Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #683 Davon abgesehen, daß mein Weltbild nicht sakrosankt ist und ich ständig zweifle und hinterfrage (und Meinungen ggf. revidiere), bin ich einer Diskussion nie abgeneigt. Die kommt aber nicht zustande, wenn man alles plump oder stereotyp als "Weltverbesserergeschwätz. Punkt." abtut. Und wie man heutzutage noch ernsthaft die AfD verteidigen kann, ist mir ein Rätsel. Und ja, da steht man unter Erklärungszwang, und zwar zurecht. Unter dem stünde ich genauso, würde ich die RAF verteidigen. Da könnte ich auch nicht mit dem Satz "so, ihr Faschisten, erklärt mir mal warum ihr mit meinen Aussagen nicht klarkommt" ankommen.
Der erste Punkt ist, dass dich ja niemand in die Nähe der RAF oder linksradikaler Autonomer stellt oder von dir eine Rechtfertigung für deren Taten verlangt, wenn du dich beispielsweise kapitalismuskritisch zeigst oder einem eher postnationalen Weltbild anhängst. Eine solche Bezugssetzung findet auch im großen Maßstab nie statt, selbst wenn beispielsweise in der ersten Reihe einer Demonstration die komplette Führungsriege der Grünen mitläuft, während im Anschluss massive Übergriffe gegen Polizisten erfolgen (während PEGIDA gelegentlich sogar moralisch auch für Gewalt durch Gegendemonstranten haftbar gemacht wird bzw. deren Urheberschaft ins Kleingedruckte verbannt wird). Wer sich aber wie ich gegen die ziellose und nicht nur aus meiner Sicht verfassungswidrige Flüchtlings- und Integrationspolitik der Regierung stellt, gerät sofort in einen massiven persönlichen Rechtfertigungsdruck, sieht seine eigene Verfassungstreue und moralische Redlichkeit in Frage gestellt und wird wahlweise als Verschwörungstheoretiker oder tumber Nachplapperer irgendwelcher Rechtsradikaler dargestellt, selbst von Leuten, die einen seit (in unserem Fall mehr als 10) Jahren als (Eigenlob in 3,2,1 ) selbstständig denkenden, gebildeten und gutinformierten Zeitgenossen kennegelernt haben sollten. Darüber bin ich menschlich schwer von einigen hier enttäuscht. Ist vielleicht mal jemand aufgefallen, dass sich keine meiner Kernpositionen in den letzten 10 Jahren maßgeblich geändert hat? Dass ich aber in eurer Verortung vom (zugegebenermaßen auch damals schon recht strammen) Konservativen zum offenbar bemitleidenswerten Mitläufer von Rechtspopulisten oder gar Rechtsradikalen geworden bin? In dieser Entwicklung spiegelt sich meines Erachtens eben die derzeitige handfeste Krise unseres Parteienspektrums, die wiederum die AfD erst hervorgebracht hat (@faxe: das meinte ich mit "den gerufenen Geistern" bei fb): Die FDP ist weitgehend in der Bedeutungslosigkeit verschwunden (klammern wir die Gründe hierfür mal aus, die verorten wir ja bekanntermaßen unterschiedlich) und die CDU hat unter Merkel in zentralen politischen Fragen das konservative Spektrum verlassen uns sich eher zwischen Grünen und SPD platziert, wodurch die willkürlich gezogene Grenze zwischen moralisch zulässigen und unzulässigen Positionen inzwischen so weit nach links gewandert ist, dass sich selbst die seit Jahrzehnten regierende CSU auf einmal als rechtspopulistische Partei gebrandmarkt sieht. Dass man aber nicht auf Dauer große Teile Bevölkerung politisch heimatlos machen kann, ohne dass es zur Entstehung neuer Parteien und Bewegungen kommt, versteht sich von selbst. Würde dies nicht geschehen, würden Demokratie und Diskussionskultur viel größeren Schaden nehmen, als die AfD je ausrichten könnte, denn dann gäbe es ja faktisch bei einem zentralen Politikfeld wie der Zuwanderungs- und Integrationspolitik überhaupt keine zulässigen Gegenpositionen mehr. Deshalb ja: Ich bin grundsätzlich froh, dass sich mit der AfD eine neue Partei etabliert hat. Das macht mich nicht automatisch zu ihrem Anhänger (ich sehe mich immer noch im konservativen Flügel der CDU verortet) oder gar zum Sympathisant rechtsradikaler Umtriebe, darum sehe ich diesbezüglich auch keinen ständigen Rechtfertigungsdruck für mich (den du