der me wird jetzt aber definitiv abonniert. ich will nicht überhaupt keine musikzeitschrift mehr haben.
Seit Ende 1976 lese ich ihn, war aber in den Neunzigern mal total weg. Ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet, den ME zu abonnieren. Jetzt überlege ich aber doch. Und sei es nur als mein Beitrag zum Erhalt eines musikalischen Printmediums
Dann ist feiern vielleicht der falsche Ausdruck, aber wie man an dieser kleinen Runde hier sieht, gibt es durch die Meldung zwei potentielle ME-Abonnenten.
Zitat von CobraBora im Beitrag #71Was die Spex betrifft, stimme ich Lumich zu. Meistens hab ich sie mir wegen der CD gekauft.
dito hier - war ab und zu auch ganz nett zu lesen und die CD war für mich meist ulkig bis schräg, aber auch interessant. Mit einer hab ich mal meine Schüler erschreckt.
Dieses Jahr wird wohl Tabula Rasa am deutschen Magazinmarkt gemacht: Die Spex macht auch dicht.
Ich habe ja seit meinen Abozeiten Mitte der Neunziger bis Mitte der Nuller nur noch sehr gelegentlich reingeschaut; aber gerade hinsichtlich meiner musikalischen Sozialisation auf dem Land, ohne ordentlichen Plattenladen und coole Musikkumpels, war die "grand old dame" der deutschsprachigen Popkritik neben Klaus Walters "Der Ball ist rund" auf HR3 doch sehr prägend. Die Ausgabe von 2000 war mir mit ihren Listen ein willkommener Kompass durch die Napster-Welten. Vielen Dank zudem für die frühzeitige Bekanntmachung mit Dietmar Dath und die damit verbundende Einführung in das Thema Science Fiction.
Die Nachricht hat mich tatsächlich überrascht: Eigentlich hatte ich gedacht, dass die Spex ihre stabile Marktnische gefunden hätte, im Gegensatz zum ME, der Volkspartei unter den Musikzeitschriften.
Im Gegensatz zu NME und Intro, die schon lange tot waren, betrachte ich das Ende der Spex als echten Verlust. Dabei spielt Nostalgie gar keine Rolle: Zur Blütezeit der Spex habe ich sie nur ab und zu in der Studentenwerksbibliothek gelesen und war nie wirklich begeistert, war mir zu selbstverliebt. Ein Heft gekauft habe ich erstmals 1999, seitdem ungefähr alle zwei Jahre eines. Das hört sich nach nicht viel an und hat natürlich wenig zum Erhalt beigetragen, aber ich bin eben ein langsamer Leser und irgendwas sprach meistens gegen den Hefterwerb: Jemand, den ich nicht mag, auf der Heft-CD oder dem Cover, zu viele noch ungelesene andere Zeitschriften zum Erscheinenstermin oder, nach dem eigentlich sinnvollen Abschied von der monatlichen Erscheinungsweise, das Verpassen der Ausgabe: Ich habe nie durchschaut, ob es in den letzten Jahren einen festen Veröffentlichungsrhythmus gab. Diese wenigen gekauften Hefte waren mir aber gerade in den letzten Jahren sehr wichtig: Wo sonst werden denn popkulturelle (und auch mal benachbarte politische) Themen nicht-oberflächlich behandelt? Im Radio gibt es das noch, aber zum lesen ist mir da nichts bekannt. Und das Argument, Musikjournalismus wäre heutzutage angesichts der allumfassenden Musik-Verfügbarkeit überflüssig, erschließt sich mir überhaupt nicht: Dann hätte ja nie Modezeitschriften gebraucht, weil sich doch jeder selbst Mode im Schaufenster anschauen kann.
Geht mir ähnlich: Auch für mich ist es überraschend, andererseits können sich wohl auch Musikzeitschriften nicht von der generellen Tendenz bei den Printmedien abkoppeln- die Entwicklung der Auflagenzahl und des Anzeigenmarktes spricht Bände (insoweit ist es auch kein Grund zur Freude für den Musikexpress). Generell hat Popmusik wohl auch nicht mehr den Stellenwert von früher. Spex habe ich erst in den letzten Jahren für mich entdeckt und mich in einige Bücher vor allem von Diederichsen eingelesen. Ein herber Verlust für den deutschen Musikjournalismus- und ja, gerade wegen der gestiegenen Unübersichtlichkeit und der generellen Verfügbarkeit sind Gatekeeper und eine Einordnung in den Gesamtkontext um so wichtiger (was offensichtlich die Mehrheit anders sieht).
Ich bin auch heute noch ziemlich zerknirscht wegen dieser Nachricht. Die spex stand ja schon mal am Abgrund und dann hatte man sich mit dem Umzug nach Berlin doch nochmals entschlossen sie weiter aufrecht zu halten. Die wirtschaftlichen Hintergründe, die man nicht erfahren wird, wären natürlich interessiert. Die groove und die spex sind ja beides Hefte des Piranha Verlags. Aber dass man mit diesen Heften heute keine großen Umsätze generieren kann ist auch klar. Und die Fixkosten laufen immer schön weiter.
