Zitat16. Ton, Steine, Scherben - Wir müssen hier raus
So, die erste Band, bei der ich meine selbst gesetzte Drei-Songs-pro-Band-Begrenzung voll ausschöpfe. Es geht politisch weiter, aber auf einer viel persönlicheren, innerlicheren Ebene, die vielleicht genau deshalb inhaltlich besser altert. Rio Reiser war ein Genie, wenn es darum ging, eine Brücke zu schlagen von der innerlichen Befindlichkeit zum äußerlichen politischen Akt. Dass er außerdem große Gefühle so treffend und unkitschig formulieren konnte wie sonst kaum jemand, kommt dann noch dazu. Heute verbinde ich den Song (obwohl ich ihn schon eine ganze Weile vorher kannte) mit den letzten Sommerferien meines Lebens (nach der Schule sind es maximal noch Ferien im Sommer, aber ganz sicher nie wieder Sommerferien). Im ersten eigenen Auto und der noch feuchten Unterschrift auf dem Führerschein in Richtung Ostsee, sechs Jungs, zwei Autos, zwei Wochen im Zelt am Strand, zweimal täglich Grillen, maximal einmal täglich nüchtern, und genug gute Erinnerungen für ein Leben.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Zitat17. Ton, Steine, Scherben - Komm, schlaf bei mir
Auch das waren die Scherben: Nach dem (auch großartigen) Parolen- und Titelsong "Keine Macht für Niemand" kommt als Rausschmeißer dieses kleine Stück Musik, ein gefühlt ewiges Intro, spärlich instrumentiert, eigentlich fast nur Rio mit seiner Stimme. Ein Text, der einfacher kaum mehr sein kann, emotionaler und offener, unverkünstelter eigentlich auch nicht, und ein minderer Interpret hätte daraus vermutlich ein kitschiges Stück Fremdscham gemacht. Er nicht.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Zitat18. Ton, Steine, Scherben - Der Traum ist aus
Dazu schreib ich jetzt nichts. Zu Rio und den Scherben ist alles gesagt, dieser Song steht für sich. Und ist mE der beste deutschsprachige Song aller Zeiten.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Die erste Musik, die ich über ein Online-Forum kennengelernt habe! Vor der Gründung dieses Forums mussten dafür allerdings andere Quellen herhalten, meine war das GSPB, das Forum der von mir damals gelesenen PC-Spiele-Zeitschrift GameStar. Offenbar waren Forumianer schon damals gerne fachfremd unterwegs, denn der mit Abstand größte Teil des Forums drehte sich um Off-Topic-Krempel, bevorzugt Politik und Musik. Es gab da ein paar mich in beiderlei Hinsicht prägende Gestalten (Winnie und Jack können möglicherweise mit "Hagbard Celine", "Preacher" und Konsorten noch was anfangen), und die natürliche Verbindung dieser beiden Themenfelder vollzog sich in meinem Erstkontakt zu ...But Alive, und zwar über eben diesen Song. Er stammt von ihrem letzten Album, das sie 1999 kurz vor ihrer Trennung aufgenommen hatten. Ursprünglich aus dem Punk kommend, hatten sie sich da schon stilistisch ziemlich freigeschwommen, um dann im Nachgang auf dem Umweg über Ska (Rantanplan) zu Kettcar zu werden. Dieses Übergangswerk (und die erste Kettcar-Platte) ist für mich der Höhepunkt ihres Schaffens, danach wurde es leider etwas sehr bodenständig-rockend, davor war es teilweise zu simpel antifalinientreu (auch wenn mich das damals politisch durchaus angesprochen hat).
ohja, damit kann ich definitiv noch was anfangen muss mich mal in deine songs reinarbeiten. but alive stehen da mal an erster stelle
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
ZitatMir fehlt da eigentlich nur "Schritt für Schritt ins Paradies" für ein perfektes Trio. Da das aber alles auf dem gleichen Album ist, will ich nicht meckern
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
ZitatJa, das ist mir auch aufgefallen, dass alle drei Songs vom selben Album sind. Ich habe erst versucht, ein bisschen Abwechslung reinzubringen, aber das wäre (trotz der vielen anderen tollen Songs von TSS) nicht ehrlich gewesen.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
ZitatEs wird jetzt ein bisschen bunt gemischt, zwischen 17 und 20 war bei mir musikalisch vollkommen querbeet alles dabei, überwiegend in Form von Einzelsongs, die ich aus den neu entdeckten Weiten des Internets gezogen hatte. Das führte zu teilweise grausamen Mix-CDs, auf die einfach wahllos Songs geschmissen wurden, die ich gerade mochte, bis der Rohling voll war. Ästhetisch unter aller Sau, höre ich manche davon heute noch gelegentlich gern, weil sie durch nichts als den Teil meiner Lebenszeit zusammengehalten werden, in dem die Songs zusammengeworfen wurden. Ein wichtiger Song dieser Zeit:
Was kann ich sagen? Immerhin antifaschistisch, soweit kann ich mich damit weiterhin identifizieren. Ich mag noch immer das Hymnische, den Bombast. Schon damals war das nicht unbedingt meine politische Kante (auch wenn die Richtung stimmte), aber die Haltung gefiel mir. Und auf 15-Stunden-Fahrten mit der Familie nach Italien, auf denen reihum jeder eine CD nominieren durfte, die dann durchgehört werden musste, war es eine äußerst willkommene Abwechslung zu Toni Braxton/Backstreet Boys (die ältere meiner jüngeren Schwestern, damals 16), dem "Sailor Moon"-Soundtrack (meine kleine Schwester, damals , kirchlicher Chormusik (meine Mutter) und irgendwas von ECM/Classic Rock (mein Vater in einer seiner schlimmeren Phasen).
