"Ich bin im Arsch", sagte Robbie Williams bei einem Konzert in den Niederlanden im Juni. Im englischen Original klang es sogar noch ein bisschen drastischer ("I'm fucked!"). Als Erklärung sagte der 49-Jährige zu seinen Fans: "Es ist Long Covid. Nicht mein Alter, ihr Arschlöcher." Danach unterbrach er sein Konzert nach nur drei Songs.
Jetzt aber ist alles doch ganz anders. Der Popstar gibt zu: Er hat gelogen. Im Interview mit RTL verriet Williams, dass er sich die Long-Covid-Geschichte ausgedacht habe - als Witz. "Ich habe mir das als Scherz angewöhnt", sagte er vor der Kamera.
Und was ist der Grund dafür? Das ehemalige "Take That"-Mitglied gibt unverblümt zu: "Wenn ich auf der Bühne plötzlich müde und erschöpft bin, möchte ich nicht, dass die Zuschauer denken, dass das daran liegt, dass ich ein alter Mann bin. Also täusche ich vor, an Long Covid zu leiden."
Einen Eimer, bitte. Ich muß kotzen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Weiter ging das Zitat übrigens: »Ein paar Sachen, wie Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte ausgenommen.« Die ohnehin falsche Aussage, die sich wahrscheinlich darauf bezog, dass es unter orthodoxen Juden auch solche gibt, die ihr Leben ausschließlich der Studie religiöser Schriften des Judentums widmen, und ansonsten keiner Erwerbsarbeit nachgehen, wird noch durch ein billiges Klischee, das überdies gern zur (vornehm ausgedrückt) Ausgrenzung jahrhundertelang verwendet wurde, erweitert.
Ich muss sagen, das tut aus mehreren Gründen richtig weh. Über lange Zeit habe ich Precht verteidigt, war immer Freund seiner Gesprächs-Sendungen (also die ohne Lanz), und konnte über einen gewissen Zeitraum auch viel mit seinen Ansichten anfangen. Doch spätestens seit der Corona-Zeit verzapft der Mann einen Mist nach dem anderen, und hält sich grundsätzlich für alles kompetent – am liebsten offenbar da, wo er es am wenigsten ist. Niemand kann alles wissen, und von niemanden wird das erwartet. Es ist auch m.M.n. völlig in Ordnung sich über Themen zu äußern, mit denen man sich nicht ein halbes Leben lang beschäftigt hat. Allerdings tut es in solchen Fällen gut, eine mehr fragende Haltung an den Tag zu legen, als breitbeinig krude Behauptungen in die Welt zu setzen, auf die sich womöglich andere berufen, die Precht einfach für einen klugen Mann halten, der bestimmt weiß, wovon er redet. Wer hätte vor 10 Jahren gedacht, dass er mal ein Format mit Markus Lanz betreiben würde, bei dem Lanz nur wie der Zweit-Blödeste wirkt? Naja, einige Hater vielleicht schon, die sich in Kommentaren regelmäßig an seiner Frisur abarbeiteten – das war mir stets zu primitiv.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Lumich im Beitrag #137Weiter ging das Zitat übrigens: »Ein paar Sachen, wie Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte ausgenommen.« Die ohnehin falsche Aussage, die sich wahrscheinlich darauf bezog, dass es unter orthodoxen Juden auch solche gibt, die ihr Leben ausschließlich der Studie religiöser Schriften des Judentums widmen, und ansonsten keiner Erwerbsarbeit nachgehen, wird noch doch ein billiges Klischee, dass überdies gern zur (vornehm ausgedrückt) Ausgrenzung jahrhundertelang verwendet wurde, erweitert.
