Über Joe Pesci im speziellen weiß ich wenig, aber die zeitliche Einordnung, also vor gut 30 Jahren, kann keineswegs als Entschuldigung dienen, im Gegenteil: Sinead O'Connor war damals in den USA massiven Anfeindungen von religiösen Fanatikern ausgesetzt. Ich kann mich z.B. an die Übertragung des Bob-Dylan-Tribute-Konzerts anlässlich dessen 30jährigen Bühnenjubiläums erinnern, wo sie von weiten Teilen des z.B. wegen der Carter Family gekommenen Publikums beim Betreten der Bühne ausgebuht wurde. Ausgerechnet Kris Kristofferson, den ich eher als machistischen Redneck sehe, wollte sie mit den Worten "Don't let the bastards grind you down" trösten. Ihre Antwort: "I'm not down".
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Zitat von Anorak Twin im Beitrag #5282Kris Kristofferson, den ich eher als machistischen Redneck sehe
ich weiß nicht, was dich dazu veranlasst, aber gemessen an seinen zeit- wie auch an seinen genregenossen war er eher das gegenteil. es dürfte u.a. in den 80ern nicht viele countrysänger gegeben haben, die sich öffentlich für die sandinisten einsetzten.
Ansonsten war ich bei Sinnead O'Connor immer unschlüssig, sowohl was die Künstlerin als auch den Menschen dahinter angeht: Dass ihr einziger Hit eine Coverversion war ("Prince hat den Song für sie geschrieben" ist ja eine nachträgliche Verkitschung, die erste Aufnahme des Stücks kam ja schon 1985 raus), hat mich nie zur näheren Beschäftigung mit ihrem Output gereizt und einen beigewohnten Auftritt 1995 habe ich als musikalisch ziemlich unspektakulär in Erinnerung, den Eindruck einer verkannten musikalischen Visionärin, zu der sie nun verklärt wird, hat sie dadurch bei mir nicht hinterlassen. In Bezug auf ihre Persönlichkeit bin ich ehrlicherweise auch nicht ganz sicher, ob man sie da ausschließlich als Opfer (ihrer überforderten Mutter, der amerikanischen Rechten, ungnädiger Plattenbosse, eines musikalisch bornierten Publikums) sehen sollte, denn der Eindruck drängt sich durchaus auf, dass ihre Persönlichkeit es ihrem Umfeld und insbesondere ihrer Familie auch nicht immer leicht gemacht hat, aber ersteres (erlittene Traumata) dürfte sicherlich zu zweiterem (schwierige Persönlichkeit) beigetragen haben.
So traurig ein solches Ende ist, letztlich kam es mit Ansage. Ich versage mir Ferndiagnosen (meine Nahdiagnosen sind ja auch schon halbes Laienwerk), aber sicher wurde hier eine Menge Trauma aus einer Generation in die nächste weitergereicht. Weggefährt:innen beschreiben eine herausfordernde, teilweise streitlustige, aber immer humorvolle Frau. Mir scheint zumindest der letzte Teil dieser Eigenschaften bei ihr im Laufe der Jahre abhanden gekommen zu sein, ersetzt durch ein gutes Stück Wahnsinn. Hoffentlich findet sie ihren Frieden jetzt. Musikalisch war ich, seitdem ich in den 90ern meinen Erstkontakt hatte (über „Universal Mother“), immer Fan ihrer Stimme und oft Fan ihrer Musik.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Zitat von Anorak Twin im Beitrag #5282Ausgerechnet Kris Kristofferson, den ich eher als machistischen Redneck sehe,
Da bin ich bei tenno.
Zitat von Anorak Twin im Beitrag #5282Sinead O\'Connor war damals in den USA massiven Anfeindungen von religiösen Fanatikern ausgesetzt.
Schwieriges Thema. Wenn man derart offen provoziert (was ich gutfinde), darf man sich über Reaktionen von Fanatikern nicht wundern. Alles andere wäre naiv. Ich stehe gewiß nicht im Verdacht des Sympathisierens mit religiösen Eiferern, aber das erinnert mich an die Geschichte vor ein paar Jahren, als bei einer Kunstausstellung eine Marienstatur gezeigt wurde, über die Elefantenscheiße (ohne Witz) gekippt wurde. Dann wundert man sich über heftige Gegenreaktionen und heult rum wegen der "Kunstfreiheit". Du wolltest provozieren, du hast provoziert, also steck das dann gefälligst ein und heul nicht rum. Umgekehrt funktioniert das auch, siehe die letzte Documenta.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Ich habe gestern, nach der Lektüre eines Berichts in der Tageszeitung, auch rausbekommen, wo mein Denkfehler war. Ich hatte wohl den Tod ihres Sohnes vor anderthalb Jahren im Hinterkopf falsch abgespeichert.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
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Ohje. R.I.P. dann doppelt (den Eagles-Musiker habe ich noch nicht). Ich habe es leider verpasst, Walser mal zu sehen.
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Zitat von Anorak Twin im Beitrag #5282Kris Kristofferson, den ich eher als machistischen Redneck sehe
ich weiß nicht, was dich dazu veranlasst, aber gemessen an seinen zeit- wie auch an seinen genregenossen war er eher das gegenteil. es dürfte u.a. in den 80ern nicht viele countrysänger gegeben haben, die sich öffentlich für die sandinisten einsetzten.
Ja, eh. Ich habe es schlecht formuliert. "den ich, wahrscheinlich zu unrecht, eher als machistischen Redneck abgespeichert habe" wäre treffender. Anders als bei anderen (hallo Henry Rollins) habe ich für diese Wahrnehmung keine echten Gründe außer seinem Aussehen, seiner Stimme und seiner Musik. Er hat halt die Ausstrahlung von Leuten, zu denen ich Abstand halte, wenn ich sie in der Autobahnraststätte sehe.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #5287Schwieriges Thema. Wenn man derart offen provoziert (was ich gutfinde), darf man sich über Reaktionen von Fanatikern nicht wundern.
Da bin ich auch gar nicht so weit entfernt. Insgesamt hatte ich zu Sinead ein ähnlich zwiespältiges Verhältnis wie offenabr die meisten hier: Interessiert, öfters irritiert, irgendwann dann desinteressiert. Erwähnenswert finde ich noch folgende Geschichte (ohne diesen Thread zu sehr offtoppicken zu wollen. Ich würde mich übrigens auch freuen, wenn hier näher auf Martin Walser eingegangen wird): 1999 meldete sie Shane Macgowan, mit dem sie nicht nur das schöne Duett "Haunted"
aufnahm sondern auch befreundet war, der Polizei, nachdem sie ihn im Heroinrausch in seiner Wohnung gefunden hatte, worüber der zunächst nicht begeistert war, im nachhinein aber sagte, dass sie ihm das Leben gerettet habe. Mehr dazu in unser aller Lieblingszeitung, der Irish Sun
Zitat von Anorak Twin im Beitrag #5294Ich würde mich übrigens auch freuen, wenn hier näher auf Martin Walser eingegangen wird):
Prinzipiell würde ich das gerne, aber sein Tod ist für mich nicht der geeignete Zeitpunkt, um meine kritische Sicht zu seiner (öffentlichen) Person zu äußern. So viel Respekt sollte dann schon sein.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.