Wer Klassik-Musik hört, bekommt noch am intensivsten mit, was Dynamik bedeutet: es gibt sehr laute Passagen, aber eben auch sehr leise.
Popmusik an sich hat das generelle Problem, das Aufmerksamkeit gefunden werden muss. Vereinfacht gesagt: wer lauter ist, wird eher gehört. Popmusik grenzt die Dynamik bewußt ein, um einen recht druckvollen Sound zu erzeugen. Man nutzt dazu Kompressoren und Limiter. Nur so lassen sich die Lautstärkespitzen der Instrumente begrenzen. Und damit kann man die Gesamtlautstärke erhöhen. Oft so weit, dass die zulässige Vollaussteuerung überschritten wird. Dann gibt es Verzerrungen und hörbare Klick-Geräusche. Früher hätte man zum lauteren Hören von Musik einfach den Volumeregler aufgedreht.
Für das Radio ist Loudness derweil eh nicht mehr notwendig. Die Sender setzen derweil Signalprozessoren ein, die ohnehin für eine durchgehend gleiche Lautheit der gespielten Musik sorgen.
Beim heutigen Streamen und dem Hören von Musik mitten im Alltag gehen sehr leise Passagen oft unter. Der Musikwissenschaftler Arne Ruschkowski sagt dazu: „Wenn ich da keine Dynamik drin hab, dann hab ich ein permanentes Hörgefühl. Es gibt keine leisen Stellen und es gibt nichts, was von den Umgebungsgeräuschen überdeckt wird.“
Nerven tut der „Sound“ zumeist beim Hören im ruhigen Zimmer. Der stark gepresste Sound klingt für die Ohren nicht unbedingt angenehm.
Dazu nochmals Ruschkowski: „Wenn man sich neue CDs anhört, dann ist da teilweise keine Ruhepause mehr. Das fängt an, dann ist Dauerton und dann hört es auf nach heutzutage meistens 74 Minuten.“
Der Musik fehlt als zumeist die Dynamik.
Der Musiktheoretiker Hubert Léveillé Gauvin von der Ohio State University hat in seiner in der Musicae Scientiae erschienenen Studie die Popmusik der letzten 30 Jahre analysiert.
Gauvin: „Songs, die es schaffen, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu erregen und zu bekommen, werden gespielt und andere werden ausgelassen.“
Auch die Geschwindigkeit der Songs hat sich in den letzten 20 Jahren um 8 % erhöht. Zudem sind auch alle verwendeten Songtitel tendenziell seit den 80ern kürzer geworden.
Eines fehlt übrigens vor allem als Folge der heutigen Streamingdienste (Spotify & Co.): das sog. Intro in den Song.
Dies liegt an der sog. Aufmerksamkeitsökonomie. Heutige Streamingdienst-Hörer können schnell weiterskippen. Damit hat sich die Introzeit bei allen Popsongs von einst 30 Sekunden auf heute oft nur noch 5 Sekunden verkürzt. Insgesamt ist die Zahl der Song-Intros in den letzten 30 jahren um 78 % zurückgegangen. Weil ein Song es ansonsten einfach nicht mehr schafft, schnell genug die nötige Aufmerksamkeit zu erzielen.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Zitat von akri im Beitrag #17061Früher hätte man zum lauteren Hören von Musik einfach den Volumeregler aufgedreht.
Bei mir an der Anlage ist noch ein Lautstärkeregler und den nutze ich auch. ;-)
Da ich aber eh kein Radio- oder Playlistenhörer bin, ist diese ganze "Entwicklung" bei mir für die Katz.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Man muss es eben letztlich (auch) hinsichtlich des Massenkonsums von Musik so sehen.
Die Musik hat sich gewandelt… man kann sagen: sie ist anders geworden.
Ob man dies eher gut findet oder eher schlecht, ist eine sehr individuelle Sache.
Bedauerlich ist aus meiner Sicht, dass trotz aller technischen Möglichkeiten und trotz der oft schon gegebenen Bereitstellung per Streaming keine Alternativen angeboten werden. Damit meine ich, dass es zu den „Loudness“-Mastern ja durchaus alternative „Dynamik“-Master geben könnte.
Denn der eigentliche Mix der Musik erfolgt ja eh im Vorfeld. Erst im Mastering-Studio geht es um den Gesamtsound und eben die finale „gefühlte“ Lautheit. Oft sind es ja die Künstler, Produzenten und die Plattenfirma, denen die Lautheit dann nicht langt. Dann wird nochmals draufgepackt und nicht selten eben über die Grenze des Guten hinaus.
In den Nuller Jahren gab es in den USA eine Gegenbewegung: die Organisation „Turn Me Up“. Da wurde wieder mehr Dynamik auf Tonträgern zugelassen und ein „Turn Me Up“-Sticker auf dem Cover informierte Käufer, dass es dynamischer zugeht. Der Kunde sollte wissen, dass die große Dynamik von ganz leise bis hin zu sehr laut genau so gewollt war. Und er ggf. den Lautstärkeregler aufdrehen musste, um die Musik „kraftvoller“ zu hören.
Man muss sich heute nur Nirvanas „Nevermind“ anhören: eine Produktion der Frühneunziger. Auch wenn „Nevermind“ kein Klassikalbum ist, klingt es vergleichsweise sehr offen, räumlich. Es waren damals eben keine Brickwall-Limiter im Einsatz.
Auch "Inhaler" (1993) von TAD könnte da durchaus als Oldschool-Klangbeispiel dienen...
Zitat von akri im Beitrag #17061Dazu nochmals Ruschkowski: „Wenn man sich neue CDs anhört, dann ist da teilweise keine Ruhepause mehr. Das fängt an, dann ist Dauerton und dann hört es auf nach heutzutage meistens 74 Minuten.“
Ja, Opa… ist gut. Alles Mist, heutzutage.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Das scheint ja ein Album zu sein, auf das sich irgendwie viele einigen können und hören, selbst wenn sie keinen Rap mögen.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von akri im Beitrag #17061Dazu nochmals Ruschkowski: „Wenn man sich neue CDs anhört, dann ist da teilweise keine Ruhepause mehr. Das fängt an, dann ist Dauerton und dann hört es auf nach heutzutage meistens 74 Minuten.“
Ja, Opa… ist gut. Alles Mist, heutzutage.
Nein, nicht alles. Gegen eine Klangmanipulation aus musikalischen Gründen ist auch nichts einzuwenden. Wenn es aber nur darum geht, mehr Aufmerksamkeit zu generieren, dann geht das für meine Ohren - und die einiger anderer offensichtlich auch - meistens schief. Leuten abzusprechen, dass sie diese Unterschiede hören, nur weil man es selbst nicht hört, ist halt auch bescheuert.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
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http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
jepp. ob sie wohl in den nächsten 17 jahren nochmal eine rausbringen? robert smith ... äh ... kevin shields hat ja auch schon öfter behauptet, das nächste album sei praktisch fertig.