Interessante Reportage über Rosenquarz aus Madagaskar.
Erst einmal ist es natürlich Hokuspokus, dass die Steine eine Wirkung haben (ist hier wahrscheinlich eh den meisten klar). Seit geraumer Zeit gibt es wohl einen Beauty Trend (Tiktok, Claudia Schiffer, B. o T. Kaulitz, kann die nicht unterscheiden, etc.) für Gesichtsroller aus Rosenquarz.
Letztenendes geht es um den Abbau der Steine und Kinderarbeit. Schlimmste Erkenntnis: das neue Lieferkettengesetz, das im nächsten Jahr in Kraft treten wird, wird daran rein gar nichts ändern. Werde also dem Kind keine Edelsteine mehr kaufen und demnächst mal erklären, was Kinderarbeit ist.
Das Kind benutzt so einen Roller gegen Doppelkinnbildung. Ich bekomme jedes Mal, wenn ich sie damit vor dem Spiegel rumhantieren sehe, Grinsattacken und ernte dann böse Blicke. Sie meint, der Rosenquarz wirkt...
Könnte auch damit begründet sein, dass sie 17 und zierlich ist und daher keinerlei Neigung zur Kinndoppelung hat. Aber, was weiß ich schon... Warte auf den Einsatz von Magnetarmbändern und Tautropfensalbungen.
Genug der Scherze, werde ihr die Reportage mal ans Herz legen.
Wie immer in diesem Kontext mein Hinweis, dass ich es für keine sonderlich durchdachte Lösung halte, Importe aus den ärmsten Staaten der Welt durch Kundenboykott einzuschränken, solange diese es (noch) nicht schaffen, akzeptable Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Auch hier in Mali ist Kinderarbeit und -bettelei im Straßenbild eher die Regel als die Ausnahme, weil die Kinder dadurch essentiell zur Versorgung der Familien beitragen. Der Staat versucht dem durch den Bau von Schulen und die Durchsetzung der Schulpflicht entgegen zu wirken. Die Ressourcen dafür stammen aber auch aus Exporten, an deren Wertschöpfungskette wiederum fraglos Kinder beteiligt sind. Die Situation der Kinder wird sich verschlechtern und nicht verbessern, wenn man aus gutgemeinten Motiven heraus die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder blockiert. Eine zusätzliche, gezielte Unterstützung der ärmsten Staaten bei Bekämpfung der Kinderarbeit und Durchsetzung der Schulpflicht scheint mir der bessere Weg als solche Boykotte.
Das Problem an diesem expliziten Produkt sind die Zwischenhändler, die laut Reportage in Indien und China sitzen. Sie geben die Herkunft der Rohstoffe nicht preis und verdienen sich eine goldene Nase. Als Verbraucher hat man keine Chance herauszufinden, wo die Steine herkommen und schon gar nicht unter welchen Umständen. Das neue Lieferkettengesetzt für die Katz.
Dass Boykott allein den Kindern nicht zu besseren Lebensbedingungen verhilft, ist schon klar. Schwieriges Thema. In Madagaskar müssen die Familien eine Schulgebühr bezahlen. Die Chinesen (und Inder) machen hier ganz klar einen großen Reibach zu Lasten von armen Ländern wie Madagaskar und beuten sie aus. Ich glaube es ist der falsche Ansatz, diese Strukturen weiter durch Konsum zu unterstützen, nur um afrikanischen Ländern so zu einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung zu verhelfen (+ damit bessere Bildung).
ohne auf die generelle großartigkeit dieser aktion näher einzugehen, möchte ich kurz anmerken, dass das maskentragende publikum noch eine schippe freude draufgelegt hat.
Ich hab sogar noch meinen Blogbeitrag dazu gefunden, und sofort war alles wieder da.
Mittwoch, 16. Februar 2011 Reis- Leinöl- Diät Es muß einen Weltgeist geben... und er hat eine seltsame Art von Humor.
