“Du ignorantes Arschloch” schrie ich, “Dieb!” (ich gebe zu, ich war ultra besoffen) “Du stehst in jeder Zeile, die ich schrieb!” Ich nehme das zurück, ich sah betroffen,
dass ein Gedicht sein Wesen nur verliert, wenn es um das, was von ihm bliebe, ringt - und wenn es dich beim Lesen nur verwirrt, ist mir das scheißegal - die Liebe bringt
mich näher zu dir als Gedicht und Wort: du deutest meine Zeilen auf den Wahn, der - wenn er mich befällt, vor Liebe schreit:
doch tiefer noch hast du Gewicht und dort fühlst du mir auch zuweilen auf den Zahn: Es täte mir, wenn ich es schriebe leid.
Ich traf die Nostalgie und lief gleich mit: denn als ich fragte, ob sie bliebe, rannte sie los. Nicht dass ich unterm Mief gleich litt, Wir suchten, wo einst meine Liebe brannte:
Die erste Freundin, ihre Hand, der Mund - - Und als ich sie dann kurzerhand verließ: Mein erster Freund und sein charmanter Hund und jeden, der mir neues Land verhieß.
Sie lockte mich, komm, nebenan ist mehr: Ich wand mich in Gefühl, Gefahr und Wort im Meer aus Eis und unter Wüstensonnen.
Und als sie dann gegangen war und fort da wars genug der übersüßten Wonnen - Die erste Liebe - und mein Mann ist Er.
Jetzt mal wieder ein Gruß aus der Kreisklasse der Dichter:
Heimat Schon vor dem ersten Reim halte ich zögerlich inne: „Heimat“, hier zwar harmlos nur gemeint, hinterfrage ich diesen Titel, bevor ich wirklich beginne, erahne schüttelnde Köpfe, in Skepsis vereint.
Nun scheint er mir ungeeignet, missverständlich, landet im falschen Hals, lenkt vom Inhalt ab. Nein, beginnen möchte ich so lieber nicht, verwerfe den Titel, schmerzlos und knapp.
Besuch in der Heimat Schon besser, ja so kann man es lassen. Klingt mehr nach Tocotronic als nach NPD, damit werden sie sich eher befassen, diese kritischen Geister, wie ich sie vor mir seh'.
Besuch in der Heimat also, weit weit weg, eine lange Fahrt, die Musik im Auto viel zu leise, die Kinder hinten, dicht gefolgt von reichlich Gepäck, stundenlang auf der Autobahn, dieser monotonen Schneise.
Kaum verlassen, wird sie schon sehnlichst vermisst, denn nun führt diese lange Strecke mitten durch Käffer, die man schnell vergisst, einspurig, mit Ampeln und Blitzern an jeder Ecke.
„Wann sind wir endlich da?“ hallt es in meinen Ohren, der Tank ist leer, ich fühle mich morsch, doch vergessen sind Schleicher, LKW und Traktoren: Hinter dieser letzten Kurve liegt das Heimatdorf.
Anmutig schmiegt es sich in das weite Tal, seit Jahrhunderten, ja fast seit tausend Jahren, bescheidene Fassaden, die Armut ließ keine Wahl, auch nicht jenen, die gingen, manchmal in Scharen.
Viel hat sich nicht verändert in den zwanzig Jahren, seit dem Ende meiner Jugend, die ich nun vermisse, keine wirkliche Trauer, doch bin ich mir im klaren, dieser Ort dient mir nur noch als Kulisse.
Verblassende Erinnerungen hängen an so vielem, an Bäumen und Wegen, am Bach und der Wiese, auf der ich nie mehr sah Kinder Fußball spielen, wie wir damals täglich, in der sommerlichen Abendprise.
Am nächsten Tag ein Treffen mit dem besten Freund, doch sind wir das noch nach all dieser Zeit? Vermutlich nicht, zu viel haben wir voneinander versäumt, und uns doch getroffen bei jeder Gelegenheit.
Der Abend wird länger, wir finden kein Ende, reden über vergessene Gesichter, Geschichten, so manches Leben nahm eine überraschende Wende, erfahre ich, während die Rasenballer 3 zu 1 gewinnen.
Der eine oder andere gesellt sich kurz zu uns, wir könnten reden die ganze Nacht, beim nächsten Mal dann, ja, mit den alten Jungs. Heimwärts auf vertrauten Pfaden, die Kulisse ist erwacht.
Am Ufer forme ich den nassen Lehm zu deinem Leib, gerahmt vom hellen Sand - von jedem Geist und Gott verlassen, nehm und küss ich meines Lehmgesellen Hand.
Dann reise ich zu seiner Brust und land, wo alle Kreise sich synchron verschalten: dort, in der Tiefe toben Lust und Brand - Wie fest wir uns im Feuer schon verkrallten!
Verspielt, verplant, vertan, verträumt, versunken in meine eigne Welt im fernsten All, das Leben halb verbraucht, versäumt, vertrunken, erklärte man mich jüngst zum ernsten Fall.
Ich lass die Leute, die nichts wissen, meinen: Die Nacht ist mein Vertrauter, schwarz und heiß und mag der Tag mich auch vermissen, weinen - ihr Duft umfängt mich ganz in Harz und Schweiß.
Ihr dunkler Auftrag ist mir Fest und Last, wasimmer auch in ihr zu lernen stand, wir haben für das Leben uns verschworen;
sie küsst mich, wenn sie mich verlässt und fast da trägt sie mich mit in ihr Sternenland, solang, bis wir im Schweben uns verloren.
Zuweilen seh ich Schatten noch des Lichts, das uns umgab, als wir zu zweit uns kannten, denn seither schluckte mich das Loch des Nichts - vom schönsten Glück schenkt unsre Zeit uns Quanten.
Als du mir einst den Weg zur Kneipe wiest, hat mich sofort die Liebe blind erweicht. Wie rasch die Farben bald der Winter bleicht, das ahnst du nicht, wenn du ein Weib bekniest!
So kam ein Tag - ob ichs erzählen soll? da schiens, dass sie ihr eignes Wesen narrt: der Tag von dem sie nie genesen ward; bis heute trägt sie schwer am Seelenzoll,
und als sie mir dann Mantel gab und Hut, da war es schon mein ganzes Hab und Gut.
Dein zweiter Schlüssel, deine Uhr, die Flasche, und ein Kondom von dir, das kleine Leben. Im Becher Kippen und im Flur die Asche: Und ich bleib wieder mal alleine kleben.
Begehrenswert warst du wie heute, Babe, als wir unsre jungen Spalten fielen. Wer glaubte, dass ich dich als Beute heb, bis um dein Lächeln längst die Falten spielen.
Ein Schatten unsrer langen Reisen klebt uns heut in unrasierten, grauen Bärten. Doch wer in etablierten Kreisen lebt, der findet auch in grauen Brauen Gärten.
Ich schaue nur gelegentlich hier rein. Irgendwann werde ich im gesamten Forum nicht mehr antworten, weil ich mich beim Lesen totgelacht habe. Völlig, ohne mir einen Reim darauf gemacht zu haben.