Ich bin seit jeher, da hinzuliefern, was geht, Lumich. Daher „ohne Wertung“. Ist aber aus Kanzlersicht nicht nur „sind ja Zivilisten, also können wir da Deutsche in den Krieg schicken“.
Nicht-Werten finde ich prinzipiell super, bekomme ich nur nicht so richtig gut hin, wenn ich sehe, dass Frankreich und Großbritannien, die ja eigentlich die selben Probleme haben müssten, diese komischerweise nicht haben.
Nebenbei: Die SPD hat seit roundabout 20 Jahren das Problem, dass niemand wirklich benennen kann wofür oder wogegen sie stehen. Für jeden Tag, an dem Scholz Waffenlieferungen verhindert (eigentlich verzögert, was das ganze noch fragwürdiger macht), bekommt er Applaus von Leuten, die ihn mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht wählen. Der Ukraine-Krieg geht schon zwei Jahre, und so etwas wie eine stringente Linie, eine feste Zielsetzung und eine Idee, wie man dahin kommt, ist nicht zu erkennen (interessanterweise nicht nur in dieser Frage).
Der Ausgang dieses Krieges wird spürbare Auswirkungen auf uns haben. Wenn man nichts riskieren will, riskiert man in Wirklichkeit alles.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Dafür dass Deutschland weitaus mehr für die Unterstützung der Ukraine tut als Frankreich (übrigens auch als GB)(Quelle, ist Frankreich bzw Macron ganz gut darin, die Rollen zu verdrehen. Frankreich tut da nämlich bei genauerer Betrachtung reichlich wenig gemessen an ihren Möglichkeiten.
Man sollte bei dieser Diskussion auch nicht außer Acht lassen, dass nicht so ganz unwahrscheinlicherweise in einem halben Jahr wieder ein altbekanntes Gesicht im Weißen Haus einzieht - wie stabil die althergebrachten Sicherheitsgarantien dann noch sind, ist mehr als fraglich. Vielleicht hält man sich hierzulande als Bundeskanzler auch deshalb tunlichst zurück mit dem Säbelrasseln.
Ganz persönlich habe ich nicht den Eindruck, dass Putin auf keinen Fall Atomwaffen sprechen lassen würde. Wer Geburtskliniken bombardieren lässt, scheint da generell ganz wenig menschliche Hemmungen zu haben. Ob es in dem Fall wirklich zum Weltkrieg käme, halte ich wegen o.g. Zukunftsperspektive in den USA auch für fragwürdig. Better there, than here.
Just a MF from hell.
Rotation:
Cindy Lee - Diamond Jubilee | Being Dead - Eels | Shellac - To All Trains
Zitat von burnedcake im Beitrag #905Dafür dass Deutschland weitaus mehr für die Unterstützung der Ukraine tut als Frankreich (übrigens auch als GB)(Quelle, ist Frankreich bzw Macron ganz gut darin, die Rollen zu verdrehen. Frankreich tut da nämlich bei genauerer Betrachtung reichlich wenig gemessen an ihren Möglichkeiten.
Am Ende hilft die Frage, wer am meisten geliefert hat herzlich wenig, wenn man am Ende feststellen muss, dass es nicht gereicht hat. Abgesehen davon spielt nicht nur die Menge sondern auch der Zeitpunkt der Lieferung eine erhebliche Rolle. Mit einem frühzeitigen entschlossenen Handeln hätte man den Konflikt erheblich verkürzen können und tausende Menschenleben geschont. Die Atombombe als Totschlag-Argument erfüllt gerade exakt ihren Zweck. Mit der Angst vor einem Atomschlag kann man gleich alle Bemühungen einstellen. Dass Russland nicht aus humanitären Gründen vor der Benutzung von Atomwaffen zurückschreckt ist wohl selbsterklärend. Dass bisher 8soweit ich weiß) überhaupt keine Atomwaffen (die gibt es ja in vielfältiger Form) zum Einsatz gekommen sind, hat also andere Gründe. Ich würde mal vermuten, dass die befürchtete Antwort darauf sehr viel damit zu tun hat. Dass Putin diese wieder medienwirksam ins Gespräch bringt, wo ein Angriff auf die Krim-Brücke als strategisch wichtiger Vorteil (zumindest für einige Zeit) diskutiert wird (dafür will man ja Taurus), zeigt, unterstreicht die Bedeutung eben dessen. Ein weiteres Zaudern, so lange bis Russland alternative Lieferrouten etabliert hat, wäre erneut ein herber Rückschlag.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Tausende Menschenleben dadurch schonen, indem man "frühzeitig entschlossen handelt" - also frühzeitig mehr Waffen liefert? Diese abstruse Logik werde ich einfach nie verstehen.