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
CD: Urlaub 2002/1 Track davor: Trude Herr - Ich will keine Schokolade Track danach: Sam the Sham & the Pharaohs - Wooly Bully
Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin. Der Song ist vielleicht ein bisschen sehr gehaucht und für den Text habe ich mich wie so oft null interessiert, aber das Wehmütige kommt auch so rüber, und bis heute ist es einer meiner liebsten Songs von einem Interpreten, mit dem ich sonst wenig bis gar nichts anfangen kann.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
CD: Ostsee 2001 Track davor: Beck's Pistols - Pöbel und Gesocks Track danach: Creme de la Creme - Haschisch Kakalake
Ich weiß, das gibt Gegenwind, aber der Song ist noch heute weit vorne, wenn es daran geht, eine Arschtritt-Playlist zu basteln. Später, als ich auch mal alleine im Auto sitzen konnte, hab ich gern voll aufgedreht und versucht, den wahnwitzigen Extrakreisch-Gesangspart mitzusingen. Wie es klang, darüber kann glücklicherweise niemand Zeugnis ablegen (ich auch nicht, die Musik war zu laut), aber das Resultat war jedesmal Halsweh.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Wo der Wind eh schonmal von vorne weht: Cat Stevens. 2001 war ich auf "Studienfahrt" in Rom, der vornehme Name für "letzte Klassenfahrt der Schulzeit mit kulturellem Feigenblatt". Damals habe ich die Wirkung von Kaffee lieben gelernt (der Geschmack brauchte noch ein paar Jahre). Nach koffeingestütztem Kulturprogramm am Vormittag (meistens nicht so uninteressant, wie wir vorgaben, es zu finden), Pizza am Mittag und Getränkebeschaffung am Nachmittag ging es jeden Abend in Richtung Spanische Treppe, Bier, Weib und Gesang genießen. Bier war Birra Moretti (noch heute mit besten Erinnerungen verbunden, gern kombiniert mit billigem Limoncello...), Weib war unerreich- aber immerhin anhimmelbar, Musik war immer irgendjemand mit Gitarre, und da landet man dann schnell beim kleinsten gemeinsamen Nenner. Damit will ich keineswegs Cat Stevens abwerten, viele Sachen von ihm finde ich noch immer sehr angenehm, aber viele sind eben auch komplett totgespielt, unter anderem "Father and Son", ein Song, der sowieso schon jenseits der Kitschgrenze liegt. Sollte ich heute einen Lieblingssong benennen, wäre es vielleicht "Peace Train". Oder "If You Want to Sing Out, Sing Out". Aber die ersten Takte von "Father and Son" katapultieren mich jedesmal wieder auf diese Fahrt, und dafür gebührt ihnen ein Platz in dieser Liste.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Jahrelang meine meistgehörte Band. Ohne Scheiß. Ich fürchte irgendwie, es könnten sich noch Spätfolgen entwickeln, aber wenn ich im Stadium mittlerer Demenz unablässig Kassier-Texte rezitiere, hat die Pflege wenigstens was zu lachen. Musikalisch ist "Blumenkohl am Pillemann" - im Gegensatz zum klassischen Kassierer-Text - eher untypisch, wobei die Kassierer neben dem ursprünglichen Punk schon so ziemlich alle Genres abgegrast haben, inklusive Kreisler-Hommage ("Tauben vergiften im Park"), Sinatra-Cover ("So leb dein Leben"), Hörspiel ("Der Sackabreisser von Wattenscheid") und Opernarien ("Habe Brille", nur für starke Nerven). Dass sie mit ihrer Textperle "Frauenarzt" zu meinem Zweitstudium beigetragen haben sollen, ist ein ebenso bösartiges wie unwahres Gerücht.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."