ich kann mich überhaupt nicht mehr erinnern, wie ich zu diesem album gekommen bin. es war irgendwann so ca. vor 10 jahren auf einmal da. wahrscheinlich hat es die spex oder pitchfork in irgendeinem zusammenhang lobend erwähnt. ich hatte mich bis dahin auf jeden fall noch kein bisschen mit krautrock oder - mit ausnahme von kraftwerk – mit früher elektronischer musik aus deutschland beschäftigt. das hat sich dann mit diesem album geändert. es beschreibt ein schachspiel. ich habe von schach keine ahnung. aber wenn schach so ist, wie diese platte klingt, sollte ich es vielleicht doch irgendwann mal versuchen. das album ist ein einziges, fast einstündiges stück, das zwar in 9 einheiten aufgeteilt ist (die verschiedenen phasen des spiels), aber das bemerkt man eigentlich nicht, denn es fließt. und wie. über einer basis von repetitiven keyboard-akkorden, die mehr oder weniger von anfang bis ende durchgehalten werden, perlen zunächst kristalline elektronische klänge, so minimalistisch wie verführerisch. Und so mäandert und perlt es also bis herr göttsching die gitarre zur hand nimmt und über dem ewig gleichen, aber nie langweilig werdenden thema improvisiert. und das ist ebenso faszinierend wie seine elektronischen extravaganzen. ich habe das album damals meistens als after hour-beschallung gehört, als ich noch in techno clubs die nacht durchgetanzt habe, auf dem fensterbrett sitzend, in die nacht oder den beginnenden morgen starrte, rauchend und noch ein paar absacker trinkend. die tradition habe ich beibehalten. mehrmals im jahr, vor allem im sommer, wenn man das gut praktizieren kann, gibt es ja, auch wenn ich inzwischen ein weitgehend bürgerliches leben führe, doch anlässe, zu denen es absolut angemessen ist, diese preziose zu genießen. ihr solltet das auch. jeder sollte das.
King Geedorah – Take Me To Your Leader (2003)
in dieser zeit war hip hop völlig am arsch. es gab kanye und sonst nur daniel dumile thompson. der typ hat die jahrgänge 2003/04 fast im alleingang gemanaget. sei es als madvillain, danger doom, oder in welcher inkarnation auch immer. das ist meine lieblingsplatte aus der zeit. die hat diesen tollen hörspiel-touch, den ich so liebe.
Chet Baker – Chet Baker Sings (1954)
die stimme, die stimme, die stimme. chet baker war bestimmt nicht der begnadetste jazzer aller zeiten, aber auf jeden fall der beste sänger im genre. ever. honig-weich, melancholisch und bei der auswahl der stücke extrem geschmackssicher.
Nico – Chelsea Girl (1968)
ja, sie mochte es selber gar nicht so sehr, aber nico, du warst halt doch bei stücken von bob dylan und jackson browne mit begleitung von john cale und lou reed am besten. wenn ich ein album mit tear jearkers brauche, dann fällt meine wahl mit großer wahrscheinlichkeit auf dieses. der teutonischen kram danach ist auch toll, aber das hier ist das definitive album.
LFO – Frequencies (1991)
techno – wie es begann. zu anfang fand ich das ja alles doof und stupide, aber dann beziehen sich die tatsächlich auf depeche mode, kraftwerk und konsorten und da hab ich mich doch berufen gefühlt, hinzuhören. und auf einmal hat es mich gepackt. der rest ist geschichte.
Max Richter – Songs From Before (2006)
das große highlight für die meisten ist ja der vorgänger „the blue notebooks“, aber robert wyatt's dünner bariton gewinnt für mich jederzeit über tilda swintons sonores kafka- retelling. und die songs sind unfassbar gut. „flowers for yulia“ anyone?
The Breeders – Last Splash (1993)
das ist die coolste platte in meiner liste. ich empfand „cannonball“ damals fast als verrat gegenüber der grunge-bewegung. was für ein blödsinn. kim deal war und ist das antidote zum patriarchat im indie rock. ansonsten hätten wir keine mitski oder snail mail – wahrscheinlich. danke, kim!
Ann Peebles – I Can't Stand The Rain (1974)
meine güte, das titelstück hab ich gehasst, weil es ja von tina turner war, „ I'm gonna tear your playhouse down“ von paul young war nicht schlimm, aber total egal. irgendwann hab ich dann doch die originale von ann peebles kennengelernt und war von den socken. diese soulstimme lässt alles vergessen, was sich da angebiedert hatte.
Lichter – Lichter (2008)
aggressive melancholie? sollte es diesen gemütszustand geben, das hier ist die platte, die ihn am besten illustriert. tocotronic, blumfeld, sterne, nö, im zweifel würde ich mich immer wieder für dieses kleine große meisterwerk entscheiden.
Mano Negra – King of Bongo (1991)
die franzosen und ihr hang zur zweitverwertung. mano negra haben sich einfach alles gekrallt was nicht bei 3 auf den bäumen war: punk, ska, rap und sogar chanson. Und haben daraus eine party von einem album veranstaltet, die in der unbeschwertesten zeit meines lebens auf keiner solchen fehlen durfte.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ach, Chet Baker. Das Album liebe ich auch. Und habe es nur schweren Herzens aus meiner eigenen Liste gestrichen, weil mit Billie Holiday schon eine Vertreterin der Zeit und Musikrichtung vertreten war. Wirklich ein Schmuckstück.
Ich pflege mit der Blue Notebooks ja eine im besten Sinne zwiespältige Beziehung, daher höre ich in die Songs from Before auf jeden Fall rein. Gleiches gilt für die King Geedorah. Die hatte ich beim ersten Versuch als meh! weggeklickt, aber vielleicht zündet die bei mir ja auch noch. Dankeschön, und Kim Deal ist natürlich der real deal...