertoire. ewiger liebling ist und bleibt nunmehr die "movies" mit dem großartigen "persian love", dem atmosphärischen song-hörspiel-puzzle "hollywood symphony", und aber auch dem wunderbar groovigen und durchgeknallten "cool in the pool", das auf den oben erwähnten parties eigentlich jedesmal dem oben erwähnten song folgen musste, egal ob jemand mitmachte oder nicht. es ist immer eine freude!
Zitatvon Krolock: Das ist jetzt wieder so ganz meine Baustelle. Die "Movies" habe ich eine ganze Zeit rauf und runter gehört. Heute gefällt sie mir gar nicht mehr so wahnsinnig gut, aber immer noch gut genug
mit etwas verspätung trat irgendwann die "night & day" in mein leben - "steppin out" kannte ich natürlich schon schemenhaft aus irgendwelchen radio-spätprogrammen, aber natürlich war wie so oft eine frau schuld. die frau ging, die liebe zur platte blieb. für mich war dieser mann damals besonders wichtig, weil er mich an einem wunden punkt traf - ich hatte zwar die ganze zeit musik gemacht, mich aber eigentlich nie so richtig getraut. jetzt sah ich diesen kleinen, gnomigen kerl am klavier sitzen, mit seiner ganz und gar nicht schönen, aber irgendwie berührenden stimme, und dachte mir: wenn der das darf, darf ich das schon lange. und auch wenn ich mich nach diesem album (das auch irgendwann noch in den "15 platten" auftauchen wird) nach hinten und nach vorne durchs jacksonsche repertoire kaufte, und erst nach ein paar wirklich verquasten hirnficks in den 90ern ausstieg, um ihn vor einigen jahren dann doch wieder live zu sehen (immerhin ist er mittlerweile berliner) - diese platte wohnt in meinem herzen. ich habe eigentlich allen songs darauf sehr viel zu verdanken, aber speziell dieser song ist eine art akustisches frauenhaus für mich, ein balsam, ein ort der rettung. und wie er ihn hier live singt, hat man das gefühl, dass er auch für onkel joe selbst so ein ort ist.
Zitatkrautathaus: Jaaaa!
52. Laurie Anderson - Sharkey's Day / Sharkey's Night
die nächste verspätung: glücklicherweise bekam ich durch einen wohlmeinenden freund überhaupt noch mit, dass es diese frau gab. "o superman" war doch tatsächlich völlig an mir vorbeigerutscht (wurde natürlich im anschluss gleich behoben), und auch die "big science" rangiert seither in der liste unverzichtbarer platten bei mir ganz weit oben, eigentlich noch vor der "mr heartbreak", von der dieser doppelpack stammt, und die mein tor in die wunderbare welt der ms.a. darstellte. ein solches opener- und closer-zwillingspärchen findet man nicht noch einmal irgendwo - alleine diese einschmeichelnde, seltsame dinge erzählende frauenstimme über dem komischen klapper- und dudelmix, der immerzu von dieser enervierenden sägegitarre unterbrochen wird. eine größere freude kann man mir nicht machen, dachte ich. bis ich den closer hörte, in dem plötzlich william s. burroughs mit seiner junkie-nölstimme den sonnenuntergang konstatiert. "You know, I can see two tiny pictures of myself And there's one in each of you eyes. And they're doin' everything I do. Every time I light a cigarette, they light up theirs. I take a drink and I look in and they're drinkin' too. It's drivin' me crazy. It's drivin' me nuts."
Zitatkrautathaus: Cool, ich mochte ihren "Home of the brave" Film und hab den damals nicht nur einmal gesehen. Kann man übrigens auf YouTube ansehen. Die zwei Backgroundsängerinnen waren glaub' ich auch bei "Stop Making Sense" dabei.
53. Stretch - Why Did You Do It
ein halbes jahr vorm abi hatte ich aus meinen wohlbehüteten aussenbezirk verlassen, und war in die stadt zu meiner mutter gezogen. und natürlich ergab sich aus dieser zentralen lage auch die option, noch häufiger in noch weniger wohlbehütete stadtteile zu fahren, um dort auf obskuren parties in besetzten hinterhäusern durch die etagen zu irren, in den treppenhäusern über zugedröhnte drogenopfer zu steigen, und sich in den betanzten räumen wechselweise vor den dort herumhängenden absonderlichen gestalten zu fürchten und sich über die obskure musik zu wundern. irgendwann auf einer dieser parties, ich war schon ganz mürbe von dem ganzen gebratze und gefiepe (nicht dass das schlecht gewesen wäre, ich war nur völlig überfordert), drang plötzlich dieser staubtrockene groove an meine ohren, und wie ferngesteuert bewegte ich mich auf den fleckigen teppich zu, der die tanzfläche vorstellen sollte, und kam nach hause. bis heute unerreicht in seiner lakonie. one two.
