ich schwanke bei diesen umdeutungen immer zwischen sympathie für plastizität und wandlungsfähigkeit von sprache und der abneigung gegen die gewöhnung an fehler und missverständnisse. bisher tendiere ich eher zu ersterer
ich auch, deswegen hab ich auch nicht so ein problem mit "sinn machen". ich ziehe meine linie aber da, wo es der sprache nichts hinzufügt, sondern sie stattdessen verarmen lässt (und in diesem fall auch noch präzision durch schwammigkeit ersetzt, was die gefahr von missverständnissen erhöht).
und um wieder on topic zu kommen: man darf und muss auch bei klischeehafter kultureller aneignungen schimpfen und meckern, gerade wenn es um ähnlich gedankenlose konstrukte geht. das bewusstsein um die originäre bedeutung sollte sowohl bei sprache als auch bei kulturellen symbolismen nie außer acht gelassen werden, auch wenn man ganz andere subtexte bedienen will. grundsätzlich ist jedoch jede form der kultur zuallererst kommunikation. durch willkürliche vorschriften beim gebrauch der mittel läuft man stets gefahr, den austausch an sich zu unterbinden.
noch ein bisschen off topic: in punkto schwammigkeit finde ich es z.b. enttäuschend, dass der duden für das wort "untiefe" inzwischen neben der ursprünglichen bedeutung "flachwasser, furt, etc" (bzw. dessen metaphorischen gebrauch) auch "große tiefe" also das gegenteil zulässt. das empfinde ich als das, was du als schwammigkeit bezeichnest und trägt nicht gerade zur eindeutigkeit von sprache bei.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #48noch ein bisschen off topic: in punkto schwammigkeit finde ich es z.b. enttäuschend, dass der duden für das wort "untiefe" inzwischen neben der ursprünglichen bedeutung "flachwasser, furt, etc" (bzw. dessen metaphorischen gebrauch) auch "große tiefe" also das gegenteil zulässt. das empfinde ich als das, was du als schwammigkeit bezeichnest und trägt nicht gerade zur eindeutigkeit von sprache bei.
das stimmt tatsächlich, und hat mich auch schon gestört. auf der anderen seite wiegt meine zuneigung zu umständlich-altmodischen wörtern so schwer, dass ich mich dann doch nicht darüber aufrege.
im übrigen hab ich jetzt schon zweimal versucht, wieder on topic zu kommen. könnte das jetzt mal jemand anders übernehmen?
Zitat von gnathonemus im Beitrag #45den "to realize" nicht als "erkennen, begreifen, etc." zu übersetzen sondern als "realisieren", welches früher nur die bedeutung "verwirklichen, in die tat umsetzen, etc." hatte.
Das kommt aber gar nicht vom Englischen sondern vom Lateinischen her. Aber egal, Wörter verändern nun mal ihre Bedeutung, unabhängig davon ob und aus welcher Sprache sie ursprünglich mal kamen. Daher würde ich das auch nicht als Übersetzfehler bezeichnen. Sprache wandelt sich permanent. Wie Kultur eben auch. Und das ist auch gut so.
Und warum sollte Sprache eindeutig sein?
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig
sprache muss nicht immer eindeutig sein. in der poesie und belletristik ist kann es ganz zauberhaft sein, wenn sie uneindeutig bleibt. aber für den fall, dass man etwas präzise formulieren muss, stellt sie normalerweise auch präzise werkzeuge bereit. und nun sollte man als anwender auch darauf achten, dass man diese wunderbaren feinmechanischen instrumente nicht schartig schlägt, oder umgekehrt nicht mit dem verbalen vorschlaghammer auf eine schweizer taschenuhr losgeht.
Dieses "früher", von dem ihr sprecht, wann soll das gewesen sein? In meiner Jugend konnte man "realisieren" schon genauso benutzen, wie hier kritisiert wurde. Und das ist je nach Definition 20 bis 25 Jahre her.
Mich hatte ich auch nicht in Verdacht, eher den Autor des Artikels. Aber ich verstehe deinen Wunsch nach Entspannung nach Arbeitsende.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Zitat von tenno im Beitrag #54aber für den fall, dass man etwas präzise formulieren muss, stellt sie normalerweise auch präzise werkzeuge bereit. und nun sollte man als anwender auch darauf achten, dass man diese wunderbaren feinmechanischen instrumente nicht schartig schlägt, oder umgekehrt nicht mit dem verbalen vorschlaghammer auf eine schweizer taschenuhr losgeht.
Da bin ich komplett fein mit. 😉
Aber mal Spaß beiseite, ich habe diese Diskussion um die Korrektheit von Sprache und ob es sowas wie korrekte Sprache überhaupt gibt ziemlich häufig privat auch im nicht-digitalen Leben und stehe da grundsätzlich auch eher konservativ da. Ich finde aber „falsche“ sprachliche Aneignung deutlich weniger problematisch als andere kulturelle Aneignung. Denn was ich da durch Unachtsamkeit verletze ist am Ende vor allem meine eigene Sprache und nicht die einer anderen Kultur. Die nimmt durch meinen Missbrauch ja keinen Schaden. In diesem Sinne mache ich jetzt ein bisschen Hip Hop an, zwirble mir ein bisschen meine blonden Dreadlocks und lese zum Einschlafen noch ein paar Artikel von Jezebel. Ich hoffe da seid ihr mit mir.