Zitat von Lumich im Beitrag #13Für diese Kaum-Auszuhalten-Filme schätze ich Lars von Trier sehr, wobei Breaking the Waves m.E. durch sein Ende gründlich verdorben wird, aber vielleicht fehlt mir da der Humor für.
Nein, das ist halt wieder Lars von Trier und seine ungefilterte Art, dem Zuschauer seinen Glauben um die Ohren zu schlagen.
Dass das eine ungebrochene christliche Botschaft sein soll, kann ich beim besten Willen nicht glauben.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Krautathaus im Beitrag #5 Es muß auch nicht immer körperliche Gewalt sein. Eine Szene die psychische Gewalt ausdrückt und mir damals sehr nahegegangen ist, kommt aus Das Weiße Band von Haneke. In dieser erniedrigt der Arzt (Rainer Bock) seine Haushälterin. https://www.youtube.com/watch?v=j5bNBxj5cSs
Da bin ich ganz deiner Meinung, das war wirklich grauenhaft, obwohl ich den Film nicht mal besonders mochte. Aber das tat weh. Möchte hier auch nicht päpstlicher als der Papst sein und bin ja beispielsweise auch großer Fan von Actionfilmen (vor allem aus den 70ern/80ern), da wird auch nicht gerade differenziert mit dem Thema "Gewalt" umgegangen. Bei mir spielt vielleicht auch noch meine Ausbildung im medizinischen Bereich eine Rolle; ich habe schon dermaßen schreckliche Wunden gesehen und die Reaktion der Leute mitbekommen, die sie hatten, daß ich bei manchen Szenen einfach nicht mehr mein Gehirn abschalten kann und mich an ähnliche reale Fälle erinnere. Und darum schwingt gerade bei ästhetisierter Gewalt bei mir auch oft ein großes ABER mit. Und hier schreibt der Nichtpazifist aus dem Haushalt Mory/Bronkowitz, der Gewalt ganz pragmatisch oft als notwendiges Übel ansieht und auch im richtigen Leben bereits genug Erfahrungen damit gemacht hat.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Es gibt Prügel-Szenen, die in tausenden von Filmen offenbar zum Standard gehören. Es hat mich oft beschäftigt, wie leichtfertig damit umgegangen wird, da üblicherweise keine nennenswerten Folgeschäden zu verzeichnen sind. In der nächsten Szene schon sehen alle Beteiligten wieder wie aus dem Ei gepellt aus. Wie schlimm eine Visage nach einer Prügelei über Wochen aussehen kann, die Schmerzen und Beeinträchtigungen, die über diese Zeit zu beklagen sind, kommen in Filmen selten vor.
In Peter Jackson‘s Heavenly Creatures passiert ein schrecklicher Mord, schonungslos dargestellt. Vielen fehlt dafür das Verständnis, dabei wäre eine weniger drastische Darstellung viel kritikwürdiger. Es war wichtig an dieser Stelle, die Abscheulichkeit dieser Tat zu vermitteln. Aber natürlich bleibt es völlig legitim, wenn man sich dergleichen nicht aussetzen möchte. Nur allen, die dann fragen, ob das denn wirklich so sein muss, antworte ich mit einem entschiedenen „ja“.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Antichrist habe ich damals im Kino gesehen. Alleine, weil niemand mitkommen wollte. Ich muss so 17 oder 18 gewesen sein. Der hat mich wirklich erschüttert - allerdings weniger, wegen der Gewalt, sondern eher wegen der Stimmung. Ich bin aus dem Kino gegangen und hatte wirklich das Gefühl, nie wieder glücklich werden zu können. Alles war ein bisschen grauer. Hat zum Glück nur den Abend über angehalten, aber immerhin.
Ansonsten habe ich mal den Fehler begangen, "A Serbian Film" zu sehen. Der schreibt sich ja auch auf die Fahne, irgendeine Message zu haben, die ich aber nicht erkennen konnte. Damals konnte ich mir das noch am Stück angucken und für sch**** befinden, heute würde ich wohl bei der ersten heftigen Szene abbrechen. Ein schwieriger Fall ist für mich bspw. "Salò", den ich auch nur sehr schwer zu ertragen fand, dem ich aber eine Meta-Ebene zugetraut habe.
