Auf der einen Seite brandmarkt Waters Putin als Faschisten, auf der anderen Seite relativiert er dessen Schuld am Ukraine-Krieg, an dem ja bekanntlich die NATO schuld ist. Was soll man dazu noch sagen?
Das mit dem Ignorieren wird leider nie passieren, weil er nunmal mehrfach Rock-Geschichte geschrieben hat. Ich kann zwar nicht verstehen, warum manche offenbar nach dem 200sten Aufguss noch immer nicht genug davon haben, muss aber zur Kenntnis nehmen, dass sich daran auf absehbare Zeit nichts ändern wird. Ich fürchte, selbst Gary Glitter würde noch die ein oder andere Halle füllen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Die politischen Sichtweisen von Waters sind ja auch auf Alben wie Dark Side Of The Moon, Animals oder The Wall zu finden. Und eben auf seinen Solowerken. Nicht erst seit gestern, sondern seit den frühen 70er Jahren... Da war er 30. Im September wird er 80.
Nun also seine Konzerte boykottieren? Oder vielleicht auch das Plattenlabel? Oder seine Alben (und teils die von Pink Floyd) boykottieren? Oder gleich alle Künstler, die sich mit auf seine Seite stellen? Also z.B. auch Peter Gabriel oder Brian Eno? Keine Zeitschriften mehr kaufen, die über ihn berichten? Wer wendet sich an die Fans, die seine Konzerte dennoch besuchen? Und ihr Geld so ja auch einem „Antisemiten“ in die Hände drücken?
Gerade weil seine Meinung ja durch die Medien geht, kann sich ein jeder auch seine Meinung dazu und eben zu ihm machen. Dazu braucht es gar keine Meinungsvorgabe oder Richtlinie…
Bei vielen Künstlern, deren Alben wir hören, ahnen wir ja vielleicht auch gar nicht, welche politischen Sichtweisen so in ihnen schlummern.
Oder wie es teils (ja auch bei anderen Künstlern) inkonsequent so klingt: ...er ist zwar ein riesiges Arschloch, aber seine Musik mag und höre ich dennoch gern.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Zitat von akri im Beitrag #282 Waters hat ja bei seiner US-Tour auch scharf gegen Trump u.a. gewettert. Eine Demokratie wie die USA hält dies aus.
Er hat ja auch nicht dazu aufgerufen, die USA zu boykottieren und damit ihr Existenzrecht infrage zu stellen.
Eben. Im Israel, das BDS und andere extreme Israelkritiker fordern, würde die jüdische Bevölkerung in weiten Teilen des Landes zur Minderheit werden und wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit religiöser Unterdrückung und Racheakten ausgeliefert, verstärkt noch durch einen dann extremen Ressourcen- und Wohnraumkonflikt. Aufgrund der Vertreibung fast der gesamten jüdischen Bevölkerung aus den mehrheitlich muslimischen Staaten nach der Staatsgründung Israels hätte die Weltgemeinschaft diese beiden gegensätzlichen (aber in der Höhe identischen) Wanderungsbewegungen als de fakto Bevölkerungstausch deklarieren und das Rückkehrrecht der aus Israel vertriebenen Palästinenser ausschließen müssen, finde ich.
Dave Gilmours Reaktion ist ziemlich heftig. Hätte ich in der Deutlichkeit nicht erwartet. Er verlas Grüße von Waters’ Ex-Bandkollege David Gilmour und seiner Frau Polly Samson: Sie wünschten, sie wären in Frankfurt, um ebenfalls gegen Waters zu demonstrieren. „Leider bist du antisemitisch bis in deinen verfaulten Kern“, zitierte Korn eine Botschaft der beiden an Waters. Und an den Musiker in der Festhalle gerichtet sagte Korn: „Wish you were not here.“
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Für meinen Geschmack werden die „Zutaten“ aus über 40 Jahren Pink Floyd Historie etwas zu sehr mit der BDS-Kritik vermengt.
Richtig ist, dass Roger Waters Kritik an der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern übt.
Richtig ist auch, dass Roger Waters in diesem Zusammenhang mit zum Boykott gegen Israel aufgerufen hat.
Dies alles kann man verwerflich finden, sollte die Kritik aber nicht mit angeblich faschistischen Show-Elementen vermengen.
Vieles ist nämlich Teil einer durchaus anti-faschistischen Pink Floyd-Historie. Ob das „fliegende Schwein“ anno 1977 oder die Wall-Show mitsamt faschistoider Ersatzband. Im zugehörigen Wall-Film verkörpert ja Bob Geldof diesen „Faschisten“…
Ich zitiere einmal die Lyrics zum Einstiegssong „In the Flesh“ von The Wall (1979): So ya thought ya Might like to go to the show To feel the warm thrill of confusion That space cadet glow?
I got some bad news for you, sunshine Pink isn't well, he stayed back at the hotel And they sent us along as a surrogate band We're gonna find out where you fans really stand
Are there any queers in the theater tonight? Get 'em up against the wall (against the wall)
Now there's one in the spotlight, he don't look right to me Get him up against the wall (against the)
And that one looks Jewish And that one's a coon Who let all this riff-raff into the room?
