Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #2741 Ich finde, urwüchsige Volksmusik, wie sie im Alpenraum in irgendwelchen Bergdörfern gespielt wird, hat durchaus ihre Daseinsberechtigung. Extrem schlimm ist nur dieser verwässerte volkstümliche Quatsch, der aus den immergleichen Computerprogrammen zusammengeschweißt wird.
Kaum jemand kennt "urwüchsige Volksmusik, wie sie im Alpenraum in irgendwelchen Bergdörfern gespielt wird".
Das, was gemeinhin dafür gehalten wird (ala "XYZ'dinger Dreigsang") ist eine idealisierter Musikstil, der in den zwanziger Jahren beim Aufbau des Hörfunks von einem einzigen Redakteur hoch gepushed wurde. Der Mann war damals, beeinflusst vom Kiem Pauli, Fan einer bestimmten Lieddarbietungsform aus dem westlichen Salzburger Land, und hat alle Musiker angehalten auf die Art zu spielen. Andernfalls hat er sie nicht ins Radio "reingelassen".
Es gab mal einen recht ausführlichen Artikel dazu im "MUH". Ich such den mal raus.
Keine Ahnung, wie nahe die dem kommen, aber mit echter, urwüchsiger Alpenmusik haben sich die „Wellbrüder aus'm Biermoos“ (Ex-Biermösl Blosn) intensiv beschäftigt. Ich denke, über diesen Weg könnte man einiges erfahren, wenn man mal nachgoogelt, auf wen die sich so beziehen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Möglicherweise. Ich kenne mich da selbst nicht aus. Aus Interviews mit den Well-Brüdern habe ich so ein bisschen erfahren, was die so antreibt, und konnte das gut nachvollziehen, auch wenn meine musikalischen Vorlieben sich anderswo bewegen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von fanwander im Beitrag #2748Kaum jemand kennt "urwüchsige Volksmusik, wie sie im Alpenraum in irgendwelchen Bergdörfern gespielt wird".
Ich kenne mich da nicht wirklich aus, war aber in meiner Jugend mal in einer Skihütte, in der ein Trio auftrat, daß mich erstaunlicherweise begeistert hat. Auf Zweitausendeins gab es auch mal eine Samplerreihe mit bayrischer Volksmusik der 20er und 30er Jahre, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht. Das ist Kultur. Da hören Leute montenegrinische Schafhirtentänze und spirituelles Getrommel aus Bhutan und fühlen sich unheimlich weltoffen, aber deutsche Folklore ist igitt.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Vielleicht sollte man da einen separaten (ernsten ;-) ) Thread draus machen:
Zitat von Quork im Beitrag #2751Ah ja, die sagen mir sogar was. Also sowas wie der Kraudn Sepp, wenn man Wikipedia glauben darf?
Naja, der Kraudn Sepp hat "Gstanzln" gesungen. Das sind Kurzvers-Spottlieder, die zu alkoholseligerer Stunde im Wirtshaus oder bei ähnlicher Gelegenheit gesungen wurden. Eine ähnliche Spottlieder-CD hab ich von zwei Zillertaler Typen (Tuxer Machtl und Kohlstatt Franz). Textlich stammt das meiste aus den zwanziger Jahren (zB Wir kommen aus Trentino). Die sind natürlich auch ein Teil einer Volksmusik, aber das wurde nicht zu Hause gesungen.
Ich bin ab und zu auf einer Hütte im Zillertal. Bild entfernt (keine Rechte) Wenn da die Bauern nebendran heuen, dann hört der Typ in der schallgeschützen Kabine des Allradladers Paul van Dyk und die Leute, die draußen mit der Hand rechen, singen zu viert und unisono Schüttelreime übers Heurechen; die Melodien bestehen oft aus nur zwei Tönen. Ähnlich wie Kinderlieder (und ähnlich wie bei Paul van Dyk ) Bild entfernt (keine Rechte) Die Kamera ist nicht gekippt, der Hang ist so steil.
Achja: Die Zither, die ja fast das "Alpenmusik"-Instrument schlechthin zu sein scheint, gibt es in einer annähernd heutigen Form erst seit dem späten 19ten Jahrhundert. Auf dem Bauernhof in Sachrang, wo meine Großeltern ein Sommerfrischezimmer hatten, hing in der Stube sowas wie ein sehr altes Monochord mit vier oder fünf Bordun-Saiten an der Wand (ich hab das nur auf Fotos gesehen). Meine Großeltern haben erzählt, dass die Bäuerin nach der Arbeit sich vor die Tür gesetzt hat und darauf gespielt hat. Das sind wohl die Vorläuferinstrumente zur heutigen Konzertzither, wie sie der Kraudn Sepp gespielt hat.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #2753 Da hören Leute montenegrinische Schafhirtentänze und spirituelles Getrommel aus Bhutan und fühlen sich unheimlich weltoffen, aber deutsche Folklore ist igitt.
Das haben die Nazis leider nachhaltig plattgemacht. Sehr schade, denn wir haben sehr schöne Volkslieder und eine große Bandbreite an folkloristischen Stilen.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #2753 Da hören Leute montenegrinische Schafhirtentänze und spirituelles Getrommel aus Bhutan und fühlen sich unheimlich weltoffen, aber deutsche Folklore ist igitt.
Das haben die Nazis leider nachhaltig plattgemacht. Sehr schade, denn wir haben sehr schöne Volkslieder und eine große Bandbreite an folkloristischen Stilen.
Habe mich ja schon vor einiger Zeit dafür ausgesprochen, das nicht der Rechten zu überlassen. Leider interessiert das auch ansonsten niemanden mehr.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
sehr aufschlussreich ist diesbezüglich die reihe "rare schellacks" des trikont-labels. ich selbst besitze u.a. die "bayern"-anthologie dieser reihe. das ist schon recht kurzweilig (auch wenn ich das nicht im stück durchhören könnte).
Die "rare schellacks" Serie schätze ich auch sehr, wobei die Soundqualität das Hören teilweise anstrengend macht, da die Quelle nicht die Masters, auf die Trikont keinen Zugriff hatte (bzw. die gar nicht mehr existieren) waren, sondern eben rare Schellacks. Die "Rare Schellacks - Sachsen" CD soll übrigens der größte Flop des Labels gewesen sein. Nicht mal die Sachsen wollten sie hören.
Ansonsten, was Volksmusik aus heimischen Gefilden betrifft: Ja, weder den Rechten noch den Tümlern noch den Traditionalisten überlassen, ich glaube, da sieht es besser aus als noch vor ein paar Jahrzehnten.