Das neue Album des Kölner Trompeters finde ich beim Reinhören sehr faszinierend, schon der 30-minütige Opener (s.u.) ist ein sehr spannender musikalischer Trip durch fast alle Spielarten des Jazz und der Rest des Tripple-Albums ist nicht weniger abwechslungsreich (die unten verlinkten "Moonlight in your face" und "Walpurgisnacht" zeigen die ganze Bandbreite des Albums schön auf). Sicher nicht ganz abwegig, dass er "In a silent way" und "Bitches Brew" als Inspiration für das Album nennt. Die Frage ist nur, wann hat man denn die fast drei Stunden, um das alles mal am Stück durchzuhören?
Markus Stockhausen - Trompete Simon Stockhausen - Keyboard Bodek Janke - Schlagzeug Christian Thomé - Schlagzeug Florian Weber - Klavier Jörg Brinkmann - Cello Michelangelo Flammia - Bass
Ich habe mir die Clips da oben angehört...jedenfalls überwiegend. Bei Walpurgisnacht musste ich allerdings nach etwa der Hälfte passen. Ich weiß, dass Stockhausen in seinen Welten eine irre große Hausnummer ist und die Kritikaster schlagen schier Purzelbäume in ihren Reviews. Nur: für meine Ohren ist z.B. Walpurgisnacht eine krasse Ansammlung von nervtötenden Klängen, ein komplettes Durcheinander von Sounds, bei denen ich es nach 2 oder 3 Minuten einfach nicht mehr aushalte. Live dargeboten würde ich mir das auf keinen Fall antun. Nicht ganz so schlimm, aber ähnlich erging es mir bei Wild Life Session One, das habe ich ebenfalls nicht in voller Länge geschafft. Zumal ich -nur so ganz nebenbei- der Ansicht bin, dass in diesem Clip die Musik so gar nicht zu den visuellen Darstellungen der Tierwelt passt....und umgekehrt. Fast wäre ich versucht zu sagen: der Koala bei Minute 9:06 hätte vielleicht ob dieser Klänge doch ein wenig schneller den Eukalyptusbaum erklimmen wollen.....wenn er nicht von Natur aus eher ein träger Bursche wäre. Egal, ich muss also letztlich gestehen: mir fehlt der berühmte Zugang zu dieser Art von Jazz-Fusion-wasauchimmer.
Ich habe das Album wagemutig bestellt und werde gleich mal an den ersten Durchgang gehen. Dass sich diese Musik einem nicht sofort erschließt, werte ich als besondere Herausforderung. Zumindest gibt es mit "Moonlight..." ein Stück, das einen leichteren Zugang verspricht.
Ich höre das bestimmt nicht aus Egogründen. Gerade über Kopfhörer erschließt sich die Musik durchaus, finde ich, hör doch z.B. mal in "Mangrove Dance" rein oder eben in besagtes "Moonlight in your face". Ganz proletig habe ich übrigens gerade alle ruhigeren und verkopften Passagen rauseditiert, dann passiert musikalisch umso mehr und das Album passt sogar auf einen Rohling (79:52 ).
Na unter Missachtung der künstlerischen Intention habe ich alle ruhigeren oder zu abstrakten Passagen rausgeschnitten, dadurch ist es ein wirklich fast schon zielstrebig groovendes Album (das nun eben 80 statt 175 Minuten dauert) geworden.
Zitat von LFB im Beitrag #323Na unter Missachtung der künstlerischen Intention habe ich alle ruhigeren oder zu abstrakten Passagen rausgeschnitten
Du hast was??
Das erinnert mich an einen jungen dynamischen Opernsänger, also einen der mal einer werden wollte und zu diesem Zwecke mit einer Kinderoper und zwei Mitmachern durch die Lande, sprich durch die Schulen, zog. Mein Chef kam damals auf mich zu und stellte ihn vor, damit ich mit ihm über eine Aufführung an unserer Schule reden konnte.
Die Kinderoper stellte sich als Die Zauberflöte (ja, die von Mozart) heraus, die man nur unwesentlich auf eine Spieldauer von 45 Minuten verkürzt hatte. Auf meine Frage, was man denn wegzulassen gedenke meinte er nur, "alles was langweilig ist".
Ein mittlerweile leider verstorbener Freund von mir hat Kindermusicals geschrieben. Die waren im Schnitt 30 Minuten. Hat sie auch mit Kindern einstudiert. Das fand ich okay. Die Zauberflötenzwangsjacke hat eher nicht gepasst.