€: Die Gewalt in 80er-Actionfilmen stört mich z.B. gar nicht, weil ich die eigentlich immer als überzeichnetes Stilmittel wahrnehme. Das amüsiert mich dann eher, weil ich es nicht ernst nehmen kann.
Heavy Rotation → ◉ Fleetwood Mac - Tango in the Night ◉ Bonobo - Black Sands ◉ The Decemberists - As It Ever Was, So It Will Be Again ◉ Interpol - Our Love to Admire ◉ Skeewiff - Something Like That?
Zitat von Lumich im Beitrag #13Für diese Kaum-Auszuhalten-Filme schätze ich Lars von Trier sehr, wobei Breaking the Waves m.E. durch sein Ende gründlich verdorben wird, aber vielleicht fehlt mir da der Humor für.
Nein, das ist halt wieder Lars von Trier und seine ungefilterte Art, dem Zuschauer seinen Glauben um die Ohren zu schlagen.
Dass das eine ungebrochene christliche Botschaft sein soll, kann ich beim besten Willen nicht glauben.
Die Glocken sind ja gerade das große "Fuck You" an die radikale Glaubensgemeinschaft im Film. Für Bess erklingen sie am Ende, während die Dorfkirche gar keine besitzt. Von "dem Zuschauer seinen Glauben um die Ohren schlagen" kann daher überhaupt keine Rede sein, eher da Gegenteil ist der Fall.
Zitat von DerKleineMusicFreund im Beitrag #6 Dass auch fiktionale Gewalt ein Publikum an seine Grenzen bringen kann, habe ich damals 1994 im Kino bei "Pulp Fiction" erfahren: ca. 10% der Zuschauer haben die Vorstellung sehr frühzeitig verlassen. So etwas hatte ich vorher noch nie erlebt.
Ist aber die Frage, ob sie alleine aus diesem Grund den Kinosaal verlassen haben. Der Film überraschte seinerzeit ja auch mit der originellen Erzählweise, was sicher nicht jedermann Geschmack war. Da können drei Stunden Laufzeit schon ganz schön lang werden und zur entsprechenden Geduldsprobe
Vergessen darf man dabei aber auch nicht, es war 1994. Wäre der so heute rausgekommen, hätte man für die Gewaltdarstellung nur ein müdes Lächeln übrig gehabt.
Die "flüchtenden" Zuschauer waren eher den Gewaltdarstellungen als der ungewöhnlichen Erzählweise geschuldet, @victorward. Da kann ich mich noch sehr gut dran erinnern.
Das würde ja dann doch die These untermauern, dass unsere Gesellschaft ein wenig mehr verroht und gegen Gewalt, ob nun fiktional oder real, abgestumpft ist.
Ich bin wohl auch eher abgestumpft, denn die bislang genannten Filme, unabhängig davon, ob ich sie mag oder nicht, haben allesamt kalt gelassen. Der einzige Film, der mich tatsächlich geschockt hat war "Idi i smotri" oder auf deutsch: "Komm und sieh". Wie da der Hauptdarsteller in den zweieinhalb Stunden durch den Horror, das Chaos und die Grausamkeit des Krieges vom Kind zum seelischen Greis mutiert, festgehalten in schonungslosen Nahaufnahmen, werde ich nie und nimmer vergessen.
Zitat von DerKleineMusicFreund im Beitrag #21Das würde ja dann doch die These untermauern, dass unsere Gesellschaft ein wenig mehr verroht und gegen Gewalt, ob nun fiktional oder real, abgestumpft ist.
Zitat von McDermott im Beitrag #22Ich bin wohl auch eher abgestumpft, denn die bislang genannten Filme, unabhängig davon, ob ich sie mag oder nicht, haben allesamt kalt gelassen. Der einzige Film, der mich tatsächlich geschockt hat war "Idi i smotri" oder auf deutsch: "Komm und sieh". Wie da der Hauptdarsteller in den zweieinhalb Stunden durch den Horror, das Chaos und die Grausamkeit des Krieges vom Kind zum seelischen Greis mutiert, festgehalten in schonungslosen Nahaufnahmen, werde ich nie und nimmer vergessen.
