Kurz vor Ladenschluss lagen auf dieser Liste noch über 200 Songs, es ist wirklich keine Listendisziplin von first world problems verschont geblieben.
Der vermutlich absurdeste Ohrwurm seit immer hat sich seit dem Frühling nicht mehr verabschieden wollen. Die Kraut-Psychedelia von Die Wilde Jagd ist so dada wie genial in ihrer Message, die vermutlich niemand jemals verstehen sollte und reitet auf “2000 Elefanten” in euer Trommelfell. Was für ein anderes, fantastisches Stück Musik. Der Song des Jahres, eh klar. Ihr müsst das hören. Ein paar Kilometer weiter unten in Österreich versprechen Culk mit ihren ersten beiden Songs alles, was sie mit ihrem Debüt-Album im nächsten Jahr halten werden. Vor allem dank des betörenden nur in schwarz/weiß vorstellbare Post-Punk-Poem „Begierde/Scham“.
Gepflegte Melancholie findet in den Koordinatensystemen vieler Genres statt, was Girl in Red – eine der Entdeckungen des Jahres – in jedem ihrer Songs genau so demonstriert, wie der absurde großartige Midnight-Disco-Schwelger des Hubbabubbaklubb, das sensationelle, minimalistische „Gladly“ von Tirzah oder die in Perfektion weiterentwickelte 90s-Formel von Ross From Friends, der sich aus seiner Lo-Fi-Schublade herausproduziert hat. Und was die heruntergepitchte schamlos an Vaporwave erinnernde alternative Version von Pynkies „Dew“ betrifft – hat wer schon meinen Cocktail bestellt und die Nebelmaschine angeworfen?
Britbass hat seine Breakbeat-, DnB- und Jungle-Verwandtschaft mit den Tiefstapler-Meisterwerken von Pangaea, Martyn, Djrum, Skee Mask und vielen anderen gekonnt um sich gescharrt und Arme in die Luft werfen durfte man dieses Jahr natürlich auch. Discoider Space-House von Perel, Bass-Mutationen von The Maghreban, scharfkantige Maschinenarbeit von Gabor Lazar oder die Hymnen-Definition des Jahres für alle mit Interesse an bewusstem Hochziehen des Mundwinkels von Krystal Klear. Und dann haben wir auch noch nicht über Against All Logic aka Nicolas Jaar gesprochen. Und dass „Han Jan“ der eigentliche Gewinner des Jahres von Peggy Gou ist, darf endgültig als korrekt wahrgenommen werden.
Der freche Weird-Funk von Keshavara, die kalte Decke, die Steve Hauschildt über mein Ohr ausbreitete, das vor sich hin tappelnde Piano-Meisterstück von Axel Boman, der schimmernde Über-Pop von Fabiana Palladino, den besten Darkstar-Track seit Jahren, den Hibbeltrack schlechthin von Ciara, ~natürlich~ Molly Nilsson, den Neben-der-Spur-Jazz von Flying Lotus, die fantastische B-Seite von Sophia Kennedy, den Arbeitsmoral-Pusher von Marie Davidson, den Dschungel-König von Benedek und so viel mehr. Es hört einfach nicht auf, aber hört doch selbst.
Es war ein Jahr voller sensationeller Songs. Es waren Hits dabei und solche, die es nie werden wollten, weil sie eigentlich andere Qualitäten hatten. Songs und Tracks, die dabeigewesen sind, als es darauf ankam. Wie in jedem Jahr werde ich mich daran erinnern, wann welcher Song oder sogar welche Stelle wichtig war, werde Monate und Momente mit ihnen verbinden und diese Liste/Playlist als den Eintrag im musikalischen Tagebuch sehen, der er ist. Viel Vergnügen.
