ich schreib das nur, weil der lfb sich darüber freut: der amtierende papst hat aufgerufen, für ratzinger zu beten. ich vermute mal, er weiß, warum er es nötig haben könnte.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von akri im Beitrag #4727Denn die Filmcrew wird von sehr aufgebrachten Eingeborenen gefangen und zerfleischt. Einer filmt noch die Vergewaltigung und das Ausweiden seiner Frau, bevor mit seinem Tod die Aufnahmen enden. Der Filmvorführer erhält vom Sender den Auftrag, das Material zu vernichten. Mit den Worten: „I wonder who the real cannibals are?“ geht der Anthropologe aus dem TV-Gebäude…
Yo, Sozialkritik!
Ich kann mir keine Situation in meinem Leben vorstellen, in der ich mir sowas freiwillig ansehen würde. Alleine beim Gedanken daran könnte ich ellenweit kübeln.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Zitat von akri im Beitrag #4727Denn die Filmcrew wird von sehr aufgebrachten Eingeborenen gefangen und zerfleischt. Einer filmt noch die Vergewaltigung und das Ausweiden seiner Frau, bevor mit seinem Tod die Aufnahmen enden. Der Filmvorführer erhält vom Sender den Auftrag, das Material zu vernichten. Mit den Worten: „I wonder who the real cannibals are?“ geht der Anthropologe aus dem TV-Gebäude…
Yo, Sozialkritik!
Ich kann mir keine Situation in meinem Leben vorstellen, in der ich mir sowas freiwillig ansehen würde. Alleine beim Gedanken daran könnte ich ellenweit kübeln.
Wie sagt man so schön… alles ist relativ.
Auch in James Bond-Filmen (oft FSK ab 12) werden ja Menschenleben nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst. Szenen, in denen durch Schusswaffen- und Sprengkörpereinsatz etc. diverse Leben ausgelöscht werden, sind da durchaus häufig. Was kaum verwundert, da der uns real immerzu umgebende „ganz normale Krieg“ fast ständig solche Bilder liefert. Es ist im Film normal, Mitglieder der „gegnerischen Seite“ zu eliminieren, sich den Weg frei zu sprengen und frei zu schießen… ... und das ist damit dann auch für 12-jährige im Film dargestellte "Normalität".
Geht es hingegen um eher fiktive Ereignisse (die Zahl der Filmteams, die ganz real von Kannibalen verspeist werden, ist doch eher gering), drehen alle am Rad. Denn kein Film darf das sittliche und religiöse Empfinden oder die Würde des Menschen verletzen. Wir reden immerhin von Fiktion und Kunstblut.
Bei jedem Porno, in dem Sex nicht etwa simuliert, sondern eben auch tatsächlich von den dabei Beteiligten durchgeführt wird, dürfte das sittliche und religiöse Empfinden oder die Würde des Menschen aus Sicht der Entscheidungsträger hingegen immerzu genügend gewahrt sein.
Ein Horrorfilm ist kein sozialkritisches Drama. Jo. Laut Definition (Schauder, Grausen, Entsetzen) ist es eine spekulative Fiktion, das verängstigen, erschrecken oder verekeln soll. Der Horror steht dabei oft als eine Metapher für größere Ängste in einer Gesellschaft.
Horror ist Phantastik, denn die Grenzen zwischen Realität und Fantasie werden aufgehoben. Aber die fiktiven Charaktere agieren in einer Welt, die für den Betrachter oft keinen Unterschied zur eigenen Realität ausmacht. Erst durch Brüche in dieser Welt wird Angst, Ekel und Grauen erzeugt. Der Betrachter will es sich logisch erklären. Es muss also selbst die Fiktion plausibel geschildert werden, damit der Horror nachvollziehbar wird. Ein wichtiges Element ist die Legitimation der Gewalt. Ein Horrorfilm benötigt keinen Grund, um Gewalt darzustellen. In jedem Fantasyfilm ist das Übernatürliche Teil der Fantasywelt. Beim Horror wird aber alles Irreale und Überdrehte und Übernatürliche erst im Umfeld der „Normalwelt“ zur Grundlage für Angst, Ekel und Grauen.
Mein Fazit: wer Angst, Ekel und Grauen meiden will, sollte sich keine Horrorfilme anschauen. Zumindest nicht solche, da ab den 70er Jahren gedreht wurden...
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
sehr gut dargelegt, akri. niemand MUSS sich "cannibal holocaust" anschauen. ich kann jeden verstehen, der dazu keine lust hat, aber der film hat eine durchaus erhellende botschaft. die reale tierquälerei, die bei der produktion durchaus stattgefunden hat, ist natürlich unbedingt zu verurteilen.
Zitat von akri im Beitrag #4747Mein Fazit: wer Angst, Ekel und Grauen meiden will, sollte sich keine Horrorfilme anschauen.
