In einer anderen Ausgabe. Hans Falladas Absolution: nachdem er sich im Dritten Reich mit den Nazis arrangiert hatte, kloppte er als Auftragsarbeit in kürzester Zeit kurz vor seinem frühen Tod die Geschichte des Widerstands eines Arbeiterehepaars heraus, das diesen ebenfalls in Plötzensee mit dem Leben bezahlte. Die Geschichte basiert auf Akten der Gestapo und ist in den Grundzügen authentisch; das Buch hat ebenfalls eine lange Odyssee hinter sich und erschien jahrelang in einer zensierten Version (in der unterschlagen wurde, daß das Ehepaar zu Beginn der Nazizeit ebenfalls begeisterter Hitleranhänger und durchaus antisemitisch eingestellt war), bis es dann zu seiner Wandlung kam und es den Kampf gegen Windmühlen aufnahm. Fallada gilt ja größtenteils fälschlichertweise als volkstümlicher Unterhaltungsschriftsteller: wenn, war er einer der erzählerisch und technisch versiertesten. Ich habe die 700 Seiten jedenfalls während meiner Woche Nachtschicht wie im Wahn heruntergemäht. Mit Sicherheit kein Feuerwerk der guten Laune; aber für ein von einem drogensüchtigen Alkoholiker auf dem Sterbebett verfaßten Roman eine beeindruckende Leistung, trotz einiger sprachlicher Holprigkeiten.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Hast Du die 2011er ungekürzte Neuauflage oder die alte Version gelesen. Ich hab die neue Version vor zwei Jahren geschenkt bekommen, gelesen und das Buch in meine Bücher all time top ten aufgenommen.
Für mich eines der Lese-Highlights dieses Jahres. Ein Roman eines Mexikaners über die letzten Indianerkriege und -Stämme und Häuptlinge im 19. Jahrhundert. Zwischen Wildwest-Roman und Geschichte der USA und ihren Kolonialismus , sehr geschickt die Ebenen verstrickt. Im Mittelpunkt stehen die Entführung einer Frau durch Apachen (bzw. die Suche nach ihr) und die Kapitulation Gernonimos. Eine Wendung hat bei mir leichtes Stirnrunzeln ausgelöst, aber spannendes Buch.
Zitat von fanwander im Beitrag #1787Hast Du die 2011er ungekürzte Neuauflage
Exakt die, hatte mir das auch neu gekauft. Sehr informatives Nachwort zur Entstehungs - und Zensurgeschichte im Nachwort inklusive (da das im Auftrag der sowjetischen Besatzungszone geschrieben war und Johannes R. Becher da seine Finger drin hatte [dem zumindest der Verdienst für Falladas Rehabilitation gebührt], wurde ja die anfängliche Hitlerbegeisterung des Ehepaars bis zu seinem Gesinnungswandel zuerst unterschlagen).
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Zitat von faxefaxe im Beitrag #1788 Enrigue: Jetzt ergebe ich mich, und das ist alles
Für mich eines der Lese-Highlights dieses Jahres. Ein Roman eines Mexikaners über die letzten Indianerkriege und -Stämme und Häuptlinge im 19. Jahrhundert. Zwischen Wildwest-Roman und Geschichte der USA und ihren Kolonialismus , sehr geschickt die Ebenen verstrickt. Im Mittelpunkt stehen die Entführung einer Frau durch Apachen (bzw. die Suche nach ihr) und die Kapitulation Gernonimos. Eine Wendung hat bei mir leichtes Stirnrunzeln ausgelöst, aber spannendes Buch.
Steht auch auf meiner Liste ganz oben, spätestens nach der überschwänglichen Besprechung in der Zeit. Hab für das Thema ja ein grundsätzliches Interesse.
Ich habe die Besprechung in der Zeit verpasst (muss das Abo mal kündigen, es ist frustrierend, wie wenig ich das nutze), aber die Empfehlung kommt rechtzeitig zur Weihnachtswunschsaison. Danke!
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Zitat von kafkaktus im Beitrag #1790Hab für das Thema ja ein grundsätzliches Interesse.
Hab mir letztens "Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses" von Dee Brown aus dem Bücherschrank gefischt. Das dürfte das absolute Standardwerk zu dem Thema sein.
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Zitat von kafkaktus im Beitrag #1790Hab für das Thema ja ein grundsätzliches Interesse.
Hab mir letztens "Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses" von Dee Brown aus dem Bücherschrank gefischt. Das dürfte das absolute Standardwerk zu dem Thema sein.
