Die NATO selbst als Bündnis liefert gar keine Waffen aus.
Alle Lieferungen an die Ukraine tätigen die NATO-Staaten eigenständig. Der Rüstungskonzern Rheinmetall hatte angeboten, gebrauchte Exemplare des Schützenpanzers Marder und des Kampfpanzers Leopard direkt an die Ukraine zu geben.
In der NATO gab es 2022 wohl eine informelle Einigung, dann man ohne Absprache keine westlichen Kampf- und Schützenpanzer an die Ukraine liefert. Darüber wurde der Verteidigungsausschuss Mitte Mai 2022 informiert.
Das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen NATO-Staaten und Russland soll möglichst gering gehalten werden. Es wird befürchtet, dass Russland die Lieferung westlicher Kampfpanzer und Kampfflugzeuge an die Ukraine als Kriegseintritt werten könnte.
Bislang verfügte die Ukraine über eigene Panzer vom Typ T-64B sowie T-72M aus westlicher Lieferung. Zudem gab es T-72B, T-80U und T-90A/M aus russischen Beutebeständen. Das Problem: alle genannten Panzer verwenden sowjetische 125 mm Munition. Diese Munition geht im andauernden Konflikt immer weiter zur Neige. Sie kann nur von wenigen Firmen in Europa hergestellt werden.
Ein Leopard verschießt 120 mm NATO-Standardmunition. Diese Munition wird in Südkorea, USA, Deutschland, Italien, Frankreich und anderen EU-Ländern hergestellt. Somit wäre man beim Munitionsnachschub flexibler.
Hinzu kommt, dass ein getroffener Panzer vom Typ T-64/72/80/90 zumeist mit der Besatzung ausbrennt. Bei westlichen Panzern ist die Chance höher, dass die Besatzung überlebt. Dies könnte für die Streitkräfte entscheidend sein, denn es nimmt viel Zeit in Anspruch, jeweils eine gute Panzerbesatzung neu auszubilden.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Verteidigungsminister Pistorius lässt die Verfügbarkeit von Leopard-2-Panzern prüfen.
Deutschland bereitet sich damit auf die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern in die Ukraine vor.
Die Entscheidung über eine Lieferung werde so bald wie möglich getroffen.
Deutschland selbst besitzt von den neueren Modellen rund 320.
Viele andere NATO-Länder besitzen ebenfalls Leopard-2-Kampfpanzer aus deutscher Produktion, deren Lieferung an Drittländer bzw. in die Ukraine somit von einer deutschen Zustimmung abhängt. (Kriegswaffenkontrollgesetz - Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (GG Artikel 26 Abs. 2))
Vom Völkerrecht her würde Deutschland zur Kriegspartei, wenn mit deutschen Soldaten unmittelbar in Kampfhandlungen eingegriffen würde. Die Lieferung von Waffen und anderem Material bleibt unterhalb dieser Schwelle.
Das US-Raketenartilleriesystem Himars wird in der Ukraine zumeist von ehemaligen US-Soldaten in Zivil, den sogenannten Contractors, bedient. Diese Personen gehören nicht den US-Streitkräften an und sind nicht in die ukrainischen Streitkräfte eingegliedert. Formell sind es private Akteure, deren Verhalten in der Ukraine den USA somit nicht zuzurechnen ist.
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Ich würde ja gerne sagen, dass es nur Putin ist, der es mit dem Völkerrecht nicht so genau nimmt… Irgendwie ist diese Debatte doch albern. Ob Putin ein NATO-Land angreift oder nicht, hat nichts damit zu tun, ob er dazu berechtigt wäre, sondern eher damit, ob er es kann.
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Richtig ist sicher, dass man beim Gerede von der „Kriegspartei“ oft falsch argumentiert.
Fakt ist ja – nach unserer Sicht – die Verteidigung der Ukraine gegen einen völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg.
