Ich hab's mir lange vorgenommen, also fange ich mal damit an. Zuerst mal die Diskografie, in den folgenden Tagen schreibe ich (vllt. ja nicht nur ich) ein paar Worte zu jedem Album. Also, los geht's:
Maxinquaye (1995, RE 2009)
Nearly God (1996)
Pre-Millenium Tension (1996, RE 2016)
Angels With Dirty Faces (1998)
Juxtapose with DJ Muggs and Grease (1999)
Habe sieben der aufgeführten Alben und halte "Maxinquaye" für eines der besten mir bekannten Alben der 90er ... und "Pre - Millenium Tension" mittlerweile für extrem unterschätzt. Bin sehr gespannt, lese (und schreibe) sowas ja sehr gerne.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Gerade nachgezählt: Auch ich habe sieben seiner Alben. Von den ersten drei Alben abgesehen sind die Erinnerungen aber teilweise recht verblasst. Der Strang hier ist aber ein guter Anlass mich mal wieder durch seine Platten zu hören
Ich habe auch noch mal nachgezählt, bei mir sind es 11.
Edit: Ich höre mich jetzt mal durch - zumindest fange ich damit an.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) The sex and drugs have gone and now its just the rock n roll (Shaun Ryder)
Bevor ich mit dem ersten Album anfange, möchte ich erstmal darüber schreiben, wie ich überhaupt zu Tricky gekommen bin. Die Anfänge des Bristol-Sounds habe ich nicht als solchen zur Kenntnis genommen. Im Rückblick spielen da KünstlerInnen wie Neneh Cherry und Soul II Soul eine Rolle, die ich sehr wohl kannte, aber nichts von einer Szene wusste, nichts von Leuten wie Nelle Hooper. Irgendwann lief Unfinished Sympathy auf MTV (früher gab es mal Musik auf MTV) in Dauerrotation. Das gab mir erstmal gar nichts. Selbst Protection klang für mich wie eingeschlafene Füße, und Everything but the Girl mochte ich schonmal gar nicht. Größter Näherungspunkt war vielleicht Björk, die ich seit dem ersten Soloalbum mochte (die Sugarcubes mochte ich nie). Zu der Zeit habe ich ohnehin größtenteils Metal gehört, war aber durchaus offen für andere Stilrichtungen.
1995 kam das Debut von Portishead auf den Markt. Die Vorab-Single Glory Box hat mich umgehauen. Einige Zeit später hatte ich auch das Album - zumindest als CD-R (meine allererste CD-R übrigens). Als kurz danach ein Typ namens Tricky über den Instrumental-Track von Glory Box rappte, war ich erstmal sehr verärgert. Für mich war das ein billiger Rip-Off. Dass er was mit Massive Attack zu tun hatte, wusste ich nicht, und es hätte mich damals auch nicht interessiert. Ein Jahr später schaltete ich das Radio an. Der berlin-brandenburgische Jugendsender Fritz hatte abends Musiksendungen, die thematisch kuratiert waren und auch Specials mit Interviews beinhalten konnten. Ich hatte die Sendung nicht von Anfang an gehört, deshalb wußte ich erstmal nicht, wem diese kaputte, krächzende Stimme gehörte. Es ging wohl um ein Projekt, dass sich Nearly God nannte, und ich hörte den Track Poems. Von da an hatte ich meine Meinung über Tricky geändert und habe mir nach und nach seine Alben besorgt. Ich habe dabei einige Überraschungen erlebt, sah ein paar bemerkenswerte Konzerte - auch ein paar weniger bemerkenswerte.
