Das Kondensat - s/t(2017) Die hiesige Jazzszene darf man wirklich nicht unterschätzen, das zeigt auch diese Neuveröffentlichung. Um "Startrompeter" Gebhard Ullmann (Wikipedia listet über 50 Alben als Bandleader und Co-Leader) versammelte Supergroup, die im ansonsten allzu esoterisch-verschnörkelten Pressetext Wert darauf legt, dass ihre Musik zwar auch Jazz sei, "aber nur unter anderem". In der Tat gibt es auf dem Album lärmende Synthies, Dub-Drums und einen sehr rockigen Bass, in der Summe kann aber nur Jazz so ungestüm mit Erwartungen spielen und den Hörer immer wieder überraschen. Teilweise sehr faszinierend und eine dicke Empfehlung.
1. Variations on a master plan #3 (6:27) 2. Lady in the sky (2:40) 3. Ich atme Luft von anderen Planeten (3:46) 4. Dubbing with guy (3:48) 5. Shox (2:50) 6. Grizzly bear (2:12) 7. Desert...Bleue...East (4:54) 8. Rugged (2:26) 9. Five Slash Seven (2:49) 10. Kitsch #2 (4:11) 11. Ich atmete Luft von anderen Planeten (4:02)
Variations on a master plan
Ulysseus (2014, nicht auf dem Album)
Gebhard Ullmann: tenor and soprano saxophones, looper, sampler Oliver Potratz: bass, analog effects Eric Schaefer: drums, modular synths
Zitat von LFB im Beitrag #120 Art Blakey and the Afro-Drum Ensemble - The African Beat (1962) Von der Jazz-Geschichtsschreibung offenbar eher nur unter "ferner liefen" einsortiert, aber mir sagt diese Zusammenarbeit von Art Blakey mit westafrikanischen Musikern durchaus zu, auch weil es natürlich ein ähnlicher Stilmix ist wie die derzeit gerne gehörte Shabaka and the Ancestors Platte. Spannende Fusion aus den kraftvollen afrikanischen Rhythmen und Blakeys Jazz-Drumming, dazu dann wahlweise afrikanischer Call-and Response Gesang oder allerlei Flöten.
Obirin African
Wer hätte gedacht, dass sich dieser angestaubte Beitrag zu einer Fortsetzungsgeschichte entwickelt?
Der bei obigem Album stilprägende nigerianische Drummer und Percussionist Solomon G. Ilori (*1934), veröffentlichte nur ein Jahr nach "The African Beat" selbst ein Album als Bandleader auf dem Blue Note Label. Obskurerweise gelten aus heutiger Kritikersicht nicht die sechs Stücke des Originalalbums als unverzichtbar, sondern drei ein Jahr später aufgenommene epische World Jazz Stücke u.a. mit Donald Byrd, die jahrzehntelang unveröffentlicht blieben, bis sie dem CD Reissue als Bonustracks zugefügt wurden und das Originalalbum an Laufzeit sogar übertreffen. Ich bin da leichter zu beeindrucken und halte alle neun Tracks für gleichermaßen toll: Das originäre Album groovt dank der meditativen westafrikanischen Gesänge sehr relaxt und beinahe karibisch durch den deutschen Novembernebel, die drei angehängten epischen, jazzigeren Stücke sind tatsächlich sehr abwechslungsreiche Kleinode, die den besten Werken von Sun Ra oder Miles Davis in nichts nachstehen. Als Hörer sollte man allerdings längeren Drum- und Percussionexkursionen nicht abgeneigt sein, aber das setze ich für die Leser (gibt es eigentlich Jazz-Thread Leserinnen?) in diesem Thread voraus.
