Angeblich ist Trump gerade überrascht, was ein Präsident so alles tun muss. Ob er wirklich angenommen hat, das sei ein 9-to-5-Job?
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ich bitte um Entschuldigung, aber ich muss hier jetzt mal kurz die Analyse einer Freundin aus Facebook hier reinkopieren, a) weil ich sie sehr schlau finde und deshalb b) auch außerhalb von Facebook dokumentieren möchte.
Seit den 80er spätestens 90er Jahren gibt es auf Seiten derjenigen, die die Gesellschaft irgendwie zum Besseren verändern wollen, zwei konkurrierende Modelle. Nancy Fraser beschreibt die mit Umverteilung versus Anerkennung. Und letzteres ist in den vergangenen Jahren ziemlich erfolgreich geworden (gay rights, allmähliche Anerkennung, dass Rassismus ein historisch-strukturelles Problem ist etc. pp.), was auch damit zu tun hat, dass die alte, marxistische Linke angesichts dieser vermeintlichen Nebenwidersprüche versagt hat. Der Teil der Neoliberalen mit sozialliberalen Werten liebt Anerkennungspolitiken auch. Wahrscheinlich schon ernst gemeint, aber auch, weil sie, im Gegensatz zu sozialpolitischen Maßnahmen, so wenig kosten und man damit auch die demographische Entwicklung auf seiner Seite hat. Diese Politiken sind aber auch gleichzeitig meist mit einer Abwendung vom Universalismus verbunden, d.h. du hast bestimmte Rechte, Ansprüche etc. dann nicht mehr qua Menschsein, sondern aufgrund deiner Zugehörigkeit zu historisch-strukturell benachteiligter Gruppe x. (Was soweit seine Berechtigung hat, wenn man versucht das Ergebnis von historischer Benachteiligung auszugleichen, aber es vollzieht eben auch die neoliberale Logik der begrenzten Mittel und der verschärften Konkurrenz aller um diese Mittel noch einmal nach.) Weiße Hetero-Männer gucken dabei tendenziell in die Röhre, weil sie als so undifferenziert gefasste Gruppe offenkundig auf der historischen Gewinnerseite stehen und damit vermeintlich keine legitimen Ansprüche haben. Das funktioniert natürlich nur so, weil innerhalb dieses Denkens Klasse keine Rolle spielt bzw. wenn doch, dann nur im Bourdieu-Sinne als kultureller Habitus, für den man unter Umständen diskriminiert wird. Das findet sich im gegenwärtigen social justice-Aktivismus als animiertes "white/male tears" gif, mit irgendeiner augenrollenden Celebrity. Das heißt, die Legitimität irgendeines Anspruchs steht gar nicht mehr zur Debatte, sondern wird mit Verweis auf demographische Gruppenzugehörigkeit abgetan.
Die Clinton-Kampagne, insbesondere in den primaries, hat sich diese Dynamik sehr bewusst zunutze gemacht, wenn gegen Berniebros geschossen wurde (und natürlich gibt es Sexismus in der Linken, aber dass er dort verbreiteter ist als anderswo, halte ich für ein böswilliges Gerücht). Damit wird Anerkennungspolitik ganz bewußt gegen Umverteilung in Stellung gebracht und die Tatsache, dass die Clintonschen Politiken der 90er Jahre eine massive Verarmung (und Einknastung) historisch und strukturell benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen verursacht haben, zum Anathema. Gleichzeitig zieht die identitätspolitische Wende eben auch auf der Rechten (siehe Identitäre, EDL etc.pp.).
Unsere einzige Hoffnung (und ich weiß, das klingt jetzt pathetisch), diesem ganzen heraufziehenden Grauen irgendwie sinnvoll zu begegnen, besteht darin, der identitätspolitisch-antiuniversalistischen Scheiße Absage zu erteilen und auf Universalismus, das heißt, Solidarität zu setzen. Sonst wird es hier wirklich zappenduster.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Wenn ich lese, wie extrem ungleich die Vermögungsverteilung in den USA inzwischen ist, dann dürfte eh klar sein, dass die berechtigten Ängste in der Breite die Menschen trifft, egal welche Hautfarbe oder Nation. Verstehe also nicht richtig, dass hier noch einzelne Bevölkerungsgruppen groß heraus gestellt werden müssen - die sitzen doch mittlerweile alle im selben Boot. Und dass man den Rassismus in USA niemals vernachlässigen darf finde ich auch
Zitat von Reverend im Beitrag #675Diese Statistiken wegen geringer Arbeitslosigkeit sind doch auch bei uns spätestens seit der Agenda 2010 eine beliebte Mogelpackung. Wenn jemand zwei (ode rmehr) Teilzeitjobs braucht, um über die Runden zu kommen, oder etwa über Zeitarbeit beschäftigt ist, ist der/diejenige zwar nicht in der Arbeitslosenstatistik - aber ist das wirklich eine wünschenswerte Art der Beschäftigung? Wohl kaum.