There's one smokin' a joint And another with spots
If I had my way I'd have all of them shot…
Dies ist wie gesagt der Text, der von der faschistoiden Ersatzband gesungen wird ... wer die Wall-Show kennt, weiß, dass die "echten Pink Floyd" erst danach auftauchen.
Und auch in den Lyrics von „The Fletcher Memorial Home“ ging es Roger Waters anno 1983 um die führenden Kräfte nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Waters nennt Ronald Reagan, Alexander Haig, Menachem Begin, Margaret Thatcher, Ian Paisley, Leonid Brezhnev, Joseph McCarthy und Richard Nixon, bezeichnet sie als "overgrown infants" und "incurable tyrants", die fast nur Gewalt kennen oder ihre Gesichter gern auf den TV-Schirmen sehen. Und schickt sie in ein „Memorial Home“, dass er nach seinem Vater Eric Fletcher Waters benennt, der im 2. Weltkrieg getötet wurde.
Take all your overgrown infants away somewhere And build them a home, a little place of their own. The Fletcher Memorial Home for Incurable Tyrants and Kings.
And they can appear to themselves every day On closed circuit T.V. To make sure they're still real. It's the only connection they feel. "Ladies and gentlemen, please welcome, Reagan and Haig, Mr. Begin and friend, Mrs. Thatcher, and Paisly, "Hello Maggie!" Mr. Brezhnev and party. "Scusi dov'è il bar?" The ghost of McCarthy, The memories of Nixon. "Who's the bald chap?" "Good-bye!" And now, adding colour, a group of anonymous latin- American meat packing glitterati.
Did they expect us to treat them with any respect? They can polish their medals and sharpen their Smiles, and amuse themselves playing games for awhile. Boom boom, bang bang, lie down you're dead.
Safe in the permanent gaze of a cold glass eye With their favorite toys They'll be good girls and boys In the Fletcher Memorial Home for colonial Wasters of life and limb.
Is everyone in? Are you having a nice time? Now the final solution can be applied.
Das alles ist bereits 40 bis 44 Jahre her und schon damals hatte Waters einen Hass auf die zumeist für Kriege verantwortlichen Führer dieser Welt. Und schon vor 17 Jahren wandte sich Waters etwa gegen die Mauer, die Bethlehem von den palästinensischen Dörfern trennt...
Waters hat eine Abneigung gegen Faschismus. Jenem Faschismus, dessen Opfer auch sein Vater wurde.
Roger Waters war erst fünf Monate auf der Welt, als sein Vater ums Leben kam. Der Leichnam seines Vaters wurde nie gefunden. Dieses Ereignis hat das weitere (künstlerische) Leben von Waters extrem stark mit geprägt.
Waters ist sicherlich ein Kritiker Israels. Ja. Ist er. Und dafür und für seine BDS-Aktivitäten kann man auch ihn kritisieren.
Aber er ist kein Faschist.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Naja, was den Mantel mit der Armbinde angeht, braucht es m.E. nicht viel, um zu verstehen, dass damit kein positiver Bezug zum Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht werden sollte, sondern das Gegenteil. Die damit verbundene Klage ist demnach eine zum Fremdschämen, weil es derer schon unzählige gab, jeweils mit dem gleichen Ergebnis. Man kann und sollte Waters für vieles Kritisieren, aber unter fadenscheinigen Begründungen die Justiz einzuspannen, halte ich für grundverkehrt und wird sich m.M.n. als Eigentor erweisen.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Lumich im Beitrag #295Man kann und sollte Waters für vieles Kritisieren, aber unter fadenscheinigen Begründungen die Justiz einzuspannen, halte ich für grundverkehrt und wird sich m.M.n. als Eigentor erweisen.
Ist auch meine Meinung. Hier wird am falschen Punkt angesetzt.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Zitat von Lumich im Beitrag #295Naja, was den Mantel mit der Armbinde angeht, braucht es m.E. nicht viel, um zu verstehen, dass damit kein positiver Bezug zum Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht werden sollte, sondern das Gegenteil. Die damit verbundene Klage ist demnach eine zum Fremdschämen, weil es derer schon unzählige gab, jeweils mit dem gleichen Ergebnis. Man kann und sollte Waters für vieles Kritisieren, aber unter fadenscheinigen Begründungen die Justiz einzuspannen, halte ich für grundverkehrt und wird sich m.M.n. als Eigentor erweisen.
So ist es. Ebensogut könnte man Laibach als Nazis ansehen, aber es ist ja weitgehend bekannt, dass das Gegenteil der Fall ist. Ich nehme Waters übrigens durchaus ab, dass er kein Antisemit ist, auch wenn er den Staat Israel hart kritisiert. Das passt ja durchaus in seine Gedankenwelt.
Es geht bei BDS aber eben nicht um bloße "Kritik" am Staat Israel, die entgegen häufiger anderslautender Unterstellung selbstverständlich legitim ist, sondern um Boykott, Blockade und Forderungen, die faktisch auf ein Ende Israels als Staat mit jüdischer Bevölkerungsmehrheit hinauslaufen. Dahinter steckt astreines antisemitisches Gedankengut.