ich unterstelle aber erstmal fast jedem, der Israel scharf kritisiert, antisemitische Motive, weil es meiner Meinung nach das Hauptmotiv ist. Im Einzelfall lasse ich mich gern eines besseren belehren.
Wenn zB bei uns 20 Prozent antisemitische Einstellungen haben, ist es wahrscheinlich, dass die auch besonders lautstark Kritik äußern (Und nicht an der großen Zahl viel üblerer Staaten).
Kritik an Israel ist in den klassischen Punkten berechtigt, das sehe ich auch so. Es gibt aber in der Region keine besseren Staaten.
Ich sehe das grundsätzlich nicht anders als faxe, glaube aber, dass es in der Öffentlichkeit schon einen gewissen Beißreflex dahingehend gibt, dass auch Leuten, die eigentlich nichts mit Antisemitismus zu tun haben, so etwas nachgesagt wird. Gerade bei vielen sich ungünstig äußernden Künstlern habe ich manchmal das Gefühl, dass hinter so mancher Äußerung weniger Reflexion und tiefgehende Auseinandersetzung steckt, als es den Eindruck macht, und manche Äußerung in der Öffentlichkeit nicht ordentlich durchdacht wird. Eventuell gehen da auch manchem die Ursprünge bestimmter Argumentationsmuster verloren. Waters zum Beispiel scheint mir in dem, was er über Israel sagt, meist eine sehr deutliche Position zu Juden allgemein zu beziehen – die eine ganz andere ist, als zum Staat Israel. Das kann man dann glauben oder nicht. Und gleichzeitig kann man seine Äußerungen als verallgemeinernd und kurzsichtig empfinden. Politische Unbedarftheit oder einseitiges Parteiergreifen muss aber nicht gleich Antisemitismus sein. Was jetzt gar kein abschließendes Urteil über Waters sein soll. Denn den kenne ich nicht gut genug um etwas darüber zu sagen und will mich ehrlich gesagt auch nicht durch mehr als fünf Artikel zu dem Thema lesen.
Was man natürlich kritisieren kann ist seine Konzentration auf Israel und nicht auf andere, ähnliche Konflikte. Wenn Waters da argumentiert, dass es nun mal derzeit gerade Israel ist, auf dem der Fokus der internationalen Gemeinsschaft liegt, dann ist das m.E. eine schwache Erklärung für sein leidenschaftliches Engagement. Es mag aber der Wahrheit entsprechen, und ich mag nicht urteilen, nur weil sich jemand nun mal ein Thema ausgesucht hat, das ihm irgendwie wichtig ist.
EDIT: Dieses Interview beispielsweise geht für mein Gefühl in eine andere Richtung, als was hier bisher teilweise beschrieben wurde: http://www.haaretz.com/news/1.668705
Dass Prominente da eher in eine Falle tappen, glaube ich auch. Denn die können ja zB in einem Interview gefragt werden - und dann reicht ein Satz, um in der falschen Ecke zu stehen. Mir geht es mehr um die Leute, die Israelkritik aus eigenem Antrieb betreiben, am Stammtisch, in Internetforen, etc. Insofern kann ich das bei PF gar nicht beurteilen, das Thema war mir neu.
Ergänzen sollte man vielleicht noch, dass neben Roger Waters auch Floyd-Drummer Nick Mason 2014 zum Israel-Boykott aufgerufen hatte.
"So, to the bands that intend to play Israel in 2014, we urge you to reconsider. Playing Israel now is the moral equivalent of playing Sun City at the height of South African apartheid; regardless of your intentions, crossing the picket line provides propaganda that the Israeli government will use in its attempts to whitewash the policies of its unjust and racist regime."
Im Kern bezeichnen die Floyds die Politik Israels gegenüber den dort lebenden Palästinensern als Apartheid.
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Und wer Roger Waters bei der "The Wall"-Tour in den letzten Jahren nicht live erlebt hat, kann sich am 29.09.2015 in einem Kino seiner Wahl den bei der Tour erstellten Film ansehen. Natürlich sind auch Konzertbesucher willkommen. Oder man wartet auf die hoffentlich bald erscheinende DVD/BD.
Roger Waters hat nur wiedergegeben, was an vielen Stammtischen zu hoeren ist - und er hat fuer diese Stammtische und fuer alle, die die Juden nicht moegen, neue bombastische Rockopern geliefert. Waters ist vor allem ein sehr ehrgeiziger Musiker, der das dringende Beduerfnis hat aufzufallen.
Zitat von Merseburg im Beitrag #66 Roger Waters hat nur wiedergegeben, was an vielen Stammtischen zu hoeren ist - und er hat fuer diese Stammtische und fuer alle, die die Juden nicht moegen, neue bombastische Rockopern geliefert. Waters ist vor allem ein sehr ehrgeiziger Musiker, der das dringende Beduerfnis hat aufzufallen.
ich verkürze einmal...
Zitat von Merseburg im Beitrag #66 Roger Waters hat ... ... ... fuer alle, die die Juden nicht moegen, neue bombastische Rockopern geliefert.
Die "Opern" gab es zumindest schon lange vor dem Israel-Thema... die Pigs On The Wing-Thematik ab 1975/77...
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Mal abgesehen von den Schweinen, die ja scheinbar nicht nur Davidsterne tragen, sondern alle möglichen Symbole, die Waters als unterdrückend empfindet (unabhängig davon, was man davon hält), was an diesen Rockopern außer dem von dir beschrieben Wagneresken Element des bombastischen Größenwahns ist denn antisemitisch? Ich frage das jetzt nicht, um dich aus der Reserve zu locken, sondern weil ich "The Wall" ganz ernsthaft noch nie gesehen/gehört/erlebt habe.
- das Schwein, das im Judentum nicht-koscher ist, wurde schon im Mittelalter als antijuedisches Hetzbild benutzt; Symbolik: "Judensau" = geldgieriger Jude = Kapitalismuskritik= juedische Weltverschwoerung - Mann mit schwarzem Ledermantel und roter Armbinde, im Hintergrund schwarze Stoffbahnen mit gekreuzten Hammern und ein Maschinengewehr. Lichter sind auf den Mann gerichtet, er schiesst in die Menge. Er wirft die Arme hoch und laesst sich von der begeisterten Menge feiern - Davidstern neben fuer ihn negativ behafteten Symbolen (z.B. Mercedesstern, Dollarzeichen) - das Reichsparteitag-Buehnenbild im Berliner Olympiastadion - der Bezug zu Richard Wagners Gesamtkunstwerk-Konzept - dazu Waters' Interviews
du gehst doch nicht ernsthaft davon aus, dass die nazisymbole zur verherrlichung des dritten reiches verwendet wurden, oder? so begriffsstutzig kann doch keiner sein.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.