Nein, das ist keine reine Mogelpackung. Wir sind nah an der Vollbeschäftigung - bei negativen Auswüchsen, die das auch gebracht hat. Dieses "ja, aber was für Jobs?" finde ich immer etwas borniert, es gibt durchaus Menschen, die das lieber als Arbeitslosigkeit haben. Und die Agenda hat auch neue, gut bezahlte Jobs geschaffen.
Man kann gern über die Vor- und Nachteile diskutieren. Aber den Beschäftigungszuwachs, den wir haben, ausschließlich mit prekären Arbeitsverhältnissen und Zahlentricksereien zu begründen, ist Propaganda.
Diesen Punkt nennst du ja immer wieder, das ist für mich genauso Propaganda. Haben Menschen das wirklich "lieber" als Arbeitslosigkeit, oder bleibt ihnen nichts anderes übrig, diesen Job anzunehmen weil halt sonst das ALG gekürzt wird?
Ok, lass uns über die Nachteile diskutieren. Die liegen aber doch auf der Hand: Millionen von Menschen können von ihrer Arbeit nicht mehr gut leben. Was ist dein Vorschlag, das zu verbessern?
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Naja, aus meiner Sicht ist meins weniger Propaganda, weil ich Nachteile der Agenda einräume, während es Propaganda ist, so zu tun, als habe das in Deutschland nur zu mehr Verelendung geführt. Ich würde da erstmal gern Statistiken sehen, dass die Armut wirklich gestiegen ist (und nicht nur im Vergleich zu den Reichen), dann kann man die diskutieren. und ja, ich glaube, dass Du die Belastung, arbeitslos zu sein, unterschätzst.
Zu Deiner Frage: Ich bin Anhänger des Mindestlohns und würde ihn weiter heraufsetzen. Im Zweifel sollte der Staat noch was oben rauf packen. Ich bin auch für eine Vermögenssteuer, für höhere Erbschaftssteuern und höhere Spitzensteuersätze und dafür, die Fluchtmöglichkeiten einzuschränken. Den Erlös aus all dem könnte man verwenden, um untere und mittlere Einkommen zu entlasten beziehungsweise zu unterstützen. Ich bin da allen Umverteilungsvorschlägen offen.
Sieh Dir auch mal die Entwicklung an in den Ländern, die keine Agenda hatten.
Klar, es ist überall Scheiße. Umverteilung ist glaube ich genau der richtige Ansatz. Jetzt müssen wir nur noch rausfinden, wie das zu schaffen ist (ohne gewaltsame Revolution).
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Noch ein Zitat einer anderen Freundin, das ich auch wichtig finde:
Man könnte sich zum Beispiel mal positiven Beispielen zuwenden. Das wird ja immer vergessen, dass es die auch gibt. In Chicago gab es 2012 einen riesigen Lehrerstreik, und Streiken ist für die verboten. Die haben sich von vornherein mit Frauenbewegungen und antirassistischen Initiativen zusammengetan und klargemacht, dass nicht nur ein Thema von mehr Einkommen ist. Black Lives Matters verknüpft sich vielerorts mit der 15-Dollar-Minimum-Wage-Bewegung. In Deutschland gibt es den Arbeitskampf von Amazon und der Mall of Shame, alles Bündnisse, in denen es um Arbeitskampf geht, die aber explizit nicht rassistisch/antifeministisch sind. Ich glaube, es ist einfach wichtig aus dieser Negativität auch mal rauszukommen und zu schauen: wer macht's denn schon richtig?
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Das Problem ist meiner Meinung nach: Die Unternehmen verdienen sich dumm und dabbelig, schütten megahohe Dividenden an Gruppen aus, die eh schon genug haben (die Quandts bekommen jedes Jahr dann nochmal 400 Millionen BMW-Dividende oben rauf und wissen nicht, wohin damit), Verluste werden im Zweifel sozialisiert (Banken, Atomkonzerne).
