04.12.19 Friska Viljor Erwartet hatte ich ein eher ruhiges Konzert, so hatte ich zumindest das letzte Konzert von ihnen in Erinnerung. Entweder hat mich diese Erinnerung getäuscht oder es ging dieses mal wirklich etwas schneller zur Sache. Jetzt nicht auf die Zwölf, aber doch gut tanz- bewegbar. Der Mittelteil von ungefähr 20 Minuten war dann doch wie erwartet. Nach einer langen Rede darüber, warum es ihm in den letzten zwei Jahren so schlecht ging, Frau weg usw., gab es dann drei doch eher getragene Stücke zu zweit an der Gitarre. Kann man machen, muss man aber nicht. Danach wurde es dann wieder optimistischer, schneller und hat bis zum Ende viel Spaß gemacht.
Die eigentliche Überraschung des Abends war für mich aber die Vorband. Diskopunk aus Schweden. Glitter, Plateauschuhe, Rockstarattitüde. Brauche ich normalerweise nicht, aber das war dann doch ein großer Spaß und ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn sie noch länger gespielt hätten. Es war auch mehr Disko oder Funk, als Punk. Im ruhigen Teil von Friska, siehe oben, bin ich dann zum Merchstand um eine Platte von Diskopunk zu kaufen, es war zufällig der Sänger da. Wir plauderten ein wenig. Mein Wunsch nach einer Platte überraschte ihn. "Haben wir nicht, es wird doch nur noch gestreamt." Also wurde es ein T-Shirt und über Platten werden sie nachdenken.
spotify hat uns vorab schon verraten, dass es die vorgruppe namens shybits bereits wert sind und entsprechend früh waren wir da (außerdem musste ich auch noch meine zuviel georderten tickets loswerden - was glücklicherweise problemlos vonstatten ging). es war kein fehler. tolle ganz unprätenziöse pop-punk-songs mit unverkennbaren referenzen zu riffs von the cure und joy division, aber ohne in deren düsternis abzugleiten, sondern immer upliftend und sehr tanzbar. aus denen könnte noch was werden.
war es anfangs noch recht locker bevölkert, wurde es anschließend voller und voller - gut, dass wir uns gleich ganz vorne positioniert hatten. denn als gurr die bühne enterten ging es sofort zur sache, als sie mit ihrem tour-themen-song "she says" loslegten. alles hüpfte. und es ging gerade so weiter; ein hit jagte den anderen. um uns herum bildete sich ein mosh-pit der (zumeist) sympathischen art, da hauptsächlich aus frauen bestehend. da war spaß und ausgelassenheit das bestimmende momentum, aber ein paar besoffene vollidioten waren natürlich auch zugegen, die meinten ihre männlichkeit einsetzen zu müssen und einer schlug irgendwann dem jazzmaster die brille von der nase. in einer gemeinsamen anstrengung haben wir sie ihm dann wieder unversehrt überreichen können. glücklicherweise nur ein kurzer moment der ernüchterung, denn danach ging es ungebrochen weiter mit pogo, stagediving und v.a. gurrs unwiderstehlichem set. so und nicht anders soll pop-punk sein. es war so toll, in all die fröhlichen und zufriedenen gesichter zu schauen - sowas stimmt dann doch zuversichtlich, auch wenn man um sich herum die welt in schutt und asche versinken sieht.
Die Old Nobodies haben im King Georg aufgelegt und ihre Jahrescharts präsentiert. Sehr schön war es. Besonders gefreut hat mich, dass gleich zwei der DJs die Fontaines D.C. aufgelegt haben und die Anfragen, was das denn für coole Musik sei, hoch waren. Ich denke, die Band hat gestern einige neue Freunde gefunden.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Conversation with Nick Cave - Baden-Baden (Festspielhaus)
Ein wirklich außergewöhnlicher und besonderer Abend. War vorher etwas skeptisch, ob dieses Konzept tatsächlich so gut funktionieren würde. Tut es. Man kann Nick Cave Fragen stellen, egal was für welche. Man muss "nur" aufstehen und sich trauen (und etwas Glück haben dran zu kommen). Ein wenig The Red Hand extended sozusagen. Und Cave beantwortet wirklich alles. Je nach Frage (manche waren ganz schön absurd) auch mit einem Humor, dem ich ihm gar nicht so zugetraut hätte. Im Trashtalking ist er auch ganz groß. Dazwischen performt er immer wieder Songs am Klavier. Meistens sind es Zuschauerwünsche. Und er hat wirklich ALLES im Repertoire. So gibt es u.a. eine B-Seite von Grinderman zu hören. Ansonsten viele Hits ("Stagger Lee", "Jubilee Street", "Into My Arms", "Hickbossom Blues"...). Nach 2 1/2 unglaublich kurzweiligen Stunden ist dann Schluss und er gibt sogar noch bereitwillig Autogramme am Bühnenrand. Publikumsnäher ist Cave nie gewesen.
