2046 - Der ultimative Liebesfilm (HK/CHN/F/I/D/NL 2004, R: Wong Kar-Wai, D: Tony Leung, Gong Li, Faye Wong, Takuya Kimura, Ziyi Zhang, Maggie Cheung) Die Atmosphäre ist meisterlich. Fantastische Bilder, traumhafte Musik, wunderschöne Menschen. Diese Farben! Diese Stimmung! Da merkt man dann schon die Handschrift des Regisseurs. Nur hinterlässt mich der Film manchmal auch ein wenig ratlos. Ich gebe zu: Ich bekomme die unterschiedlichen Frauen hier kaum auseinandergehalten. Und dann verlässt Wong Kar-Wai ja auch immer wieder die Gegenwart des Films, die in den 60er-Jahren spielt, in Richtung der fast 100 Jahre später stattfindenden Sci-Fi-Welt aus der Feder der Hauptfigur, des Autors Chow, der in einem Hotel lebt und dort entweder über vergangene Liebschaften sinniert oder aktuelle amouröse Abenteuer erlebt. Ich halte es da ein wenig mit Roger Ebert, der den Film "visuell umwerfend" nannte, aber auch, dass mehr Stimmung als Bedeutung hervorgerufen werde. 7/10 (aktuell irgendwie eine Einheitswertung bei mir)
Die letzten Sechs in der Playlist: Wild Nothing - Indigo || Crippled Black Phoenix - The Wolf Changes Its Fur But Not Its Nature || Jasmine.4.t - You Are the Morning || Ex-Vöid - In Love We Trust || Victoria Canal - Slowly, It Dawns || Christine and the Queens - Chris
Fisch für die Geisel (D 2022, R: Steffen Cornelius Tralles, D: Enno Hesse, Florian Hacke, Mats Kampen) No-Budget-Film eines jungen Regisseurs, der die Gelegenheit hatte, in einem leeren Haus zu drehen und dann einen Film realisiert hat. In diesem Kammerspiel wollen zwei Brüder nur einen Einbruch verüben - doch während Piet im Wagen auf Herm wartet, bringt dieser eine Geisel mit. Und die ist so clever, dass sie versucht, die Brüder gegeneinander auszuspielen. Während die Figur des Herm einfach nur als Arschloch angelegt wurde, haben die Geisel und Piet ein wenig Tiefe erhalten, sympathisch sind sie aber auch nicht. Der Film wirkt - ob seiner Spontaneität und seiner Improvisationen - leider zerfahren. Er hatte mich schnell verloren. 4/10
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Martha (D 1974, R: Rainer Werner Fassbinder, D: Margit Carstensen, Karlheinz Böhm) Was für ein schrecklicher Film. Aber auch einer, der sehr gut ist. Hauptfigur ist die 31-jährige Jungfer Martha, die ihren Vater verehrt, der im gemeinsame Rom-Urlaub stirbt. In der deutschen Botschaft läuft sie Helmut über den Weg, der sie vom ersten Moment an fasziniert. In Deutschland treffen sie sich zufällig wieder - und heiraten. Martha, die ihr ganzes Leben lang das getan hat, was ihre Eltern wollten, hat nun jemand neuen, der ihr Leben diktiert. Ein Film über Machtmissbrauch, über Sadismus, über eine Frau, deren freier Wille ihr komplett genommen wurde und wird. Brillant gespielt von Margit Carstensen und einem Karlheinz Böhm, dem man am liebsten dauerhaft in die Fresse hauen will. Wie er das komplette Leben seiner Frau bestimmt, sie bewusst demütigt, ist schwierig anzuschauen. Aber bei all der Tragik gelingen Fassbinder auch komische Momente, allen voran einer der schrägsten Heiratsanträge der Filmgeschichte und mit Sicherheit einer der schlimmsten Sonnebrände, die je auf Zelluloid gebannt wurden. 8/10
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Cursed (2022) Handlung laut Moviepilot: "Elly kehrt nach dem Suizid ihrer Mutter nach langer Zeit nach Hause zurück. Dort will sie alles nötige in die Wege leiten und ein bisschen Zeit verbringen. Um sich zu zerstreuen, passt die gelernte Krankenschwester einige Tage auf eine alte Dame auf. Doch im Horrorfilm Cursed ist die alte Dame von einem bösen Dämon besessen, der auch vor Elly nicht haltmacht." Sehr viel mehr gibt es auch nicht zu sagen. Ein unfassbar mieser Film mit unfassbar miesen Schauspielerinnen (Ausnahme: Mena Suvari), der nicht mal für einen spaßigen Trashabend taugt, weil er so langweilig ist. Tipp: Der Trailer ist klasse; er besteht quasi komplett aus den paar guten Szenen des Films.
