Wer mal ein paar technische Hintergründe wissen möchte: Die c't hat in ihrer aktuellen Ausgabe eine Serie gestartet, in der die Bespitzelungswerkzeuge im Detail beschrieben und mögliche Gegenmaßnahmen aufgezeigt werden.
Ich war bisher davon ausgegangen, dass in solchen Fällen nach der Logik des Bundesverfassungsgerichtes vorgegangen wird, das 2006 entschieden hat, dass die bloße Veröffentlichung eines Staatsgeheimnisses in den Medien nicht als Anhaltspunkt ausreicht, um dem Journalisten Geheimnisverrat vorzuwerfen, da es immer die Möglichkeit gibt, dass der Journalist nicht mit dem tatsächlichen Geheimnisverräter in Kontakt war, sondern mit Menschen, die gar nicht zum Schweigen verpflichtet waren. Ich hatte dieses Urteil immer so verstanden, dass sich Journalisten, die durch Mittelsmänner geheime Dokumente erhalten und diese veröffentlichen, nicht des Geheimnisverrates schuldig machen, da man ohne Eingriffe in die Pressearbeit nicht die nötigen Belege findet, um die Eingriffe juristisch zu rechtfertigen. War ich da auf dem Holzweg oder hat die Bundesanwaltschaft dieses Urteil lieber schnell wieder vergessen?
Man sieht jedenfalls, wo hier die Prioritäten in diesem Land liegen. Wie schon in der Antike soll der Überbringer der schlechten Nachricht geköpft werden, dem Urheber wird kein Haar gekrümmt. Da fragt man sich schon, wo die eigentlichen Landesverräter sitzen.
Solange niemand für Jahre eingeknastet wird, ist es doch das Beste, was Dir als Aktivist passieren kann. Auch der Spiegel hatte damals seinen Ruhm gemehrt.
Wird in diesem Fall ja niemand. Insofern halte ich die Aufregung für etwas übertrieben - oder halt Teil der Show. Da es für eine gute Sache ist schon ok.
Ich finde es schon erstaunlich, dass du das so locker nimmst. Das ist eine sehr unerbauliche Affäre, und das Verfahren ist ja keineswegs eingestellt, sondern ruht erst mal.
Range scheint sich im Moment auf einem kleinen Egotrip zu befinden. Zur Erinnerung: Er ist keineswegs ein unabhängiger Richter, sondern ein Staatsanwalt. Und wenn sein Vorgesetzter, der Justizminister, ihm eine Weisung erteilt, dann ist das sein gutes Recht. Der hat jetzt jedenfalls die überfälligen Konsequenzen gezogen und diesen Versager gefeuert.
Kann man natürlich so sehen, dass es beruhigend ist, dass so etwas am Ende doch nicht weiter trägt, als bis zum ersten öffentlichen Echo und die Verantwortlichen für ihren Fehler zur Rechenschaft gezogen werden. Insofern war die Gefahr offenbar doch nicht so groß und der Rechtsstaat noch intakt.
Man könnte aber auch sagen: Erschreckend, dass wir so weit sind, dass es erst einen massiven öffentlichen Aufschrei und Kolumnen braucht, die ihn als potentiell überflüssig bezeichnen, um einen Justizminister dazu zu bringen, solche gefährlichen Ansätze zu unterbinden.
Ich tendiere derzeit auch zur ersten Lesart. Finde es aber doch bezeichnend, dass der Staat in Deutschland nicht nur die "Recherchemethoden" im Internet aus den USA importieren will, jetzt wo sie veröffentlicht wurden, sondern auch den Umgang mit der Presse, die sich damit kritisch auseinandersetzt. Insofern mag die Aufregung über Netzpolitik.org einen Tick übertrieben gewesen sein – nötig war sie aber doch, damit ganz deutlich wird, dass es so weit wohl doch noch nicht ist.
Wer sagt Dir denn, dass es ohne den öffentlichen Aufschrei (gegen den ich nix habe, der aber organisiert und auch künstlich war) nicht auch einen Sieg des Rechtsstaates gegeben hätte.
Es war mmn zu jedem Zeitpunkt klar, dass da niemals eine letztinstanzliche Verurteilung rausgekommen wäre. Da ist bei uns schon das BVVG vor.
Und so war es halt auch gute Werbung für die Seite.
Das sagt mir ja niemand – ich habe nur eine zweite Lesart der Lage aufgelistet und daraufhin gesagt, dass ich eher meinem ersten Absatz zustimmen würde. Ich hatte allerdings schon ein wenig den Eindruck, dass die Reaktion ein wenig vom einheitlichen öffentlichen Echo getrieben war. Was ja ok ist für die Kampagne, aber eigentlich nicht unbedingt notwendig sein sollte (man kann sich jetzt drüber streiten, ob es denn notwendig war. Muss man aber auch nicht).
War nicht gegen Dich gerichtet, eher unterstützend. Die öffentliche Meinung: wenn sie fehlt, wird es kritisiert. Ist sie da, heißt es, es sei ja nur deswegen was passiert. Lief doch alles ganz gut. Einer kann sich ja immer mal vergaloppieren. Die Korrekturmechanismen müssen klappen.
Den Begriff "öffentliche Meinung" finde ich immer schwierig, das war eben der berühmte Aufschrei der Medien und der wie immer besser organisierten Hälfte des Meinungsspektrums. Ich bin mir sicher, dass viele Menschen das Veröffentlichen von staatlichen Geheimdokumenten keineswegs grundsätzlich begrüßenswert, die Ermittlungen damit für plausiblel und den befohlenen Abbruch selbiger durch einen Minister aus rein politischen Gründen problematisch finden (gerade weil das in Auftrag gegebene Gutachten ja offenbar den Vorwurf bekräftigt hat). Aber abweichende Meinungen wurden in dieser schönen neuen Welt ja irgendwann per Dekret abgeschafft (wobei im ZDF vorhin immerhin ein guter Kommentar kam, der gar nicht so weit von meiner Einschätzung entfernt liiegt).