54. Talking Heads - Once In A Lifetime
in dieser zeit war es auch, da die talking heads in aller ohren waren - jeder, der nicht bei drei auf dem baum war, musste "stop making sense" gesehen haben, und "road to nowhere" war auch schon auf der abiparty ein quell der langeweile für mich gewesen. kurz: die band ging mir gehörig auf den keks. bis ich dann mal irgendwann in einer stille stunde unter einfluß gewisser substanzen (was selten genug bei mir vorkam) auf dem sofa eines freundes der schönen schallplatte "remain in light" ausgesetzt war, und mich nicht wehren konnte. ich nahm (fast) alles zurück, was ich je an bösem über die band von mir gegeben hatte, ging in mich, und kam als anderer mensch wieder hinaus.
Zitatcobra: Das äußerst coole Video hat - neben dem Song - auch bei mir damals großen Eindruck gemacht. "Remain In Light" war dann eine meiner ersten CDs, leider waren nur drei richtig gute Songs drauf.
55. The Redskins - Lean On Me
ebenfalls auf einer jener schmuddeligen politpunkparties begegnete mir dieser song, der mir als nur begrenzt punkaffinem zaungast die gelegenheit bot, nach herzenslust mitzutun. stellt er doch ein grandioses amalgam aus klassenkämpferischem krempelhosen-elan bester britischer güte und schmissigem northern soul (was es damit auf sich hatte, erfuhr ich auch erst jahre später) dar. ich hüpfte fröhlich zwischen pogenden iros umher, getragen von der strassenköterischen sehnsucht in stimme und gebläse, und fühlte mich eins mit der welt. natürlich kaufte ich mir auch gleich das album, aber auf strecke ist es doch ein wenig anstrengend, permanent so angebellt zu werden. "bring it down!", "kick over the statues!", "it can be done!", "go get organized!"... mein jahresbedarf an parolen war in 40 minuten um das zehnfache überschritten. dennoch bleibt dieser song für immer.
Zitatvon Krolock: Die Redskins, cool
krautathaus: Gefällt mir überhaupt nicht. Das ist mir alles zu nervös und vor allem mag ich die Stimme nicht. Erinnert mich an Kevin Rowland, urgggh.
56. Kate Bush - Cloudbusting
natürlich war eine frau schuld, dass ich näher mit kate bushs werk in berührung kam (was allerdings auch offene türen bei mir einrannte). und möglicherweise hätte ich mit der großen "hounds of love" länger gefremdelt, wenn nicht dieser jahrhundertsong drauf gewesen wäre. dieses lied drückt bei mir auf so vielen ebenen so viele knöpfe, dass mein gehirn hinterher blinkt wie das kontrollfeld der "enterprise". eine symphonie der liebe, des drohenden und des erlebten verlusts, und der puren schönheit. könnte als eine meiner blaupausen für einen perfekten popsong durchgehen.
Zitatking: Sehr schön ausgedrückt. Trifft es exakt auf den Punkt.
cobra: "Cloudbusting" sollte eigentlich noch viel öfter in diesen Liste auftauchen. Die Extended Version, die die Grundlage des Videos (mit Donald Sutherland!) bildet, ist ja auch richtig toll. Seltsamerweise ist die auf Maxi veröffentlichte Version deutlich anders und leider auch schlechter.
57. Nits - Port Of Amsterdam
enter lieblingsband! ich erlernte den schönen beruf des musikalienhändlers (um ihn direkt im anschluss an die prüfung anderen zu überlassen), und kam im zuge dessen auch für einige zeit in die schallplattenabteilung meines lehrbetriebes. eine nicht ganz einfache zeit (meine kolleginnen folterten mich mit den damals angesagten schnulz-duetten à la patti labelle & michael mcdonald sowie mit "tausendmal du" von der münchner freiheit), aber auch schön, denn in den hinteren fächern lungerte so manche platte, die meiner entdeckung harrte. von den nits hatte ich schon gehört und gelesen, aber nun ergab sich die gelegenheit, eines lauschigen sommertags auch mal reinzuhören, denn es lagen immerhin vier ausgesprochen hübsch gestaltete tonträger von ihnen dort herum. ich fremdelte zunächst noch etwas, aber in einem anfall jugendlichen übermuts erwarb ich dreist die "henk" (damals frisch erschienen). ich mach's kurz (denn im 15-platten-thread schrob ich bereits einen roman über die scheibe): nach irritiertem mehrmaligem hören des werks fand ich mich auf einem jener jahrhundertkonzerte wieder, und erlebte die band in ihrem eigentlichen element: der sandkiste, äh, bühne. und der einsame höhepunkt dieses an unglaublichen momenten übervollen abends war dieser song, der mir endgültig klarmachte, mit was für einem wundersam durchgeknallten haufen ich es da zu tun hatte, und der bis heute ein live-highlight geblieben ist. da ich im plattenthread schon ein video aus der entstehungszeit gepostet habe, kommt hier jetzt ein ganz frisches von der jubiläumstour zum 40jährigen bandbestehen. qualität ist nicht so dolle, aber man erkennt ganz gut, dass die herrschaften auch noch kurz vor der rente die lümmel von der letzten bank geblieben sind. mein herz ist erfüllt von purer und wahrhaftiger liebe.