Just a MF from hell.
Rotation:
Cindy Lee - Diamond Jubilee | Being Dead - Eels | Shellac - To All Trains
Vielleicht kannst du meinem Argument nicht folgen, aber deshalb ist es nicht abstrus. Hätte ein breites Bündnis aus verschiedenen Nationen die Ukraine frühzeitig mit einer ausreichenden Zahl an Waffen beliefert, wäre das Signal an Russland so deutlich gewesen, dass es sich keinen Zentimeter weiter gewagt hätte. Es war ja gerade Putins Kalkül, dass die westlichen Länder sich so uneinig sind, dass er mit keiner ernstzunehmenden Gegenwehr rechnen müsse. So wie es gelaufen ist, sah es mehrmals schlecht aus für die russische Armee. Dann entsanden aus Lieferengpässen immer wieder Pausen, in denen sich die russische Armee wieder konsolidieren konnte. Die Waffen, die man anfangs partout nicht liefern wollte, kamen dann doch, aber eben zu spät. Dadurch hat es tausende unnötiger Opfer gegeben. Von Anfang an wusste man, dass ein Belagerungskrieg, wie wir ihn jetzt haben, zu den höchsten Opferzahlen und zu den geringsten Siegchancen für die Ukraine führen würde. Die Chance, das zu verhindern, wurde vertan.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Ich finde es abstrus, so zu denken: mehr Waffen = weniger Tote. Das kannst ja du deinerseits wieder abstrus finden.
Im übrigen teile ich allgemein wenig von dieser militaristischen Argumentationskette.
Ich rekapituliere mal den aktuellen Stand der Diskussion.
Obwohl Deutschland soviel zur Unterstützung der Ukraine beigetragen hat wie kein zweites europäisches Land, hat es die Rolle des Zauderers inne. Ganz aktuell deshalb, weil der Bundeskanzler keine Marschflugkörper Taurus liefern möchte - aus Angst, dadurch als Kriegspartei in den Krieg einzutreten. Taurus wäre aber sehr wichtig, um der Ukraine entscheidende Optionen in der Verteidigung gegen Russland zu liefern, damit könnte man eventuell sogar ganz entscheidende Ziele der russischen Militärführung und Infrastruktur im Hinterland angreifen. So wichtig, dass Deutschland bei einer Tauruslieferung berechtigt als Kriegspartei gilt, ist das System aber dann doch wieder nicht. Zur Bedienung könnte man schließlich auch Zivilisten von Fa. Elektro Heinrichs mitschicken.
Darüber hinaus besteht die atomare Bedrohung ja nur in unseren Köpfen. Putin dürfte/sollte/müsste/würde sowas bestimmt nicht machen - der hat ja bekanntlich alle Tassen im Schrank und agiert aller Erfahrung nach völlig berechenbar. Sein Handeln ist von humanistischer Ethik und politischem Fingerspitzengefühl geprägt. Außerdem gibt es da auch verlässliche weitreichende Sicherheitsgarantien der westlichen Länder, allen voran der USA - jedenfalls bis November. Man darf sich da nicht zum Opfer von Putins - rein psychologischer - Kriegsführung machen.
So in etwa? Dann reihe ich mich weiter in die Reihe der Zauderer ein, und zwar sehr bestimmt.
