Ich schwärme in erster Linie für Fay Milton, die Schlagzeugerin. Sie ist neben Anna Prior (Metronomy) meine liebste Schlagzeugerin der Welt, gleichermaßen fröhlich wie cool. Ich mag aber auch sehr, wie Ayse Hassan am Bass spielt. Immer mit geschlossenen Augen mitgroovend. Wenn sie die Augen mal öffnet, lacht sie fast immer.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)
03. joanna newsom, kampnagel, hamburg es war erneut ganz, ganz zauberhaft. virtuosität ist mir tendenziell noch immer irgendwie suspekt, aber es ist einfach unglaublich und ehrfurcht gebietend, wie frau newsom und mitmusiker diese arrangements auf die bühne bringen. und das dann damit gepaart, wie charmant und bodenständig joanna zwischen den songs rüberkommt. wenn man diesen kichernden goofball so sieht, dann ist die ehekonstellation mit andy samberg gar nicht mehr so verwunderlich, wie sie auf dem papier zu sein scheint. nach dem auftakt mit "bridges and balloons" hätte ich mir den einen oder anderen song mehr von "the milk-eyed mender" gewünscht (es gab nur noch das obligatorische "peach, plum pear" in einem schönen neuen arrangement; mindestens "the book of right-on" hätte ich erhofft), gleichermaßen erstaunt bin ich, wie vertraut die songs von "divers" schon sind: bei nachträglichem studieren der setlist auf setlist.fm musste ich feststellen, dass 7 von 16 lieder vom neuen album waren. kam mir weniger vor. gut zwei stunden spielzeit, keine minute zuviel. ich könnte ihr tagelang zuhören.
04. grimes, falconer salen, kopenhagen ich hatte schon eine karte für hamburg, wollte aber am gleichen abend auch anderson .paak in berlin mitnehmen. also konzertkalender studiert, hamburgticket verjuckt und københavn erstmals nach 2009 als würdiges ziel in kombination mit einem städtetrip auserkoren. die location ist einigermaßen skurril, eine art riesiger ballsaal innerhalb eines radisson hotels, gefühlt mehr als doppelt so groß als das docks, wo das ganze in hh stattgefunden hat. glücklicherweise war - in abgleich mit den erfahrungen des freundes, der sich meines tickets für hamburg angenommen hatte - die stimmung wohl auch doppelt so ausgelassen. ich muss sagen, dass ich auf der tour zu "visions" den unterhaltungsfaktor noch etwas dünn fand, aber auf diesem popkonzertniveau (mit backingvokalistin, zwei tänzerinnen und elaborierter lightshow) hat mir grimes ungemein imponiert. und ich fand es auch ungemein befriedigend zu sehen, dass ausgerechnet grimes dieses level erreicht hat. denn auch wenn sie jetzt die mainstreamfähigen hits (sidenote: hab gerade nochmal die allerersten beiden alben gehört; she's come a long way...) hat, ist ihre musik, ihre show, ihre ganze präsentation immer noch so dermaßen neben der spur, dass man sich nur freuen kann, dass sie mit dieser "anything goes"-haltung eine so große halle erreicht - und vielleicht den einen oder anderen zuschauer an mehr weirdness heranführt. diese mischung aus der vergleichsweise riesigen location, die wahlweise mit popsalven, aber eben auch krachattacken wie "scream" befeuert wurde und dem charmanten restdilettantismus war einfach nur grandios. ich muss zugeben, dass ich ihrer großangelegten konzepte in interviews manchmal als etwas überambitioniert abgetan habe, aber die rechnung scheint mehr und mehr aufzugehen. bei ihren ansagen hatte ich vor lauter hyperaktivität manchmal ein bisschen angst vor hyperventilation. und es war ungemein charmant vor so einer großen menge gänzlich unprätentiös zu erklären, dass man keinen bock auf diese zugabennummer habe und ob das für alle okay wäre, wenn sie ihre zugabe jetzt gleich spielen würde, ohne erst albern einmal von der bühne zu gehen in dem beidseitigen wissen, dass man sowieso nochmal wiederkäme. hat auf dem niveau vermutlich auch noch keiner gebracht. im gesamtpaket vielleicht sogar mein bisheriges konzerthighlight 2016.
05. wanda, große freiheit 36, hamburg die beiden wanda-konzerterlebnisse verhielten sich weitestgehend zueinander, wie sich die beiden alben zueinander verhalten: im letzten jahr, im zum bersten ge-, quatsch, ÜBERfüllten molotow hatte ich die ahnung, hier an etwas besonderem teilzuhaben. ein magischer (herrje, sorry dafür) abend wurde es seinerzeit als die band viel zu spät auf die bühne schlurfte, angeblich aufgrund eines missverständnisses - aber offenkundig schien es den jungs auch egal zu sein, die attitüde sagte: "wir sind sind es wert." und das waren sie dann auch. es war so, als fühlten an dem abend alle gäste, dass jene tour die letzte gelegenheit gewesen sein würde, die gerade durchs dach gehende band in so einem beschaulichen kontext zu erleben. dann kam album zwei, viele weitere gute songs, die fast genauso gut funktionieren - weil sie auch fast genauso klingen wie die des debüts. und so wurde man in der deutlich größeren großen freiheit zeuge einer band, die den rotzlöffeligen esprit inzwischen routiniert abzurufen weiss. was erneut zu einem triumphalen konzertabend verhalf, halt nur mit etwas weniger euphorischer ausgelassenheit. "a hard day's night" von den beatles war ein netter touch auf den bühnenbrettern genau oberhalb des kaiserkellers und auch ein gelungenes (und ein das eigene songwriting entlarvendes) cover.
