Ich bin vielleicht altmodisch, aber wenn ich von jemand mir Unbekanntem etwas möchte, bin ich höflich und wahre eine gewisse Form. Wenn das jetzt generell Usus wird, braucht man sich nicht zu wundern, wenn man von irgendwelchen Teenies an der Haltestelle wie selbstverständlich geduzt wird. Und ja, sowas finde ich richtig scheiße.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
ich bin da ein wenig zwiegespalten. es gibt durchaus zusammenhänge da stört mich das geduze gar nicht (kneipe, club, plattenladen) und auf dem land wird eh per se geduzt. da sollte man nicht empfindlich sein. aber was ikea und die teenies an der haltestelle betrifft, gebe ich euch recht.
Ich arbeite in einem Beruf, in dem man generell von KollegInnen geduzt wird, ob man will oder nicht. Das ging mir auch schon immer auf den Sack, weil da Leute rumlaufen, mit denen ich nix gemeinsam habe und auch nicht haben möchte.
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Mich stört es eigentlich nur im Zusammenhang mit Werbung - im persönlichen Kontakt hab ich selten damit ein Problem. Aber ich wohne ja auch auf dem Land ;-)
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #5523Ich arbeite in einem Beruf, in dem man generell von KollegInnen geduzt wird, ob man will oder nicht. Das ging mir auch schon immer auf den Sack, weil da Leute rumlaufen, mit denen ich nix gemeinsam habe und auch nicht haben möchte.
hm, ja, kenn ich. als ich 2010 den job gewechselt habe, musste ich mich auch damit abfinden, dass man sich von der putzkraft bis zum ceo geduzt hat. fand ich seltsam und in vielen fällen unangenehm - v.a. wenn man die größten unverschämtheiten im vermeintlich kollegialen tonfall kredenzt bekommt ("da musst du halt jetzt das wochenende durcharbeiten. machst du doch, gell?"). bei meinem letzten arbeitgeber mit ziemlich flachen hierarchien und durchweg angenehmen kollegen hat das aber gepasst und ich empfand es nicht als belastend.
Mein jetziges Team ist auch klasse, aber im Bereich "Altenpflege" arbeiten zu 80% komplette Spritzbirnen. Ich dachte früher immer, soziale Berufe würden eher von halbwegs fortschrittlich denkenden Menschen ausgeübt, am Arsch. Ich hatte es vor meinem neuen Job mit mehr AfD - Sympathisanten zu tun, als gut für mich war. Und in den frühen Neunzigern mit Unmengen Scheißdrecksgelaber über "Scheinasylanten". Meine damaligen Kolleginnen waren die typischen dorfdumpfnüssigen Hausfrauen, und ich habe sie dermaßen gehaßt, daß ich letztens wider Willen klammheimlich erfreut war, eine schwarzumrandet in der RHEINPFALZ zu entdecken.
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Ich bin generell pro Duzen und glaube es ist nur eine Frage der Zeit. Die Skandinavier haben es längst vorgemacht. Für mich hat das Siezen immer einen Beigeschmack der Machtausübung. Schrecklich der Gedanke, dass Kinder früher ihre Eltern siezen mussten.
Mit Ende 20 wechselte ich den Job und kam neu in ein Team. 3 ältere Kollegen, auch mein Vorgesetzter, hatten mir längere Zeit das Du nicht angeboten. Es gab keinerlei zwischenmenschliche Probleme. Dennoch fühlte ich mich immer herabgewürdigt. Insbesondere wenn sich in Besprechungen die meisten Kollegen duzten und ich siezen musste. Meine Duz-Kollegen fanden das ebenso unangenehm. Mein Chef hatte es mir erst nach ca. 1 Jahr angeboten, da fragt man sich schon, was solche Menschen für ein Problem haben und warum er überhaupt seine Meinung geändert hatte. Bei einem weiteren Kollegen, der neu dazu kam, zog er es ebenso durch. Auch wenn er ihm dann wesentlich früher das Du anbot. Bei allen folgenden neuen Kollegen hatte er gleich am ersten Tag das Du angeboten, wie es in unserer großen Firma innerhalb der Teams üblich ist. Die schnippische Ehefrau des Vorgesetzen (im gleichen Unternehmen) zieht es noch immer rigoros durch und legt höchsten Wert darauf, gesiezt zu werden. Nur selektierte Kollegen dürfen sie duzen. Wie ich zu dem "Glück" gekommen bin, sie duzen zu dürfen weiß ich bis heute nicht, sie ist mir zutiefst unsympathisch. Das Ablehnen eines Duz-Angebotes finde ich allerdings noch schlimmer, sowas würde ich nur bei ganz, ganz wenigen Personen durchziehen.
Ein anderes Beispiel aus der Kindheit. Die Eltern meiner besten Freundin hatten mir nie das Du angeboten, als Kind hatte ich das nie hinterfragt. Nun als Erwachsene sieze ich sie immer noch und jetzt kommt es mir auch irgendwie komisch vor.
Es mag vielleicht ungewohnt sein, von Teenagern geduzt zu werden, aber das hat mMn immer etwas mit Tonfall/Respekt zu tun, in dem sich manche vergreifen. Auch für Kollegen gilt, man ist nicht gleich miteinander befreundet, nur weil man sich duzt. Ich habe überhaupt kein Problem damit, Leute zu duzen und trotzdem einen respektvollen Umgang zu pflegen, auch wenn man sich nicht sympathisch ist. Liegt vielleicht am norddeutschen Naturell. Moin!
