Es war nichts anderes zu erwarten. Wer felsenfest daran glaubte, daß "wir" -also Deutschland- das Ding auch für die nächsten Tage und Wochen schon "wuppen" würde, war extrem blauäugig. Obwohl es politisch momentan absolut unkorrekt ist, sowas auszusprechen, erwächst in mir die Gewissheit: vor lauter gut gemeinter und absolut positiv zu bewertender Willkommenskultur wurde etlichen Leuten das Gehirn vernebelt. Man dachte wohl, noch ein paar tausend oder auch zehntausend Flüchtlinge mehr....wir kriegen das schon hin. Wir haben ja genug Bundesländer und irgendwo kann man noch die eine oder andere Zeltstadt fix aufbauen. Kann man wohl nicht. München als erster Durchgangsort ist über dem Limit und der Rest der Republik zumindest in Sachen Erstaufnahmeeinrichtungen ebenfalls. Die Krise wird sich noch zuspitzen in den nächsten Wochen und Monaten, da bin ich mir sicher. Auch Gesamtdeutschland ist kein Herkules, der hunderttausende von Flüchtlingen innerhalb weniger Wochen wird "wuppen" können.
Ich finde das nicht mal absolut unkorrekt. Es war ja in der Tat schon häufiger zu beobachten, dass die entsprechenden Institutionen maßlos überfordert sind. Man erinnere sich nur an Menschenschlangen bei 38 Grad im Schatten in Berlin Anfang August. Die Frage ist halt, ob man aus dieser Erkenntnis den Schluss zieht, Deutschland sei nicht in der Lage, so eine Welle zu bewältigen, oder es fehle der politische Wille, dies zu tun. Der eigentliche Skandal an der Sache ist doch, dass es nicht erst seit gestern danach aussieht, als würden immer mehr Menschen kommen, und da trotzdem scheinbar sehr wenig passiert ist, um die Situation zu ändern. Letztes Jahr sah die Haltung gegenüber Flüchtlingen ja größtenteils noch sehr anders aus.
Edit: Ok, hat der Reverend alles schon mal geschrieben und ich hab's übersehen.
Ich sehe diese angebliche Naivität bei der Bundesregierung nicht. Die Öffnung der Grenzen wurde als einmalige Aktion angekündigt und hat in einer Stausituation etwas Druck aus dem Kessel genommen. Alle Flüchtlinge, die in Europa landen, kann Deutschland allein (mit Schweden, Österreich) nicht aufnehmen, also wurden so viele aufgenommen, wie es die momentanen Erstaufnahmekapazitäten hergeben. Man hätte das schlecht ankündigen können (weil sonst ein Wettrennen beginnt).
Der Bevölkerung vorzuwerfen, dass sie die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen hat, finde ich zynisch.
Natürlich verstärkt ein freundlicher Empfang die Sogwirkung. Aber Völkerwanderungen sind nicht so einfach aufzuhalten, das wird sich jetzt zeigen.
Zur Sachlichkeit sei nur noch hinzugefügt: 1. Es ist nicht so, daß jetzt irgendwelche Grenzen für alle "dicht" wären, sondern es wird auf gültige Grenzübertrittspapiere hin kontrolliert - mit andern Worten: Wer einen Reisepass hat darf weiterhin einreisen und einen Asylantrag stellen. 2. Ob er davor ohne oder jetzt mit Reisepass kam/kommt: es ändert nichts am Asylverfahren oder der Verteilung nach dem Dublin-Abkommen - mit andern Worten: Asylbewerber, die nachweislich außerhalb von Deutschland eine Erstregistrierung hatten, können nachträglich wieder an jene Länder zurückverwiesen werden. 3. hängt mit 2. zusammen: nach dem Schengen-Abkommen gilt ohnehin keine Freizügigkeit für Asylbewerber im EU-Raum. Da es aber praktisch nicht Möglich ist die Masse der Personen nur auf Verdacht hin an der Grenze auf Erstregistrierung zu prüfen gibt es noch Spielraum
Wen es also im Moment konkret trifft sind jene Menschen, die (aus welchen Gründen auch immer) keine Ausweispapiere haben. Macht's nicht besser, wollte es nur erwähnen, damit klar wird worüber man sich genau aufregt. Die Lösung des Ganzen kann da Deutschland natürlich nicht alleine bringen, Grenzen offen oder zu. Schau mer mal was rauskommt bei der EU die nächsten Tage ...