TOP 100 SONGS 2018
01) Die Wilde Jagd – 2000 Elefanten 02) Culk – Begierde/Scham 03) Pangaea – Bone Sucka 04) Benedek – Earlyman Dance 05) girl in red – summer depression 06) Hubbabubbaklubb – Et annet sted 07) PYNKIE – Dew ♥ – Lo-Fi Version 08) Ross from Friends – The Knife 09) Axel Boman – Forgot About You (Piano Version) 10) Tirzah – Gladly
11) Lord Tusk – Shyne Eyed Gal 12) Family Reunion – Zoned Out 13) Darkstar – Since There’s Only You 14) Marie Davidson – So Right 15) Perel – Alles 16) Baba Stiltz – Situation 17) Aphex Twin – MT1 t29r2 18) DJ Koze – Drone Me Up, Flashy (feat. Sophia Kennedy) 19) Fabiana Palladino – Shimmer 20) Actress & LCO – Voodoo Posse, Chronic Illusion
21) Exploded View – Raven Raven 22) Keshavara – Kabinett der Phantasie 23) Steve Hauschildt – Saccade (feat. Julianna Barwick) 24) Djrum – Waters Rising 25) Molly Nilsson – Days Of Dust 26) Erregung Öffentlicher Erregung – Ich tanze rüber 27) Yves Tumor – Noid 28) The Streets – You Are Not the Voice in Your Head 29) Martyn – Everything Is New 30) S4U – Heart
31) Joy O & Ben Vince – Transition 2 32) Laurel Halo – Mercury 33) Ciara – Level Up 34) Mahalia – I Wish I Missed My Ex 35) Denzel Curry – BLACK BALLOONS 36) Hana Vu – Afternoon (feat. Henry Morris) 37) Beak> – Brean Down 38) Skee Mask – Flyby Vfr 39) Peggy Gou – Han Jan 40) Eris Drew – Hold Me (T4T Embrace Mix)
41) Nadia Rose – On Top 42) The Orielles – Let Your Dog Tooth Grow 43) Krystal Klear – Neutron Dance 44) DJ Healer – 2 The Dark 45) Chance the Rapper – I Might Need Security 46) Against All Logic – Some Kind of Game 47) Carla dal Forno – Summertime Sadness 48) Jorja Smith – Teenage Fantasy 49) Dabrye – Lil Mufukuz (feat. DOOM) 50) Jurassic Shark – Window
51) doon kanda – Burning 52) Shopping – Control Yourself 53) DJ Playstation – Floating Museum 54) 79.5 – Boy Don’t Be Afraid 55) Flame 1 – Fog 56) Low – Always Trying to Work It Out 57) Answer Code Request – knbn2 58) Bruce – Elo 59) FaltyDL – A Taste Of Acid (Original Mix) 60) Sophia Kennedy – Apple in the Basket
61) Flying Lotus – Ain’t No Coming Back (feat. Busdriver) 62) Princess Nokia – Your Eyes Are Bleeding 63) Grouper – Parking Lot 64) Nathan Micay – First Casualty 65) Daniel Avery – Projector 66) SW:SVN – la-400x 67) Gábor Lázár – Unfold 68) L I P S – Apartment 69) The Maghreban – Monster Vip 70) RAYS – Yesterday’s Faces
71) LoneLady – Little Fugue 72) Delilah Holliday – Inside This Flesh 73) HEXDEBT – Covenant 74) Via Maris – Side Effects 75) Alice Boman – End Of Time 76) Mark – Integrier Dich Du Yuppie 77) Dave Aju – Wayahed 78) Mini Esco – Dreamer 79) Ought – These 3 Things 80) Thom Yorke – Suspirium
81) Samuel Pling – Bottomfeeder 82) Rico Nasty – Countin’ Up 83) Julien Dyne – Hours 84) James Blake – Don’t Miss It 85) alva noto – Uni Blue 86) Tinashe – Throw A Fit 87) Lithics – Still Forms 88) Tessela – Glisten 89) Caroline Says – Cool Jerk 90) Denzel Himself – 50K
91) Clairo – Pretty Girl 92) тпсб – Pacifier Habits 93) Terremoto – Capture 94) Dena & Sean Nicholas Savage – So Wrong 95) Special Request – Brainstorm (Gerd Janson & Shan House Mix) 96) Pip Blom – Come Home 97) Synkro & Arovane – Rhizome 98) Buzzy Lee – Coolhand 99) Roska – Over You (feat. Aleisha Lee) 100) Kelly Moran – Helix
Bezieht sich das mh auf die ausbleibende Rückmeldung hier? Ich finde Jahresendlisten mit Einzelsongs ja immer etwas schwierig, vor allem wenn sie mehr als 10 umfassen. Klar, Pitchfork macht das, die machen aber auch keine EP-Kurzformat-Liste. Mir geht so eine Liste dann doch zu sehr in Richtung Playlistoverkill den ja auch Spotify und co. propagieren. Zu deinen Favoriten: Schön, dass du Hubbabubbaklubb drin hast, hehe. Mit Culk kann ich bisher noch nicht so viel anfangen, gleiches gilt für girl in red. Die Wilde Jagd find ich super, Tirzah auch. Family Reunion, mmh? Und da hört es schon auf, weil zuviel. Trotzdem danke für die Mühe.