Just a MF from hell.
Rotation:
Cindy Lee - Diamond Jubilee | Being Dead - Eels | Shellac - To All Trains
Zitat von burnedcake im Beitrag #909Ich finde es abstrus, so zu denken: mehr Waffen = weniger Tote. Das kannst ja du deinerseits wieder abstrus finden.
Im übrigen teile ich allgemein wenig von dieser militaristischen Argumentationskette.
Ich rekapituliere mal den aktuellen Stand der Diskussion.
Obwohl Deutschland soviel zur Unterstützung der Ukraine beigetragen hat wie kein zweites europäisches Land, hat es die Rolle des Zauderers inne. Ganz aktuell deshalb, weil der Bundeskanzler keine Marschflugkörper Taurus liefern möchte - aus Angst, dadurch als Kriegspartei in den Krieg einzutreten. Taurus wäre aber sehr wichtig, um der Ukraine entscheidende Optionen in der Verteidigung gegen Russland zu liefern, damit könnte man eventuell sogar ganz entscheidende Ziele der russischen Militärführung und Infrastruktur im Hinterland angreifen. So wichtig, dass Deutschland bei einer Tauruslieferung berechtigt als Kriegspartei gilt, ist das System aber dann doch wieder nicht. Zur Bedienung könnte man schließlich auch Zivilisten von Fa. Elektro Heinrichs mitschicken.
Darüber hinaus besteht die atomare Bedrohung ja nur in unseren Köpfen. Putin dürfte/sollte/müsste/würde sowas bestimmt nicht machen - der hat ja bekanntlich alle Tassen im Schrank und agiert aller Erfahrung nach völlig berechenbar. Sein Handeln ist von humanistischer Ethik und politischem Fingerspitzengefühl geprägt. Außerdem gibt es da auch verlässliche weitreichende Sicherheitsgarantien der westlichen Länder, allen voran der USA - jedenfalls bis November. Man darf sich da nicht zum Opfer von Putins - rein psychologischer - Kriegsführung machen.
So in etwa? Dann reihe ich mich weiter in die Reihe der Zauderer ein, und zwar sehr bestimmt.
Mich würde ja eine schlüssige Gegenargumentation interessieren oder wenigstens ein Argument, wo es meiner Argumentation an Schlüssigkeit fehlt. In welcher Weise mehr Waffen (und zwar frühzeitig, bzw. rechtzeitig!) zu weniger Toten geführt hätten, habe ich bereits ausgeführt. Also wo liegt da mein Fehler?
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
So kann man es sich natürlich auch bequem machen: Hitlervergleich = immer falsch. Wenn aber schon ein drohender Weltkrieg in der Argumentation gegen Waffenlieferungen bemüht wird, hat man nur zwei historische Vergleiche, und nur einer davon beinhaltet einen demokratisch gewählten Diktator auf Expansionskurs.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von burnedcake im Beitrag #909Ich finde es abstrus, so zu denken: mehr Waffen = weniger Tote. Das kannst ja du deinerseits wieder abstrus finden.
Im übrigen teile ich allgemein wenig von dieser militaristischen Argumentationskette.
Ich rekapituliere mal den aktuellen Stand der Diskussion.
Obwohl Deutschland soviel zur Unterstützung der Ukraine beigetragen hat wie kein zweites europäisches Land, hat es die Rolle des Zauderers inne. Ganz aktuell deshalb, weil der Bundeskanzler keine Marschflugkörper Taurus liefern möchte - aus Angst, dadurch als Kriegspartei in den Krieg einzutreten. Taurus wäre aber sehr wichtig, um der Ukraine entscheidende Optionen in der Verteidigung gegen Russland zu liefern, damit könnte man eventuell sogar ganz entscheidende Ziele der russischen Militärführung und Infrastruktur im Hinterland angreifen. So wichtig, dass Deutschland bei einer Tauruslieferung berechtigt als Kriegspartei gilt, ist das System aber dann doch wieder nicht. Zur Bedienung könnte man schließlich auch Zivilisten von Fa. Elektro Heinrichs mitschicken.
