Ich bastel mir hier einen Vorwand, um mich durch die Diskographie einer meiner absoluten Lieblingsbands zu hören.
Die Liars haben sich in Brooklyn, NY gegründet. Der Australier Angus Andrew und Aaron Hemphill haben sich bereits zuvor in LA kennengelernt, wo Angus Kunst studierte und Aaron Mikrobiologie. Dort lernten sie auch ihren späteren Drummer Julian Gross kennen. Nachdem Angus und Aaron nach New York umgesiedelt sind, suchten und fanden sie ihre Mitmusiker Pat Noecker (Bass) und Ron Albertson (Drums) per Annonce. Diese Formation bestand aber nur für ein Album. Unstimmigkeiten führten dazu, dass Angus Andrew und Aaron Hemphill zusammen mit Julian Gross an den Drums das Trio bildeten, das bis 2014 Bestand hatte. Heute bestehen die Liars lediglich aus dem einzigen verbliebenden Mitglied Angus Andrew. Von New York aus zog die Band für einige Zeit nach Berlin, anschließend nach Los Angeles und schließlich nach Australien.
Analog zu den Standortwechseln veränderte sich auch der Sound der Band: Angefangen mit Disco-Funk-beeinflusstem Noise-Punk über absolut infernalem Krach, lärmendem Punkrock bis hin zu elektronischer Musik. Bestimmte Charakteristika finden sich quer durch alle Schaffensphasen, sicherlich auch bedingt durch die engen Grenzen, die Angus's Stimme dem Gesang setzt. Mehrmals haben sie ihre Alben einer Hintergrundgeschichte gewidmet, was sie aber nicht als Konzept-Alben verstanden wissen wollen.
In den nächsten Wochen (?) werde ich ein paar Worte zu jedem Album verfassen. Hier schonmal eine Übersicht:
Zitat von Lumich im Beitrag #1Ich bastel mir hier einen Vorwand, um mich durch die Diskographie einer meiner absoluten Lieblingsbands zu hören.
wünsche viel Hörvergnügen!
hier läuft grad "They Threw Us All in a Trench and Stuck a Monument On Top", hat immer noch spannende Momente. 2001, war da nicht was mit Dance-Punk im Geiste von WIRE und Gang Of 4, oder auch No Wave mit seinen Funk und Disco Elementen? Muss auch an die Serie "Misfits" denken, aber da hört man im Vorspann "The Rapture", und "Echoes" habe ich damals zusammen mit "They Threw Us All ..." erworben. Haut hin.
Ich habe und kenne nur "Mess", das finde ich aber toll. Und "Mess on a Mission" geht eigentlich immer, ein Ohrwurm vor dem Herrn.
Die treuesten Konsumenten und die Herrscher aller Konten konnten nicht verhindern, dass die Revolution aus ihren Kindern Studenten und die Zeit aus ihnen Empfänger von Renten machte. Die Türen
Wie schon beschrieben ist das Debut das einzige Album mit dieser Besetzung. Und wie Cohle richtig bemerkt, liess sich dieses einordnen in einen flüchtigen Trend, Anfang der 2000er, den man Dance-Punk oder ähnlich nennen kann. Das ist auch der Grund, warum mir die Liars zunächst ziemlich egal waren. "Mr. You're On Fire Mr." war ein witziger Track und sicher kein Grund zum Wegschalten, wenn er damals auf Viva2 lief. Den vielen Retro-Trends stand ich damals aber noch skeptischer gegenüber als heute. Mein Interesse kam also erst mit dem zweiten Album, aber in Nachhinein habe ich mir natürlich auch dieses besorgt und war angenehm überrascht - konnte es kaum noch nachvollziehen, warum ich mich nicht schon früher dafür interessiert hatte.
Von Beginn an bis heute sind die Liars beim Label Mute im Vertrieb. Es kann sein, dass dieses Album erst nachträglich in deren Katalog aufgenommen wurde, da auch die Labels Gern Blandstein und Blast First genannt werden. "Mr. You're On Fire Mr." wurde zwar als Promo-Single verschickt, ansonsten gab es aber keine Single im Handel. Dafür wurde dieser Track von den Yeah Yeah Yeahs gecovert und auf die B-Seite ihre Single "Pin" gesetzt. Deren Song "Maps" handelt wohl von Karen O's Beziehung zu Angus Andrew.
Der Track "Tumbling Walls Buried Me In The Debris - With ESG" ist um einen Instrumental-Track der 70er Funk-Rock-Band ESG namens "UFO" herum gebaut. Klang schon im Original ziemlich verstrahlt, mit den Liars vielleicht noch ein bisschen mehr.
