Ich musste mal ein paar Tage pausieren, damit nicht auffällt, dass nach dem Weißen Album erneut ein Tocotronic-Album kommt. Aber ich habe geschaut, was ich in dem Jahr gekauft habe, auch die alten Platten - und es war am Ende dieses Album, das mich umgehauen hat in der Zeit. Bis heute finde ich "Kapitulation" das beste Album von Tocotronic.
Dieses Album war mein Einstieg bei Tocotronic. Es hat mich sofort verzaubert und total mitgerissen. Ich habe allerdings auch nicht so viele Vergleichsmöglichkeiten, denn außer diesem Album kenne und habe ich nur noch Schall & Wahn. Das begeistert mich längst nicht so und so habe ich (m)eine weitere Erforschung der Band abgebrochen.
Kapitulation kam zu einer Zeit heraus, wo ich im Büro noch eine Anlage stehen hatte und ab morgens 06:00 Uhr mit Einverständnis des Chefs die gesamte Büroetage bis 07:30 Uhr beschallen durfte. Dann habe ich wegen des beginnenden Publikumsverkehrs auf Zimmerlautstärke reduziert.
Tocotronic lief in dieser Zeit so oft, dass einige Kollegen von dem Song Kapitulation schon ein wenig genervt waren, aber jeder konnte ihn zu dieser Zeit textsicher mitsingen ;-)
Und der Chef ... nahm's gelassen. Dem alten "Mainstreamer" konnte man bei allem Respekt trotzdem erklären, dass er von Musik keine Ahnung hätte, wenn er mal vorbeischaute und fragte, was das denn jetzt wieder für eine "durchgeknallte" Band wäre.
Viele neue Bands erschienen auf der Bildfläche und das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends hat mich echt schwer begeistert.
Neben all den vielen neuen Bands (eine Aufzählung erspare ich mir mal, denn sie wäre sowieso unvollständig) hat mich 2004 TV On The Radio mit ihrem episch dahinblubbernden Staring At The Sun total fasziniert. Nach ihrem sehr gelungenen Debutalbum kam es aber zwei Jahre später noch viel besser:
2006 (45)
TV On The Radio - Return To Cookie Mountain
Was für ein Sound, was für eine Stilvielfalt, was für ein magischer Gesang, was für eine gelungene Produktion durch David Sitek … und dann auch noch ein himmlischer Song wie Wolf Like ME. Das Album hat meine Ohren derartig durchgeblasen, wie ich es zuletzt Ende der 70er/Anfang der 80er erlebt hatte und ist mir auch heute noch ein stetiger Wegbegleiter, wenn mir nach ein bisschen "Aufmunterung" ist.
Leider habe ich es verpasst, die Band Live zu erleben.
zwischen meinem 10 und 14 lebensjahr verirrte ich mich kurzfristig in die charts, um dann bei deutschpunk und deutschrap zu landen, was mich bis heute noch begleitet, hier aber leider nicht wirklich platz finden wird. und dann wurde ich 15. und entdeckte björk. 1999 gab es für etwa ein halbes jahr ein musikgeschäft in dornbirn, das ich phasenweise fast täglich aufsuchte, um die regale zu druchstöbern. so auch an meinem 15 geburtstag. diesmal aber mit - taaadaaa! - geburtstagsgeld! und weil ich diese leicht verstörende sängerin von mtv kannte und die videos so wahnsinnig gut fand, kaufte ich an diesem tag 3 alben, die mein musikalisches leben nachhaltig verändern sollten: debut, violently live, was, wie ich erst jahre später begriff, ein bootleg ist, und homogenic. und dann brachen alle dämme. 4 jahre lang hört ich quasi nichts anders mehr als björk, am liebsten homogenic, auch wenn ich zum leide meiner schwester jeden morgen erstmal hyperballad in voller lautstärke durch die wohnung schallen ließ. was hab ich mich nicht in dieser musik verloren, stundenlang, tagelang. vor allem in bachelorette und björks stimme. das ganze ging soweit, dass ich meine maturaarbeit in musik über björk schrieb und meine ganze klasse, dank der unterstützung meines musiklehrers, dancer in the dark schauen musste. kam bei dem mitschüler*innen nicht so gut an, aber das war mir relativ egal. björk und ich - das war liebe. große liebe. die bis heute anhält - auch wenn die neueren sachen eher fragezeichen über meinem kopf erscheinen lasse. aber homogenic. verdammt. das ist ein jahrtausendalbum. und meine erste große musikliebe.
