OK, es ist der 18. und ich bin da. Nur: Das Auslassen der Nummer 1 ist KEIN Versuch künstlich Spannung zu erzeugen. Es ist lediglich so, daß ich jenen Text auf dem Macbook geschrieben habe, welches sich gerade nicht in meiner Wohnung befindet (und die Cloud ist dort nicht eingerichtet). Morgen bekomme ich es zurück.
Jedenfalls ist das verfügbar: Eine Ansammlung der gefühlten aktuellen Plätze 2-10. Das Ergebnis überrascht auch mich. An einem beliebigen Abend in der Kneipe hätte ich vermutlich einem Fremden gesagt, daß Led Zeppelin, Deep Purple, Iron Maiden, Journey, The Who oder Bruce Springsteen vertreten sind, nur damit jener wüßte, woran er bei mir generell ist. Auf ein Leben mag das vielleicht sogar stimmen. Aber hier und heute im Jahr 2018 sieht es halt so aus:
2. Loreena McKennitt - The Mask And The Mirror (1994)
In einem Jahrzehnt, in dem allerorts die Grenzen von elektrifiziertem und verfremdetem Hyperbolismus verschoben wurden (und ich habe mit gerne mitgemacht, solange eine laute Gitarre im Spiel war), schickte sich eine Frau aus Manitoba an, meinen Blick auf Folk zu richten. Daß es mehr gibt und gab, als lediglich Sauflieder nach Art der Poques oder die flache Esoterik von Clannad, das war mir klar, als mit ihr das erste Mal auf den fliegenden Teppich gestiegen bin, um die Randgebiete des keltischen Verbreitungsgebietes zu erforschen. Von Irland über Spanien bis Marokko, und von dort aus einmal um das Mittelmeer ging der Flug. Keine kitschige Weltmusik, sondern ein mystischer und weltoffener Tagtraum. Und da der Weg das Ziel ist, dauert die Reise noch immer an.
3. Billie Holiday - Lady In Satin (1958)
Frage: Woran erkenne ich, daß ich alt bin? Antwort: Du hörst Jazz! Das allein kann es aber nicht sein, denn es ist hier wohl bekannt, daß .. ähem, sagen wir mal … temporeiche Instrumentals in dem Genre eher mein Ding sind. Und dann ausgerechnet ein mit Streichern vollgekleistertes Vocal Jazz Album? Easy Listening etwa? Mitnichten, denn da würde man die Rechnung ohne die Stimme machen. Ihr letztes zu Lebzeiten veröffentlichtes Werk zu hören, fühlt sich in etwa so an, wie auch späte Aufnahmen von Johnny Cash. Es wird zwar Dunkel, aber wo auch immer Lady Day jetzt sein mag, dort ist auch das Licht.
4. Genesis - Selling England By The Pound (1973)
Man wird sie nicht nicht los. Ich bin mit Mama aufgewachsen, hab mich mit dem Lamm auf die Strasse gelegt und war auch immer da, wenn das Essen auf dem Tisch stand … bis es dann einestages alles zu Phil wurde. Andere weniger bekannte Progrocker wurden gesucht und gefunden. Aber dann kamen zeitgleich ein Thread in diesem Forum und ein Fan auf meinem Sofa, und schon sind sie plötzlich wieder in so einer Liste. Perfektes Songwriting in Kombination mit komplexen Arrangements kommen in der Kombination eh zu selten vor. Das muß doch wieder belohnt werden.
5. David Munyon – Code Name: Jumper (1990)
Man kann nicht aussteigen, wenn man davor nicht eingestiegen ist. Wer nichts hat, hat immer noch etwas zu verlieren. Das und andere Kalenderweisheiten sind plötzlich mehr als nur Gefasel, wenn eine wohituende Stimme und eine lebensbejahende Menschlichkeit mit wunderbaren Melodien und exzellenten Texten auf 45 Minuten mit den Unwägbarkeiten des Lebens kollidieren. Ein Singer-Songwriter braucht Geschichten und er hat sie gesammelt, von Texas über Beirut bis Peking. Zeitlos.
6. Dire Straits - Love Over Gold (1982)
Das Album ohne große Hits, das Album in einer Schaffenskrise, das Album vor dem kommerziellen Overkill, das Album vor oder nach irgendwas …. mir egal. Wenn sich langsam die ersten spannungsgeladenen Töne zum 15 minütigen„Telegraph Road“ ausbreiten und Knopflers Gitarre die Luft zerschneidet, dann macht das nach 35 Jahren immer noch Gänsehaut. Nur fünf Stücke zwischen Epos, Pathos, Gesellschaftskritik, Ironie und wahren Gefühlen. Eine Reise ins Ich.
7. Jose Chepito Areas - Jose „Chepito“ Areas (1974))
Sommer, Sonne, Strand und wackelnde Hüften. Eine der mitreißendsten Scheiben der Latin Szene kommt nicht vom prominentesten Vertreter Santana, sondern aus seinem Umfeld und den Areas-Brüdern. Mit einer unüberschaubaren Anzahl von Mitwirkenden kreiert er eine Melange aus wildem Afro-Beat, treibender Latin-Percussion, Soul-Jazz-Bäsern und einer sehr dezenten Dosis Rockismen.
8. Therapy? - Troublegum (1994)
In den 90ern war die Sache klar. Der öde Lo-Fi Indiekram war für andere Leute. Wer seine Wurzeln im Hardrock hat, der hörte RATM, RHCP oder gleich Biohazard. Die wilden Zeiten sind vorbei, aber um Dampf abzulassen taugt dieser Bastard aus Punk, Metal und Alternative Rock jener Zeit immer noch. Wenn nach einer Sekunde schon jemand „My Girlfriend Says That I Need Help.“ aus den Boxen gröhlt, dann wird das schon seinen Grund haben.