Eine weitere Besonderheit ist der Schluss-Track "This Dust Makes That Mud", welcher auf Vinyl in einer Endlos-Rille endet, womit ein Loop endlos wiederholt wird. Auf CD geht der Track insgesamt eine halbe Stunde lang, bis der Loop irgendwann mit einer plötzlichen Verlangsamung endet, als ob der Strom ausginge. Man hört sich das bestimmt nicht allzu oft in dieser Länge an, wobei es sich schon lohnt, wenn man es zumindest mal getan hat. Der Klang verändert sich mit der Weile im Kopf. Es ist schwer zu beschreiben, aber es verändern sich die Bestandteile in ihrer Wirkung, obwohl die Wiederholungen jeweils identisch sind.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Fand die ja auf Albumlänge nicht immer so überzeugend. Ausnahmen: die s/t und WIXIW, die ich als einzige bei meiner CD-Sammlungsauflösung in Vinyl getauscht habe und bis heute ziemlich unersetzlich finde.
Fun Fact bzw Gossip: Angus Andrew war ein paar Jahre mit Karen O von den Yeah Yeah Yeahs zusammen, der schwierigen Beziehung und Trennung ist übrigens auch das überaus grandiose Yeah Yeah Yeahs Stück "MAPS" entsprungen - dessen Titel angeblich ein Akronym von "My Angus Please Stay" sein soll. Ganz angeblich fand die Trennung sogar während des Videoshoots zum Video statt, in welchem man dann tatsächlich Angus auch kurz sehen kann, wie er so weberknechtartig dahockt.
Mit dem Weggang von Noecker und Albertson waren auch die einzigen beiden Vollblut-Musiker weg, wobei der neue Drummer Julian Gross ebenfalls ein Könner ist. Das Ergebnis war etwas was den "Genialen Dilletanten" (Schreibweise beabsichtigt) der frühen 80er West-Berlins nicht ganz unähnlich war, wenn auch mit anderen Mitteln. Die Initialzündung war wohl ein Schreibfehler in der Eingabe in eine Suchmaschine, wo anstatt "broken" "Brocken" eingegeben wurde, wodurch Suchergebnisse über den Brocken im Harz erschienen, mitsamt der Hexengeschichten, die sich um diesen rangen. Hexen sind somit auch das Thema dieses Albums, und so unheimlich und infernal wie es klingt, könnte man es fast für einen echten Hexenkult halten. Okay, ein Songtitel wie "If You're a Wizard Then Why Do You Wear Glasses?" gibt dann schon einen deutlichen Hinweis, dass man es nicht so ernst meint mit der Hexerei.
Als ich das Video zu "There's Always Room on the Broom" zum ersten Mal auf VIVAzwei sah, war ich gleichermassen erschrocken wie begeistert. Das musste ich haben! Bis heute ist das für mich ein Meilenstein der Krach-Musik. Obwohl ganz klar Songstrukturen enthalten sind, gibt es in der Instrumentierung wenig Akkorde oder echte Tonfolgen. Meistens sind es rhythmische Klang-Arrangements aus modulierten Samples und stolpernden Beats, die teilweise recht beunruhigend klingen. Wie verstörend das auf die meisten wirkt, konnte ich auf meinem ersten Konzert beobachten:
Zitat von Lumich im Beitrag MACH DEN VERDAMMTEN KRACH AUS! DAS IST JA NICHT ZUM AUSHALTEN!1!!Ich habe sie damals als Co-Headliner zusammen mit den Bloodbrothers im Berliner SO36 gesehen. Ich weiß nicht wie viele sich hier an die Bloodbrothers erinnern, oder überhaupt kannten. Aber grundsätzlich dürfte man davon ausgehen, dass Fans von denen mit schräger Musik gut klar kommen. Nunja, ich habe während des Gigs der Liars und danach in viele konsternierte Gesichter geschaut.
Aufgenommen und gemischt wurde das Album übrigens von Dave Sitek (TV On The Radio). Aufgenommen wurde es in einem Studio irgendwo in einem Wald in New Jersey. Tonaufnahmen mit Naturgeräuschen aus diesem Wald finden sich auch auf dem letzten Track "Flow My Tears, the Spider Said". Es wurden zwei Singles ausgekoppelt, nämlich das bereits erwähnte "There's Always Room on the Broom" und "We Fenced Other Gardens with the Bones of Our Own". Das Cover von "Room On The Broom" wurde angeblich von Blixa Bargeld persönlich abgesegnet. Humorlosigkeit kann man ihm also nicht vorwerfen.
