Viel Konkretes fällt mir dazu nicht ein, aber es gibt ein paar Metalbands, bei deren Gewalt- und Zerstückelungsfantasien mir schon so ein bisschen die Kotze hochkommt. Da mache ich dann mit mir selbst aus, inwiefern ich diese Musiker ansonsten sympathisch finde. Denn Gewaltfantasien habe ich, wie vermutlich jeder andere Mensch, ja auch.
Auch sehr unangenehm stößt mir das Lobpreisen unseres Herrn, deines Gottes, auf. Das ist einer der Gründe, warum ich Neal Morse nach seinem Ausstieg bei Spock's Beard nicht mehr hören kann. Seine Musik sagt mir immer noch zu, aber ich komme mir da vor wie in der Sonntagsschule. (Genauso albern ist natürlich das Besingen der dunklen Seite der Macht, aber das kann ich nicht mal mehr ansatzweise ernst nehmen, das amüsiert mich einfach nur.)
Generell werden mir Texte mit den Jahren immer egaler. Liegt sicher auch am veränderten Musikkonsum, aber bei den meisten Songs der letzen zehn Jahre oder so habe ich nur marginal Ahnung, wovon die überhaupt handeln. Ein paar Textfragmente bleiben beim Hören eh immer im Kopf, aber die Zeiten, als ich mich bewusst mit den Texten hingesetzt habe, sind leider vorbei. Ich versuche es immer mal wieder und sammle auch eifrig weiterhin Texte von neuen Alben, aber das war's.
Als ich Teenager war und grade anfing, mich für Rap zu interessieren, wurde mir von einem Klassenkameraden zugetragen, Ice-T und Public Enemy seien Rassisten, die Weiße hassen. Wer sollte das einem schwarzen Afro-Amerikaner verübeln? Dadurch, dass 70% der Rap-Platten-Käufer weiße Kids aus der Mittelschicht sind, bekommt das ganze außerdem eine ironische Ebene.
In Bezug auf Dancehall: Meine Shaba-Ranks-Scheiben horte ich bis heute und auch in Zukunft werde ich diese nicht öffentlichkeitswirksam verbrennen, um ein politisches Statement zu machen. Sie sind aber im Laufe der Jahre sehr weit hinten in den Schrank gewandert, und zu der Zeit, als der Mann die europäischen Charts gestürmt, hatten weder ich noch das Formatradio Kenntnis davon, was für ein homophobes und frauenverachtendes Arschloch der Mann ist.
Ansonsten inhaltlich fragwürdige Musik: "Let's Dance" von Lady Gaga, so was gehört eigentlich indiziert, und "Treat You Better" von Shawn Mendes, da gruselt's einen, wenn man sich den Text anhört. Allerdings sind das Songs, die schon aus musikalischen Gründen nicht in mein Muster fallen, ich zähl' da einfach nicht zur Zielgruppe.
Weitaus mehr Kopfzerbrechen als inhaltlich problematische Musik bereiten mir fragwürdige Interpreten. Darf man Platten von Michael Jackson kaufen oder (egal ob der Mann nun tot ist), rechtfertigt man damit rückwirkend die geraubte Kindheit, Jahre voller Prügel und Schikanen? Darf man einen mutmaßlichen Vergewaltiger wie Cee-Lo Green finanziell unterstützen? Von bekennenden Scientologen wie Beck oder Juliette Lewis ganz zu schweigen, man unterstützt ja durch den Kauf mittelbar das Schweinesystem, dem jene angehören. Und ich würde ja erst recht keine Platten von Frei.wild kaufen, wüsste ich, dass vom Erlös jeder Platte 2 Euro an die NPD flößen.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #17Weitaus mehr Kopfzerbrechen als inhaltlich problematische Musik bereiten mir fragwürdige Interpreten. Darf man Platten von Michael Jackson kaufen oder (egal ob der Mann nun tot ist), rechtfertigt man damit rückwirkend die geraubte Kindheit, Jahre voller Prügel und Schikanen? Darf man einen mutmaßlichen Vergewaltiger wie Cee-Lo Green finanziell unterstützen? Von bekennenden Scientologen wie Beck oder Juliette Lewis ganz zu schweigen, man unterstützt ja durch den Kauf mittelbar das Schweinesystem, dem jene angehören. Und ich würde ja erst recht keine Platten von Frei.wild kaufen, wüsste ich, dass vom Erlös jeder Platte 2 Euro an die NPD flößen.
