kann mir jemand erklären, worin der konkrete vorteil liegen soll, wenn man jetzt wie ein aufgeschrecktes huhn durch die gegend rennt? klar, jetzt muss man alarmiert sein, jetzt muss man aber aufpassen… und wie macht man das genau?? bunker bauen? kontinent wechseln? vorsorglich selbstmord? welche vernünftige alternative gibt es denn bitte zu "einfach mal abwarten"? die kommenden 4 jahre (hoffen oder beten wir, dass es nur 4 jahre werden) wird es noch ausreichend gelegenheit für aufregung und protest geben, für jeden einzelnen mist, den er und seine kabinett veranstalten wird, aber für den augenblick sehe ich keinen nutzen darin, eine panik heraufzubeschwören.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Jens Balzer (Feministischer Pop-Theoretiker): "Für was Trump steht, bleibt offen, aber womöglich handelt es sich um einen Bart des Wartens und Werdens."
Lumich, ich teile deine Zweifel, ob Demonstrationen gegen einen Präsidenten, der noch nicht mal im Amt ist, geschweige denn irgendwelche Entscheidungen getroffen hat, besonders klug sind. Es könnte sogar schädlich sein, wenn jetzt alle Protestenergien aufgebraucht werden, die sinnvoller aufgewendet werden könnten, wenn es später darum geht auf Entscheidungen aufmerksam zu machen, die auch für die Mehrheit seiner Wähler sein werden.
Alarmiert wird man trotzdem sein dürfen.
Die ARD-Korrespondentin meinte vorhin in den Tagesthemen, dass es auch in der Amtszeit Obamas 3 Mio. Abschiebungen gab und derzeit die Zahl der "illegalen" Einwanderer in den USA auf 11 Mio. geschätzt werden. Insofern ist die 3-Mio-Ankündigung sogar ein Rückzieher gegenüber dem im Wahlkampf versprochenen "alle abschieben".
Zitat von tenno im Beitrag #620ich sehe die schattierungen zwischen "einfach mal abwarten" und "nackte panik" auch eher in 32 bit statt binär.
Eben. Ich sehe hier keine "Panik". Der neue SPIEGEL-Titel z.B. ist Panikmache. Was wir hier schreiben und denken, wird null und nichts ändern, das ist natürlich richtig. Aber wir sind hier doch in einem Internetforum. "Mal abwarten" ist da doch eine eher unspannende Marschroute. Man kann doch die aktuellen Ereignisse in den USA (Demos, rassistische Übergriffe, AfD/FPÖ/LePen/Farage-Begeisterung, konkrete Ankündigungen des Trump Transition Teams) wahrnehmen und diskutieren. Nochmal: Wir haben hier jetzt ein Jahr lang den Wahlkampf begleitet und uns fassungslos bis amüsiert aus der Ferne geäußert, warum sollen wir denn jetzt plötzlich einfach nur noch abwarten? Tee trinken kann man auch beim Schreiben.
Parallel dazu ist das ja eben auch deshalb so wichtig, weil der Rechtsruck in den USA kein abgekoppeltes Phänomen ist, sondern ein schon lange bekanntes und immer bedrohlicher werdendes globales Problem. Das sieht man ja schon am Versuch der FPÖ, Trumps Wahlkampfslogan 1:1 zu übernehmen. Trump muss ja nicht unbedingt einen Weltkrieg anfangen: Alleine wenn die US-Regierung einfach so das Klimaschutzabkommen beendet, ist ja klar, dass das uns (und unsere Kinder, falls vorhanden) alle betrifft. Die globalen Machtverhältnisse werden sich jetzt höchstwahrscheinlich verschieben (und darauf zielt der reißerische SPIEGEL-Titel ja ab).
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Und irgendwann demnächst sind Wahlen in Frankreich...... Trump steht jetzt symbolisch für den allgemeinen Rechtsruck.
Wenn in Deutschland Frauke Petry die Wahlen gewonnen hätte, würde ich auch protestieren, und nicht erst mal abwarten, was sie denn von ihrem Parteirogramm wirklich umsetzt.
Die personen selbst scheinen natürlich schrecklich. Trotzdem: Auch wenn das hier "nur" ein Internetforum ist, sollte man bei sich anfangen und versuchen die wogen zu glätten. Sonst ist man nicht besser als die trolle und wutbürger die angst, panik und hass verbreiten. Prominente aus politik und showbusiness welche nun in fast christlicher zurückhaltung für einigkeit und liebe plädieren (ich weiss, auf dem papier megacheesy) imponieren mir momentan sehr. Wer immer noch in echter panik ist sollte sich mal wirklich vor augen führen wieviel kontrollmechanismen diese verfassung eingebaut hat, um vernünftiges regieren zu wahren. Persönlich finde ich die soft factors der darsteller in diesem drama am schlimmsten, wenn kinder einen vizepräsident erleben müssen der glaubt die erde sei 3600 jahre alt, oder den klimawandel bestreitet. Ansonsten triffts alain de botton gut: "The thing about pendulums we too easily forget in the darkest hours; they swing back. Right now, one is quietly supercharging its return."
Im Übrigen glaube ich, dass die Wahl von Georg W. Bush den Lauf der Welt enorm verändert hat (weil ich hoffe, dass ein demokratischer Präsident anders auf 9/11 reagiert hätte, was den Irak betrifft).
@Sugate: Das unterschreibe ich jetzt aber auch wirklich komplett. Es sind ja gerade die Weltuntergangsszenarien und das Spiel mit der Angst, die die Rechten befeuern. 's ist alles nit so einfach!
@faxe: Optimismus lese ich aus Sugates Posting eigentlich gar nicht raus.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Zitat von Reverend im Beitrag #611Jesses. Hast du den verlinkten Text überhaupt gelesen? Der Mann sagt nicht, dass Trump der neue Hitler ist. Es geht um Aufmerksamkeit, Warnung vor Verharmlosung, Vorsicht vor dem, was kommen könnte.
Ich glaube, die "vorsicht, vor dem, was kommen könnte" braucht man nicht allenthalben anzumahnen. Ich für meinen Teil (und ich kann nur für mich reden) achte penibel auf jede Neuigkeit, die über den großen Teich schwappt. Trotzdem bin ich meinungstechnisch komplett bei Lumich. Und wenn irgendwo der Name Hitler eingeführt wird (und sei es nur durch eine versteckte Hintertür) geschieht das meiner Meinung nach nicht ohne Intention. Und spätestens da begibt man sich auf komplett vermintes Terrain.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.