Solomon G. Ilori - African High Life 01. Tolani (African Love Song) – 7:44 02. Ise Oluwa (God's Work Is Indestructable) – 5:39 03. Follow Me to Africa – 5:29 04. Yaba E (Farewell) – 5:30 05. Jojolo (Look at This Beautiful Girl) – 7:17 06. Aiye Le (The Troubled World) – 3:25 Bonus Tracks on CD Reissue: 07. Gbogbo Omo Ibile (Going Home) – 11:47 08. Agbamurero (Rhino) – 13:54 09. Igbesi Aiye (Song of Praise to God) – 13:22
Recorded at Rudy Van Gelder Studio, Englewood Cliffs, New Jersey on April 25, 1963 (tracks 1-6) and October 30, 1964 (tracks 7-9)
Mitwirkende (fett=ebenfalls auf "The African Beat") Solomon G. Ilori – vocal, pennywhistle, talking drum, guitar Chief Bey, Roger Sanders (tracks 7-9), Ladji Camara (tracks 7-9), Sonny Morgan (tracks 7-9) – conga, hand drum, percussion Josiah Ilori – sakara drum, cowbell (tracks 1-6) Robert Crowder – conga, shekere, cowbell (tracks 1-6) Montego Joe – conga (tracks 1-6) Garvin Masseaux – conga, xylophone, cowbell (tracks 1-6) Jay Berliner – guitar (tracks 1-6) Hosea Taylor – alto saxophone, flute (tracks 1-6) Donald Byrd – trumpet (tracks 7-9) Hubert Laws – tenor saxophone, flute (tracks 7-9) Elvin Jones – drums (tracks 7-9) Ahmed Abdul-Malik (tracks 1-6), Bob Cranshaw (tracks 7-9) – bass Coleridge-Taylor Perkinson – piano, musical director
Bandcamp-Fundstück und auch sonst eine Entdeckung, das neue Mixtape von Schlagzeuger Makaya McCraven.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Der Trompeter Christian Scott bringt alle drei Alben, die er im Jahr 2017 veröffentlicht hat, als günstiges Set heraus. Eine Fundgrube.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Various Artists - We out here (08.02.2018) Ein erster Jazz-Höhepunkt für 2018 deutet sich in Gestalt dieser Compilation an, für die Shabaka Hutchings die junge Jazzszene Londons versammelt.
Zitat We Out Here, a coming compilation album from Brownswood, documents London’s formidable young Jazz scene. Released on 8 February, the album is made up of a game-changing roster of artists including Shabaka Hutchings, Moses Boyd, Nubya Garcia and Ezra Collective. These musicians have all received critical acclaim by disregarding rules and expectations in preference of creativity and innovation.
Ich sondere diesmal den Jazz aus meiner Jahres-Top50 aus und poste ihn hier. Da es doch sehr Special-Interest ist, könnte ein Tip in der Masse einer großen Liste mit Pop untergehen. Die Hälfte davon wurde hier allerdings eh schon vorgestellt. Das habe ich jedenfalls 2017 öfters und gerne aufgelegt.
1. Cameron Graves - Planetary Prince 2. Vijay Iyer Sextet - Far From Over 3. Tony Allen - The Source 4. Chip Wickham - La Sombra 5. Web Web - Oracle 6. Billy Childs - Rebirth 7. Christian McBride Big Band - Bringin' It 8. Kamasi Wahington - Harmony Of Difference 9. Chuck Owen - Whispers On The Wind 10. Chris Potter - The Dreamer Is The Dream
ME-Leser 1984 bis 2016 - ME-Forum seit 30.04.2003 - Erster Beitrag: "Wo kann ich mich hier wieder abmelden?" Heavy Rotation → ◉ Jake Bugg (2024) A Modern Day Distraction ◉ Julie (2024) The Ant-Aircraft Friend ◉ Towa Bird (2024) American Hero ◉ The Courettes (2024) The Soul Of... The Fabulous Courettes ◉ Noga Erez (2024) The Vandalist
Mit dem Album von Cameron Graves bin ich leider nicht wirklich warm geworden, das klingt mir irgendwie zu technisch und steril. Drei Übereinstimmungen (was keine Überraschung ist, wir gammeln hier ja derzeit am häufigsten herum) und einmal verbrannte Finger (Kamasi Washington), verbleiben fünf Alben zum Reinhören für mich.
What’s the best jazz combo today? An elder statesman’s allstar band? Some recent hotshot conservatory grads? A mid-career hero’s touring group? For my money, none of the above. Instead, an unassuming, mildly self-abnegating foursome from Berlin is the heaviest working band in small-group jazz. Die Enttäuschung – a name that invites its own comments (and deflates any grand self-assertion like the above), translated as “the disappointment” – has been around since the end of the ‘90s … Playing intimate quartet music firmly rooted in free-bop, with an open sound, melodic improvising and a clear delight in swinging (and interrupting the swing), the group’s frontline is immediatley arresting, a gush of musicality … The band takes the good old idea that charts are springboards for playing, for music that is not on the page. There’s an absence of rigidity, there is serious listening, a playful attitude, humility and musical ambition, all rolled into one. No disappointment, at any level. John Corbett, Downbeat
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig
"Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug." Stefan Zweig
Noch ein Nachtrag zum Tod von Hugh Masekela: Er war vielleicht einer der ersten Jazzer, der mir als Teenager ein Begriff war. Sicher nicht primär wegen der Musik, sondern weil er im Zuge der Ethnisierung des 80er Pop im Umfeld von Paul Simon, Sting und der ganzen "Free-Mandela"-Ära gerne von den Stars auf die Bühne geholt wurde. Ich bin auch heute noch kein Experte, aber diese beiden Alben kann ich mit gutem Gewissen empfehlen (auch wenn sie schon bekannt sind). Wer noch ein Must-Have in der Hinterhand hat, soll es anfügen.