Oft wird gesagt, Deutschland würde wegen seiner Waffenlieferungen womöglich zur „Kriegspartei“. Rechtlich würde dann das Kriegsvölkerrecht an die Stelle des Friedensvölkerrechts treten. Damit gelten auch andere Rechte und Pflichten etwa bezogen auf die Zivilbevölkerung oder hinsichtlich etwa der Beschlagnahme und Einziehung von Feindvermögen.
Für die nicht am Krieg beteiligten Staaten galt früher zudem noch das Neutralitätsrecht.
Kriegspartei wurde man zumeist durch eine formelle Kriegserklärung oder durch den direkten Angriff auf einen anderen Staat. Auch der angegriffene Staat wurde so zwangsweise zur Kriegspartei.
Kriege haben aufgrund des Gewaltverbotes der Charta der Vereinten Nationen rechtlich keine Grundlage mehr. Eine Ausnahme gibt es noch: den Verteidigungskrieg.
Heute ist ein Staat Kriegspartei, wenn er gegen einen anderen Staat Waffengewalt einsetzt.
Die reine Lieferung von Waffen aller Art an die Ukraine, die Zurverfügungstellung militärischer Aufklärungsergebnisse oder die Ausbildung von Soldaten erfüllt nicht den Tatbestand des Einsatzes von Waffengewalt gegen Russland.
Deutschland wird somit auch nicht zur Kriegspartei. Dies gilt so übrigens auch für Weißrussland.
Das Neutralitätsrecht gibt es nicht mehr; es gilt nunmehr das Friedensvölkerrecht. Dieses verbietet Waffenlieferungen als Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs.
Die Unterstützung der Ukraine ist rechtlich eine Beihilfe zur Ausübung des naturgegebenen Rechts zur individuellen Selbstverteidigung.
Nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta müssen Staaten jede Androhung oder Anwendung von Gewalt unterlassen. Außer, sie handeln aufgrund eines Mandats des UN-Sicherheitsrats. Oder aber sie verteidigen sich gegen einen Angriff im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts.
Für Russland greifen diese Ausnahmetatbestände jedoch beide nicht. Nicht die Ukraine hat Russland angegriffen, sondern Russland die Ukraine.
Die im Raum stehende Frage ist also eher, ab wann Deutschland/die NATO zur Kriegspartei werden will, weil man gegen einen anderen Staat (Russland) auch selber Waffengewalt einsetzen möchte/muss.
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Naja, die Frage ist doch eigentlich genau nicht, ob und wann Deutschland und die NATO Kriegspartei werden wollen (wollen sie erklärtermaßen nicht), sondern ab welchem Punkt der Waffenlieferung Russland möglicherweise entscheidet, Deutschland und die NATO als Kriegspartei zu sehen, ganz egal was das internationale Recht sagt. Und ob in diesem Fall dann alle NATO-Mitglieder zu ihren Zusagen stehen (deshalb wohl auch dieses ständige Rückversichern, damit am Ende niemand sagt „Das habt ihr euch aber auch selbst im Alleingang eingebrockt, den Schuh ziehen wir uns nicht an“).
Nun, aus russischer Sicht sind wir ja längst mit zur Kriegspartei geworden. Weil wir uns eben auf die Seite der Ukraine stellen und die Ukraine auch unterstützen. Und weil ja die Ukraine die Sicherheit Russlands gefährdet hat. Und Russland sich da quasi nur selbst verteidigen möchte. Und sei es eben per „militärischer Spezialoperation“...
Ob Deutschland und/oder die NATO Kriegspartei werden wollen, ist ansonsten ja keine Frage der jeweiligen Wünsche. Wenn es danach geht, hätte sich niemand gewünscht, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Und es will auch keiner sein Land in kriegerische Konflikte verwickeln.
Die Frage ist eher, ab wann man selbst mit zur Kriegspartei werden will. Und zwar deshalb, weil man selber militärisch mit eingreifen möchte. Nicht so sehr als Wunschgedanke, sondern als Notwendigkeit.