Zitat von LFB im Beitrag #319Ich habe das Album wagemutig bestellt und werde gleich mal an den ersten Durchgang gehen. Dass sich diese Musik einem nicht sofort erschließt, werte ich als besondere Herausforderung. Zumindest gibt es mit "Moonlight..." ein Stück, das einen leichteren Zugang verspricht.
Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber das hört sich so ein ganz klein wenig nach "ich höre mir das schön" an. Wenn wir schon gerade bei diesem fast schon Paradebeispiel zu nennenden Jazz-Fusion-Weltraumfahrermusik-Werk sind: die Zeiten, in denen ich -ab und zu sogar ziemlich verbissen- Zugang zu dieser oder jener Sorte Musik zu bekommen versuchte, sind vorbei. Entweder, die Musik packt mich (bzw. um es mit "uns Nena" zu sagen: holt mich ab), oder halt nicht. Das schließt natürlich nicht aus, dass es durchaus auch mal "schnackeln" kann, wo ich vorher dachte: das ist nix für Wombats. Siehe meine kurze Vorstellung von Christian Lee Hutson. Ich hörte 2 oder 3 Songs, las etwas von "fein für Leute aus dem Dunstkreis von Bright Eyes" und dachte: vergiss es erst einmal. Dann habe ich noch ein bissel mehr auf Bandcamp gehört.....und es hat eben durchaus geschnackelt. Aber das ging halt doch recht flott, ich musste mir keine Zugang mehr oder weniger mühevoll mit der Lupe suchen, erkämpfen, was auch immer. Du verstehst?
Oder um es anders zu sagen: ich bin keine 30 und keine 40 mehr und mir ganz persönlich ist meine Zeit für solche "Zugangsfindungen" einfach zu schade, weil besagte Zeit insgesamt mittlerweile in der Summe doch eher knapp bemessen ist.
Ich habe den Thread in den letzten Monaten kaum beachtet (was etwas daran liegt, daß hier zu oft dieser uninspiriert dahinwabernde Brit-Jazz-Quark hochgejubelt wurde) und hole gerade diverse Empfehlungen nach.
Markus Stockhausen läuft gerade, gefällt mir ... und Danke für den Hinweis! Ein finales Urteil über 3 CDs geht natürlich nicht so schnell, aber das Wochenende wird damit einen musikalischen Schwerpunkt haben.
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Zitat von Bigwombat im Beitrag #327Oder um es anders zu sagen: ich bin keine 30 und keine 40 mehr und mir ganz persönlich ist meine Zeit für solche "Zugangsfindungen" einfach zu schade, weil besagte Zeit insgesamt mittlerweile in der Summe doch eher knapp bemessen ist.
Das liest sich sicher schlimmer als es gedacht ist, aber in Anbetracht gewsser Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit bei uns beiden unterschreibe ich das und unterstreiche doppelt.
@Wombi: Kannst du ja halten wie du willst, wobei ich das Risiko sehe, dass dich dein Maßstab ("Musik muss mich gleich packen") schon etwas einschränkt. Raubst du dir damit nicht ohne Not die Möglichkeit, dich auch mal mit unkonventioneller, hintersinniger Musik näher zu beschäftigen? Was ist denn in diesem speziellen Fall deine Erwartungshaltung beim ersten Hören? Ein entspanntes Mitwippen beim Refrain hat Jazz eben meist nicht zu bieten und lebt ja von der Improvisation und eher nur subtilen Strukturen. Sich etwas komplexere Musik über mehrere Durchgänge zu erschließen, hat für mich deshalb nichts mit Schönhören zu tun, sondern liegt in der Natur der Sache. Deshalb muss mich ein Jazz-Album auch nicht sofort packen, aber es muss interessant genug klingen, um bei mir den Wunsch zu wecken, da nochmal in Ruhe und konzentriert reinzuhören (übrigens in einem Gemütszustand, der nicht ansatzweise "verbissen" ist). Das passiert übrigens selten genug (mir sind die meisten Jazz-Neuveröffentlichungen zu sehr auf Kaminzimmermusik für pensionierte Zahnärzte im Skandinavienurlaub gebürstet, wenn du verstehst, was ich meine. ), aber dieses Album hier hat mich schon sehr neugierig gemacht. Läuft gerade übrigens über Kopfhörer und hat viele schöne (und durchaus harmonische) Momente.