Mein absolutes Lieblingsgedicht, schon seit ich 18 bin. Wenn mich etwas wirklich nachhaltig beeinflußt hat, dann jenes:
Ballade des äußeren Lebens
Und Kinder wachsen auf mit tiefen Augen, die von nichts wissen, wachsen auf und sterben, und alle Menschen gehen ihre Wege.
Und süße Früchte werden aus den herben und fallen nachts wie tote Vögel nieder und liegen wenig Tage und verderben.
Und immer weht der Wind, und immer wieder vernehmen wir und reden viele Worte und spüren Lust und Müdigkeit der Glieder.
Und Straßen laufen durch das Gras, und Orte sind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen, und drohende, und totenhaft verdorrte...
Wozu sind diese aufgebaut? Und gleichen einander nie ? Und sind unzählig viele ? Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen?
Was frommt das alles uns und diese Spiele, die wir doch groß und ewig einsam sind und wandernd nimmer suchen irgend Ziele ?
Was frommt's, dergleichen viel gesehen haben? Und dennoch sagt der viel, der "Abend" sagt, ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt wie schwerer Honig aus den hohlen Waben. (Hugo von Hoffmannsthal)
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Ja, wunderbar. Dazu passend der ja davon inspirierte Text von Jochen Distelmeyer zu "Der Wind". Der Text schafft mich immer wieder.
Ein Wind weht um das Haus und immer wieder wach ich aus Träumen auf und geh umher mein Kopf ist schwer und fühlt sich an wie Fieber ich will zu mir zurück und find den Weg nicht mehr
Alles um mich rückt in weite Ferne ich schrumpfe und verirre mich im Flur die Erde bebt, mir ist als sah ich Sterne doch in der Dunkelheit verliert sich ihre Spur
Die Nacht in meinen Augen nimmt kein Ende ich fühl mich schwach und will um Hilfe schreien ich sehe schwarz und mal es an die Wände: Laß dieses Reich nicht mein zu Hause sein!
Und draußen weht der Wind und immer wieder fall ich ins Nichts zurück und geh umher ich sing beim Gehen vor mich hin damit ich weiß, daß ich noch bin und der Wind, er weht - und fährt mir in die Glieder
Es kommt mir vor als hört ich jemand reden der Wind treibt draußen Regen über's Land ein kleines Kind kommt mir im Flur entgegen es redet wirr und drückt mich an die Wand:
"Ich kam die falschen Götter zu entthronen ich kam und sah mich gegen sie verlieren jetzt sitzt ich hier und zähl meine Dämonen und will die Welt mit Fragen bombardier'n
Wer soll noch kommen um Euch zu erlösen? Ihr habt alles verraten und verkauft Ihr seid verlor'n - die Guten wie die Bösen ich seh Euch zu wie Ihr um Euer Leben lauft
Und immer weht der Wind und immer wieder fall ich ins Nichts zurück und geh umher ich sing beim Gehen vor mich hin damit ich weiß, daß ich noch bin und der Wind, er weht - und singt mir seine Lieder"
Mein Herz wird schwer, ich spür die Glieder zittern das Kind verstummt und läßt mich weiterziehen mein Schädel brummt: Du darfst nicht so verbittern! ich geh umher und will doch niederknien:
Ich hab versucht den Widerspruch zu leben ich hab versucht einfach ich selbst zu sein es hat nicht funktioniert, es ging daneben das Leben selbst scheint mir ein Fluch zu sein
Nichts was ich berühre ist von Dauer nichts bringt das Verlorene zurück das Einzige was bleibt ist meine Trauer der Schmerz und die Erinnerung an das Glück
Und immer weht der Wind und immer wieder fall ich ins Nichts zurück und geh umher ich sing beim Gehen vor mich hin damit ich weiß daß ich noch bin und der Wind, er weht - weht immer wieder
Ich hör den Wind aus alle Ritzen pfeifen den Flur entlang und folge seinem Ruf ich spür wie seine Lüfte mich umkreisen und fahre schweißgebadet durch den Spuk
Halb schwebe ich, halb häng ich in der Leere und komm zum Schluß in meinem Zimmer an da lieg ich nun, ganz so als ob ich wäre und frag den Wind was ich noch tun kann
Soll ich der Hoffnung neuen Glauben schenken? Hat sie mich nicht so oft verrückt gemacht? ich dämmer vor mich hin und hör mich denken: Laß Deine Träume länger dauern als die Nacht!
Und draußen weht der Wind und immer wieder wach ich am Morgen auf und geh umher ich sing beim Gehen vor mich hin damit ich weiß, daß ich noch bin und der Wind, er weht - und ich sing meine Lieder
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Huch, das überfordert mich grad, wenn ich ehrlich bin. Muß mir das mal ausdrucken und in Ruhe lesen.
Die Sprache gefällt mir. Ich liebe diese Art von Sprache, weswegen ich ernsthaft Stefan George zu meinen Lieblingsdichtern zähle, obwohl der weltanschaulich zumindest grenzwertig war (und der Vergleich Distelmeyer wohl gar nicht behagen würde).
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Finde den Song / Text tonnenschwer und sehr berührend. Vor allem diese Zeile: "Nichts was ich berühre ist von Dauer nichts bringt das Verlorene zurück das Einzige was bleibt ist meine Trauer der Schmerz und die Erinnerung an das Glück."
Das ist so hart.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt. Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhellila Aster zwischen die Zähne geklemmt. Als ich von der Brust aus unter der Haut mit einem langen Messer Zunge und Gaumen herausschnitt, muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt in das nebenliegende Gehirn. Ich packte sie ihm in die Brusthöhle zwischen die Holzwolle, als man zunähte. Trinke dich satt in deiner Vase! Ruhe sanft, kleine Aster!