9. Fiona Joyce - This Eden (1994
Ein spontaner Blindkauf in einem kleinen Laden zwischen Cork und Shannon brachte mir einen ewigen persönlichen Klassiker. Niemand weiß so richtig wo sie her kam oder was aus ihr geworden ist. Selbst Google oder ihre Homepage helfen hier nicht weiter. Aber man muß auch nicht immer alles wissen, außer vielleicht, daß sie vier Alben mit den nachdenklichsten und zum Weinen schönsten Lieder geschrieben hat. Balsam für die Seele und ein Rettungsanker in den dunklen Stunden des Lebens.
10. The Beau Brummels - Triangle (1967)
Und wenn all die Klassiker der 60er torgenudelt sind, bleibt immer noch die zweite Reihe, die immer wieder sträflich vernachlässigt wird. „Trinagle“ war nach eher konventionellen Beatstruktruren ihr psychedelisches Meisterwerk mit den melancholischen Melodien und zählt zudem noch zu den frühen Alben in Sachen Country/Folk-Rock, was sie beim ebenfalls legendären Nachfolger „Bradley's Barn“ verfeinert haben.
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Die "Love Over Gold" mag ich sehr. Und ist die "Troublegum" die mit "Nowhere" oder mit dem anderen Therapy?-Hit, den ich kenne, dessen Name mir aber nicht einfallen will.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Genau die mit "Nowhere" ist das. Sonst ist ihr Output ja nicht so glorreich gewesen, aber da sind ausnahmslos alles Hits, "Nowhere" sogar einer der weniger tollen. Haben sie vermutlich ausgekoppelt, damit MTV sie zwischen Green Day und Offspring packt.
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nach deiner regel ist das hier also kompletter underground. ich hab nämlich nüscht davon. nur "troublegum" hatte ich damals auf cassette. und auf der lorelei hab ich sie live gesehen. billie holiday hatte ich für meine liste auch angedacht, aber ich habe nur best-of-alben. die wollte ich draußen lassen. platzt 10 werde ich aber nun endlich mal zum anlass nehmen, mich mit den beau brummels zu beschäftigen. das habe ich schon seit äonen vor.
Verdammter Keylogger, ich hatte es noch gelöscht, aber die Datenkrake hat trotzdem mitgelesen.
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Billie Holiday macht sich irgendwie in jeder Liste gut und ich habe die natürlich auch. Ebenso wie „Selling England By The Pound“ und „Troublegum“. Letztere mag ich weniger.
@Loreena McKennitt: Ich hatte mal einen unfassbaren Ohrwurm von "The Bonny Swans", der nicht mehr weggehen wollte. Obwohl mir das gut gefiel, hatte ich bisher Angst mir genau dieses Album zuzulegen.
Zitat von Der Lokus im Beitrag #3Genau die mit "Nowhere" ist das. Sonst ist ihr Output ja nicht so glorreich gewesen
Hier möchte ich heftig widersprechen. Es wurde selten wieder so poppig-alternativ wie auf "Troublegum", aber fast alle Therapy-Alben haben ihre Qualitäten. (Es gibt sogar nur eine, die ich wirklich nicht so gerne höre.)
Zusätzliche Liebe geht raus an das beste Dire-Straits-Album.
Deine Listen sind ja auch immer regelrechte Wundertüten, nur dass das Wunder der ultimativen Entdeckung bei mir meist (fast immer) ausbleibt. Schade eigentlich.
Auf der Habenseite gibt es hier nur Billie Holiday und die Dire Straits. Die "Love Over Gold" habe ich mir damals tatsächlich gekauft, nachdem mir unser Musiklehrer die ersten drei Alben mitgab und meinte, das könnte mir gefallen. Hat es dann auch. Namentlich kenne ich natürlich ein paar mehr Künstler, aber bei keinem hatte ich bisher das Bedürfnis, mich näher damit zu befassen. Inzwischen sieht das anders aus.
Kommt die Nr. 1 eigentlich noch?
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Die Loreena hat mich ja schon öfter mal gestreift, ein willkommener Anlass nochmal einzusteigen. Aber richtig angetan hat es mir der Song von Fiona Joyce, für sowas bin ich ja ohnehin immer sehr empfänglich. Bei diesem Wetter erst recht.
Oh, Loreena McKennitt! Die hab ich als junge Jugendliche, quasi noch Kind, mal live gesehen, als ich mit Freunden auf den Berg, der Oppenheim ist, gekraxelt bin, um unsere hübsche Burgruine zu besuchen, wo wir eigentlich ständig rumhingen. Da war mal wieder irgendein Open Air und wir durften Loreena lauschen. Das hat mich so beeindruckt, dass ich sofort mein Taschengeld in eine ihrer CDs investiert habe. Um die dann jeden Tag zu hören, wieder und wieder. Wo die jetzt ist, kann ich aber leider nicht sagen ...
Und Therapy? sind in der Tat mit einigen Alben recht weit vorne bei mir. Mochte ich schon immer so irgendwie halb, richtig dann, als mein Exfreund sämtliche Platten in die gemeinsame Wohnung schleppte.
ich nehme in jedem fall mal mit, billie holiday verstärkt ins ohr zu fassen, da kennt man ja doch mehr songs als man so glaubt, aber nie aus gebündelter alben- oder comp-form. die brummels lassen die augenbraue nach oben zucken, das reicht mir für eine nähere beschäftigung.