für mein empfinden sind das entscheidungen, die man individuell treffen muss, ob die kunst für sich steht oder durch die missetaten des urhebers tatsächlich korrumpiert werden oder sogar im zusammenhang dazu gesehen werden muss. bei michael jackson muss ich sagen, dass "p.y.t. (pretty young thing)" komische gefühle auslöst, wenngleich da kein unmittelbarer zusammenhang bestehen dürfte und der song an sich schon ziemlich geil ist.
bei cee-lo sind mir allerdings nur ekelhaft relativierende äusserungen zum thema vergewaltigung bekannt. ein echter vergewaltigungsvorwurf gegen ihn wäre mir neu.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Dick Van Dale im Beitrag #17Weitaus mehr Kopfzerbrechen als inhaltlich problematische Musik bereiten mir fragwürdige Interpreten. Darf man Platten von Michael Jackson kaufen oder (egal ob der Mann nun tot ist), rechtfertigt man damit rückwirkend die geraubte Kindheit, Jahre voller Prügel und Schikanen? Darf man einen mutmaßlichen Vergewaltiger wie Cee-Lo Green finanziell unterstützen?
Auch für Prominente gilt ja die Unschuldsvermutung. Und Platten von Gary Glitter gibts ja kaum noch im Handel.
Ich finde ja generell, dass man in Songtexte und besonders in einzelne Zeilen nicht zu viel hineininterpretieren soll. Ich bin schon immer noch ein bisschen fassungslos darüber, wie sehr damals Mia wegen "Was es ist" angepisst wurden, das war absolut maßlos. Auch bei Xaver Naidoo sollte man mal die Kirche im Dorf lassen (hehe).
bei cee-lo sind mir allerdings nur ekelhaft relativierende äusserungen zum thema vergewaltigung bekannt. ein echter vergewaltigungsvorwurf gegen ihn wäre mir neu.
aus wikipedia:
Im August 2014 wurde Cee-Lo Green zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren und 45 Sozialstunden verurteilt, weil es das Gericht als erwiesen ansah, dass er einer Frau Ecstasy verabreicht hatte. Dass er das Opfer in bewusstlosem Zustand auch vergewaltigt haben soll, konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Allerdings löste Cee-Lo Green im Anschluss Empörung aus, als er über Twitter die Meinung verbreitete, dass es sich nur um eine Vergewaltigung handelt, sofern das Opfer bei Sinnen sei.
für mich sind misogyne texte sehr schwierig, was vor allem, aber nicht nur, rap betrifft. das nimmt ja öfter mal schon komplett abartige und wirklich auch besorgniserregende züge an. ich finde das auch extrem schade, weil ich rap eigentlich liebe, aber viele richtig gute rapper derart frauenfeindlich sind, dass ich sie nicht hören mag und schon gar nicht mein geld für sie ausgeben will. ich kann auch ganz schlecht mit diesem "ist ja gar nicht so gemeint." wenn es nicht so gemeint ist, warum feiert man es dann so? und wieso gibt es zwischen dem "good girl" und dem "bad girl" genau gar nichts? frauen können nur jungfrau oder hure sein. dazwischen scheint es nicht zu geben. moment. doch. mama. dass frauen in den meisten pop-songs, schnulzen o.ä. eh nur "baby" und "darling" und "kleines" und "das ding, das es zu erobern gilt" sind, kann ich gerade noch so mit einem inneren mittelfinger weglächeln. ein großteil der liebeslieder zeichnet ein sehr passives frauenbild. in vielen songs wird z.b. besungen, dass die ablehnung durch die frau einfach nicht respektiert wird und man eben weiter macht, bis die liebste einen erhört. heutzutage nennt man sowas stalking. das besingen und sexualisieren minderjähriger mädchen finde ich zudem extrem ekelhaft. ich glaube sowieso, dass die musikindustrie eine grundsexistische sache ist. angefangen davon, dass "wir keine frauen in unserer band haben wollen." und "hey, du bist jetzt auch eine musikerfreundin. gratuliere.", über die wiener philharmoniker, die bis 1997 keine frauen aufnahmen, bis hin zu den missbrauchsfantasien vieler rapper.