Im Zweiten Weltkrieg (Beginn: 01.09.1939) lehnten die Bevölkerung und Regierung der USA noch überwiegend einen Kriegseintritt ab. Letztlich erfolgte der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg erst nach zwei Jahren am 8. Dezember 1941.
Auch für Deutschland und die NATO könnte sich somit die Frage auftun, ab wann man denn als Kriegspartei aktiv mit in den Konflikt eintritt. Man kann Waffen, Munition und Material liefern... das ist alles schön und gut und kostet eben zumeist nur Geld.
Aber irgendwann könnte auch die Ukraine zu sehr ausgeblutet sein, um weiter einen vom Westen materiell unterstützten „Stellvertreterkrieg“ zu führen. Dann würde die Frage im Raum stehen, in welcher Form man die Ukraine auch militärisch unterstützt, eben als Kriegspartei auf der Seite der Ukraine und militärisch gegen Russland.
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Beim Treffen in Ramstein gab hinsichtlich der Kampfpanzer-Lieferungen keine Einigung. Deutschland wird zunächst keine "Leopard 2"-Lieferungen an die Ukraine erlauben.
Die USA möchten neben weiteren "Bradley"-Schützenpanzern auch 90 Radschützenpanzer "Stryker" und anderte gepanzerte Fahrzeuge liefern. Die Militärhilfen hätten einen Umfang von 2,5 Milliarden US-Dollar.
Schweden liefert Schützenpanzer und "Archer"-Haubitzen. Dänemark liefert 19 "Caesar"-Artilleriesysteme. Andere Staaten, darunter auch Deutschland, wollen Luftverteidigungssysteme liefern.
Baltische Staaten und Polen kündigten weitere T-72-Panzer sowjetischer Bauart an.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sagte dazu, dass sich die westlichen Alliierten in der "Leopard 2"-Frage nicht einig seien. "Es gebe kein einheitliches Meinungsbild."
Erwartet wird eine Frühjahrsoffensive Russlands gegen die Ukraine.
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Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FPD), kritisierte im ZDF-"heute journal", dass es immer noch keine Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer geben würde.
Es wäre als Signal richtig gewesen, zumindest den Partnern grünes Licht zu geben. Länder wie Polen möchten eigene "Leopard 2"-Panzer aus deutscher Produktion an die Ukraine liefern, benötigen dazu allerdings eine Genehmigung aus Berlin. "Die Geschichte schaut auf uns, und Deutschland hat leider gerade versagt", monierte Strack-Zimmermann.
Peinlich bei alledem ist sicher, dass seitens des Verteidigungsministeriums erst jetzt eine Bestandsaufnahme der verfügbaren Leopard 1 und 2 bei Bundeswehr und Industrie in Auftrag gegeben wurde. Immerhin ein Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine. Seit längerem wird über die Waffen- und Panzerlieferungen diskutiert und jetzt muss man erst einmal nachzählen, was man denn überhaupt so herumstehen hat.
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Peinlich ist auch, dass nicht längst begonnen wurde, die Bestände der Leopard-I-Panzer wieder instand zu setzen. Ob man sie hinterher liefert oder nicht, muss man ja nicht sofort entscheiden, aber es wäre schon hilfreich, wenn sie schon jetzt funktionstüchtig wären.
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Das stimmt, aber hier muss man realistisch bleiben. De Bestände an alten Leopard I gehören der Industrie. Der Leopard I wurde 2003 bei der Bundeswehr ausgemustert. Und die Industrie modernisiert diese alten Panzer erst, wenn der Bund dafür auch die Kosten übernimmt. Vor dem Jahr 2024 wird davon kein einziges Exemplar mehr ausgeliefert. Diese Dinger muss man ja erst einmal komplett zerlegen und dann wieder neu aufbauen. Zudem arbeitet man ja in der Industrie für 2024 am neuen Leo 3 bzw. Panther...