Darüber hinaus besteht die atomare Bedrohung ja nur in unseren Köpfen. Putin dürfte/sollte/müsste/würde sowas bestimmt nicht machen - der hat ja bekanntlich alle Tassen im Schrank und agiert aller Erfahrung nach völlig berechenbar. Sein Handeln ist von humanistischer Ethik und politischem Fingerspitzengefühl geprägt. Außerdem gibt es da auch verlässliche weitreichende Sicherheitsgarantien der westlichen Länder, allen voran der USA - jedenfalls bis November. Man darf sich da nicht zum Opfer von Putins - rein psychologischer - Kriegsführung machen.
So in etwa? Dann reihe ich mich weiter in die Reihe der Zauderer ein, und zwar sehr bestimmt.
Mich würde ja eine schlüssige Gegenargumentation interessieren oder wenigstens ein Argument, wo es meiner Argumentation an Schlüssigkeit fehlt. In welcher Weise mehr Waffen (und zwar frühzeitig, bzw. rechtzeitig!) zu weniger Toten geführt hätten, habe ich bereits ausgeführt. Also wo liegt da mein Fehler?
Wieso Fehler? Du hast deine Sichtweise ja erklärt. Ein Diskurs sollte nicht das Ziel haben, jemanden zu "berichtigen". Ich will auch nicht mit dir "streiten", im oft missverstandenen Sinne von "dich von meiner Sicht überzeugen". Wir haben da völlig unterschiedliche Prämissen, ähnlich wie an anderer Stelle. Deine Prämisse verstehe ich so: je frühzeitiger mit noch mehr Waffen Widerstand geleistet worden wäre, desto mehr Leid hätte abgewendet werden können. Das wurde verpasst, deshalb sollte man es jetzt rasch nachholen. Das ist konträr zu meiner: mehr Waffen bringen gar nichts, um menschliches Elend zu verhindern.
Eine längst bekannte Gegenargumentation in der Ukrainefrage wird in der Diskussion nicht zugelassen: die unangenehme, lästige, zugegebenerweise schmerzvolle diplomatische Lösung. Geht ja nicht. Dann lieber weiter (und noch mehr, viel mehr) Bumm-Bumm - sonst geraten noch unsere menschlichen und demokratischen Werte ins Wanken.
Man muss die Lösung der Ukraine überlassen, sie ist souverän. Deutschland sollte sie dabei unterstützen, sich zu wehren. Aber das alles muss auch irgendwelche Grenzen haben. Spätestens, wenn die Gefahr einer Einmischung als Kriegspartei besteht. Und da muss man sich irgendwann auch einfach mal eingestehen: Putin sitzt durch sein Arsenal am Ende einfach am längeren Hebel. Ich finde den Ansatz, diesen Hebel einfach aus der Abwägung auszuklammern, total gefährlich. "Würde der nicht machen" - berühmte letzte Worte.
Just a MF from hell.
Rotation:
Cindy Lee - Diamond Jubilee | Being Dead - Eels | Shellac - To All Trains
Zitat von Lumich im Beitrag #913So kann man es sich natürlich auch bequem machen: Hitlervergleich = immer falsch. Wenn aber schon ein drohender Weltkrieg in der Argumentation gegen Waffenlieferungen bemüht wird, hat man nur zwei historische Vergleiche, und nur einer davon beinhaltet einen demokratisch gewählten Diktator auf Expansionskurs.
Ich finde man macht es sich sehr leicht, wenn man eine REAL EXISTIERENDE Bedrohung für die ganze Welt - einfach mal für nicht existent erklärt. So als gäbe es sie nur im Kopf. Eine reine Fantasie. Das Undenkbare, das Unvorstellbare - hat die Vergangenheit nicht gelehrt, dass genau das in schöner Regelmäßigkeit immer wieder geschieht?
Just a MF from hell.
Rotation:
Cindy Lee - Diamond Jubilee | Being Dead - Eels | Shellac - To All Trains