Was Misogynie angeht, gebe ich beth vollkommen recht.
Ansonsten komme ich in erster Linie über die Neofolk-Szene mit problematischen Bands in Kontakt, zum Beispiel die erwähnten Death in June, die ich mag, deren Platten ich aber in der Tat nicht kaufe, weil ich Douglas Pearce für ein Arschloch halte, dem ich mein sauer verdientes Geld nicht geben mag. (Ich besitze eine Platte, die mir eine Freundin aus ihren "Altbeständen" geschenkt hat und einen oder zwei Sampler, auf denen auch Death in June vertreten sind; ansonsten höre ich sie eben auf Neofolk-Partys.) Man könnte also sagen, dass ich keinen aktiven Kampf gegen ideologisch oder moralisch schwierige Kunst führe, sie aber immerhin auch nicht unreflektiert unterstütze. Oder so. Schwieriges Thema!
Insgesamt bin ich ürigens, obwohl Verfechterin der Annahme, dass Biografie und Überzeugungen definitiv die eigene Kunst beeinflussen, für eine Trennung von der Person des Künstlers und seiner Kunst. Das ist allerdings eigentlich ein anderes, wenn auch verwandtes Thema.
Zitat von beth im Beitrag #20 in vielen songs wird z.b. besungen, dass die ablehnung durch die frau einfach nicht respektiert wird und man eben weiter macht, bis die liebste einen erhört. heutzutage nennt man sowas stalking. ...ich glaube sowieso, dass die musikindustrie eine grundsexistische sache ist.
Genau das habe ich gemeint. Da sind wir nämlich genau wieder bei meinem Lieblingsthema Shawn Mendes.
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
"inhaltlich problematisch" trifft es vielleicht nicht 100%, weil beschriebenes bestimmt nicht propagiert oder glorifiziert wird, aber der text von the jesus lizard's "puss" bereitet mir übelkeit. das ist auf der einen seite die qualität des textes, der, neutral gesprochen, sehr intensiv ist. gewalt an einer frau aus der ich-perspektive ist schon äusserst unappetitlich, und so sehr ich den song mag, ich würde ihn nie mitsingen. auf der verlinkten seite findet man noch ein paar erläuterungen vom text-autor und sänger david yow. man darf sich also wirklich sicher sein, dass auch in diesem fall das lyrische ich nicht dem des autors entspricht.
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David Yow ließ sich gerne von den Erlebnisberichten von Leuten aus psychiatrischen Kliniken inspirieren, auch Steve Albini wurde oft wegen seiner Texte angegriffen ("Jordan Minnesota"). Bei beiden hatte ich nie das Gefühl, daß da Grenzen verschwimmen, auch wenn Yow einen veritablen Dachschaden hat.