(ausnahme, bla bla:)
Zwischenspiel
ein trauma aus der schallplattenabteilung.
wenn ich eines tages in guantanamo sitzen sollte, und hätte die wahl, mit welchen psychotricks ich zur preisgabe der wahrheit gezwungen werden soll, ich würde mannhaft zuerst huey lewis, dann bryan adams, dann lionel richie, dann chris de burgh, dann chris rea, dann enya, und vielleicht sogar noch barclay james harvest widerstehen. aber spätestens bei diesem song läge ich winselnd auf der matte und flehte um waterboarding.
(aus humanitären gründen entfällt das video zu Patti LaBelle & Michael McDonald: "On My Own")
58. Tom Waits - In The Neighbourhood
zu dieser zeit entwickelte ich auch eine gewisse sympathie für den abseitig-verkrachten liedermacher maurenbrecher, der wiederum passionierter und erklärter tom-waits-fan war. nach besuch etlichr konzerte und anschließendem erwerb und verzehr seiner (damals) neuesten schallplatte befand ich die deutsche version von "in the neighborhood" für so vielversprechend, dass ich auch das original hören zu wollen geruhte. so begab ich mich eines tages in die plattenklitsche meines vertrauens, und ging mit der "swordfishtrombone" unter dem arm frohen mutes nach hause, nicht ahnend, was mich erwartete. nach mehreren wochen haderns, kopfschüttelns und haareraufens wurde dann allerdings die reinste und lauterste liebe daraus - die ganze platte ist nach wie vor eine meiner herzklappen, und auch wenn ich des waitsens karriere danach nicht vollumfänglich begleitet habe, so werde ich ihm doch stets und ohne zögern huldigen. es sind viele songs drauf, die ich posten könnte, aber dieser hat mich schließlich zu ihm geführt, und darum gibts ihn, und auch die deutsche fassung (die im nachhinein gehört etwas schlockig produziert ist, aber heiner pudelko im chor reißt es wieder raus).
(zumindest die maurenbrecher version sollte hier erscheinen, den rest könnt ihr googeln:)
Zitatdrosophila: das ganze album ist ganz und gar niederknienswert, aber "in the neighborhood" setzt noch eine schippe drauf.
quork: Ich bin ein bisschen überrascht, wie viel Zuspruch "In the Neighborhood" hier in den Threads bekommt. Für mich ist das zwar ein toller Waits-Song, aber bei weitem nicht sein interessantester. So oder so will ich nicht meckern wenn Tom Waits gewürdigt wird. Mir gefällt eigentlich auch die deutsche Version. Die habe ich mal von einem hannoveraner Arbeiterliedersänger lokalisiert abgewandelt sehr schön zum Akkordeon gesungen gehört. Das blieb zumindest im Gedächtnis.
ich: klar, es gibt tollere song von waits. aber "neighborhood" war damals der anker für viele, sich überhaupt mit waits' werk zu beschäftigen. zum einen war ja sein vorheriges oeuvre höchstens über bande, sprich coverversionen von springsteen und konsorten bekannt, und zum anderen markierte "swordfishtrombones" einen heftigen einschnitt in seinem schaffen. überhaupt war die welt in den 80ern noch eine andere, und solche musik hatte man eigentlich vorher noch nie gehört, da war die single das mit abstand zugänglichste stück (und ausserdem das erste video von waits, das auch noch ein bisschen airplay bekam). wenn der thread "lieblingslieder" hieße, wäre es wohl auch "16 shells" oder noch wahrscheinlicher "town with no cheer" geworden, aber es geht ja (zumindest für mich) um die zentralen dreh- und angelpunkte. und ja, die deutsche version ist klasse, nur diese 80er-synth-sounds nerven mich.