Sein Output hat m.M.n. seit 2003 qualitativ stark nachgelassen. Obwohl es immer mal wieder etwas besser wurde, hat es die Qualität seiner Alben bis dahin nie mehr erreicht. Ich vermute, dass er heute vieles allein macht, wo er vorher noch viele Unterstützer hatte, die aus Halbgarem Hörbares gemacht haben. Zum anderen wurde so um das Jahr 2000 herum eine Lebensmittelunverträglichkeit bei ihm festgestellt, die wohl Ursache war, für seinen bis dahin instabilen Geisteszustand. Was sein Leben und das einiger Menschen in seiner Umgebung schwer erträglich machte, war möglicherweise die Quelle seiner spannendsten Einfälle. Viele seiner Texte sind völlig unzusammenhängend. Manchmal reiht er nur halbgare Reime aneinander. Teilweise bekam ich den Eindruck, die Notizen eines komplett Gestörten zu hören - zumindest zu seinen spannendsten Zeiten.
Seit Anfang seiner Solokarriere war Tricky stets mit dem Anspruch von außen konfrontiert, er möge wieder so ein Album wie Maxinquaye aufnehmen, dessen er sich konsequent verweigerte. Zeitweise hat er sogar genau das Gegenteil getan. Ich habe Konzerte von ihm gesehen, wo Teile des Publikums die Augen vor Schreck weit offen hatten, weil sie etwas kuscheliges erwartet hatten, und stattdessen eine Dröhnung abbekamen. Ich habe mal jemanden schimpfen hören, dass er doch nicht gekommen sei, um sich ein Deathmetal-Konzert anzusehen, was natürlich kompletter Quatsch war, aber eben auch Ausdruck seines Entsetzens.
So, jetzt ist die Einleitung länger geworden, als ursprünglich gedacht. Als nächstes sollte es dann mit den Alben losgehen. Also, Fortsetzung folgt.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Da war mein Einstieg ein ganz anderer. Ein Freund hatte mich recht früh auf Massive Attack aufmerksam gemacht, was damals bei mir wie eine Bombe einschlug. Entsprechend empfänglich war ich für alles was da aus Bristol kam. Rückblickend war das musikalisch eine aufregende Zeit. Wie ich diese Sachen verschlungen hab. Z. B. auch diese ganzen Maxis von Björk mit den teilweise recht aufregenden Remixen. Tricky lief da bei mir entsprechend mit vielen anderen Dingen automatisch mit, wobei ich "Maxinquaye" rauf und runter hörte. Das Nearly God Album war dann aber für mich nochmals ein besonders markantes Album. Atmosphärisch fand ich das vom ersten Moment an ziemlich beeindruckend. Gerade weil es ein schöner, rauer Gegenpart zu vielen recht poppig angelegten Alben dieser Zeit war.
Spätestens mit "Blowback" habe ich bei Tricky dann aber das Interesse etwas verloren. Musikalisch hat mich das zwar mehr oder weniger immer erreicht, aber irgendwann war dann doch klar, dass er die Intensität seiner erster Alben nicht mehr erreichen wird.
Ich lernte Tricky kennen, als die SPEX angefangen hat, ihn zu hypen und seine Videos auf MTV liefen. Anfangs fand ich alles scheiße. Von Massive Attack kannte und mochte ich bereits "Unfinished Sympathy", "Glory Box" von Portishead hat mich ebenfalls umgehauen, und dann kam "Karmacoma", ebenfalls von Massive Attack. Das war so eine Art Erweckungserlebnis. Ich kannte das Stück noch nicht, und jemand im Club sagte zu mir, das wäre Tricky, worauf ich mir gleich am nächsten Tag auf gut Glück spontan "Maxinquaye" gekauft habe. "Karmacoma" war zwar nicht drauf (als "Overcome", aber das zählte nicht ... habe mir ein paar Tage später die Maxi - CD gekauft, weil mir die "Protection" zu poppig war, was später auch korrigiert wurde), aber bei mir hat der CD - Kauf einen kompletten Schalter umgelegt. Hörte eine zeitlang nur noch "Maxinquaye" ... daheim, im Auto, überall. "Black Steel" ist zwar ein nach wie vor Skipkandidat, aber der Rest kreiert eine so unfaßbare Atmosphäre ... absolut einzigartig. Ein Album für die Ewigkeit.