Der Ursprung ist halt der christliche Antijudaismus. Da Christen kein Geld verleihen durften, hat man Finanzgeschäfte den Juden aufgenötigt. Und es hinterher so hingestellt, als wäre das ihre angeborene Geldgier.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
bei precht bin ich bereits ob seiner kommentare zur ukraine ausgestiegen, das war der tropfen zu viel (und ich habe seine bücher aus dem haushalt entfernt). seine selbstgefällige art mochte ja noch verzeihbar sein, so lange man das gefühl hatte, dass aus diesem mann kluge worte kommen, merkt man aber, dass zu oft das gegenteil der fall ist, bleibt nichts mehr über. er hätte bezüglich seines kommentares zum judentum auch einfach sagen können "ich habe da ziemlichen mist verzapft und möchte mich entschuldigen", das selbst diese minimale schadensbegrenzung blieb ja aus.
In der kommenden Sendung möchte er sich dazu erklären. Den Fehltritt noch als Click-Bait verwenden, find ich ja auch fragwürdig. Aber allein schon, dass er sich „falsch verstanden“ fühlt, treibt mich den Baum hoch. Anstatt zu sagen: „Ich habe etwas falsches (dummes) gesagt, deshalb ist ein Eindruck entstanden, den ich korrigieren möchte.“ Es liegt nicht an der Öffentlichkeit, die seinem Gedankengang nicht folgen kann, es liegt an ihm, und dem unüberlegten Mist, den er verzapft.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
nicht dass es die welt verändert, aber ich halte weiter zu ihm. ich weigere mich einfach bei diesen aufpeitschungen durch die ewig gleichen online-mobber mitzumachen, deren berufsmodell es ist, täglich eine person der falschen seite bei einem politisch/gesellschaftlichem fehltritt zu ertappen, um dann die follower hochzujazzen. kontext, toleranz oder besonnenheit sind in dieser hässlichen welt, die menschen nach einem satz in gut und böse einteilt, fremdwörter.
seit corona und natürlich dem podcast haut precht tatsächlich oft daneben, und er ist seit jeher ein eitler gockel, ja - aber dazwischen ist er weiterhin zu interessanten synthesen fähig, die viele nischenexperten einfach nicht zusammenbringen, oder dann halt nicht so eloquent kommunizieren können und er hat einen, meiner meinung nach, immer noch wertvollen moralischen kompass im öffentlichen diskurs.
erstens ist der podcast sowieso mehr ein laberpodcast, demzufolge mehr stammtisch/meinung, als ein wissenschaftliches interview. zweitens finde ich den grundtenor der sendung nicht falsch oder erst recht nicht als treibstoff für antisemtisiche klischees. lanz berichtet halt zum tausendsten mal von seinen subjektiven eindrücken seiner reisen, dass orthodoxe juden extremausleger ihrer religion und damit auch politik sind, ist erstmal nicht falsch.
ich verstehe, dass manchen die ausbleibende entschuldigung/korrektur missfällt, aber dass sich personen wie precht nach solchen shitstorms zunehmend sagen ich lasse mich da nicht ohne erklärung oder dialog erstmal von den mistgabeln aufspiessen, finde ich eine ebenso nachvollziehbare reaktion.
Wenn man sich mal anhört, welche Meinung Precht in Bezug auf soziale Medien äußert, entstehen da nochmal neue Fragen, was ein „Stammtisch-Format“ in einem Massenmedium angeht. Es sollte auch sein Anspruch sein, in einem Medium, das massenhaft Aufmerksamkeit genießt, sehr sorgfältig mit den eigenen Äußerungen umzugehen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Mein Eindruck ist: Ich finde es ironisch, dass es mMn auch Posts wie diese sind, die eine solche Aufteilung in gut und böse tatsächlich heraufbeschwören, ohne es Dir unterstellen zu wollen. Es ist für mich schon auffällig, dass sich eine Rhetorik entwickelt, die selbst ganz andere Leute als einen Precht zu Opfern machen kann, in dem Begriffe wie "Online-Mob" oder gerne auch "Hetzjagd" einfach so in den Raum gestellt werden, gerne mit Generalkritik an sozialen Medien, weil "die wollen ja nur ihr Recht durchsetzen" usw usf. Damit wird für mich bezweckt, von den tatsächlichen Aussagen, Thesen, Meinungen abzulenken - bewusst oder unbewusst und ein schlechtes Bild von Menschen gezeichnet, die schlicht und ergreifend keine Lust mehr auf diese Chuzpe von irgendwelchen Typen haben, die meinen, alles sagen zu dürfen oder sich für smarter halten als sie sind. Das muss auch laut und unangenehm sein dürfen, finde ich zumindest. Der Fokus auf das, was wirklich passiert oder gesagt wird weicht einem Nebenkriegsschauplatz. Us vs Them. Internet eben. Es zeigt auch, dass diese Kritik wichtiger zu sein scheint als der vermeintliche Fehltritt dieser Person. Gerade bei Personen, die ich sehr schätze, würde mir das doch besonders schmerzen. Und ich erlebe das gerade leider öfter als mir lieb ist, wenn ich mir Aussagen von Musiker:innen zum aktuellen Geschehen ansehe.