beständig aufzubauen versuchst). Ich muss auch kein Anhänger der AfD oder gar von PEGIDA zu sein, um den maßlosen Kontrollverlust vieler Mitmenschen, der etablierten Parteien und weiter Teile der Medien diesen Strömungen gegenüber als hochgradig bedenklich zu finden: Das fängt bei der "humoristischen" Darstellung eines ungeborenen Kindes als Kothaufen (sicherlich, blöder Scherz, aber vertauscht mal die politischen Vorzeichen und seht mich als Urheber, wie wäre die Reaktion gewesen?), geht über ständige Dämonisierungen (bis hin zur Auswahl von Bildmaterial), Pauschalisierungen, bewusste Fehlinterpretationen von Aussagen, Ausgrenzung von Diskussionsveranstaltungen, Verhinderung von Parteizusammenkünften, Erpressungen durch Journalisten (die Sache mit dem FAZ-Autor) bis zu unzähligen Übergriffen auf kommunaler Ebene (vom konsequenten Zerstören von Wahlplakaten über Farbbeutel- und Tortenangriffe, Entlassungen bzw. geforderte Entlassungen aus dem Staatsdienst bis hin zum bewaffnetem Angriff - man stelle sich auch hier die umgekehrten politischen Vorzeichen vor). Für eine Demokratie ist so etwas unsäglich, genauso wie die häufige und seit Köln nicht ernsthaft zu bezweifelnde Zurückhaltung bis hin zur Selbstzensur von Polizeien und den meisten Medienorganen wenn es um tatverdächtige Flüchtlinge und Migranten geht.
Ich würde ansonsten mit dir gerne mal deine Position zu dem gesamtem Themenkomplex diskutieren, aber ich kenne sie schlichtweg nicht. Und warum? Ich finde, weil du dich wie große Teile des eher linken Spektrums in einen (meines Erachtens bewusst aufgebauschten und inszenierten) permanenten Abwehrkampf gegen die (fraglos existente und auch gefährliche) braune Gefahr mobiliseren lässt, dessen wesentlicher Zweck mir scheint, die oben genannten Verstöße gegen demokratische Gepflogenheiten und die Meinungsfreiheit moralisch zu legitimieren und zugleich zu verhindern, dass wirklich politische Konzepte und Meinungen entwickelt und offen ausgetauscht werden. Hätten wir in den letzten Monaten einfach mal sachlich und bei einem Bier die Thematik diskutiert, die Unterschiede zwischen unseren Standpunkten wären vermutlich viel kleiner, als uns derzeit scheint.
Von mir aus können wir die Diskussion auch per pn weiterführen, soll hier ja niemanden nerven.
Schau dir mal an, wieviele rechtsradikale Übergriffe es in der letzten Zeit gab. Ich glaube, die Opfer davon wären froh über Tortenwürfe gewesen, und wer hier diese menschenverachtende Kultur der Auseinandersetzung in Deutschland etabliert hat, steht für mich außer Frage. Wenn wir bei umgekehrten politischen Vorzeichen sind: hätte Pierre Vogel eine Torte abbekommen, wette ich darauf, daß du dich darüber amüsiert hättest. Auch, wenn du den Niedergang der Diskussionskultur beklagst: Schadenfreude ist ein sehr menschlicher Zug. Und Fäkalhumor auch nicht meines, btw. Wird die Etablierung der AfD in ihrer jetzigen Form auch von dir abgefeiert? Dann sollte dich wiederum das Befremden, daß du damit bei Leuten wie mir auslöst, nicht wundern. Ich bin mit einigen Leuten befreundet, deren Meinung ich nicht teile (extrem linke auf der einen wie konservative auf der anderen), aber solange eine gemeinsame Basis zur Verständigung vorhanden ist, ist das für mich kein Problem. Die Basis fehlt da, wo ich mich oder mein Umfeld indirekt unter Druck gesetzt und bedroht sehe. Und das ist bei der AfD der Fall. Nur ein paar kurze Gedanken, muß gleich weg.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Die Radikalisierung, auch bei Dir, LFB, finde ich zum einen in der Sprache. Das hat oft diesen Gutmenschen-Beschimpfer-Furor, wie man ihn leider heute öfter hört. Kombiniert mit Verschwörungstheorien über Gleichschaltung der Presse und "was man nicht mehr sagen darf". Und in der Verengung des Blicks. Die einen verweisen nur auf die rechtsradikale Gewalt, und ignorieren die Gefahr durch Islamismus und Vorfälle wie Köln. Gerade beim Islam sind wir uns ja in vielem einig.