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Die Erweckungsgeschichte ging offensichtlich bei allen ähnlich. Bei mir war der erste Berührungspunkt auch Massive Attack und deren Album "Blue Lines". Und zu denen kam ich ich auch über "Unfinished Sympathy". Als dann Anfang 1995 "Maxinquye" erschien, habe ich es mir natürlich sofort gekauft. Das war sowieso eine beeindruckende Albumreihe ab Ende 1994 mit "Protection", "Dummy" und eben "Maxinquaye".
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Nicht bei allen, ich war da erst 6. Bei mir ging's Ende der 90er grob über Leute wie DJ Krush los, die mich mit Turntableism schnell auch in Richtung Trip-Hop pushten. Da hatte Tricky nie unbedingt einen Stammplatz bei mir, aber schätzen kann ich trotzdem eine Menge, die er da mitgestaltet und selbst fabriziert hat.
Ja, hier lief das auch so ungefähr ab, wie bei allen hier, damals hätte man vermutlich unter einem Stein leben müssen, um den folgenden Bands und Interpreten zu entkommen: Massive Attack (fand ich nach "Unfinished Sympathy" super und bin auch immer dran geblieben), Tricky (Gefiel mir auch, vor allem "Black Steel", habe aber nach den ersten beiden Alben bis vor kurzem keine weiteren gekauft. Den 2020er Output fand ich wieder ok, mehr noch die EP als das Album), Everything but the Girl (die Hits waren mir pflichtbewusst ein bisschen zu kommerziell, aber irgendwann hatte ich doch die ganze Discografie zusammen, inzwischen auch den Solo-Output der beiden). Portishead (hat nie gezündet, war mir einfach zu eindimensional depressiv-schlurfig. Neulich ja alle Alben mal nachgekauft um da nochmal ranzugehen).
@King: Ich habe mir neulich endlich mal die Maxi-CD von "Black Steel" nachgekauft, das sind von den vier Remixen zwei sehr düster und entschleunigt, die wären bestimmt eher was für dich, falls du da mal günstig drüber stolperst (auf Vinyl natürlich, ich weiß, ich weiß).
Zitat von victorward im Beitrag #6Da war mein Einstieg ein ganz anderer. Ein Freund hatte mich recht früh auf Massive Attack aufmerksam gemacht, was damals bei mir wie eine Bombe einschlug. Entsprechend empfänglich war ich für alles was da aus Bristol kam. Rückblickend war das musikalisch eine aufregende Zeit.
definitiv. bei mir kam der einstieg ueber portishead - ob es nun deswegen ist, weil sie die zweiten waren oder wirklich an der musik liegt, weiss ich nicht, aber massive attack kamen und kommen bei mir nicht an portishead ran. trotzdem, blue lines, protection, mezzanine, das sind alben, die meine adoleszenz wesentlich gepraegt haben und es ist nur logisch, dass ich dann auch bei tricky haengengeblieben bin. mit dem king gehe ich d'accord, pre-millenium tension ist unterschaetzt, grundsaetzlich mag ich alles bis blowback wirklich gerne, bei tricky gilt fuer mich auch "je kaputter desto besser".
ach, trip hop und was alles darunter verstanden wurde. was diese musik alles fuer mich getan hat, ist schwer in worte zu fassen.
Das hatte ich bislang überhaupt nicht so wahrgenommen, dass "pre-millenium tension" als unterschätzt gilt. Die Erinnerung mag täuschen, aber Tricky war zu dieser Zeit doch noch ziemlich beachtet und geschätzt???
Pre-Millennium Tension war Trickys erster Stinkefinger an alle, die ein zweites, drittes, viertes Maxinquaye von ihm erwarteten. So entspannend wie sein erstes Album ist, so beunruhigend, aggressiv und teilweise zäh ist dieses. Dennoch kann man sagen, dass er zu dieser Zeit noch viel Beachtung und Anerkennung genoss - mit Sicherheit mehr als heute.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Das schon, aber irgendwie war das doch immer außen vor. Kann mir auch nur so vorkommen, aber irgendwie führt das so ein Stiefkinddasein, weil es halt nichts mehr Neues war.
War eigentlich an victorward gerichtet.
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