Ja! Björk habe ich erst mit 21 für mich entdeckt, aber auch da war es gleich eine (wenn auch an deine wohl nicht heranreichende) große Liebe. Streng chronologisch Einstieg mit Debut, und dann von da aus vorwärts. Den Großteil der folgenden Alben habe ich von irgendwem hier aus dem Forum (bzw. aus dem damaligen Musikexpress-Forum) erstanden, meine ich mich zu erinnern, einschließlich der Livealben, und mir gefiel jede Platte besser als ihr Vorgänger. Erst mit Volta, ironischerweise der ersten Björkplatte, deren Release ich heiß erwartet hatte, erkaltete die Liebe ein bisschen.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Die zwei Jahre um meinen 25. Geburtstag herum waren zwei komplett ziellose, aber glückliche Jahre (zumindest retrospektiv, in dem Wissen, dass sich dann doch ein Weg auftat). Privat (eine einjährige Trennung von meiner jetzigen Frau nach damals sechs Jahren Beziehung) wie im Studium (ein Masterstudium, das mir weder Freude machte, noch eine für mich irgendwie erstrebenswerte Zukunftsperspektive bot). Musikalisch spiegelte sich das alle wieder: Stilistisch vollkommen durcheinander, der bisherige Indierockschwerpunkt wurde um größere Mengen an Metal (Amon Amarth, Opeth, Burzum, Wolves In The Throne Room, Darkthrone, Ulver, Emperor...) und vor allem Klassik (befeuert durch die Berliner ClassicCard, die mir für 8-10€ die großen Konzertsäle und Opernhäuser der Stadt öffnete, und natürlich das Untergeschoss von Dussmann) erweitert. Entsprechend schwer ist es, für diese Zeit das eine Album zu finden. Anspruch anzumelden hätten mindestens Arcade Fire ("The Suburbs"), Mumford and Sons ("Sigh No More", für 5€ mitgeschleppt worden aufs Konzert und vollkommen elektrisiert wieder rausgestolpert - ja, ich weiß, Coolnesspunkte gibt es dafür 2019 noch viel weniger als 2009), The XX (das Debüt), Vampire Weekend ("Contra", ein Superalbum, das allerdings vom Nachfolger noch in den Schatten gestellt wurde), Amon Amarth ("Twilight Of The Thunder God"), Bachs Weihnachtsoratorium mit Rene Jacobs, Mahlers 6. Sinfonie mit Solti, Kleibers Einspielung von "La Traviata". Aber rückblickend fällt meine Wahl auf die Fleet Foxes. Bei Erscheinen des Albums schmähte ich es nicht nur durch Nichtachtung, sondern ventilierte ausgiebig meine Meinung, dass es sich bei dem Machwerk jawohl um eine selbst mit 40 Minuten überlange Vertonung eingeschafener Füße handle. Aufgrund andersdenkender Musikautoritäten in meinem Leben probierte ich es durchaus mehrfach ernsthaft, wurde mit der Platte aber einfach nicht warm. Vielleicht war gerade Folk nicht das, was meinem Leben zu fehlen schien. Aber eines betrunkenen Abends am Laptop shuffelte es mir im Hintergrund, von mir völlig unbemerkt, erneut die Fleet Foxes in die Ohren. "Oliver James". Und auf einmal bohrte sich das "Oliver James washed in the rains / no longer" in mein Hirn. Oder mein Herz. Eher mein Herz vermutlich, das Hirn war da schon weitestgehend entschlafen. Ich weiß nicht, ob ich ein Tränchen verdrückt habe, aber mir war ganz sicher danach. Und von da aus eroberte ich mir das ganze Album, bzw. das Album eroberte mich. Ein solcher Klotz reiner Schönheit, wie hatte ich das jemals anders sehen können? Ich war der festen Überzeugung, dass die Fleet Foxes nie wieder eine weitere Platte machen dürften, weil sie damit ihr perfektes Gesamtwerk beschädigen würden (dabei ist ja mal mindestens "Quiet Houses", eigentlich aber auch "Ragged Wood" kein perfekter Song - also nur 9/11...). Ich fühlte mich sicher aufgehoben in den sepiafarbenen Instrumentalparts, den hymnischen, sich verwebenden Gesangsharmonien, die Erinnerungen an warm-sonnendurchflutete Nachmittage in Kalifornien weckten (warum auch immer). Test der Zeit: Für mich weiterhin eins meiner Lieblingsalben, ein heißer Anwärter auf eine Spitzenposition in meinen Charts des 21. Jahrhunderts. Da kann es nur ****** geben.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Ja, das Debut der Fleet Foxes ist wirklich eine ausgezeichnete Wahl!