59. Violent Femmes - Blister In The Sun
schallplattenabteilung hin oder her, die klitsche, in der ich tätig war, war nicht ernsthaft "wohlsortiert" zu nennen, und so zog es mich doch immer wieder zu WOM am kudamm, wo ich ganze verregnete nachmittage unter dem kopfhörer vor irgendwelchen obskur aussehenden plattencovern verbringen konnte. als ich wieder einmal eingedrehten auges irgendeiner seltsamen, wenn auch nicht überzeugenden angelegenheit lauschte, bemerkte ich in meinem augenwinkel seltsames treiben, drehte mich um, und erblickte drei seltsame gesellen, die sich mit sparsamstem instrumentarium mitten im laden aufgebaut hatten, um dort ein gratis-promo-konzert zu geben. schon vor dem ersten ton beeindruckte mich der schlagzeuger, der sich mit zwei jazzbesen hinter einem riesigen versandkarton aufgebaut hatte, den er dann, kaum war der erste ton erklungen, mit den füssen quer durch den laden vor sich hertrieb, um gelegentlich einen break auf wehrlosen plattenregalen, kopfhörern oder den scheiteln unbeteiligter kunden darzubieten, während der sänger in faszinierender weise quäkte, und der bassist auf dem ersten akustik-umhängebass, den meine augen je erblicken durften, derart herumfuhrwerkte, dass ihm eine saite riss (ein bis dato singuläres erlebnis in meinem musikliebhaberleben). natürlich kaufte ich die platte, die über den köpfen der jungs schön promomäßig herumstand, und trat damit gewissermassen schon präventiv in mein noch etliche monate in der zukunft liegendes studentendasein ein, denn "blister in the sun" war ab der ersten semesterwoche eine pflichtveranstaltung auf den studentischen zusammenkünften, und auch heute immer noch ein lachtränchen wert.
Zitatking: Noch etwas, das ich früher nie sonderlich mochte, weil es zu oft irgendwo lief... bis zu jenem denkwürdigen Dialog vor zwei Jahren: "...und was hörst du so für Musik?" (schreckliche Dinge erwartend) "Ich habe eigentlich zwei Lieblingsbands, weiß aber nicht, ob du die kennst." "Und was?" "Violent Femmes und Element Of Crime." Und alles war gut.
von Krolock: "Blister" habe ich auch drin und auch das Konzert der Violent Femmes noch in allerbester Erinnerung und bei Waits sind wir uns ja auch einig. Ist die Version von Ambros, "Durt bin i daham" geläufig?
ich: kenn ich auch, ist auch prima, hat allerdings natürlich keine chance gegen die macht der maurenbrecherschen historie. das schmälert allerdings nicht andere großtaten wie "samstag nacht" oder "martha". wenn man's genau nimmt, hat mir das projekt in erinnerung gerufen, dass ambros ja doch zu den guten gehört.
squonk: I bin groß in Kagran!" Ambros fand ich Ende 70er/Anfang 80er wie auch einige meiner Kumpels richtig toll. Teile seiner Lyrics haben auch Einzug in unsere Umgangssprache gehalten "Verkumm und loss di nimmer anschaun". "In The Neighborhood" und auch genau dieses Video waren aber auch mein Tom-Waits-Erweckungsmoment. "Rain Dogs" mag vielleicht insgesamt besser sein, aber "Neighborhood" "16 Shells" und "Underground" waren Musikkabarett, wie ich es vorher noch nicht gehört habe.
quork: "Es lebe der Zentralfriedhof" ist super vom Ambros. Eigentlich peinlich, dass es Michael Mittermeier brauchte, um mich darauf aufmerksam zu machen.
cobra: Der Ambros war damals richtig Kult bei uns. Neben dem Zentralfriedhof gabs ja auch noch Lieder wie "Zwickts me" oder "Hoit do is a Spoit", nur über "Skifoan" breite ich lieber den Mantel des Schweigens. Aber der Megakult waren seine musikalischen Hörspiele, die er mit Tauchen / Prokopetz gemacht hat, vor allem das legendäre "Der Watzmann ruft" (mit der Gailtalerin!), das bis heute als Musical aufgeführt wird.
ich: der watzmann ist legende!
faxe: Hab's zuletzt an einem Gewitterabend auf der Seebühne am Chiemsee gesehen, war großartig. Blitzte und donnerte, als die Zuganen kommen sollten, fing es an zu schütten
60. Prince - Mountains
wie es geschehen konnte, dass prince bis zur "parade" großenteils an mir vorbeigerauscht war, kann ich nicht erklären. ich weiss nur, dass mich "purple rain" nervte, "raspberry beret" nervte, und auch "kiss" nervte. und dann muss es doch irgendeinen grund dafür gegeben haben, dass sich in meine kleine musikladen-abschiedskollektion (immerhin kriegte ich 20 prozent rabatt!) auch die "parade" eingeschmuggelt hatte. jedenfalls ließ die erleuchtung nicht lange auf sich warten, und "mountains" gebührt hierbei die ehre des eisbrechers - als ich mich summend und groovend in der u-bahn wiederfand, dem ohrwurm hoffnungslos erlegen, war mir auch klar, dass diese platte zum lebensbegleiter würde, mit "mountains" als ewige speerspitze (der dann zwischenzeitlich doch "under the cherry moon" den rang ablief, zumindest in rotwein-und-augenklimper-momenten). natürlich leistete ich auch baldigst abbitte den obengenannten songs gegenüber (wobei "purple rain" immer noch zu den zähneknirschern gehört), und kaufte mich dann auch brav nach hinten durch. aber die "parade" kabbelt sich in meinem hause nach wie vor mit der "sign of the times" um den prince-thron.