Sehr bedauerlich jedenfalls, dass es für diese Art von Musikjournalismus kaum mehr Nachfrage gibt. Ich finde ihn wie Back Door Man alles andere als obsolet
Zunächst einmal hat sich der Anzeigenmarkt für Printmedien radikal geändert. Die Werbung für Tabakerzeugnisse ist seit 2007 verboten und viele Unternehmen stecken ihre Marketingbudgets heute lieber in eine Social-Media-Werbung als ins Printgeschäft. Es gibt also weniger Werbegelder.
Zudem konsumieren die Musikinteressierten heute anders. Einst war für mich eine Musikzeitschrift oft die einzige Quelle, um Infos über Bands und Alben zu erhalten. Die Journalisten sorgten da für den nötigen Durchblick und erläuterten musikalische Trends . Heutzutage kann man spätestens per Streaming fast alle Musik der Welt im Net anhören und probehören und für die Musikzeitschriften entfällt oft die alte Funktion, eine Art Vorauswahl zu treffen.
Dies wirkt sich natürlich auf Verkaufs- und Abo-Zahlen aus. Immer mehr Musikhörer holen sich ihre Infos direkt und ohne Zusatzkosten online. Was aktuell angesagt ist, wird den meisten heute über SocialMedia mitgeteilt bzw. ausgetauscht. Bei der SPEX ging die Auflage teils auf 8000-18000 Exemplare herab. Es gab sie ja eh nur noch alle zwei Monate. Da kann ein Verlag eben besser seine Kräfte in lukrativere Werbekampagnen für irgendwelche Burger-Menüs stecken (Seitenhieb auf den piranha-Verlag).
"Good taste is the worst vice ever invented" (Edith Sitwell)
Dieser Artikel hat übrigens den Zeitpunkt der Bekanntmachung der SPEX-Schließung diktiert. Die SZ hat davon Wind gekriegt, weswegen die Redaktion noch schnell vor Erscheinen dieses Artikels ein Statement machen musste.
Auch wenn der Fokus auf "Black Music" und "Gender Studies" (ich benutze diese Begriffe mal eher umschreibend, darum die Anführungszeichen) etwas weg aus meinen Kerninteressen führte, ist das für mich ein herber Verlust. Den musikjournalistischen Ansatz, gesellschaftliche Kontexte mitzudenken, finde ich wichtig, und da geht auf deutschem Boden mit der SPEX der wichtigste Vertreter. Ich weiß nicht, ob ich dem Internet zutraue, diese Lücke zu füllen... (und seit ziemlich genau einem Jahr war ich ja auch als Autor an Bord, da verschwindet auch einfach schon wieder ein Auftraggeber, was aus ganz anderen Gründen ziemlich beschissen ist...)
Das allererste Mal von der SPEX gehört habe ich übrigens 1998. Da mopste ich mir von meinem älteren Bruder die 13 von den Ärzten und wunderte mich bei dem Song "Goldenes Handwerk" über die Zeile "Mein natürlicher Sex wird selbst erwähnt in der SPEX". Ich weiß nicht mehr, wann ich in Erfahrung gebracht habe, was genau es denn mit "der SPEX" auf sich hat, aber mir gefällt dieser Umstand des Kennenlernens.
Zitat von akri im Beitrag #86Heutzutage kann man spätestens per Streaming fast alle Musik der Welt im Net anhören und probehören und für die Musikzeitschriften entfällt oft die alte Funktion, eine Art Vorauswahl zu treffen.
Genau das halte ich für einen Trugschluss, dem die Konsumenten anscheinend unterliegen. Gerade weil immer mehr Musik verfügbar ist und die Quellen immer vielfältiger, sollte eine Vorauswahl umso willkommener sein. Und Streaming führt höchstens dazu, dass man mehr vom gleichen Mist hört. Zumindest, so lange die Algorithmen nicht ausgefeilter sind. Ob die Musikindustrie das möchte, ist nochmal eine andere Frage. Mehr vom Gleichen bedeutet auch weniger Aufwand um noch mehr davon zu produzieren.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Ich glaube die Algorithmen sind schon recht ausgefeilt und führen ganz bewusst zu den immer gleichen Sachen, die immer gleichförmiger werden. Schon absurd, so viel Auswahl wie nie, doch die Vielfalt leidet letztlich, weil Algorithmen alle Experimente gekonnt ausknipsen.
Wieso versucht sich eigentlich niemand an einem deutschen Online-Magazin a la pitchfork?
Zitat von Johnny Ryall im Beitrag #88Und Streaming führt höchstens dazu, dass man mehr vom gleichen Mist hört. Zumindest, so lange die Algorithmen nicht ausgefeilter sind. Ob die Musikindustrie das möchte, ist nochmal eine andere Frage. Mehr vom Gleichen bedeutet auch weniger Aufwand um noch mehr davon zu produzieren.