Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #1705Oh. Kannst du da einen detaillierteren Verriß posten (nicht nur, weil ich den gerne lesen würde)?
vorausgeschickt: ich habe "generation x" damals gelesen, erinnere mich aber nicht mehr an einzelheiten. das geht mir mit büchern oft so, meist weiß ich drei jahre später nur noch, ob ich sie gut fand oder schlecht. ob es zwischen "generation x" und "generation a" nun querverweise gibt, kann ich daher nicht sagen - ist aber auch egal.
bei "generation a" interessierte mich das thema "bienensterben", gehofft hatte ich auf eine kurzweilige dystopie mit ökologischem einschlag. gab es nicht. ich hätte wahlweise auch ein kluges buch mit denkenswerten gedanken genommen, gab es aber auch nicht. was es gab: die bienen sind ausgestorben, dennoch werden nahezu zeitgleich fünf oder sechs menschen, quer über die welt verteilt, von ebendiesen gestochen. die einzelnen geschichten werden erzählt - was durchaus noch potential hat - und dann zusammengefügt, in dem man die bienenopfer nach wochen der isolation in einer art labor auf irgendeine insel verfrachtet, wo der letzte bienenstock der erde stand und nun einem denkmal gewichen ist. da sitzen sie nun und erzählen sich geschichten, das heißt, eigentlich reden sie nur, geschichten haben ja meist interessantes an sich. das ist hier nicht der fall. also: es gibt keine wirkliche handlung, es baut sich kei roter faden auf, stattdessen werden seiten mit komplett uninteressanten belanglosigkeiten vollgedruckt. das ist in etwa so auf- und anregend, wie es sich liest. komplette ödnis. ganz am ende erzählt auch der "labormitarbeiter" seine geschichte, die irgendwie eine art auflösung des ganzen beinhaltet. die ist aber ebenso auf- und anregend wie der rest des buches, und dann ist es auch schon vorbei. mitnehmen tue ich aus diesem buch nichts: kein lachen, kein weinen, kein grübeln, kein genuss an schönen sätzen, keine symapthie oder asympathie für auch nur irgendeinen der charaktere, keine erinnerung an einen schönen sonntag nachmittag auf dem sofa. ich würde es meinen feinden nicht empfehlen.
SO will ich kracht. nichts gegen südsee-abenteuer oder romane im setting der ausgehenden stummfilm-ära, aber dieses zusammenspiel aus dekadenz und surrealem ist ganz einfach das, was- imho - kaum jemand so drauf hat wie er. love it, fantastisches buch, in einem rutsch weggelesen.
"Eurotrash" fehlt mir noch, ist vielleicht eine gute Urlaubslektüre. Ich hatte das Gefühl, "Die Toten" kam nicht so gut weg, aber mich hatte das begeistert.
Das folgende lag vor dem Nachbarhaus in einer "zu verschenken"-Kiste (da wohnt wohl eine Rezensentin oder Buchhändlerin). Ich habe es jetzt gerne im Urlaub gelesen: Yannick Grannec - Die Göttin der kleinen Siege Bild entfernt (keine Rechte)
Es geht um zwei Frauen: eine jung, Wissenschaftlerin und etwas am Leben vorbeilebend, und eine lebenslustig, alt, auf dem Sterbebett, die die Frau des Mathematik-Genies Kurt Gödel war. Beide lernen voneinander und man kriegt auch noch viel Lebenswirklichkeit aus dem letzten Jahrhundert erzählt. Wer "Turings Kathedrale" von George Dyson gelesen hat, der sollte das unbedingt lesen. Der Umkehrschluss ist allerdings nicht zwingend.
Das erste Mal Coetzee gelesen und ich war sehr beeindruckt von dem Roman. Die Geschichte handelt in Südafrika zum Ende der Apartheit und nimmt entsprechenden Raum ein. Vor allem wird aber ein tragisches Einzelschicksal erzählt, bei dem viel verhandelt wird: Gewalt gegen Frauen, Entfremdung in der Familie, die Auseinandersetzung mit dem Alter. "Schande" ist spannend und sehr gut geschrieben. Ich fand das Buch streckenweise ziemlich beklemmend, Coetzee erzählt mit kompromissloser Kälte. Das geht schon an die Nieren
ich bin noch nicht einmal ganz durch damit und kann jetzt schon sagen: super. ich glaube, die zeit hat so etwas gesagt wie "so viele leute schreiben über danebengegangene, bzw einfach nicht stattgefundene, entnazifizierung und wenn den autor:innen nichts mehr einfällt, findet die hauptfigur auf dem dachboden eine alte ss-uniform, darüber kann man dann seitenlang nachdenken. aber eva menasse schafft das kunststück, das alles nicht abgegriffen wirken zu lassen und sie schafft es hauptsächlich über ihre sprache". paraphrasiert. ich schliesse mich dem gerne an und empfehle es auf jeden fall weiter.