06. stormzy, turmzimmer, hamburg das turmzimmer war die perfekte lokalität, der vibe war schon vor eigentlichem beginn tiptop und als der chef dann kam war auch in hamburg #abriss angesagt. ich habe es irgendwie geschafft meine wenig grimeaffine gattin, zudem an ihrem geburtstag, mitzuschnacken und selbst die war hochangetan, zumal stormzy indeed, wie man ja auch in seinen videos immer wieder erahnen konnte, ein extrem sympathischer vogel ist mit seinem schelmischen, wissenden, gewinnenden spitzbubenlächeln. publikumswirksam wurde das "ohnehin schon tolle" publikum in stuttgart und heidelberg einige kilometer unter der hamburg crowd eingeordnet. eine ganz lustige idee, die ich bisher so noch nie erlebt hatte, war die aufforderung des stolzen south londoners ans publikum die eigene hood zu representen, indem auf 3-2-1 alle den namen des jeweiligen heimatstadtteils in hamburgs herauszuposaunen. bei "shut up" und "know me from" ging gar nichts mehr. wahnsinn.
für einen sonntagabend nach überstandener krankheit die am besten denkbare musik in der besten denkbaren location. trotzdem es rappelvoll war - hatte die band (heute stefanie böhm: gesang, bass, electronics; micha acher [the notwist, alien ensemble]: bass, electronics; cico beck [joasihno, aloa input]: keyboard; thomas geltinger: schlagzeug) doch so ca. vor 10 jahren ihr letztes konzert gegeben - war es sehr angenehm. lauter nette, enthusiastische, aber entspannte leute aller altersklassen. wunderbar! und die band hatte auch so richtig bock. schwerpunkt war natürlich das neue album, aber die highlights der ersten beiden waren natürlich auch dabei. nach verhaltenem beginn wurde mit dem alten kracher "go check" gleich mal komplett das eventuell noch vorhandene eis gebrochen und dann flutschte es wie von selbst. à la notwist wurden viele songs remix-artig variiert, teilweise rockiger als auf den alben präsentiert oder wunderbarst verdubbt. zwei zugaben und ganz zum schluss noch ein tolles slowdive-cover. perfekt!
Zitat von rockotron im Beitrag #186 publikumswirksam wurde das "ohnehin schon tolle" publikum in stuttgart und heidelberg einige kilometer unter der hamburg crowd eingeordnet..
aha aha! Nee, da hast du dich verhört: Er meinte, dass Heidelberg zwar 500 km südlich von HH sei, aber bestimmt nicht was die #energy anging. 3/4 des Raumes warn ein einziger Moshpit, ob man wollte oder nicht. Unfassbar wie das abging, es lagen soviele Leute auf dem Boden rum (vor allem stonede Engländer), das hab ich bei keinem Punkkonzert so erlebt. Der Mischer hat irgendwann Angst um sein Pult und hat es "weiträumig abgesperrt". Ich hab mir Livevideos angeschaut, in seiner Homebase gings nicht so rund. Das könnte aber auch an der Größe des Publikums liegen - das muss für ihn eh krass sein: In England füllt er Hallen, hier tritt er für 12 € vor vielleicht 150 Leuten auf.
Nee, Grime und klassisches Orchester, das sind halt so ziemliche Gegenentwürfe. Wie die alle in Trainingsanzügen auf der Bühne stehen und dabei von ernsten Streichern begleitet werden, ist schon ziemlich abwegig. Musikalisch leider auch.
Ich finde diese Inszenierungen Klassik trifft auf XY fast ausnahmslos schrecklich. Das hier, Metallica, diese neueren MTV Unplugged Unsäglichkeiten - ich frage mich, wer an sowas ernsthaft Spaß haben kann. Aber wohl genug
Zitat von victorward im Beitrag #192Ich finde diese Inszenierungen Klassik trifft auf XY fast ausnahmslos schrecklich.
Als Classic-Rock-Hörer bin ich besonders oft betroffen von solch künstlerisch sinnlosen Ausflügen meiner alten Helden. Ich könnte auch kein einziges Album nennen, das durch die Neuaufführung mit einem Orchester auch nur ansatzweise dazu gewonnen hätte.
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Zitat von victorward im Beitrag #192Ich finde diese Inszenierungen Klassik trifft auf XY fast ausnahmslos schrecklich. Das hier, Metallica, diese neueren MTV Unplugged Unsäglichkeiten - ich frage mich, wer an sowas ernsthaft Spaß haben kann. Aber wohl genug
Portishead at Roseland Bowl, NYC fallen mir da als positives Beispiel ein. Oder The Divine Comedy. Oder Pulp. Das klang alles sehr toll mit Orchester, teilweise besser als die Originale.
Aber das sind ja Bands, die eine Streicheruntermalung eh schon im Sound verwendet hatten, also nochmal was Anderes.
“Troubled times, kids, we got no time for comedy.” (Phife Dawg)