Ja habe ich auch, liefert natürlich einen eindrücklichen Überblick. Aber mir fehlen da häufig historische Quellen, wobei das ein grundsätzliches Problem auf diesem Feld ist. Ich hab mal einen längeren Artikel über Sitting Bull geschrieben und bin bei den Recherchen in dem Buch auf eine Episode gestoßen, ich sich kaum verifizieren ließ.
Kann das hier noch empfehlen. Hab das mal mit 12 oder 13 gelesen, aus dem Kinderbuchbestand meines Onkels. Ist auch sehr beeindruckend (und beeinhaltet klare Aussagen, ohne was zu beschönigen).
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Wieder eine Breitwand-Familiengeschichte, diesmal ein Pastorenhaushalt in den USA. Die 800 Seiten müssen einen nicht schrecken, es ist leicht zu lesen. Ich mag die Ambivalenz der Figuren, alle auf ihre Art immer mal unsympathisch, aber Franzen erzählt, wie sie wurden, was sie sind. Niemand hat bösen Willen (fast niemand). Kleine Schwächen hat es schon, die drehen sich teils um das Thema Religiösität, manchmal sind die Dialoge zu sehr auserwählt. Man kann das schon gut lesen, ich habe nun aber etwas schwereres, poetischeres angefangen, das mehr Lücken lässt, das tut ganz gut.
So ich bin jetzt auch durch, hab es auch wieder gern gelesen. Natürlich ist das recht konservativ erzählt, aber so ein Panorama über Beziehungsgeflechte zwischen ambivalenten und (dadurch) lebensnahen Figuren aufbauen, das kann er halt einfach. Ich finde tatsächlich diesen religiösen Aspekt schon spannend, da das ja aus unserer Perspektive immer etwas befremdlich wirkt. Gibt es eigentlich irgendwelche Infos, ob Teil 2 schon "in Vorbereitung" ist bzw. ob Franzen das in einen Rutsch schreibt?
Ferrante sind doch aber ein paar Teile mehr, oder? Und ich gehe davon aus, dass das Personal nochmal wechselt bzw. um jeweils eine Generation ergänzt wird. Man will doch wissen, welches Trauma Judson dann mit sich rumträgt.
Hat ein paar ganz nette, echt witzige Ideen und ist natürlich "skandalös blasphemisch". Ist andererseits auch extrem moralinsauer und teilweise unwitzig, platt und konstruiert. Liest sich trotzdem auch im Original recht flott weg, aber das Ende ist recht vorhersehbar (spätestens, als die Kommune nach Texas zieht, triggert das alles Mögliche). Jesus, der zurück auf die Erde kommt, ist natürlich ein Grungekid (und trägt einmal gar ein Melvins - T - Shirt), was dem Autor genug Gelegenheit zum Namedropping gibt, um zu zeigen, was er alles für coole Bands kennt; da ich das in "Kreisklassenhölle" auch getan habe, will ich ihm das nicht ankreiden. Aber allgemein regiert mir hier trotz allem anarchischen Humor zu oft der erhobene Zeigefinger; die Message, alle Menschen so zu respektieren, wie sie sind, wird einem mit ihm förmlich ins Hirn gedübelt. Und als Schlußpointe wird ein nahezu talibanbärtiger Witz verbraten, über den ich vor zwanzig Jahren schon schallend gelacht habe, und der einem hier als originell verkauft wird. Welcher?
Warum wurde Jesus gekreuzigt, und nicht ertränkt? Weil Christen sonst ein Aquarium um den Hals tragen müßten. Hier tragen sie dann eine Injektionsnadel um den Hals... dreimal dürft ihr raten. Des Witzes Auswalzung ist dann noch: hätte das Ganze in einem anderen Bundesstaat als Texas stattgefunden, müßten sie einen elektrischen Stuhl aus Gold ... etc. Gähn.
Von daher gesehen: nett zu lesen, aber unterm Strich dann doch ein Fall für den Bücherschrank. File under: unterhaltsame Popliteratur ohne richtigen literarischen Nährwert.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Finnlands Krimi des Jahres 2020: Eine Mischung aus Jugendroman und Krimi. Spielt in den Jahren 1991 und 2018. Durch die Andeutungen in der Gegenwart und die erst später erfolgenden Auflösungen in der Vergangenheit sehr spannend. Flüssig geschrieben und dadurch schnell zu lesen. Finnland spielt eine untergeordnete Rolle, könnte überall in Skandinavien spielen.