Frage: Weil ich Precht nicht mag, höre ich ihm nicht zu, daher aufrichtiges Interesse: Wo finde ich Aussagen seinerseits, die diesen moralischen Kompass gut zeigen bzw. welche sind das?
nein-nein, den schuh ziehe ich mir nicht an. ich sage nicht dass precht uneingeschränkt gut ist, er hat viele fehler - die gegenseite kennt keine grautöne. und mir wäre es so viel lieber wenn diese empörungs white noise mal aufhören würde und man über substanzielles reden könnte, es geht wie immer um verhältnissmässigkeit. kritisiert den mann gerne, aber doch nicht tagelang und auf allen kanälen 24/7.
zu prechts aussagen: ich habe 2, 3 seiner bücher angefangen, die fand ich alle banal. mein eindruck stützt sich halt auf jahre von interviews und artikeln. seine ansichten zu natur und klimawandel, klassenkampf, geschichtlichen ereignissen etc. sind meistens unterstützenswert, deswegen regt es mich ja so auf wenn mehr auf solche "prinzipiell gute" leute eingedroschen wird, anstatt manchmal die wirklich unangenehmen themen und fragen anzugehen.
falls du meinst dass mich der umgang des forums mit ihm aufregt, dann hast du mich missverstanden. hier habe ich lediglich meinem ärger luft gemacht dass ich online in den letzten 24h gefühlt mehr zu precht als zur hamas gelesen habe.
für mich ist precht in erster linie - und zwar unabhängig von der qualität seiner einlassungen - der prototyp der narzisstischen medienhure. man sieht immer wieder leute (und zwar vorwiegend männlichen geschlechts), die zunächst als durchaus renommierte experten diesen öffentlichen raum betreten, dort erfolgreich expertise zu ihren feldern abgeben, und irgendwann der versuchung erliegen, ihre weitere karriere auf dieser medienpräsenz aufzubauen. in der folge wird dann zunehmend beliebigerer bullshit zu immer weiter entfernten themen abgesondert. die redaktionen freuen sich, weil sie damit immer joker für ihre gästeliste bereit haben; der größere teil der zuschauer frisst den scheinexperten umso mehr aus der hand, je telegener sie sich geben, und die betreffenden fangen irgendwann selbst an, daran zu glauben, dass sie wichtige intellektuelle leitfiguren für jedes aktuelle thema sind. im grunde verwischen hier die grenzen zum schaupieler, der den chefarzt in der krankenhausserie gibt, und dann in den talkshows zur gesundheitspolitik befragt wird.
einer der hauptgründe, warum ich sowas möglichst nicht gucke bzw höre, ist die erkenntnis, dass das ganze in schriftlicher form nachgelesen meist sehr schnell an glanz verliert. da gewinnt dann plötzlich der picklige, lispelnde experte, den kein lanz je einladen würde.
da ist was wahres dran. ich denke halt, das performance auch ihren wert hat. in talkshows war er manchmal ein wohltuendes redegewandtes gegengewicht zu nichtssagenden phrasendreschern.