Ich bin allein mit meinen Träumen Der Wind weht, wohin er will Die Blätter zittern in den Bäumen Alles schläft, die Stadt liegt still
Ich laß mich von Gefühlen leiten Und misch die Töne mit dem Wort Such' nach neuen Möglichkeiten Und wünsch mich weg von diesem Ort
Mir ist, als würd' der Wind mich rufen Als sollt' ich ihn heraufbeschwören Und mit Geschick mein Glück versuchen Von fern kann ich sein Heulen hören
Pfeifend zieht er durch den Hafen Peitscht die Wellen übers Meer Wirbelt Staub auf in den Straßen Und kommt mit Licht und Lärm zu mir
Sturm! Weh wild und frei Sing mir Dein Lied Zeig mir den Dreh Sturm! Auf hoher See Mach, dass es geschieht Brich die Deiche entzwei
Wie er durch die Straßen fegt Und tobt und brüllt und wütet Was er in Schutt und Asche legt Hat der Mensch vor ihm verwüstet
Kein Stein bleibt auf dem anderen stehen Und in ein paar Minuten Wird Europa untergehen Alles versinkt in schwarzen Fluten
Ich bin allein mit meinen Träumen Der Wind weht, wohin er will Die Blätter zittern in den Bäumen Alles schläft, die Stadt liegt still
Sturm! Weh wild und frei Sing mir Dein Lied Zeig mir den Dreh Sturm! Auf hoher See Mach, dass es geschieht Brich die Deiche entzwei
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Hier mal mein liebstes von George, obwohl das natürlich völliger Schwurbel ist. Aber ich kann es auswendig, weil ich es aus einem Grund liebe, den ich selbst nicht verstehe:
Wenn um der zinnen kupferglühe hauben Um alle giebel erst die sonne wallt Und kühlung noch in höfen von basalt Dann warten auf den kaiser seine tauben.
Er trägt ein kleid aus blauer Serer-seide Mit sardern und saffiren übersät In silberhülsen säumend aufgenäht · Doch an den armen hat er kein geschmeide.
Er lächelte · sein weisser finger schenkte Die hirsekörner aus dem goldnen trog · Als leis ein Lyder aus den säulen bog Und an des herren fuss die stirne senkte.
Die tauben flattern ängstig nach dem dache »Ich sterbe gern weil mein gebieter schrak« Ein breiter dolch ihm schon im busen stak · Mit grünem flure spielt die rote lache.
Der kaiser wich mit höhnender gebärde .. Worauf er doch am selben tag befahl Dass in den abendlichen weinpokal Des knechtes name eingegraben werde.
Stefan George
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Ich kann das nachvollziehen. Alle zuletzt aufgeführten Gedichte haben so einen romantischen Grundton (Benn natürlich nicht, aber da ist es ja eher der Kontrast der Bilder, der mich berührt), der bei mir auch immer eine Saite zum Schwingen bringt. Ich kann mich aber auch in impressionistischen Bildern stundenlang verlieren. Keine Ahnung welche Sehnsucht da mitschwingt.
Zitat von TheMagneticField im Beitrag #25Ich kann das nachvollziehen. Alle zuletzt aufgeführten Gedichte haben so einen romantischen Grundton (Benn natürlich nicht, aber da ist es ja eher der Kontrast der Bilder, der mich berührt), der bei mir auch immer eine Saite zum Schwingen bringt. Ich kann mich aber auch in impressionistischen Bildern stundenlang verlieren. Keine Ahnung welche Sehnsucht da mitschwingt.
Ich mag eher das Gedrechselte, die Wortgewalt. Es gibt auch bestimmte Texte, die ich aufgrund gewisser Formulierungen immer und immer wieder lese und darin schwelge. Das ist teilweise auch mein Arbeitsethos: Form über Inhalt. Eine Geschichte kann noch so gut erzählt sein, wenn die Sprache einfallslos ist, reicht es bei mir allerhöchstens für ein "gut". Wenn mir jemand einen belletristischen Text hinklotzt, in dem ich keinen Satz überflüssig finde, ist es mir fast egal, ob man den Inhalt in drei Sätzen zusammenfassen kann. Dirk Bernemann ist in seinen guten Momenten ein aktuelles Beispiel dafür.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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um das ganze mal ironisch zu brechen, möchte ich hier robert gernhardt zitieren:
Terzinen über die Vergesslichkeit nach Kuno von Hofmannsthal
Noch spür ich ihren Dingens auf den Wangen, Wie kann das sein, daß diese nahen Tage Dings sind, für immer fort und ganz vergangen? Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt Und viel zu kommnichtdrauf, als daß man klage, Daß alles gleitet und vornüberrinnt. Und daß mein eignes ... Na! durch nichts gehemmt Herüberglitt aus einem Kind? Ja, Kind, Mir wie ein Hut unheimlich krumm und fremd. Dann: daß ich auch vor Jahren hundert war Und meine Ahnen, die im roten Hemd Mit mir verdingst sind wie mein eignes Haar. So dings mit mir als wie mein eignes Dings.
Das mit dem Formulierungen immer wieder lesen, kenne ich auch sehr gut. Bei mir dann auch das Endlose Suchen und nicht Wiederfinden von Formulierungen ;-). Ganz häufig hatte ich das in nicht allzu ferner Vergangenheit bei Oliver Storz' Die Freibadclique. Das ging so weit, dass ich ständig irgendwelchen Leuten bestimmte Stellen vorlesen musste, weil ich sie so toll fand.
Bernemann kenne ich nicht, scheint aber aufs erste Überblicken ganz interessant zu sein. Werde ich mal reinschnuppern.