Recht gelungener Roman eines viel zu früh gestorbenen Autors, der zwar in Berlin lebte, aber aus dem Schwarzwald kam, was man einigen sehr süddeutsch geprägten Begriffen in dem Buch auch anmerkt ... hielt ihn für einen originären Berliner, bis das Wort "Schopf" für einen Holzschuppen im Buch auftauchte. Strittmatter starb bereits mit 33 Jahren an einem angeborenen Herzfehler (der ihn offenbar nicht davon abhielt, zu rauchen wie ein Schlot); "Raabe Baikal" wollte ich schon lange mal lesen, und es ist ein sehr gelungenes Buch voller obskurer Einfälle und skurriler Charaktere.
Raab, der wegen des Dunkeln um ihn zum Raaben wird, verlor den Vater auf so beiläufige Weise, daß er nicht an dessen Tod glauben kann; Raabe kommt ins Internat. Dort trifft er Fieber, der wegen eines Fieberschwindels vom Liebherr zum Fieber gemacht wurde; im Internat ist auch Andre, die, um ihre Stärke zu zeigen, den Namen selbst gewählt hat, indem sie das a unterschlug, sie will kein Mädchen sein.
Sehr viele Dinge passieren; manches ist unterhaltsam, einiges traurig, wiederum anderes sensationell unappetitlich. Ich war in fünf Tagen durch die 295 Seiten durch und mir am Ende ehrlich gesagt nicht sonderlich klar darüber, was mir der Autor nun damit sagen wollte; man versucht, zu interpretieren, was aber zu keiner greifbaren Erkenntnis führt. Das ändert aber nichts daran, daß es ein gutes Buch ist; auch wenn es ein sorgfältigeres Lektorat verdient hätte, da sich die eine oder andere unpassende Schluderei eingeschlichen hat (was zum Glück nur vereinzelt vorkommt; unangenehm fiel mir das zwei - oder dreimal auf). Ansonsten gibt es sehr beeindruckende Tagebucheinträge der Romanfigur "Taubmann", von denen ich dann doch schwer beeindruckt war.
Definitiv eine Empfehlung; mit Glück findet man es (wie ich) auf dem Remittendentisch in der Buchhandlung seines Vertrauens.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Herbert Achternbusch - Die Alexanderschlacht (1971)
Nach 54 von 225 Seiten habe ich aufgegeben: Stream of Conciousness, manchmal acht Seiten ohne Absatz. Unterhaltungswert null, Erkenntnisgewinn null, einfach nur anstrengend.
Früher mal mochte die die Filme von Achternbusch, heutzutage wäre das wahrscheinlich nicht mehr so. In den späten 70ern und 80ern war Achternbusch sehr populär (nicht bei christlichen Fundamentalisten), inzwischen interessiert sich niemand mehr für ihn, womit ich inzwischen konformn gehe.
Scholl - Latour war zwar ein recht zweifelhafter Charakter, aber schreiben konnte er. Unterhaltsame Geschichtslektion über die Indochinakriege, auch wenn mir ein paar Formulierungen, die heute gar nicht mehr gehen (das Buch ist von 1979), ziemlich querlaufen, weil sie tatsächlich dem Vorwurf an ihn, immer noch eine kolonialistische Perspektive zu vertreten, Nahrung bieten. Habe ich aus dem Bücherschrank, und war somit gratis, und dafür ist es mehr als in Ordnung. Obwohl das Thema nicht lustig ist, ist es teilweise dermaßen spannend und unterhaltsam geschrieben, daß ich zwei - oder dreimal über völlig bizarre Anekdoten sogar lachen mußte.
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Ich konnte die völlige Begeisterung für Frank McCourt schon nicht nachvollziehen; ich fand "Die Asche meiner Mutter" allenfalls unterhaltsam, aber stilistisch auch nicht besonders. Ebenso hier: der Stil ist unspektkulär (andere sagen wohl "schnörkellos"), manchmal ist das Ganze ziemlich platt und auch nicht immer glaubwürdig. Er erzählt von seiner rauhen Adoleszenz als Hafenarbeiter, glückloser Schauspieler, Goldschmuggler, Säufer und Hurenbock; und auch, wenn es nicht besonders gut geschrieben ist, habe ich mich stellenweise doch prächtig amüsiert und mußte an ein paar Stellen herzhaft lachen. Und am Ende schafft er es doch, eine Episode einzufügen, die extrem berührend ist.
Keine Weltliteratur, aber ein ideales Buch für lange Bahnfahrten; man liest es einfach runter, ohne viel nachdenken zu müssen, erfreut sich an dem einen oder anderen gelungenen Rant gegen die richtigen Institutionen und findet den alten Schwerenöter trotz aller Arschlocheskapaden irgendwie sympathisch. Gut für Tage, an denen man einfach nur was lesen will und grad keinen Nerv für Anstrengendes hat.
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(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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