Nichts neues, aber: ja. Lustigerweise schaue ich städig Dokumentation über reales Grauen. KZs, Serienmörder, Rote Khmer. Nichts ist schlimmer als die Realität. Habe kürzlich eine Dokumentation über den Bürgerkrieg in Liberia gesehen, wo Leuten die Fußsohlen abgehackt wurden und man sie zwang, auf den Resten ihrer Füße herumzulaufen. Kann man sich nicht ausdenken. Das reale Leben ist schlimmer als alles, was es in Filmen gibt. Auschwitz, Belzec, Treblinka, Sobibor.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
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Vielleicht sollte man erwähnen, dass Ruggero Deodato als Regieassistent mit Roberto Rossellini arbeitete oder für Sergio Corbucci (etwa beim Kult Spaghetti-Western „Django“ mit Franco Nero). Ruggero Deodato beeinflusste auch Filmemacher wie etwa Quentin Tarantino und Oliver Stone, die ihn als Einfluss auf ihre Arbeiten genannt haben. Auch Regisseur Eli Roth ist ein Verehrer von Deodato und inszenierte mit „The Green Inferno“ 2013 eine „Cannibal Holocaust“-Hommage.
Ruggero Deodato RIP
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Neben der Tierquälerei störe ich mich am ehesten an den post-kolonialen Stereotypen, die die Jahrmarktsphantasien der Menschenzoos wieder aufleben lassen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Lumich im Beitrag #4751Neben der Tierquälerei störe ich mich am ehesten an den post-kolonialen Stereotypen, die die Jahrmarktsphantasien der Menschenzoos wieder aufleben lassen.
Viele Filme sind eben auch "Kinder ihrer Zeit". Was einst noch OK war, mag man heute anders sehen.
Bei Büchern oder Comics ist es üblich, diese jeweils bei Neuauflagen vom Text her auch an den "Zeitgeschmack" anzupassen.
Bei Filmen wird eben nicht alles ständig angeändert bzw. nochmals neu gedreht.
Oft kann man sagen: heute würde man diese oder jene Szene ganz anders gestalten. Oder den Film-Plot selbst...
Ein Beispiel mag selbst der Film "Die Feuerzangenbowle" sein. Er lief ja zuletzt wieder in der Weihnachtszeit...
In der Nazizeit wurde befürchtet, der Film würde das Ansehen der LehrerInnen gefährden. Hermann Göring und Adolf Hitler sahen sich den Film selbst an und entschieden dabei die Frage: „Ist dieser Film zum Lachen?“ Wenn ja, „ist dieser Film sofort für das deutsche Volk freizugeben.“ Der für Propaganda zuständige Minister Joseph Goebbels erhielt diese Anweisung.
Zur Filmpremiere wurde Berlin von einem Bombenhagel verwüstet und die Nationalsozialsten kämpften an mehreren Fronten gegen die Alliierten. Aufmunternde Filme, die nichts mit Krieg zu tun hatten, waren damals ein wichtiges Werkzeug der Reichspropaganda. Durch heimelige Bilder sollten Soldaten und Bürger abgelenkt und motiviert werden. Zugleich eine Erinnerung an das Ideal einer heilen Welt, für das sie damals mordend durch Europa zogen.
Und die Figur des Dr. Brett als junger, von Schülern und Kollegen gleichermaßen geschätzter und respektierter Vertreter „der neuen Zeit“, in der vor allem Disziplin bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen eine zentrale Rolle spielt, passt bestens zur Nazi-Ideologie. „Junge Menschen müssen angebunden werden wie junge Bäume, damit es zu „schönem, geraden Wachstum“ kommt.“
Der Kritiker Georg Seeßlen erklärte 1994 zum 50. Jubiläum des Films: „Die Feuerzangenbowle ist weder ein "guter" noch ein "böser" Film. Er ist, leider, auch kein unschuldiger.“
Pikant ist zudem, dass die gesamten Aufführungsrechte für "Die Feuerzangenbowle" derweil Frau Dr. Cornelia Meyer zur Heyde inne hat. Sie saß mit im Vorstand bei der AfD Münster und entscheidet, wer den Film zeigen darf. Als das Deutsche Historische Museum 2013 den Film im Rahmen einer Reihe mit anderen Streifen aus der NS-Zeit zeigen wollte, bekam man dafür von ihr keine Erlaubnis.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Es stimmt zwar, dass der Film ein Kind seiner Zeit ist, aber das alleine ist mir zu billig. Das ist für mich kein Grund, das okay zu finden, nur weil man sich damals nichts dabei gedacht hat. Die Darstellung der kannibalischen Amazonas-Völker ist ja kein kleiner Nebenaspekt des Films, sondern auf diesen tief rassistischen Mythen baut der Film auf.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Du sollst den Film ja deshalb auch nicht gut finden.
Das Genre hatte seine Hochphase eben Ende der 70er, Anfang der 80er. Für mich ähnlich ein "Kind der Zeit" wie etwa die italienischen Poliziotteschi der 70er, die man so (mit all ihrem Sexismus und ihrer Gewalt) heute nicht mehr drehen würde.
Wenn heute ein TATORT gedreht wird, klopft doch erst einmal die Rechtsabteilung ab, wem man mit dem Film so alles vor die Karre pissen darf und wem nicht. In den USA wird ja derweil „nudeness“ aus Filmen ebenso entfernt wie „rude words“.
Heute setzt man als Stereotyp allenfalls auf die oft unterbelichteten Horror-Freaks aus dem tiefen „Hinterwald“ aka Backwood-Horror (eben „Wrong Turn“ und Co.)
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)