Soweit der populistische Teil. Aber es ist nun mal auch ein Fakt, dass zu hohe Belastungen für die Unternehmen (selbst, wenn sie immer noch gut verdienen) dazu führen, dass es weniger Investitionen und Arbeit gibt. Der Globalisierung können wir uns halt nicht mehr einfach entziehen, das Kapital zieht sonst woanders hin.
Daher war der Agenda-Ansatz auch in Teilen richtig. "Sozial ist, was Arbeit schafft" ist natürlich grenzwertig, aber ein bissl Wahrheit ist auch dran. Deswegen finde ich den ifo-Ansatz (Staat packt oben drauf auf den Mindestlohn) ganz gut.
Zitat von faxefaxe im Beitrag #684Das Problem ist meiner Meinung nach: Die Unternehmen verdienen sich dumm und dabbelig, schütten megahohe Dividenden an Gruppen aus, die eh schon genug haben (die Quandts bekommen jedes Jahr dann nochmal 400 Millionen BMW-Dividende oben rauf und wissen nicht, wohin damit), Verluste werden im Zweifel sozialisiert (Banken, Atomkonzerne).
@kafka Sozusagen forumspopulistisch. Das sind wohlfeile Feststellungen, denen hier vermutlich viele zustimmen werden. Das zu beklagen, hilft aber nur bedingt weiter, weil Abhilfe schwer ist und vieles auch eine Kehrseite hat. Nehmen wir nur mal BMW: Hohe Ausschüttung an die Quandts, Milliardengewinne. Aber das ist schon ein sehr guter Arbeitgeber, es gibt hohe Prämien auch für normale Beschäftigte, sie bezahlen oft auch Leiharbeiter und outgesourcte gut (gab gerade wieder einen wegweisenden Tarifvertrag). Von "unseren" Asylbewerbern, die wir betreuen, sind jetzt immerhin zwei bei BMW untergekommen. Wenn Du da eingreifst ist die Gefahr hoch, dass das "einfache Volk" auch nichts von hat.
Zitat von Lumich im Beitrag #671wer sind "die linken", insbesondere in diesem zusammenhang? die demokraten?
Da sehe ich "die Linken" eher global. Daß in den USA nur Minderheiten arm und benachteiligt wären, ist ein beliebter Allgemeinplatz. Um jetzt alle Beiträge danach zu lesen, fehlt mir grad die Zeit, weil die Arbeit ruft, sorry.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
" The destruction that Bill Clinton’s policies wrought in now-depressed rural areas in battleground states like Ohio, Michigan, and Pennsylvania came back to haunt Hillary. The residents of those regions, who are largely white and working class, have been ravaged by the abandonment of major industries and the social and economic ills that followed in its wake: record low levels of labor-force participation, downward mobility, drug epidemics, and more. In his reporting from Rust Belt cities in southwestern Ohio and eastern Kentucky, the journalist Alec MacGillis has described “the general aura of decline that hangs over towns in which medical-supply stores and pawn shops dominate decrepit main streets, and Victorians stand crumbling, unoccupied.” The social and economic unraveling in these left-behind places is particularly acutely felt when compared to America’s coastal cities, which are soaring ahead. Rising regional inequality was surely one of the driving factors in this election, as it was for Brexit." Working-class women who voted for Trump tell us a lot about feminism’s relationship to class politics.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Zitat von faxefaxe im Beitrag #684Die Unternehmen verdienen sich dumm und dabbelig, schütten megahohe Dividenden an Gruppen aus, die eh schon genug haben (die Quandts bekommen jedes Jahr dann nochmal 400 Millionen BMW-Dividende oben rauf und wissen nicht, wohin damit), Verluste werden im Zweifel sozialisiert (Banken, Atomkonzerne).
Sie schütten aber auch Dividenden (sicher nicht megahoch) an Kleinaktionäre aus, die diese (so der Freibetrag überschritten ist) versteuern müssen. Oder willst du die von der Regierung vorgesehene Selbstbeteiligung der Bürger an der Altervorsorge über Sparbücher und Festgeld bewerkstelligen? Und die Quandts werden sicher wissen, was sie mit dem Geld anfangen (möglichst steuerfrei).
Bei den sozialisierten Verlusten bin ich bei Dir. Das Deckmäntelchen "systemrelevant" kann ich nicht mehr hören. Die Hypo Real Estate war übrigens ein Beispiel, dass auch die Eigentümer (Aktionäre) bluten mussten.