Ja, total. Ich sag ja: die Taktik funktioniert. Allerdings sollten sich wirklich auch all die ehemaligen FDP- oder CDU-Wähler nicht mehr irgendwas vormachen, sie würden mit der AfD was anderes wählen als eine rechtsradikale Partei.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
Auf eine einigermaßen korrekte Darstellung des Medianwählermodells und dessen Übertragung auf die deutsche Parteienlandschaft nach Gründung der Grünen und Abspaltung der Linken folgt dieser Abschnitt:
ZitatDer Trick mit den Klippen des Todes
Der ehemals rechte Eisverkäufer bemerkt natürlich den freigewordenen Raum links von sich und überlegt, ein wenig nachzurücken. Die Versuchung ist groß, aber er sieht das Problem, dass sich ja dann erst recht auch rechts von ihm ein neuer Anbieter ansiedeln könnte. Was tun?
Zum Glück fällt ihm ein, dass vor ein paar Jahren mal eine Gruppe Kinder auf der rechten Seite des Strandes beim Picknicken von den dortigen Klippen gefallen und ertrunken ist, weil man damals in den Schulen noch nicht schwimmen gelernt hatte. Außerdem sitzt sein Cousin im Gewerbeamt. Daher fällt es nicht schwer, bei der Stadt durchzusetzen, dass rechts am Strand kein Eis mehr verkauft werden darf. „Vorsicht! Gefährliche Klippen! Lebensgefahr! Eisverkaufen verboten!“ steht da jetzt dick auf einem Schild.
Das ist doch auch mal ein schöner Holocaustverweis. Die Leserschaft, die sich in den Kommentaren als "die wahre Mitte" wähnt, klatscht Applaus. Und wundert sich dann, warum die linksgrün gleichgeschaltete Öffentlichkeit sie an den Katzentisch setzen will.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Interessantes Interview über die Parallelgesellschaft, die sich rechts gebildet hat, am Beispiel von 80.000 Tweets nach dem sog. "Amoklauf" in München.
ZEIT ONLINE: Herr von Nordheim, Sie haben untersucht, wie sich die Twitternutzer nach dem Amoklauf von München verhalten haben. Was ist Ihnen aufgefallen? Gerret von Nordheim: In den Stunden nach dem Anschlag haben sich relativ schnell zwei parallele Netzwerke – sogenannte Cluster – gebildet. In dem einen Cluster waren vor allem die Münchener Polizei und traditionelle Medien wie der Spiegel, die Tagesschau, ZEIT ONLINE, auch einige Politiker. In dem anderen Cluster fanden sich die Accounts von Politikern der AfD und anderen Vertretern des rechten Spektrums. Beide Netzwerke waren fast völlig isoliert voneinander.
Ich habe ja schon vor einiger Zeit in diesem Thread von rechten Parallelgesellschaften geschrieben, die sich nicht nur grundsätzlich im Recht und als die besseren Deutschen sehen, sondern sich auch für die "schweigende Mehrheit" halten, auch wenn sie in Wirklichkeit nur eine laut krakeelende Minderheit sind. Das liegt auch daran, dass sie (auch nach eigenen Aussagen) niemand kennen, der andere Ansichten hat. Dass das vor allem etwas darüber aussagt, mit welchen Leuten sie sich umgeben, erkennen sie nicht. Deckt sich also ziemlich genau mit dem Interview, nur halt im realen Leben und nicht auf Twitter beschränkt.