Zitatcobra: Ich fand ja immer, dass die Prince'sche Musik zwischen Genialität und Katzenmusik mäanderte, etwa die Hälfte der Songs auf "Sign O' The Times" ist für mich praktisch unerträglich, andere Alben wiederum gefallen mir wesentlich besser. Für richtig gute Singles war er aber auch in schwächeren Perioden immer gut, "Mountains" macht auch heute noch Spaß.
ein weiterer ewiger held trat ebenfalls zu dieser zeit in mein leben (hach, schöne studentenzeit - die festplatte ist noch fast leer, und man ist doch trotzdem schon vermessen genug, nach dem schönen, guten und wahren zu suchen!). eigentlich begann unsere liebesaffäre mit "aliens ate my buick", die mir nach wie vor großen spaß macht. aber das eher geringe ausmaß seines backkatalogs (zu dieser zeit noch zwei alben) senkte die hemmschwelle, und flugs sass ich zutiefst verzückt im zimmer und lauschte stunden-, tage-, nächte-, wochenlang den betörenden sphärenklängen von "the flat earth". und alles in meinem semester, was zwei x-chromosome, einen IQ über 90 und so etwas wie minimalcharme besaß, und nicht bei drei auf dem baum war, wurde von mir mit liebevollst gefertigten mixtapes bemustert, die allesamt in unterschiedlichsten kombinationen "I scare myself" enthalten mussten. mir war damals nicht klar, dass das buhlen um die empfängerinnen einem zwar unbewussten, aber übergeordneten ziel folgte: einmal zu diesem song rumknutschen (was dann irgendwann auch gelang)! im übrigen entzündete sich an diesem lied auch meine unauslöschliche, alles verzehrende, aber leider auch unerwiderte liebe zur posaune. welch fahler abglanz zu diesem majestätischen blasinstrument ist doch das plebejische klavier, welch müde simulation. hach.
€: obgleich - der meister spielt's so weich, so sehnsüchtig flüsternd, verzagt und doch fordernd. ich bin versöhnt.
Zitatcobra: Ich habe seinerzeit die Maxi von "She Blinded Me With Science" gekauft, und auch "Hyperactive" fand ich toll. In den Videos war er ja meist eher ein Spassekenmacher, und so war ich beim Anhören der Alben sehr erstaunt, was der Mann so alles drauf hat. Wird Zeit, dass er mal wieder war rausbringt.
ich: die letzten, tja, jahrzehnte muss man schon sagen, hat er ja größtenteils in seine firma beatnik gesteckt. ausgesorgt haben dürfte er schon länger, seit einigen jahren tourt er auch wieder (in berlin hab ich ihn leider verpasst). seine alben fand ich seit den 90ern eher durchwachsen, aber live muss das schon noch toll sein, wenn man den videos auf youtube glauben schenkt. (was für ein bulle der zarte junge mann mittlerweile ist!)
LFB: Thomas Dolby hatte ich irgendwo in der "zu vernachlässigender 80er Discopop"-Schublade abgelegt. Keine Ahnung, wie er da reingeraten ist, aber vermutlich basierend auf Gerüchten und vom Hörensagen. Denn: Sehr tolle Songs da oben, alle beide.
Edit: "She blinded me with science" klingt für mich dann tatsächlich wie eher zu vernachlässigender 80er Discopop.
krautathaus: Mit der Maxi v. "She blinded me with silence" hat es auch bei mir angefangen. Ein Bekannter hatte die Amipressung vom Debut, und da war schon die lange Version der Single drauf. Dolby's erste beiden Album sind für mich Fast-Meisterwerke. "The flat Earth" habe ich bei Erscheinen kennen gelernt, und lief fast täglich. "Screen Kiss" war damals mein Favorit...an dem konnte ich mich gar nicht satt hören.
ich: das wäre fast auch in der liste gelandet; mit "I scare myself" verbinde ich halt noch mal mehr. großartig ist es allemal.
krautathaus: Beide haben bei mir immer so eine "exotische" Fernwehstimmung verursacht. Musik zum träumen, auch heute noch. Natürlich auch angeregt durch die Artwork. Sein Vater war ja Archäologe.
cobra: Jetzt denke ich gerade mal wieder an die B-Seite von "She Blinded Me With Science", das war nämlich die lange Version von "One Of Our Submarines". Da geht es mir ganz genauso.