Hugh Masekela - Home Is Where the Music Is (1972) ★★★★★★ Es ist vielleicht die ultimative Platte seiner Karriere, dabei ist sie nicht mal ganz so typisch für seinen Stil, aber eben das Highlight seiner kreativsten Phase. Amerikanisiert durch Produzent Stewart Levine werden die afrikanischen Einflüsse etwas zurückgeschraubt und stattdessen angereichert mit Bop, Soul-Jazz und bluesigen Passagen vom Allerfeinsten. Und jeder, der auch nur annähernd in dieser Richtung interessiert ist, kann sie sich ungehört bestellen. Beseelt von der ersten bis zur letzten Sekunde. Von Blue Thumb Records auch mit diesem Cover: 1. Part Of A Whole 9:37 2. Minawa 9:38 3. The Big Apple 7:53 4. Unhome 5:28 5. Maseru 7:08 6. Inner Crisis 5:53 7. Blues For Huey 6:25 8. Nomali 7:22 9. Maesha 10:28 10. Ingoo Pow-Pow (Children's Song) 6:45
Hugh Masekela – trumpet Larry Willis – acoustic and electric piano Dudu Pukwana – alto saxophone Eddie Gomez – bass guitar Makhaya Ntshoko – drums
Hugh Masekela - The Boy's Doin' It (1975) ★★★★★☆ Als der Afro-Funk in der neuen Welt gerade dabei war in Fusion aufzugehen oder angepasst in die Disco zu stolzieren, kam einer vom alten Kontinent und legt eine Spitzenalbum des Genres hin. Alles drin was das 1x1 dieser Richtung zu bieten hat: Afrikanische Rhythmen, Blaxploitation-Funk, Latin-Feeling, instrumentale Spielfreude, unendlich tanzbar und mit ordentlichen Popfaktor, der gelegentlich sogar mal rockt. Die CD-Version enthält übrigens mehr Tracks, man sollte sie in dem Fall vielleicht mal vorziehen. Party pur. 1. The Boys Doin' It 4:05 2. Mama 5:12 3. Excuse Me Please 6:23 4. Ashiko 9:39 5. In The Jungle 5:14 6. A Person Is A Sometime Thing 6:39 7. Colonial Man 5:05 8. A Song For Brazil 4:15 9. Toejam 4:33 10. Hi-Life 9:35 11. You Told Your Mama Not To Worry 7:21 12. Mami Wata 3:38
ME-Leser 1984 bis 2016 - ME-Forum seit 30.04.2003 - Erster Beitrag: "Wo kann ich mich hier wieder abmelden?" Heavy Rotation → ◉ Jake Bugg (2024) A Modern Day Distraction ◉ Julie (2024) The Ant-Aircraft Friend ◉ Towa Bird (2024) American Hero ◉ The Courettes (2024) The Soul Of... The Fabulous Courettes ◉ Noga Erez (2024) The Vandalist
Ok, Fehler wurden verbessert. Hier noch ein Hit: Hugh Masekela & The Union Of South Africa - Dyambo von 1971
ME-Leser 1984 bis 2016 - ME-Forum seit 30.04.2003 - Erster Beitrag: "Wo kann ich mich hier wieder abmelden?" Heavy Rotation → ◉ Jake Bugg (2024) A Modern Day Distraction ◉ Julie (2024) The Ant-Aircraft Friend ◉ Towa Bird (2024) American Hero ◉ The Courettes (2024) The Soul Of... The Fabulous Courettes ◉ Noga Erez (2024) The Vandalist
Ich muss das auch hier noch mal loswerden, wie toll ich in den letzten Tagen das vierte Album "Mopocalypse" der finnischen Jazzband Mopo finde (Mopo heißt auf Finnisch übrigens Moped, falls sich jemand gewundert hat, was die vielen Mopeds überall machen). Ich ärgere mich ein wenig, die gerade einen Tag nach ihrem letzten Konzert in Berlin entdeckt zu haben. Anhören kann man sich das übrigens hier: https://wejazzrecords.bandcamp.com/album/mopocalypse
Und hier, samt Mopeds:
Keine Sorge auf dem Album gehts nicht die ganze Zeit so rund. Aber schon noch ein bisschen.