Die "Ausländer raus"-Geschichte ist ja nun keineswegs auf einzelne Teile Deutschlands beschränkt. Ich kann mich noch gut erinnern was passierte, als die damals eher als Volksmusik-Moderatorin bekannte Lisa Fitz einen "Perser" heiratete. Dass der eine bayerische Mutter hatte, hier aufgewachsen war und auch ein wunderbar krachertes Bairisch sprach, spielte da keine Rolle. Die Reaktionen, die Lisa Fitz damals bekam, hat sie in bemerkensweiter Weise musikalisch verarbeitet (1982, wenn ich mich richtig erinnere):
Die Single gabs damals nur im Eigenvertrieb und war ultraschwer zu bekommen, ich fand sie dann seltsamerweise in einem Supermarkt. Das spätere Album kam immerhin auf ZYX Records, aber auf CD gibt es das immer noch nicht. Ich habe mir das dann auch selbst digitalisiert. Ihr mittlerweile Ex-Mann Ali Halmatoglu ist heute als Ali Khan immer noch ein bekannter Musiker, der besungene "Bastard" ist als Nepo Fitz selbst ein bekannter Kabarettist.
Auch unter dem Gesichtspunkt freut mich diese Story. Man muss ja nicht immer jugendlich-radikal bleiben, Hauptsache man ist ein anständiger Mensch. Ob Banker oder Sozialarbeiter, ob als Drummer nebenberuflich oder bei Rammstein. Über die Entwicklung von Lisa Fitz decke ich aber lieber den Mantel des Schweigens.
Zitat von CobraBora im Beitrag #31Hehe, interessante Episode.
In meinen 41 Lehrer-Jahren ist da schon Einiges zusammengekommen. Nur noch eine, ganz andere zum Thema Deutschland.
Kurz nach der Wende hatte ich zusammen mit meiner Frau als Klassenleiter-Team über fünf Jahre eine Klasse, die es in sich hatte. Die große neue Freiheit und das gefühlt allerorten geförderte Bewusstsein für Kinder- und Jugendrechte führte bei einigen Schülern zur Inanspruchnahme vor allem eines Rechtes - dem von zu Hause abzuhaun. Wir hatten zwei Mädchen, die genau das getan hatten. Abgehaun mit 15 in ein Abrisshaus in der Dresdner Neustadt, in Gesellschaft von Punks, erwachsenen Aussteigern und zahlreichen Ratten, regelmäßig verkloppt von Rechten (entsprechende Blessuren wurden mit Stolz vorgezeigt, die Lieblingsratte auch schon mal) und dennoch einigermaßen regelmäßig in der Schule anwesend.
In meiner Musikstunde war dann das Lied der Deutschen, die deutsche Nationalhymne ein Thema. Ich habe die historischen Hintergründe erläutert und vor dem gemeinsamen Gesang auch daran erinnert, was das (Mit)Singen z.B. auch Sportlern bedeutet, die einen großen internationalen Erfolg feiern konnten. Die beiden Mädchen hatten an der Stelle nur das für mich: "Wir hassen Deutschland und singen diese Scheiße nicht". Alle Gespräche danach brachten nichts.
Sie haben beide dann ein Jahr später einen einigermaßen guten Realschulabschluss geschafft und ich habe nie wieder etwas von ihnen gehört.
ich bin ja große gegnerin des ehrenamtes im sozialbereich, auch wenn ich selbst immer wieder ehrenamtlich gearbeitet habe. es ist ein auslagern von wichtiger arbeit an unbezahlte und manchmal auch für die tätigkeit unqualifizierte menschen. ich halte es für eine sauerei, dass der sozialbereich ohne ehrenamt komplett am arsch wäre und sich v.a. politische kräfte, aber auch die gesellschaft darauf verlassen, dass es genug leute gibt, die ihre freizeit in den dienst der "guten sache" stellen. gleichzeitig ist es auch eine entwertung von sozialer arbeit und care arbeit.
Zitat von beth im Beitrag #34ich bin ja große gegnerin des ehrenamtes im sozialbereich, auch wenn ich selbst immer wieder ehrenamtlich gearbeitet habe. es ist ein auslagern von wichtiger arbeit an unbezahlte und manchmal auch für die tätigkeit unqualifizierte menschen. ich halte es für eine sauerei, dass der sozialbereich ohne ehrenamt komplett am arsch wäre und sich v.a. politische kräfte, aber auch die gesellschaft darauf verlassen, dass es genug leute gibt, die ihre freizeit in den dienst der "guten sache" stellen. gleichzeitig ist es auch eine entwertung von sozialer arbeit und care arbeit.
dies hat mir meine Stieftochter genau so um die Ohren gehauen, und ich kann diese Sicht auch sehr gut nachvollziehen (komme selbst aus dem sozialen Bereich).
hinzufügen möchte ich noch, dass ehrenämter gerade im sozialen bereich auch einen bestimmten typus nicht hilfreicher helfer anziehen; die sorte, die sich in erster linie einen auf ihre moralische unanfechtbarkeit runterholt, und dabei oft mehr schaden als nutzen anrichtet.
Zitat von tenno im Beitrag #36hinzufügen möchte ich noch, dass ehrenämter gerade im sozialen bereich auch einen bestimmten typus nicht hilfreicher helfer anziehen; die sorte, die sich in erster linie einen auf ihre moralische unanfechtbarkeit runterholt, und dabei oft mehr schaden als nutzen anrichtet.
Zitat von Cohle im Beitrag #33Das in Deutschland so viele Menschen in einem Ehrenamt tätig sind macht mir Hoffnung. Respekt!
Ach ja ... ich fand es immer spitze, wenn auf Fragen in den Medien, wen man denn so bewundere, die Antwort kam: "Alle, die sich ehrenamtlich engagieren, beispielsweise in Altenheimen". Ehrenämter in der Pflege: jemand kommt einmal die Woche für drei Stunden, um mit den Leuten spazierenzugehen oder mit ihnen Karten zu spielen. Denken diese gedankenlosen Laller und Schwaller ernsthaft, die üben pflegerische Tätigkeiten aus? Stattdessen bekommt man als Pflegekraft fast schon vermittelt, es sein unanständig, für seine Tätigkeit Geld zu nehmen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Und es wurde dann noch proppenvoll. Aus der Masse wurde eine Menschenkette, es folgte eine Schweigeminute. Es war gut zu sehen, dass mit uns noch so viele waren.
Edition: Lt. Nachrichten wurden 1.000 Leute erwartet, 5.000 sind es geworden. Sehr schön.
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20.01.2025 19:29
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