Nächste Haltestelle nach den fulminanten TV On The Radio wurden bei mir Bon Iver, also eigentlich Justin Vernon und Mitmusiker. 2008 brachte die Band ihr Debut For Emma, For Ever Ago auf den Markt, welches ich erst mit einiger Verspätung für mich entdeckt habe. Dann kam noch die EP Bloodbank ...und dann
2011 (50)
Bon Iver - Bon Iver, Bon Iver
Zwischen der Veröffentlichung der beiden Alben lag die leidvolle Trennung von meiner langjährigen Partnerin und Ehefrau nach 28 Jahren und es sind diese beiden Alben, die irgendwie eine Klammer um den zu Ende gegangenen Lebensabschnitt und einen neuen bilden.
Im Januar 2011 habe ich die neue Liebe meines Lebens kennengelernt und wir waren beim Bon Iver Konzert am 01.11.2011. Dass das, wenn man es im Nachhinein betrachtet, irgendwie ein historisches Datum ist; war mir damals überhaupt nicht bewusst. Es wurde jedenfalls eins der besten Konzerte meines Lebens.
Schon auf dem U-Bahnhof "Platz der Luftbrücke" wurde nach Karten angefragt und bis zur Columbiahalle hätten wir unsere Tickets diverse Male wahrscheinlich zu astronomischen Preisen verhökern können. Wollten wir aber nicht, denn wir wollte ja Bon Iver selbst Live sehen.
In der Halle angekommen, habe ich mich gewundert, was da an Equipment auf der Bühne stand. "Na ja, die haben ja auch noch eine Vorgruppe", dachte ich mir. War aber nicht so, denn das war ausschließlich die Hardware von Bon Iver. Was Justin Vernon anschließend mit seinen acht Mitmusikern auf der/die Bühne zauberte ... war jedenfalls umwerfend unglaublich fucking good!!!!!!
Und das zu einem so lächerlichen Ticketpreis von ca. 27 €.
Den Altersdurchschnitt haben meine neue Liebe und ich ziemlich nach oben katapultiert, war uns aber egal, denn ...
das Album ist ein magisches. Es verzaubert Jungverliebte ;-) … und hat vielleicht auch aus diesem Grund bei mir einen ganz speziellen Stellenwert.
1988 (10 Jahre) Animiert vom benachbarten "Top 20 80s House Hits", der mir sehr viel Spaß bereitete, mache ich hier mal weiter. Weitesgehend hörte ich Mainstream und leider kann ich kein ganzes Album aus dem Jahr nennen, da sich meine Hörgewohnheiten hauptsächlich auf einzelne Tracks beschränkten, aus dem Radio auf Kassette aufgenommen. Bomb The Bass - Beat Dis könnte ich hier gut und gerne auflisten. Das Sample klang wie einer meiner damaligen Wecker.
Im Jahr darauf 1989 wäre es wohl Pump Up the Jam – The Album von Technotronic geworden. Oder aber Hunting High And Low von A-ha, welches zwar 1985 erschien, das ich aber auch sicherlich noch 3 Jahre später regelmäßig hörte, da es wohl zu dem Zeitpunkt meine einzige Kauf-Kassette war. Aber ich will hier auf gar keinen Fall gegen die Regeln verstossen.