So schickte er mich heute als Krankheitsvertretung einen Tag lang arbeitenderweise in eine Homöopathenhölle. Ich betrat das Dienstzimmer und traf auf Leute mit Dreadlocks, die Knäckebrot aßen und ungesüßten Tee aus großen Kannen nachschenkten. Dann wurde ich darüber belehrt, daß auf dem ganzen Gelände Rauchverbot sei... wolle ich rauchen, dann müsse ich mich umziehen und in Straßenkleidung zum Bürgersteig vor dem Haupteingang gehen, damit das Haus kein schlechtes Image bekäme. Die Patienten dort hatten hauptsächlich chronische Schmerzen, denen man versuchte, mit Quark- und Kümmelölverbänden und Ingwersäckchen Herr zu werden. Zum Kaffee gab es Muckefuck und sanfte Tees; nichts sollte die Schützlinge in Aufregung versetzen, schon gar nicht die, die das nach anthroposophischen Gesichtspunkten kreierte Pulvermedikament einnehmen mußten, das sie entspannen und gleichzeitig mit schierer Lebensfreude erfüllen sollte. Das Abendessen war natürlich streng makrobiotisch; Gemüsebrühe und -saft sowie Camembertwürfel auf Brunnenkresse. Manche Patienten fasteten auch; es gab das Saftfasten und die Reis- Leinöl- Diät. Ein Lichtblick war die Ankündigung eines gepflegten Happens von einem Personalbüffet; überflüssig zu erwähnen, aus was dieser bestand. Gerollte Salatgurkenscheibchen mit Dill, rohe Möhrenwürfel, undefinierbarer Kuchen in mundgerechten Happen(scheinbar aus Biovollkornteig mit Fitzeln von Löwenzahn und Rübenstrünken) und derlei weitere schwer zu beschreibende Katzenfickerscheiße. Zur Krönung hing an exponierter Stelle im Dienstzimmer noch eine Karte mit folgender ironiebefreiter Aufschrift: "Manche Leute rauchen nicht, trinken nicht, entsagen jeglichem Genuß und essen nur Gemüse. Als Strafe dafür werden sie 100 Jahre alt!" Davon abgesehen, daß niemand aus meinem Berufsfeld, der noch alle Tassen im Schrank hat, auch nur annähernd 90 werden will, erinnerte mich das an ein Zitat aus der TITANIC: "Diese Gesundheitsapostel vergessen gerne, daß ein Leben nicht unbedingt dadurch sinnvoller wird, indem man es verlängert."
Auf mich hatte das ganze Ambiente durchaus eine Wirkung. Noch nie (NIE) hatte ich den dermaßen schwer bezähmbaren Drang, mir an Ort und Stelle zwei Lines Koks auf dem Tisch zu legen, danach Fluppen und einen Flachmann aus der Tasche zu ziehen und meine Zähne wie ein ausgehungerter Hund in irgendwas Ekliges zu schlagen, das ich normalerweise nicht mal mit Handschuhen anfasse... Eisbein mit Sauerkraut, zum Beispiel. Auch jetzt noch erzeugt die Erinnerung daran bei mir einen reflexhaften, fast panischen Griff zu Bier und Zigaretten.
Immerhin: es war eine Erfahrung, dermaßen weit weg von dem Planeten, auf dem ich normalerweise hause, daß es das schon fast wieder interessant machte. Fast. Zumindest konnte ich sie schreiberisch verwerten; ansonsten glaubt einem sowas doch kein Schwein.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Das Lustige war ja: vorher gab es noch eine Krisensitzung, wie sich die Leihfirma unterstehen könne, einen Altenpfleger zu schicken (in meinem Beisein, ohne ein Wort mit mir zu reden), der kenne sich ja gar nicht aus und wäre auch keine Hilfe. Der Job sei schon stressig genug. Nun gut, man beschloß, sich den einen Tag durchzukämpfen.
Den Job hätte sogar ein Hirntoter hinbekommen. Für jeden, der ernsthaft in der Pflege tätig ist (wie ich zum Beispiel mal im Wedding: Spätschicht zu zweit für 40 BewohnerInnen) war das ein kompletter Witz. "Wenn es zu ernsthaften Vorfällen oder Krankheitsbildern kommt, schicken wir die Leute natürlich in ein reguläres Krankenhaus." Na dann.
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Das Schönste war: ich hatte mir damals ein paar Wiener Würstchen als Pausensnack mitgenommen und hab sie nach Feierabend bei denen im Stationszimmer vergessen. Wahrscheinlich haben sie danach die komplette Bude ausgeräuchert und desinfiziert.
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