Schock (2023) Bruno ist Arzt, allerdings ohne Approbation. Den Grund erfahren wir nicht, aber die Folge ist, dass Bruno auf die Behandlung von Menschen beschränkt ist, die aus den verschiedensten Gründen nicht ins Krankenhaus können. Ab ins zwielichtige Köln also! Dummerweise lässt er sich auf einen sehr, sehr lukrativen Deal mit einem schwer kranken Mafioso ein, der ihm mehr Probleme macht, als man denken würde. Und dann läuft alles so richtig aus dem Ruder. Ein sehr gut geschriebener, stimmungsvoller, toll gespielter Film, dessen Finsternis bedrückend wirkt und dessen Realismus oftmals schmerzhaft ist. Nichts für arg zarte Gemüter, weil Bruno ein paar echt fiese Dinge zustoßen. Für alle anderen eine unbedingte Empfehlung.
Gonjiam - Haunted Asylum (2018) Found-Footage-Horror aus Südkorea, der dank sinnvoller Kameraführung weniger anstrengend zu schauen ist als vergleichbare Filme. Eine Gruppe junger Menschen dringt heimlich in das verlassene psychiatrische Krankenhaus Gonjiam ein, das als verflucht gilt, seit sämtliche Patient*innen nebst der Direktorin unter seltsamen Umständen verstorben sind. Sie wollen für ihre YouTube-Show den ultimativen Kick produzieren und per Livestream die Geister des alten Hauses zeigen. Ob sie das - im Gegensatz zu anderen illegalen Besuchern des Hauses - überleben, wird sich zeigen. Der Film orientiert sich klar an Klassikern des Genres wie REC und vor allem Grave Encounters, funktioniert aber aufgrund der klugen Inszenierung, die sich gerade am Anfang ordentlich Zeit lässt, ziemlich gut. Ständig sucht man nach womöglich versteckten Geistern in den dunklen Fluren der Klinik, ohne durch nervige Jumpscares andauernd rausgerissen zu werden. Erst gegen Ende geht es so richtig rund, aber auch das funktioniert meines Erachtens gut. Leider sind gerade die Frauen in der Gruppe arg nervig und der Produzent der ganzen Chose ein bisschen zu klischeehaft drauf, aber ansonsten haben wir hier einen spannenden, saumäßig unheimlichen und gut umgesetzten Horrorfilm ohne übermäßigen Einsatz von Blut oder aufgesetzte Showeffekte. Unbedingte Empfehlung! (Die deutsche Synchro soll suboptimal sein; man kann den Film allerdings auch gut auf Koreanisch mit Untertiteln schauen.)
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Dick und Doof - Wüstensöhne (Hilfe, wir sind ertrunken) (USA 1933, R: William A. Seiter, D: Stan Laurel, Oliver Hardy, Charley Chase) In der ARD laufen gerade eine ganze Menge Laurel-&-Hardy-Filme. Der hier ist am höchsten auf meiner Liste gelandet und hat den Arthaus+-Monat unterbrochen - auch, weil er nach der Arbeit am Sonntagabend wegen der Länge von 62 Minuten ganz gut ging. Leider war ich entweder nicht in der Stimmung oder ich habe dann, häppchenweise als Kind, zu viel von Dick und Doof gesehen. Wirklich mitgerissen hat mich da nichts, auch wenn ein paar Schmunzler dabei waren. Das Timing der beiden bei ihren Slapstick-Gags ist schon großartig. 6/10
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Alice in den Städten (D 1974, R: Wim Wenders, D: Rüdiger Vogler, Yella Rottländer) Keine Lust auf den zweieinhalbstündigen "Tess", deshalb einfach den nächsten Film von der Liste geschaut. Und der hat sich gelohnt. Wim Wenders erzählt die obskure Geschichte vom Journalisten Philip, der am Flughafen in New York Lisa und ihre Tochter Alice kennenlernt. Alle drei warten auf einen Rückflug nach Amsterdam und verbringen eine Nacht gemeinsam im Hotel. Als Philip am nächsten Morgen aufwacht, ist Lisa verschwunden und bittet den Journalisten, mit Alice nach Amsterdam zu fliegen, sie komme einen Tag später nach. Als Lisa nicht auftaucht, macht sich Philip mit Alice auf der Suche nach ihrer Großmutter. Gemeinsam durchstreifen sie das Ruhrgebiet. Feinfühlig, mit wenigen Worten, aber einer unglaublichen Chemie zwischen Hauptdarsteller Vogler und der zehnjährigen Yella Rottländer und dem hypnotischen ruhigen Gitarrenthema von Can, gelingt Wenders ein liebenswerter Streifzug - erst durch die USA, dann durchs Ruhrgebiet. Die Suche nach der Großmutter bedeutet für den Journalisten, endlich eine Aufgabe zu haben und einen Sinn in seinem Tun zu sehen. Er übernimmt Verantwortung. Lost im Pott sozusagen. 8/10
