Der Vergleich ist drastisch, aber nicht zynisch. Es geht darum, dass man in einer Krisensituation den Normalfall nicht einfach ausrufen kann. Die Krise muss erst beendet sein oder zumindest beherrschbar.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Lumich im Beitrag #7006 Die Krise muss erst beendet sein oder zumindest beherrschbar.
"Beherrschbar" ist so ziemlich exakt mein Verständnis der aktuellen Situation: Lasche Variante dominant, weitgehender Schutz der Bevölkerung gegen schwere Verläufe, auf moderatem Niveau stagnierende Hospitalisierungsrate und sinkende Inzidenz samt Sterbeziffer. Das Risiko einer Lageverschlimmerung bei weitgehenden Öffnungen in den beginnenden Frühling hinein geht gegen Null.
Es gibt nicht nur den Frühling, es gibt auch den Herbst. Wir machen gerade denselben Fehler zum dritten Mal.
Das mit der Übersterblichkeit ist ganz interessant, wenn man es mal in den Alltag übersetzt. Versucht mal den Angehörigen eines durch Corona Verstorbenen zu erklären, dass dafür bestimmt jemand anders am Leben geblieben ist, der sonst einen Autounfall gehabt hätte oder ähnliches. Wie man hunderte von täglichen Toten einfach so abtun kann, obwohl ein gehöriger Anteil vermeidbar gewesen wäre, kann und will ich nicht verstehen… von wegen zynisch und so.
Die Krankenhäuser sind gerade nicht in den Intensivstationen über Gebühr belastet, soweit stimmt es. Bei den PatientInnen, die massenweise die übrigen Stationen belegen, heißt es für das Personal jedes Mal, dass besondere, aufwändige Vorkehrungen getroffen werden müssen, um Ansteckungen zu vermeiden.
Bundesweit haben wir einen sehr hohen Krankenstand, der u.a. öffentliche Infrastruktur massiv einschränkt, bspw. durch Bus- und Bahnlinien, die nicht oder deutlich seltener fahren. Auch privatwirtschaftlich sind gerade große Ausfälle zu beklagen.
All das zusammengefasst eine „beherrschbare Krise“ zu nennen, nur weil es zuvor schon schlimmer war, das finde ich zynisch.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
@Lumich: Du willst jetzt ernsthaft aus Angst vor einer rein spekulativen Krisenentwicklung im Herbst die aktuellen Maßnahmen weiterlaufen lassen? Ja, wie lange denn: bis 2025? Oder besser gleich für immer?
Wie erklärst du dem Angehörigen eines Verkehrstoten, warum nicht ab Werk alle Fahrzeuge auf 30 Km/h gedrosselt werden müssen, was die Zahl der Verkehrstoten auf nahezu Null senken würde? Wie erklärst du den Angehörigen eines Kindes, das beim Spielen in einem Bach ertrunken ist, warum dieser nicht auf der gesamten Strecke von einem unüberwindbaren Zaun umgeben ist? Wie erklärst du den Angehörigen eines Herzinfarktopfers, warum dieses nicht verpflichtend alle acht Wochen zu einer Vorsorgeuntersuchung musste? Ganz einfach, weil am Ende bei all diesen Fragen ein gesellschaftlicher Kompromiss aus individuellem und kollektivem Schutzbedürfnis aber auch Freiheitsrechten, fiskalischer Vernunft sowie sozialen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten getroffen werden muss. Covid hat sich in Bezug auf alle Kennziffern längst anderen endemischen Krankheiten angenähert und es gibt wirkungsvolle Impfstoffe sowie große Fortschritte bei der Symptombehandlung. Du darfst das ja anders bewerten, aber für mich kann das nur ein zeitnahes Herunterfahren der Maßnahmen bedeuten.
Zitat von LFB im Beitrag #7010@Lumich: Du willst jetzt ernsthaft aus Angst vor einer rein spekulativen Krisenentwicklung im Herbst die aktuellen Maßnahmen weiterlaufen lassen? Ja, wie lange denn: bis 2025? Oder besser gleich für immer?
Wie erklärst du dem Angehörigen eines Verkehrstoten, warum nicht ab Werk alle Fahrzeuge auf 30 Km/h gedrosselt werden müssen, was die Zahl der Verkehrstoten auf nahezu Null senken würde? Wie erklärst du den Angehörigen eines Kindes, das beim Spielen in einem Bach ertrunken ist, warum dieser nicht auf der gesamten Strecke von einem unüberwindbaren Zaun umgeben ist? Wie erklärst du den Angehörigen eines Herzinfarktopfers, warum dieses nicht verpflichtend alle acht Wochen zu einer Vorsorgeuntersuchung musste? Ganz einfach, weil am Ende bei all diesen Fragen ein gesellschaftlicher Kompromiss aus individuellem und kollektivem Schutzbedürfnis aber auch Freiheitsrechten, fiskalischer Vernunft sowie sozialen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten getroffen werden muss. Covid hat sich in Bezug auf alle Kennziffern längst anderen endemischen Krankheiten angenähert und es gibt wirkungsvolle Impfstoffe sowie große Fortschritte bei der Symptombehandlung. Du darfst das ja anders bewerten, aber für mich kann das nur ein zeitnahes Herunterfahren der Maßnahmen bedeuten.
Nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre von reiner Spekulation zu sprechen, dafür braucht es schon Chuzpe. Wenn aus unerfindlichen Gründen der Schadensfall nicht eintritt, kann man ja immernoch die Maßnahmen lockern oder gar fallenlassen. Und diese Frage, „wie lange denn noch…“ ist doch geradezu albern: Natürlich bis die Krise beendet oder wenigstens beherrschbar ist - nicht wenn man genervt genug ist und keine Lust mehr hat. Und deine Sterbe-Analogien gehen am Punkt vorbei: Zu sagen, dass die Übersterblichkeit nicht mehr gegeben wäre, heißt doch im Umkehrschluss, dass Hunderte Tote jeden Tag noch nicht Grund genug sind, im Supermarkt eine Maskenpflicht aufrecht zu erhalten. Es geht nicht darum, dass niemand mehr sterben soll, sondern dass Maßnahmen ergriffen werden, um das Sterben zu minimieren, so wie beim strapazierten Straßenverkehrs-Vergleich auch. Da wurden in der Vergangenheit massig Maßnahmen und Vorschriften erlassen (m.M.n längst nicht genug, aber das ist ein anderes Thema).
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Impfung, die Sterblichkeitsrate von Omikron und die Situation im Gesundheitswesen rechtfertigen Einschränkungen nur noch sehr schwer (ich persönlich wäre dennoch für Beibehaltung der Maskenpflicht, weil ich die nur für einen vergleichsweise kleinen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte halte). Das kannst Du aus Staatssicht nicht mit einem "wenn es nicht kommt, können wir sie ja immer noch fallen lassen" legitimieren. Im Moment ist die Situation beherrschbar.
Selbst wenn man die derzeitige Situation als beherrschbar einschätzt, was ich aus genannten Gründen nicht tue, dann ist man doch gerade jetzt aktiv dabei die Situation wieder zu verschlimmern. Wir treiben also unnötig die Zahlen hoch und nehmen Tausende von Toten inkauf, übrigens auch unter denjenigen, die auf dringende Operationen warten.
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Es ist eben nicht "unnötig", denn es handelt sich um Eingriffe in die Freiheitsrechte, in die Volkswirtschaft, in den Kulturbetrieb, in die Gastronomie etc. die sinnvoll begründet werden müssen. Ein "es könnte irgendwann wieder schlimmer werden" reicht nicht, noch dazu, wenn wirklich alle Indikatoren darauf hindeuten, dass sich die Situation weiter entspannt, selbst bei einer kompletten Aufhebung aller Maßnahmen. Du kannst Politik nicht an einem unwahrscheinlichen worst case Szenario ausrichten, das du dir quasi selbst ausdenkst.
Ja, meiner Meinung nach ist das der Preis, den freiheitliche, demokratische Gesellschaften zahlen: Du kannst immer erst sehr spät reagieren, wenn der Handlungszwang offensichtlich ist. Ein autoritärer Staat wie China riegelt auch einmal eine Stadt ab, wenn es die ersten drei Fälle gibt.
Ist sicherlich richtig, klingt mir aber zu sehr, als müsse man sich in einer Demokratie notgedrungen für den falschen Weg entscheiden, weil die Mehrheit die bessere Alternative mangels Voraussicht nicht mitträgt. Ich glaube, dass wir aufgrund unserer maßvollen Politik besser auf mögliche gefährlichere Varianten in der Zukunft vorbereitet sind als China. Bei uns haben neben den Impfungen noch 20 bis 30 Millionen Immunsysteme wichtige Erfahrungen gesammelt, die auch noch in Jahrzehnten wichtig sein können, siehe Spanische Grippe, da hatten diejenigen die beste Überlebenschance, die sich 30 Jahre zuvor mal mit einem ähnlichen Erreger infiziert hatten.
Interessanter Ansatz zur Erklärung, warum aus "Ich will aber keine blöde Maske tragen!" durchaus ein "Trag gefälligst keine blöde Maske!!" werden kann. (Ich trage übrigens meine Maske noch, wenn ich in Geschäfte gehe.)
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Ein neuartiger Corona-Impfstoff soll insbesondere Krebspatienten und Menschen mit angeborenem Immundefekt vor Covid-19 schützen.
Das von Tübinger Forschern entwickelte Präparat CoVac-1 zeigte in einer kleinen klinischen Studie bei 93 % der geimpften Probanden die gewünschte Aktivierung der T-Zell-Immunantwort. Das berichteten die Wissenschaftler auf der Jahrestagung der US-Krebsforschungsgesellschaft AACR. Inwieweit die 14 Probanden mit der Impfung vor einer Infektion oder schweren Symptomen geschützt sind, wurde nicht untersucht.