62. David Bowie - Ashes To Ashes
nicht, dass mir bowie nicht schon bekannt gewesen wäre; nicht, dass er mir in seiner bedeutung nicht bewußt gewesen wäre; nicht dass mir nicht mndestens dreimal zu oft "starman" um die ohren geschlagen worden wäre - aber dennoch spielte bowie bis zu jenem tag im jahr 87 keine besondere rolle in meinem leben. an ebenjenem tag war ich das erste mal in professioneller absicht in einem musikstudio (ich hatte damals beruflich so was ähnliches geplant), entsprechend aufgeregt und durchlässig, und der zuständige toning legte zum einhören die "scary monsters" auf. ich saß in der regie auf dem sofa, und fühlte mich wie in einer jener drogenfilmszenen, die nur noch aus musik zu bestehen scheinen, nur dass ich auf keiner irgendwie gearteten droge war (wenn man meine endorphine mal nicht mitzählt). ein moment, den ich nie vergessen werde, und ein song, der seither selbst über die pupigsten pc-lautsprecher immer die wucht von zwei in die wand eingelassenen zwei-meter-lautsprechern haben wird.
Zitatcobra: "Ashes To Ashes" fand ich damals auch toll, natürlich auch wegen des Videos, das Album hat mich dann aber eher enttäuscht. Aber der Song ist bis heute einer meiner absoluten Bowie-Favoriten.
von Krolock: "Scary Monsters" ist sein letztes großes Album, erst danach ging es bergab
cobra: Bei mir ist es so, dass ich die Verehrung für seine Alben vor "Scary Monsters" nicht so recht nachvollziehen kann, da gibt es immer nur so vereinzelte Songs, die mir gefallen. Trotz der leisen Enttäuschung war "Scary Monsters" da ein echter Fortschritt, und die nächsten Alben fand ich noch besser. Aber Tin Machine war gruslig.
ich: ich kenne menschen, die die platte verehren. ein paar von ihnen mag ich dennoch ganz gerne.
cobra: Du bist bewundernswert.
ich: das ist altersmilde. ausserdem kann der eine prima kochen.
63. Tuxedomoon - No Tears
wo und was wäre ich heute ohne das "rockit" in der karl-marx-strasse?! das war hier DER angesagte studi-laden in den späten achtzigern, es liefen police, pixies, sugarcubes, sisters of mercy, und eben auch JEDESMAL "no tears". und wehe, es lief mal nicht, dann begab sich gleich eine abordnung von wechselnden jungstudenten an den DJ-tresen, und machte dem plattenmann die hölle heiß. irgendwann mal war ich dran, und blickte in leidende augen. "ich arbeite hier seit drei jahren, und JEDEN gottverdammten abend muss ich das spielen! GNADE!" ich hatte ein einsehen, musste aber eine runde schmeißen. ich verstehe den DJ sehr gut, mich nervts mittlerweile auch ziemlich, aber es klemmt in meiner amygdala und will da auch nicht rauskommen.
64. Gene Kelly & Georges Guetary - 'S Wonderful
auf die letzten meter im musikladen hatte ich einen äußerlich an d'artagnan gemahnenden jungen herrn kennengelernt und zwecks musikalischem austausch telefonnummern gewechselt. als wir uns kurze zeit später auf einer miniparty wiedertrafen und darob sehr freuten, nahm meine musikalische karriere eine wichtige wendung, und ich fand mich kurz darauf in der band wieder, mit der ich etliche jahre einem wie auch immer gearteten professionellen durchbruch entgegensegelte (der natürlich nie eintrat, gottlob, muss ich im nachhinein sagen). neben mancherlei schnurren, bösen erfahrungen und verklärten erinnerungen pflanzte diese zeit auch die unauslöschliche liebe zu alten filmschlagern bzw überhaupt einen blick für die amerikanische musik des frühen 20. jahrhunderts in mich. besagter d'artagnan wie auch der sänger der band waren nämlich absolute experten auf dem gebiet, und im nachhinein wünscht man sich, wir hätten unserem eher beliebigen pop mehr derartiger elemente als alleinstellungsmerkmal verpasst, dann müsste ich vielleicht nicht ganz so rot anlaufen, wenn ich unsere alten sachen höre. von all den mannigfaltig zur auswahl stehenden zauberhaften stücken bleibt doch "'s wonderful" als leuchtturm stehen, schon alleine deswegen, weil es auch häufiger den weg auf zu frauenbetörungszwecken kompilierte mixtapes fand, und dort auch durchaus anklang fand. (nach langen jahren out of business habe ich es neulich mal wieder dergestalt probiert. aber das rad der geschichte lässt sich nicht zurückdrehen.)