Zitat von CobraBora im Beitrag #19Ich finde ja generell, dass man in Songtexte und besonders in einzelne Zeilen nicht zu viel hineininterpretieren soll. Ich bin schon immer noch ein bisschen fassungslos darüber, wie sehr damals Mia wegen "Was es ist" angepisst wurden, das war absolut maßlos. Auch bei Xaver Naidoo sollte man mal die Kirche im Dorf lassen (hehe).
nun, der text von "was es ist" war einfach doof (wie der rest der band auch), insofern konnte ich diejenigen nicht verstehen, denen da gleich 'ne ader geplatzt ist. klar, war die kernaussage: "ich muss mich nicht mehr schlecht fühlen als deutsche." ich hab mich als (halb-)deutscher nie schlecht gefühlt und hätte etwaige anfeindungen (, die ich nie wirklich erlebt habe) stets von mir gewiesen.
was den xavier angeht, haben eifrige kulturjournalisten zu bestimmten zeiten versucht, alles aus seinen texten herauszulesen, was irgendwie gegen ihn verwendbar ist - oft mit zweifelhaftem ergebnis. mitleid habe ich allerdings keins, spätestens nach songperlen wie dieser hier:
MIA, die einst über ihre Mitschülerin Sarah Kuttner als Band zueinander fanden, sind sicher nicht als doof oder gar irgendwie rechts einzuordnen.
MIA stellte schon 2002 für den Soundtrack des „gegen Rechts“ gerichteten Kinofilms „Führer Ex“ Songs zur Verfügung und einige Bandmitglieder traten im Film auch als Statisten auf. Und 2003 gab MIA ein Gratiskonzert zum „revolutionären 1. Mai“ auf dem Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. 2004 gab MIA in Berlin ein Gratiskonzert zugunsten der Studentenproteste gegen die Einführung von Studiengebühren. Dabei wurde die Band – aufgrund des Songs „Was es ist“ - nach dem Aufruf sog. „antinationaler Gruppen“, das Konzert zu stören, mit Eiern und Tomaten beworfen.
Im Bundestagswahlkampf 2005 war MIA mit dem Song „PRO Test“ auf der CD „Gemeinsam gegen Rechts“ vertreten. MIA übernahm eine Patenschaft für das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. MIA unterstützte mit dem Song „Komm mein Mädchen“ auf einem Sampler den Flüchtlings-Hilfsverein Pro Asyl. MIA nahm für das amnesty-international-Projekt Make Some Noise eine Version des John-Lennon-Songs Mind Games auf. 2013 ließ MIA sich von der Nominiertenliste für den ECHO streichen, da unter den Nominierten auch Frei.Wild war, deren Weltbild sie „zum Kotzen finden.“ Miezekatz selbst unterstützt das „Netz-gegen-Nazis“…
All das ist sicher kein typisch „deutschnationales“ oder irgendwie "rechtes" Verhalten ... wer immer dies denken mag. Und ja, es ist auch nicht doof.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
das ist jetzt eine breite verteidigung zu einem vorwurf, der an dieser stelle nie erhoben wurde. ich habe mia nie vorgeworfen, rechts zu sein, sondern eben doof. dazu stehe ich allerdings.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Es gehört gerade beim Thema "Inhaltlich problematische Musik" für mich mit dazu, auf den Vorwurf der "Deutschtümmelei" einzugehen, der ja bei MIA einst im Gespräch war. Daher ja auch mein "wer immer dies denken mag"... Und für doof halte ich MIA oder Miezekatz nicht...
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Ich finde ja generell, dass man in Songtexte und besonders in einzelne Zeilen nicht zu viel hineininterpretieren soll. Ich bin schon immer noch ein bisschen fassungslos darüber, wie sehr damals Mia wegen "Was es ist" angepisst wurden, das war absolut maßlos. Auch bei Xaver Naidoo sollte man mal die Kirche im Dorf lassen (hehe).
Dickes +1. Was habe ich mich damals über diese Haltung dieser beschissen überheblichen deutschen Diskursbands geärgert. Leider haben da auch Tocotronic (bei den besserwissenden Goldenen Zitronen erwartet man sowas natürlich, ok bei den Tocos eigentlich auch) mitgemacht. Weiß noch, wie ich Mia bei "Folklore im Garten" in Wiesbaden sehen wollte, und sie dann nicht auftreten konnten/durften, weil etliche andere Bands sonst mit Absage gedroht hätten. "Stille Post" und "Zirkus" bleiben zwei tolle Alben. Wahrscheinlich Musik von Doofen für Doofe.