früher habe ich eher noch zu den songs im einzelnen etwas geschrieben, aber das war z.b. bei den jahres-mibs nicht so gefragt, weshalb ich jetzt allgemein ein bisschen was texte und dann den rest zum hören zur verfügung stelle. letztlich ist es natürlich immer das persönliche, musikalische tagebuch, aber klar hofft man immer auf etwas feedback, wenn man was aufbereitet. aber was mir viel bedeutet: da ist keiner zu viel, die waren alle da und wurden alle (mindestens) viel gehört, manche dutzende bis aberdutzende male.
aber vielleicht schreit das ja dann doch nach einer mib, das "zwingt" ja etwas zur beschäftigung, man will ja die frohe botschaft dieser fantastischen musik irgendwie unter das volk bringen. eine doppel-cd mit story-charakter mache ich ja sowieso immer (muss mal das archiv fertig machen), vielleicht bekomme ich das noch einmal etwas eingedampft für eine cd.
So ein richtiger Zug ist heuer bei den ganzen Jahreslisten nicht drin (oder noch nicht?). Die bisherigen Einträge sind alle mehr oder weniger verebbt. Aber 100 Einzelsongs gelistet gibt mir tatsächlich auch wenig. Dass da tolle Sachen drin stehen ist mir klar. Aber mir ist das wirklich ein Zuviel an Infos auf einen Haufen. Ich könnte auch selbst gar keine so üppige Songliste erstellen. Über deine EP Liste habe ich mich sehr gefreut und auf die Alben bin ich sehr gespannt.
Was soll ich zu einer Liste sagen, bei der ich beim überfliegen, genau einen Song schon mal gehört habe? Ich applaudiere für deine Arbeit, die du da reinsteckst, für mich ist das ein Overkill.
Ich finde die Liste super. Kenne aber auch nur 10 Titel oder so. Aber das ist doch gerade der Reiz und lädt zum Querhören ein.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Platz 1 ist schon mal sehr schön und mit sieben Minuten keine Sekunde zu lang.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Zitat von Johnny Ryall im Beitrag #10Ich finde die Liste super. Kenne aber auch nur 10 Titel oder so. Aber das ist doch gerade der Reiz und lädt zum Querhören ein.
Ich meinte das ja auch nicht negativ und ich werde natürlich auch reinhören, aber im Moment überfordern mich ja schon die ganzen Plattenlisten.
Die track17-Top100 arbeite ich gerade im Schnelldurchlauf durch und speichere mir unbekanntes zur Wiedervorlage ab. Sehr geschmackssicher, wie immer. Zu etwa 3/4 nicht mein Geschmack, auch wie immer, aber das summiert sich dann trotzdem zu etwa 25 Neuentdeckungen für mich, da ich, auch wie immer ca. 80% der Musik auf der Liste wieder (noch) nicht kenne. In jeden Fall schönen dank für die Zusammenstellung. Immer wieder spannend.