okay, ob tichy mir in den 90ern schon ein begriff war, kann ich heute nicht mehr nachvollziehen. es würde mich allerdings sehr überraschen wäre er früher anders gelagert gewesen, obgleich er weissgott nicht der erste wäre, der solche gesinnungspirouetten vollzogen hätte.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
der tonus "schuld an der afd sind diejenigen, die probleme der multikulturellen gesellschaft totgeschwiegen haben" ist nun wirklich ein alter hut, ein sehr platter obendrein. dass buschkowsky's vorschlag, sozialleistungen zum belohnungs- und bestrafungsinstrument umzumodeln, keinen anklang fand, hatte nichts mit "mundtot machen" zu tun, sondern war einfach populistischer quatsch, von dem ich mal annehme, dass buschkowsy genau wusste, dass dieser vorschlag einzig und allein seinen einem eigenen profil diente. die sozialleistungen dienen der wahrung des existenzminimums und sind eine direkte folge des artikel 1 des grundgesetzes.
was sibylle schmidt angeht, ist sie bei weitem nicht die erste, die von einem extrem ins andere gewandert ist. sowas passiert vor allem, wenn emotionale gründe und zugehörigkeitsbedürfnisse ausschlaggebend sind für die eigene politische ausrichtung. enttäuschungen und rückschläge können dann solche richtungswechsel deutlich schneller bewirken als wenn rationale überlegungen der politischen ausrichtung zugrunde liegen. alles in allem sehe ich nicht wie eine sibylle schmidt die richtigkeit der aussage schmälern soll, dass es sich bei der afd um eine rechte bewegung handelt. dass sie homogen wäre, hat ohnehin nie jemand behauptet.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ich sehe das „Hauptproblem“ eher dadurch gegeben, dass es eine schon länger etablierte Politik gibt, die Probleme mit der multikulturellen Gesellschaft nicht wirklich lösen möchte. Die solche Probleme mitunter ganz ignoriert oder zumindest stärker herunterspielt. Ob etwa Sozialleistungen als Belohnung oder Bestrafung dienen könnten ist da schon eher egal – es geht ja nur um das Problem, dass Kinder ausländischer Familien teils den Schulunterricht boykottieren. Und um die Frage, wie genau man so ein Verhalten sanktionierten oder abändern sollte. Dazu braucht es Lösungsvorschläge!
Und es geht nicht nur um diese Frage! Da sich sehr viele Themen inhaltlich auch eher mit Ausländern / Migranten (und ihrem Verhalten) versus Bundesdeutsche ohne Migrationshintergrund (und ihrem Verhalten) beschäftigen, muss es gar nicht verwundern, wenn Parteien mit solchen Themen auch im rechten Lager angesiedelt werden. Das ist dann eben anders, als wenn es parteipolitisch vor allem um Atomkraft versus Windenergie geht.
Neue Parteien kommen doch immer dann stärker auf, wenn sie Lösungen für Dinge versprechen, die von den anderen Parteien einfach nicht gelöst worden sind. Wenn sie eben eine „Alternative“ für die Wähler anbieten. Richtig dumm wäre es, nach dem Motto: „AFD ist rechts und rechts ist böse“ auf die Wähler einzuwirken, damit diese doch bitte bitte wieder „nichtböse“ Parteien wählen mögen.
Wer noch bei klarem Verstand ist, muss sich auch sagen, dass man Wähler nur gewinnt, indem man sich der Probleme der Wähler auch annimmt und ihnen Lösungen aufzeigt. Und die müssen dann ja nicht rechtsradikal sein. Es wäre traurig, wenn unsere Probleme mit der multikulturellen Gesellschaft nur noch von jenen thematisiert würden, die dazu dann auch lauter „rechte“ Lösungen anbieten…
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Die Wähler haben in der Regel keine Probleme (mit Ausländern).
Ich glaube, dass man (und damit meine ich auch 'wir') unterschätzt haben, dass Teile der Bevölkerung abgehängt wurden. Gar nicht mal primär materiell. Aber die mit der Globalisierung und dem Internet nicht mitgekommen sind. Durch Anti-Ausländer-Politik wird man das akut bissl dämpfen, aber das problem nicht lösen. Mit "wir" meine ich, dass wir uns ja über diese Leute gern ironisch lustig machen, uns in unserer eigenen blase bestätigende Postings schicken, etc pp.