Die anderen aber, und so nehme ich das bei Dir wahr, machen das große Fass auf, wenn eine 15-jährige Deutsche auf einen Polizist losgeht und ihn verletzt (schlimm. Aber kein aktueller Flüchtling und Hintergründe muss man auch hör abwarten), handeln die rechtsradikale Gewalt aber nur pflichtschuldig ab, und in Grunde sind da ja auch die Gutmenschen schuld ("die Geister, die Ihr rieft). Vielleicht werden wir beide mit unseren Sorgen vor dem Islam recht behalten, aber momentan ist die Bedrohung der Gesellschaft durch Rechtsextremismus viel größer. Fast täglich Angriffe auf Flüchtlinge, selbst der Polizeipräsident von Leipzig spricht von Pogromstimmung. Wir verlieren da gerade etwas als Gesellschaft.
Mir geht es jetzt nicht um Whataboutism, dass man immer auf die Gehenseite zeigt. Aber Glaubwürdig ist man nur, wenn man nicht diesen Tunnelblick hat. Aus Deinen Schriften lese ich den besorgniserregend heraus.
Zitat von LFB im Beitrag #679Stimmt, gibt ja nur "wir schaffen das"-Leichtgläubigkeit und PEGIDA, dazwischen ist nichts.
eben. nur weil ich zuwanderung aus maghreb bis pakistan scheisse finde, kann ich brennende flüchtlingsheime trotzdem als hochgefährliche auswüchse einer sich rasant verbreiteten fremdenfeindlichkeit sehen. wie halb deutschland (und das forum) wie das kaninchen vor der schlange (pegida, trump usw) stehen kann ist mir unbegreiflich, aber dennoch amüsant.
Zitat von Reverend im Beitrag #699Sugate, das ist ja jetzt schon etwas sehr kryptisch, daher muss ich fragen.
Erste Frage: Was bringt dich zu der Ansicht, "das halbe Forum" würde "wie das Kaninchen vor der Schlange stehen" (bzw was soll das bedeuten)?
Zweite Frage: Was ist daran amüsant?
Dritte Frage: Was wäre deine Empfehlung, mit Pegida und AfD umzugehen?
Vierte Frage: Findest du Zuwanderung aus Pakistan bis Maghreb generell Scheiße?
1. monatelange ungläubige empörung über die entwicklung der welt, ohne mit der eigenen meinung auch nur einen millimeter weiter zu kommen 2. amüsant, weil das reflexhafte vorherzusehen manchmal befriedigung gibt 3. ich habe keine empfehlung. ich sehe deren entwicklung nicht so schlimm, daher sehe ich auch nicht wirklich "lösungsbedarf" 4. natürlich nicht generell, aber schon sehr
Zitat von faxefaxe im Beitrag #700Ich kann mich nicht recht entscheiden, ob dieser Beitrag ironisch ist, kurios selbstgerecht oder einfach nur unverständlich :-)
wenn man lange nur mitliest, kommt meistens schon recht selbstbezogenes, narzisstisches zeug am ende raus. aber in einem onlineforum ist man damit ja nicht alleine.
Du schreibst ja von einem sehr hohen Ross aus. Da ist es natürlich verständlich, wenn für dich alles etwas anders aussieht als bei uns einfachen Leuten da unten. Muss ja echt alles total "amüsant" sein gerade.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)