Und selbst von den rund 300 Leopard 2 der Bundeswehr sollen ja aktuell nur rund 40 % wirklich einsatzfähig sein. Was man aktuell schneller liefern könnte, wären eben u.a. die Leo 2 aus anderen NATO-Ländern. Dazu aber müsste Deutschland grünes Licht geben, da diese Länder ihre Leo 2 nicht ohne Genehmigung abgeben dürfen.
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Zitat von Quork im Beitrag #680Naja, die Frage ist doch eigentlich genau nicht, ob und wann Deutschland und die NATO Kriegspartei werden wollen (wollen sie erklärtermaßen nicht), sondern ab welchem Punkt der Waffenlieferung Russland möglicherweise entscheidet, Deutschland und die NATO als Kriegspartei zu sehen, ganz egal was das internationale Recht sagt. Und ob in diesem Fall dann alle NATO-Mitglieder zu ihren Zusagen stehen (deshalb wohl auch dieses ständige Rückversichern, damit am Ende niemand sagt „Das habt ihr euch aber auch selbst im Alleingang eingebrockt, den Schuh ziehen wir uns nicht an“).
es gibt nur ein kriterium, nach dem russland entscheidet, wer eine kriegspartei ist und wie es darauf reagiert: wenn und wie es bock hat. bei kampfpanzern jetzt "rote linien" herbeizureden (da tut man zudem noch direkt putins job) ist absolut absurd, das haben eigentlich alle begriffen ausser scholz. die vom kreml herbeigewünschte spaltung des westens läuft gerade auf hochtouren und sehr zum schaden deutschlands.
Die Ausreden werden immer dümmer. Vor dem Treffen in Ramstein hatte Scholz die Bedingung formuliert, die USA solle zuerst Abrams-Panzer liefern, was absoluter Unfug ist. Vom logistischen Aufwand abgesehen, werden Abrams-Panzer mit einem Kerosin-Gemisch betankt. Das hat die Ukraine gar nicht. Die sind auf Diesel angewiesen. Da fragt man sich, ob Scholz das nicht wusste oder ob das ein Vorwand für die Öffentlichkeit sein sollte, in der Hoffnung, es würde niemand merken. Völlig unklar war ohnehin, wie man einerseits mit roten Linien argumentieren kann, um dann auf eine Erst-du-dann-ich-Strategie umzulenken. Diejenigen, die noch immer seine besonnene Herangehensweise loben, kann ich da ebensowenig verstehen, weil ich keine Stringenz außer Verzögerung erkennen kann.
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dieses "keine alleingänge" und der ruf nach den amerikanern (den es dann ja angeblich doch gar nicht gegeben hat) ist doch spätestens obsolet, seitdem die USA vor wochen kommuniziert haben, dass die bündnispartner autark entscheiden können und sollen (wohl auch, weil der leopard das bei weitem geeignetere system ist). polen, finnland, zunächst auch spanien etc. stehen bereit, da wäre eine koalition gesetzt. den alleingang haben wir jetzt, wo die welt fassungslos auf unsere blockadepolitik schaut und unser ruf komplett ruiniert ist. die gründe: keine ahnung. wirklich nicht. die angst vor einer eskalation nehme ich scholz nicht ab, andere WERDEN liefern, und nichts wird passieren, ausser, dass die ukraine in einer besseren position ist, wenn russland im frühjahr die nächste großoffensive startet.
Ich bin hauptsächlich ratlos, weil ich die aktuelle Situation nicht verstehe. Mich machen in diesem Konflikt jenseits der Grundsituation nicht mehr so viele taktische Entscheidungen wütend, weil ich meist das Gefühl habe, über entscheidende Informationsteile nicht zu verfügen und in alle Richtungen ähnliches Glaskugel-Lesen zu betreiben, wie 99% der restlichen Welt.