ZitatKrautathaus: Danke, das hat mich gerade erinnert, endlich mal die Bluray von dem Film zu ordern. Ich habe auch ein ausgeprägte Schwäche für die Ami-Standards des frühen 20. Jahrhunderts und kann mich an deren (manchmal schon an Naivität grenzender) Fröhlichkeit immer wieder erfreuen. Ein Beispiel, das ich sehr gerne höre: Peggy Lee - It's a Good Day!
mittlerweile in eine prima studenten-wg gezogen, nahm ich gerne mein abschlusszeugnis des musikladens entgegen, um mich für irgendwas wie diskussionswissenschaften und landschaftspädagogik einzuschreiben, und im anschluss voll und ganz ins studenten- und musikerleben der ausgehenden achtziger zu stürzen. damals ging das noch, dass man ca drei veranstaltungen pro woche besuchte, und ansonsten anderweitigen interessen nachging, ohne dass irgendjemand nachfragte (mit ausnahme meiner eltern natürlich, aber die konnte ich immer irgendwie in sicherheit wiegen). natürlich war ich immer noch dauernd im "rockit", aber auch sonst auf nahezu jeder uni- oder zimmerparty, die nicht bei drei auf dem baum war. und - zu jener zeit in jenen kreisen unvermeidlich - stieß ich auch auf die chameleons. der begriff "goth" war noch nicht erfunden, man nannte das, wenn überhaupt, "dark wave", aber man stritt man sich eh darum, ob das bei dieser band überhaupt zutraf. "madchester" gabs auch erst ein paar jahre später, und überhaupt: sie hatten sich ja gerade aufgelöst, was dem ganzen noch einen hauch tragik mehr verlieh. ich hätte damals gar nicht erwartet, dass da was bleibt; ich stand chameleonsmäßig immer eher abseits (wie auch das ganze genre nicht so hundert pro meins war). aber siehe da, es schlich sich über die monate in mein herz, und blieb dort seither sitzen. und so finde ich mich mittlerweile alle paar jahre auf konzerten des alten indianers mark burgess wieder, und huldige der betörenden schwermut. (es war übrigens ein harter und schwerer kampf zwischen "in shreds" und "in answer", bevor ersteres dann doch der langzeitwirkung wegen gewann. aber eigentlich hatte letzteres damals den besseren stand bei mir.)
Zitatcobra: en Chameleons-Song kannte ich nicht, gefällt mir aber. Ich frage mich gerade, woran er mich erinnert - Bauhaus?
droso: der chameleons-song ist ziemlich grossartig.
spaceballs: Die Chameleons waren generell ziemlich großartig.
hawkwind: Oh ja! Würden bei mir sicher auch in der Liste auftauchen, allerdings mit diesem Titel: [second skin]
66. XTC - I Am The Audience
enter zweitlieblingsband: ich hatte damals die nerdige angewohnheit, gelegentlich spontan eine platte zu kaufen, nur weil mir das cover so gut gefiel (bevorzugt aus der ramschkiste). das geht eigentlich nur mit schallplatten, und ist daher als habit of mind auch erst in den letzten jahren wieder ins blickfeld gerückt, besonders durch das wunderbare, auf internationalen forumtreffen entwickelte ein-euro-spiel. so fiel mir auch irgendwann die "go2" in die finger, das immer noch großartigste albumcover aller zeiten. es stand niceprice-besudelt im 5-mark-ständer rum, und wartete auf mich, und ich gedachte es mir schlicht und einfach an die wand zu hängen. nachdem ich es einmal gehört hatte, war ich nur umso bestärkter in dieser meinung, aber dann krallte sich doch irgendwas fest. und "I am the audience" war nicht nur eine zeitlang wilder wg-party-endpunkt und rausschmeisser, sondern auch einige jahre später der anlass, sich die band nochmal vorzuknöpfen, und dann doch endgültig in tiefer liebe zu entbrennen. dankeschön, "I am the audience"!
Zitatcobra: Ich glaube, XTC waren damals einfach zu clever, um wirklich den großen Pop-Erfolg zu ernten.