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Goldhelm (F 1952, R: Jacques Becker, D: Simone Signoret, Serge Reggiani, Claude Dauphin) Wenn drei Männer dieselbe Frau begehren, geht es nie gut aus. Wenn einer davon ein Bandenboss, der andere ein Gangster und der dritte ein einfacher Zimmermann ist, erst recht nicht. Doch die schöne Marie will nur mit dem Zimmermann Georges tanzen und nicht mit dem eitlen Roland, der behauptet, die beiden seien zusammen. Und von Boss Leca will sie gar nichts erst wissen. Simone Signoret spielt die drei Männer dank ihrer Leinwandpräsenz und Ausstrahlung an die Wand. Für damalige Verhältnisse sind hier außerdem Szenen enthalten, die wohl schockiert haben dürften: Als Leca Marie an die Brust fasst oder für einen kurzen Moment der nackte Hintern von Georges zu sehen ist. Becker orientiert sich an einer wahren Geschichte aus dem Jahr 1902, schmückt sie ein wenig aus. Der Film ist 1952 in Frankreich gefloppt, war in England aber ein Hit. Ich finde ihn auch heute noch sehenswert, aber mit Abstrichen. 7/10
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Ein typisches Kind der 80er ... nicht besonders gut, aber mit einer denkwürdigen Eröffnungssequenz und einer Busverfolgungsjagd, die im Gedächtnis bleibt. Unterm Strich ein eher oberflächliches Stück Nostalgie.
Die deutsche Synchro sollte man meiden ...
"Soviet method is more economical." (Ivan Danko)
Der Tod der menschlichen Empathie ist eines der frühesten und deutlichsten Zeichen dafür, dass eine Kultur gerade in Barbarei verfällt. (Hannah Arendt)
Kleines Retrokino in Kiel. Im Vorspann Werbung für das Album, der Sound etwas zu leise, mein Bruder geht zum Personal und bittet um etwas mehr Lautstärke, dem Wunsch wird Folge geleistet.
Ab da nur noch Gänsehaut und Begeisterung. Die Filmaufnahmen sind klar und der Ton ist bekanntlich aufgearbeitet. Das Zusammenspiel von Bild und Ton ist perfekt.
Das besondere an diesem Film ist ja, dass die Band im Amphitheater in Pompeji ein Konzert ohne Audienz spielt. Nur die Band, ein Kamerateam und ein paar Techniker.
Die Musik wird unterlegt mit Bildern aus Pompeji, Lavaflüssen, blubbernder Magma, die Musiker unterwegs in der kargen Landschaft und mit Aufnahmen der Fratzen aus Fresken, Steinbildern und Mosaiken.
Viel ruhige, sehr ruhige Kamerafuhrung, immer wieder der Blick auch im Detail auf das Handwerken der vier, Aufnahmen aus dem Studio oder sehr lustige Szenen beim Abendessen. Es gibt Einzelinterviews und auch viel beeindruckende Technikimprovisationen, z. B. wie Gefrickel zum Klang wird.
Die Filmaufnahmen, und somit die Musik, sind 50 Jahre alt, und ich kann kaum fassen, wie sehr die Musik, die Kompositionen, kreiert mit den Möglichkeiten von damals, das halbe Jahrhundert derart beeindruckend überdauert haben.
Der Film zeigt sich charmant, eindringlich und bewegend ... und gleichzeitig von trügerischer Einfachheit. Wenders beobachtet die winzigen Details einer alltäglichen Existenz mit Klarheit und sehr viel Empathie. Sehr schöner Soundtrack ...
"Next time is next time. Now is now." (Hirayama)
Der Tod der menschlichen Empathie ist eines der frühesten und deutlichsten Zeichen dafür, dass eine Kultur gerade in Barbarei verfällt. (Hannah Arendt)