EPILEPSIE-WARNUNG für das erste Video!
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Nein. DAS habe ich tatsächlich nicht aufgelistet. Ich bin ja schon froh, dass ich noch weiß, wie man postet...
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
"Drum's Not Dead" könnte man als das Opus Magnum der Liars bezeichnen. Zu der Zeit gab es m.M.n. das größte mediale Interesse (natürlich nicht im Mainstream-Segment), die Lobeshymnen wurden nie wieder so laut, und auch musikalisch gab es später besonders häufig Rückbezüge auf den Stil, den die Liars auf diesem Album entwickelten. Bereits auf dem Vorgänger-Album hatten sie angefangen, Gitarrentracks zu sampeln und anschließend, zusammen mit anderen Soundquellen, zu verfremden. Diesmal sind die gesampelten Gitarren häufiger als solche noch erkennbar. Besonders charakteristisch ist der Einsatz der Perkussion - neben den Drums von Julian Gross kommt hier oft noch ein zweites, abgesprecktes Drum-Set zum Einsatz, meist (oder immer?) gespielt von Aaron Hemphill. Die Perkussiven Elemente erinnern mich manchmal an die japanische Band Boredoms, die ihrerseits gerne traditionelle, japanische Rhythmen verwenden, die auf Straßenfesten und religiösen Prozessionen zum Einsatz kommen. Kann natürlich sein, dass das nur mir so geht.
Aufgenommen wurde das Album im Studio Planet Roc, in der ehemaligen Sendeanstalt des DDR-Rundfunks in Berlin-Oberschöneweide. Gemixt wurde es dann später von keinem geringeren als Gareth Jones. Zwei Singles wurden ausgekoppelt, nämlich "It Fit When I Was A Kid" und "The Other Side Of Mt. Heart Attack".
Der Single-Edit von "The Other Side Of Mt. Heart Attack" unterscheidet sich nicht nur in der Länge, sondern auch vom Mix und Arrangement her von der Album-Version (vergl. unten). Er klingt m.M.n. viel aufgeräumter… vielleicht ein kleines Zugeständnis an Sendeanstalten. Ich glaube nicht, dass das zu dramatisch mehr Airplay geführt hat, obwohl der Track durchaus auch bei HörerInnen funktionieren könnte, die beim übrigen Album die Flucht ergreifen würden.
Einen Remix zu "It Fit When I Was A Kid" gibt es auch. Wo der zu finden ist, weiß ich allerdings nicht, denn der Remix auf der Single ist ein anderer.
Dies ist wieder eins der Nicht-Konzept-Alben, die so etwas wie ein Rahmen-Thema haben (so wie ein Konzept-Album… 🤔). Dabei soll es um zwei gegensätzliche Charaktere gehen, nämlich "Drum" und "Mt. Heart Attack". Die Texte sind meistens kaum verständlich (die Singles bilden da eher eine Ausnahme), insofern gibt es da auch keine Handlung, der man folgen könnte. Das Artwork enthält Skizzen zu jedem Song, die einiges über die jeweilige Machart verraten. Die erste Edition enthielt eine Bonus-DVD mit Videos. Dabei gibt es drei Videos zur Auswahl, in der jeweils das ganze Album gespielt wird, nur eben mit anderer Bilduntermalung. Jeweils eins ist produziert von Angus und von Julian und eins von Markus Wambsganß, der mehrere Videos für die Liars aufnahm, aber auch für andere Künstler, wie bspw. The Notwist, tätig war. Seine Arbeit ist vielleicht die ungewöhnlichste auf dieser DVD, da sie über die ganze Albumlänge lediglich eine Schnecke zeigt, die Schnecken-Dinge tut.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Die "Drum's Not Dead" ist völlig verstiegene Kunst, und das meine ich zwar völlig wertungsfrei, will das aber auch nicht mehr hören müssen. Das ist NUR noch Kopf ohne alles. Klar, "They Were Wrong, So We Drowned" hat da den Weg geebnet, war aber immerhin soundästhetisch mit dem ganzen Noise und Prog noch entfernt im Rock and Roll und damit in irgendeinem musikalischen Kosmos verortet. Bin mal gespannt, was du zum nächsten Album "LIARS" schreibst - das krasse Gegenteil, poppig und fokussiert.
Just a MF from hell.
Rotation:
Cindy Lee - Diamond Jubilee | Being Dead - Eels | Shellac - To All Trains