Zitat von DerKleineMusicFreund im Beitrag #21Das würde ja dann doch die These untermauern, dass unsere Gesellschaft ein wenig mehr verroht und gegen Gewalt, ob nun fiktional oder real, abgestumpft ist.
Diese These würde ich unterschreiben.
Diesen Rückschluß kann ich nicht nachvollziehen.
Die Akzeptanz von expliziten Gewaltszenen und auch von expliziten Nackt- und Sexszenen im Populärkino hat sich zwar schleichend vollzogen, aber wenn das eine Veränderung der Gesellschaft beweisen soll, sind wir beim selben fehlerhaften Rückschluß, der lange bei jugendlichen Egoshooter Playern verwendet wurde.
Wenn man sich die Kinocharts der letzten Jahrzehnte ansieht (um einen repräsentativen Schnitt der Gesellschaft zu gewinnen), wäre eine Zunahme von harten und expliziten Filmen zu erkennen. Daß sich der Stil des Kinos verändert hat, liegt aber glaub ich nicht an der expliziteren Darstellung von Gewalt, sondern an der Spiegelung der Gesellschaft, aus der diese Filme stammen. Das kann man gerade ab Ende der 2000er beim US Kino sehr gut beobachten: realistische Thriller aus eher armen Gegenden. Gesellschaftsschichten abgehängt und drogensüchtig. Von "Winter's Bone" bis zu den Filmen von Taylor Sheridan (Wind River) zeigen diese Filme seit zehn Jahren ein anderes Bild der US Gesellschaft, nach der Finanzkrise.
Wie explizite Gewalt im Film oder Serie aufgenommen wird, ist doch individuell sehr unterschiedlich und auch von den Rahmenbedingungen und unseren persönlichen Abneigungen abhängig. Ich kann mir z.B. bis heute nur sehr schlecht Der Exorzist anschauen. Der geht mir an die Nerven, aber deutlich brutalere Filme machen mir wieder nichts aus.
Und was sagt zum Beispiel die überwältigende Akzeptanz der Flüchtlingsströme in 2015 über die deutsche Gesellschaft aus? Ist daraus nicht eher ein Rückschluß zu wagen?
Tatsächlich würde ich mir da eher wg. der gesellschaftlichen Akzeptanz des Voyerismus ala "Bauer sucht Frau" oder "Dschungelcamp" Sorgen machen.
Zitat von DerKleineMusicFreund im Beitrag #21Das würde ja dann doch die These untermauern, dass unsere Gesellschaft ein wenig mehr verroht und gegen Gewalt, ob nun fiktional oder real, abgestumpft ist.
Diese These würde ich unterschreiben.
Diesen Rückschluß kann ich nicht nachvollziehen.
Die Akzeptanz von expliziten Gewaltszenen und auch von expliziten Nackt- und Sexszenen im Populärkino hat sich zwar schleichend vollzogen, aber wenn das eine Veränderung der Gesellschaft beweisen soll, sind wir beim selben fehlerhaften Rückschluß, der lange bei jugendlichen Egoshooter Playern verwendet wurde.
Seh das auch so der Krautathaus. An mediale Gewalt gewöhnt man sich sicherlich ein Stück weit. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass dies zu Abstumpfung gegenüber realer Gewalt führt? Nein, gewiss nicht.
Zitat von victorward im Beitrag #26Seh das auch so der Krautathaus. An mediale Gewalt gewöhnt man sich sicherlich ein Stück weit. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass dies zu Abstumpfung gegenüber realer Gewalt führt? Nein, gewiss nicht.
Gerade bei Gewaltszenen kriege ich oft noch den Gedanken hin: Das ist nur Filmblut.
Mich packen dann eher die psychisch harten Filme. Ich habe zwar "Dancer in the Dark" im Regal stehen - aber mehr als das eine Mal will ich den gar nicht sehen. Öfter gesehen habe ich beispielsweise "Requiem for a Dream", obwohl der mich auch jedes Mal erschüttert.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von Krautathaus im Beitrag #25 Und was sagt zum Beispiel die überwältigende Akzeptanz der Flüchtlingsströme in 2015 über die deutsche Gesellschaft aus? Ist daraus nicht eher ein Rückschluß zu wagen?
Sehr gewagte These, bei der ich mich frage, was sie mit dem eigentlichen Thread zu tun hat.