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Ich habe da keinen guten Einblick, drum die Frage an Beth: Spielt Österreich in dem Flüchtlingsdrama nicht eine viel positivere Rolle, als man (ich) gedacht hat. Das Land ist ja jetzt Puffer und klagt darüber kaum. Auch höre ich (hier) von weniger Gewalttaten als bei uns und auch die Berichte von Kollegen von den Bahnhöfen klingen durchaus positiv. Ich hatte das Land bissl als xenophob abgestempelt. (Und natürlich gibt es immer noch die FPÖ, den rechten Sumpf, etcpp)
hm. das ist sehr schwierig zu beantworten. man wird die nächsten tage sehen, wie österreich mit dem flüchtlingsstrom zugange kommten, wenn nicht einfach alle nach deutschland durchgewunken werden können. wobei ja auch österreich mit grenzkontrollen seit dem wochenende nachzieht. eine freundin von mir musste am sonntag ein taxi von lindau nach bregenz nehmen, weil keine züge mehr gefahren sind. aus dem kanzleramt gab es am sonntag eine sehr seltsame presseaussendung (https://www.facebook.com/photo.php?fbid=...71944193&type=1). was mich allerdings sehr erstaunt, ist die ernorme hilfsbereitsschaft im osten österreichs. neben den hilfstätigkeiten im erstaufnahmezentrum traiskirchen, am wiener westbahnhof, der großartigen arbeit der öbb und der burgenländischen polizei fahren auch laufen konvois von privaten personen nach ungarn, um die leute zu holen. und nein, das ist kein tropfen auf den heißen stein. da fahren richtig viele leute, derzeit v.a. nach röszke. medial wird die hilfsbereitschaft und willkommenskultur momentan extrem hochgespielt und - was mich noch mehr überrascht als die hilfsbereitschaft - die fpö (endlich) kackt endlich mal komplett ab, weil sie für genau gar nichst eine lösung bietet. man merkt der rechten an, dass sie schon immer arm an antworten war und das ist nun zum ersten mal seit langem wirklich spürbar und mainfest. politisch ist es gerade ganz spannend, da auch die wahlen in wien und oberösterreich vor der türe stehen. in wien z.b. wurde der wahlkampf der spö enorm zurückgefahren, da die priorität derzeit einfach bei der versorgung der menschen liegt. dennoch halte ich es für sehr realistisch, dass die fpö trotzdem einen massiven wahlerfolg einfahren wird. es ist alles in allem irre spannend, was sich hier tut. unter den ländern und innerhalb der länder unter den gemeinden spiegelt sich allerdings wider, was sich auch gesamteuropäisch gerade tut: diskussionen um quoten, verteilung usw. es gibt gemeinden, die mit hingabe ihre quoten bei weitem übersteigen, welche, die sie eben erfüllen und welche, die sich konsequent weigern auch nur einen flüchtling aufzunehmen (bevorzugt spö-gemeinden übrigens) alles in allem bin ich vom derzeitgen gruntenor, der hier herrscht extrem überrascht. ich freue mich. das ist ein österreich, das ich gerne mag und in dem ich gerne sein will. inwiefern ich da allerdings durch meine facebooktimeline geblendet bin, kann ich nicht sagen. ich habe z.b. keinen einzigen in meinem stream, der gegen flüchtlinge hetzen würde. in den foren der großen zeitungen ergibt sich aber wieder ein anders bild. ich glaube allerings auch - und ja, das ist irgendwie paradox - dass dadurch, dass unsere npd (also die fpö) eine richtig große partei ist und viel von dem ganzen nazi-bullshit in sich aufnimmt, verhindert wird, dass bei uns flüchtlingsheime brennen und es gewaltätige übergriffe gibt. die rechten fühlen sich (zu recht) politsch vertreten. vielleicht irre ich mich auch und es liegt an der phlegmatischen mentalität der österreicher. dennoch: danke, fpö. ihr macht so viel falsch, dass es jetzt nur noch richtiges zu tun gibt.
Mittlerweile hört man im Bekannten- und Kollegenkreis so manch seltsam-skurrile Geschichten, was die auf die Städte und Gemeinden verteilten Flüchtlinge angeht. Da kauft eine Landgemeinde ein älteres, aber sehr gut erhaltenes Mehrfamilienhaus an, 3 Familien ziehen ein, 2 Familien ziehen wieder aus. Der Grund: auf dem platten Land gefällt es ihnen nicht. Sie möchten gerne 30 km weiter in die größere Stadt, sie packen sie ihr Zeug zusammen und gehen einfach weg. 1 Familie bleibt, aber für die ist das Haus viel zu groß. Also bemüht sich der Dorfbürgermeister schnell um "Ersatz". Die Ausländerbehörde staunt Bauklötze, ein kleiner Bürgermeister, der um "Nachschub" fleht....das haben die in all dem Chaos um sie herum noch nicht erlebt.
Zitat von Bigwombat im Beitrag #115Mittlerweile hört man im Bekannten- und Kollegenkreis so manch seltsam-skurrile Geschichten, was die auf die Städte und Gemeinden verteilten Flüchtlinge angeht. Da kauft eine Landgemeinde ein älteres, aber sehr gut erhaltenes Mehrfamilienhaus an, 3 Familien ziehen ein, 2 Familien ziehen wieder aus. Der Grund: auf dem platten Land gefällt es ihnen nicht. Sie möchten gerne 30 km weiter in die größere Stadt, sie packen sie ihr Zeug zusammen und gehen einfach weg. 1 Familie bleibt, aber für die ist das Haus viel zu groß. Also bemüht sich der Dorfbürgermeister schnell um "Ersatz". Die Ausländerbehörde staunt Bauklötze, ein kleiner Bürgermeister, der um "Nachschub" fleht....das haben die in all dem Chaos um sie herum noch nicht erlebt.
wo hintergrundwissen fehlt, denunziert es sich umso leichter. aber sooo war das bestimmt nicht gemeint, nehme ich mal an.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Du nimmst einerseits richtig an. Andererseits kenne ich den Ortsbürgermeister und es hat sich tatsächlich so zugetragen. Es hat nichts mit Denunziation, übler Nachrede oder ähnlichen Dingen zu tun. Dort, wo sehr viele Flüchtlinge letztendlich nach den sog. Erstaufnahmeeinrichtungen ankommen, treibt das "Flüchtlingswesen" (Du bemerkst die Anführungszeichen) manch seltsame Blüten. Man kann darüber schmunzeln oder auch mal die Augen rollen, manch einer fühlt sich vielleicht auch dazu bewogen, zu lästern oder zu schimpfen.
Es gibt übrigens noch eine (wahre) Geschichte, aber es scheint, ich sollte sie mir und euch eher ersparen....bevor ich noch in eine ganz bestimmte Ecke geschubst werde.
Es gibt übrigens noch eine (wahre) Geschichte, aber es scheint, ich sollte sie mir und euch eher ersparen....bevor ich noch in eine ganz bestimmte Ecke geschubst werde.
Was ja auch wieder albern ist (dass man hier unterschwellig dieses Gefühl suggeriert bekommt).