Ich mag es an kleinen Orten, dass man eigentlich quer durch die Altersklassen schnell beim du ist, auch weil inzwischen ja zusätzlich noch 90% der Bevölkerung in einer gemeinsamen Facebook-Gruppe organisiert ist, wo man sich in der Regel auch duzt. Beruflich biete ich es selbst "nach unten" inzwischen recht schnell an, ich finde die Zusammenarbeit dann einfach unkomplizierter und auch effektiver, es ist natürlich auch ein Vertrauensvorschuss, der aber meiner Erfahrung nach fast immer mit mehr Leistung und Flexibilität belohnt wird. Die Zeichen der Zeit stehen einfach auf flache Hierarchien, von mir aus kann das Siezen auch irgendwann ganz wegfallen, wie in Dänemark.
Ich hatte auf Korsika zwei Großtanten, die hat niemand geduzt, nicht einmal mein Vater. Und ich fand das nicht unangenehm, im Gegenteil. Respekt. Genau darum geht es. Und diese Gesellschaft hat immer weniger davon, auch in Fällen, in denen er angebracht wäre. Darum finde ich es durchaus wohltuend, daß man die Möglichkeit hat, sich sprachlich von Leuten zu distanzieren.
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Ich bin großer Befürworter des Duzens. Von mir aus kann das "Sie" vollständig in den Mülleimer. Es schafft Hierarchien, Machtverhältnisse und Ungleichheiten. Eingefordert wird es fast ausschließlich von Leuten, denen man für ihre Arroganz am liebsten eins in die Fresse hauen würde. (Besonders gut in Internetdiskussionen zu sehen.)
Außerdem ist es problemlos möglich, in der Du-Form respektsvoll zu sein. Das ist eine Frage der Umgangsformen, nicht der persönlichen Ansprache.
Ich finde es schon ganz gut, eine sprachliche Möglichkeit der Distanzierung zu haben. Wenn man sie dann in die eine oder andere Richtung grenzüberschreitend anwendet, entweder um Hierarchien zu zementieren oder Fremdheit zu ignorieren, ist das halt eine blöde Verwendung, es liegt aber nicht am Du oder Sie. Man kann oer Du und per Sie respektvoll oder respektlos sein und es ändert sich nichts durch das Pronomen. Für mich signalisiert das eigentlich nur, wie nah man sich Menschen gegenüber fühlt.
Ich habe zum Beispiel mal in einem Laden gearbeitet, in dem ich den CEO immer siezen musste, wie auch alle anderen Mitarbeitenden. Respektiert hat den aber keiner sondern vor allem gefürchtet. Meinen jetzigen Geschäftsführer duze ich, habe aber den größten Respekt vor ihm.
auch ich duze generell gerne, und hab auch selten was dagegen, geduzt zu werden. allerdings geht mir das duzi-duzi-knutschi-bussi in meiner branche schon manchmal ordentlich auf die nüsse, weil es zum teil bestehende hierarchien eben doch verschleiert, und freundschaft vortäuscht, wo interessen vorherrschen. das war aber unangenehmer, als ich noch angestellt war; als freiberufler genieße ich den kumpelton wieder mehr.
Zitat von Quork im Beitrag #5531Ich finde es schon ganz gut, eine sprachliche Möglichkeit der Distanzierung zu haben. Wenn man sie dann in die eine oder andere Richtung grenzüberschreitend anwendet, entweder um Hierarchien zu zementieren oder Fremdheit zu ignorieren, ist das halt eine blöde Verwendung, es liegt aber nicht am Du oder Sie. Man kann oer Du und per Sie respektvoll oder respektlos sein und es ändert sich nichts durch das Pronomen. Für mich signalisiert das eigentlich nur, wie nah man sich Menschen gegenüber fühlt.
Ich habe zum Beispiel mal in einem Laden gearbeitet, in dem ich den CEO immer siezen musste, wie auch alle anderen Mitarbeitenden. Respektiert hat den aber keiner sondern vor allem gefürchtet. Meinen jetzigen Geschäftsführer duze ich, habe aber den größten Respekt vor ihm.
zustimmung! ich arbeite in einem umfeld, in dem sehr haeufig per du gearbeitet wird und ich empfinde das definitiv nicht als respektlos.
gleichzeitig finde ich es nicht schlecht, die moeglichkeit des "Sie" zu haben, genau aus den von quork angebrachten gruenden der distanz. in UK (zumindest in schottland) war alles per vornamen, inklusive wohnungsbesichtigungstermine/stromrechungen/kampf um funktionierendes internet/... und auch da haengt es nicht am fehlenden respekt, aber ich finde es gelegentlich gut, ganz klar eine distanz schaffen zu koennen.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #5519IKEA hat damit angefangen, und inzwischen glaubt gefühlt fast jeder Scheißladen, mich ungefragt jovial duzen zu müssen, sogar der "Nahkauf". Ich bin weder euer Bruder noch euer Kumpel, sondern euer Kunde, verdammt, und ihr wollt mein Geld.
Hä? Duzen dich die Mitarbeiter*innen? Das machen nichtmal die IKEA-Leute. Oder meinst du die Werbung?
Ich mag Distanz zu Fremden und bin daher froh um das Sie. Sich das du erst anzubieten finde ich eine ganz charmante, unaufgeregte Art der gegenseitigen Sympathiebekundung.
Just a MF from hell.
Rotation:
Cindy Lee - Diamond Jubilee | Being Dead - Eels | Shellac - To All Trains