67. King Crimson - Elephant Talk
eigentlich hatte ich meine proginduzierte jugend schon erfolgreich verdrängt, um auf dem gesellschaftlichen parkett der uni-parties bestehen zu können. aber mir war nicht klar, welche bärenfallen am rande dieses dornigen weges herumlagen - irgendwann stieß ich (wie immer jahre zu spät) auf die drei platten der 80er-jahre-inkarnation von king crimson, und stellte überrascht fest, dass das so gar nichts mit dem "court of the crimson king" zu tun hatte, der mir zur jener zeit noch mit einem hauch von schleim in der erinnerung hallte. doppeltes interesse weckten adrian belew, der schon die zweite laurie-anderson-platte mit obskurem gitarrengeschröte versehen hatte, sowie tony levin, der den spagat zwischen paul simons softie-jazz-folk und den paranoiden klaustrophobien peter gabriels mit links hinzukriegen schien, und der bis heute einer meiner lieblingsbassisten/stickspieler ist. gleich der opener der ersten platte haute mich um, und wurde stante pede zu einem meiner beliebtesten wg-party-tanzflächenleermacher. aber neben ein paar unerträglichen stressnummern finden sich noch mehr wahre perlen auf den alben. also einfach mal kaufen, freunde!
Zitatvon Krolock: Die erste King Crimson, die nicht nach King Crimson klang. Ich habe sie wegen "Remain In Light" gekauft, aber sie klang dann doch irgendwie anders. Gehört auch zu den hunderten von Platten, die ich damals wegen den ach so tollen CDs verscherbelt habe. Ich Trottel. Aber in diesem Fall konnte ich es verschmerzen, trotz einiger guter Songs
ich: man könnte aus den drei platten ein exzellentes drei-seiten-album machen. oder 4 ep's, wäre auch schick.
under the influence of the studenten-wg geschah mir so manches, dessen dimension ich damals nicht erkannte. dieser song gehört definitiv dazu, wie auch die ganze band mit ihrem oeuvre - beides schlich sich natternhaft-geheim in meine blutbahn, und säte dort ihren samen der schönheit. ich hatte zu jener zeit noch arge probleme, die verstimmte schratigkeit dieser punkig-funkig-singsong-no-schubladen-outlaws in einklang mit meinem ästhetischen empfinden zu bringen; doch solcherlei medizin brachte mich sukzessive von meinen immer noch halbwegs radiotauglichen hörgewohnheiten ab, und eröffnete mir mal wieder eine neue welt. mike watt war mir damals noch gar kein begriff; erst später fügten sich die puzzlesteine zu einem bild dessen, was in den 80ern im untergrund schon mal als fond für die zahlreichen neuen saucen kochte, mit denen in den 90ern und nach der jahrtausendwende der zunehmend abgeschmacktere indie-braten übergossen wurde. hier noch als molekularküche zu genießen.
Ich möchte das mögen, aber ich empfinde den Song als erstaunlich flügellahm. Dabei haben Firehose doch so einen Nimbus als sagenumwobene Alternative-Urväter.
dazu ist gar nicht viel zu sagen, nur, dass es sich hier vermutlich um den geilsten prince-song aller zeiten handelt. viele mögen widersprechen, und ich verstehe auch jeden einzelnen, aber für mich ist das der moment, in dem ich den mann endgültig verstanden zu haben glaubte. diese knochentrockene, sperrige reduktion im groove hat mich lange fremdeln lassen, bis ich dem song dann urplötzlich verfiel wie einer dieser strengblickenden, hochwangigen flamencotänzerinnen. so wie auch im song die sparsame fremdelei dann recht urplötzlich zu einer sehr üppigen und leidenschaftlichen angelegenheit wird, im saxophonsolo nämlich, wo dann auch zwei takte lang der einzige harmoniewechsel des gesamten tracks stattfindet, und für einen mentalen orgasmus sorgt. in meinen augen die ökonomischste definition von ekstase, die nur vorstellbar ist.
in ermangelung eines webfähigen originals gibt es hier die zwar deutlich unökonomischere, aber nicht minder ekstatische liveversion: http://vk.com/video10353231_162675192
€: weil ich gerade hier vorbeikam, dachte ich mir, ich such noch mal. und siehe da:
Vielleicht ist es die Live-Version ohne die knochentrockene, sperrige Produktion, aber das kommt bei mir nicht recht an. Spotify kann auch nicht helfen...
die "spirit of eden" hat ja ohnehin den legendären ruf einer jahrhundertplatte, sowohl als radikaler ausdruck der kompromisslosigkeit einer ehemaligen synthpop-chartsband, als auch als vorbote und blaupause des allen rockismen enthobenen postrock. für mich war und ist es die klanggewordene melancholie, das tiefste und reinste empfinden der verlorenheit. wenn ich meine beschreibung aus dem alten forum noch finden würde, ich postete sie hier einfach noch mal; heute hab ich irgendwie nicht mehr genug treffende worte griffbereit. einer der zehn wichtigsten songs meines lebens.
Yeah! Das ist zwar nicht unbedingt mein Lieblingssong von Talk Talk, wie auch "The Spirit Of Eden" auch nicht mein favorisiertes Album ist. Aber das ist wirklich sehr fein.