Schon ein einigermaßen eigenwilliges Konzept für einen Nick Cave Auftritt. Gab es denn auch eine Erklärung, bzw. die Frage, was ihn zu so einer Art der Veranstaltung bewegt hat? Demnächst spielt er dann vermutlich auf Gartenpartys ausgewählter Fans ;-)
Zitat von victorward im Beitrag #988Schon ein einigermaßen eigenwilliges Konzept für einen Nick Cave Auftritt. Gab es denn auch eine Erklärung, bzw. die Frage, was ihn zu so einer Art der Veranstaltung bewegt hat? Demnächst spielt er dann vermutlich auf Gartenpartys ausgewählter Fans ;-)
Die Frage kann ich dir sogar ganz genau beantworten (Info gab es vorab auf einer Postkarte):
"This is something that I am in the process of discovering. I am acting on an intuition that something of value can be gained from an open and honest dialogue with my audience. I want to bring the whole thing back to something raw and naked and essential. In this respect, these events feel like reckless experiments - there is no safety net - and are, on some level, beyond my control. They are are freewheeling adventures in intimacy where anything can happen. I hope that this further deepens the connection I feel with my audience. These events are works in progress!"
Das wäre beinahe schief gegangen. Einmal vorab keine Karten gekauft und dann doch vorsichtshalber 5 Minuten vor Öffnung an der Tageskasse gestanden. Tja, 2 Tickets hatten sie noch. Allerdings auch ein ziemlich kleiner Laden. Eigentlich eher eine Wirtshausstube mit Tischen, Bänken und einer Bühne drin. So charmant die Neue Welt ist, so charmant war dann auch der Konzertabend. Los ging es mit Evelinn Trouble, die mit toller Stimme einige Coverversionen (Johnny Cash, Janis Joplin, Karen Dalton, ...) dargeboten hat. Dann die Düsseldorf Düsterboys. Im Vergleich zu International Music ist das alles natürlich ein wenig getragener und musikalisch auch einseitiger. Entsprechend kann das Programm auch nicht so begeistern wie das der Hauptband. Aber es ist immer noch ein Heidenspaß Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti live zu erleben, auch mit ihrem eher folkigen Vortrag. Wie sie miteinander agieren, sich die Bälle zuwerfen und mit launigen Bemerkungen ihre Songs vortragen. Es lohnt sich und mich wundert es zumindest ein klein wenig, dass nach der Begeisterung hier bezüglich International Music dieses Nebenprojekt scheinbar relativ wenig Ressonanz findet.
Erste Reihe, direkt vor Albert Hammond Jr.. Bemerkenswert.
Nicht nur die Fans wurden überrascht von dem Gig, der nicht einmal zwei Wochen vorher angekündigt wurde, auch die Vorband Gurr hat wohl erst tags zuvor erfahren, dass sie für die Strokes eröffnen sollten/ durften. Für mich spielen die ein bisschen zu harmlosen Mädchenpop (klingt jetzt gemeiner, als ich es meine), aber gut gemacht ist es allemal. Die Band hat sich wirklich ins Zeug gelegt und eine echt gute Show abgeliefert, mit sichtbar viel Spielfreude (viel wert, in meinen Augen). Ich werd mir zwar auch in Zukunft keine Platte von denen zulegen, aber meinen Respekt haben sie.
Nach der üblichen halben Stunde Vorband gab es die übliche halbe Stunde Umbau, und als diese vorüber war nochmal 20 Minuten angestrengtes Warten. Die Fotografen, die schon bereit standen sahen so genervt aus, wie ich mich fühlte. Ich hatte genau das erwartet. Als es dann losging habe ich dann auch einige Songs gebraucht, um richtig warm zu werden. Die Songauswahl bietet wenig Anlass zur Kritik (die paar neuen Songs waren keine Senkrechtstarter, soviel kann man gefahrlos konstatieren).
Für meinen Platz in der ersten Reihe habe ich etwa 100 Minuten bei wenig angenehmen Temperaturen vor der Halle verbracht. Um mich herum haben alle Spanisch und Englisch mit spanischem Akzent gesprochen, die meisten halb so alt wie ich und alkoholisiert. Trotzdem war die Stimmung recht angenehm. Hinterher in der Halle wurde es deutlich hitziger. Manche schienen die Nerven zu verlieren, auch wenn nichts ernsthaft schlimmes passiert ist. Zahlreiche Personen, die meisten klein und weiblich, wurden über die Absperrung gehievt, weil ihnen die Luft ausging. Es ist schon Jahre her, dass ich meinen Platz in der ersten Reihe so hart verteidigen musste wie gestern.
Der Rolling Stone schreibt sehr euphorisch über den vergangenen Abend, der Tagesspiegel dafür mit etwas mehr Stirnrunzeln. Ich bin da etwas näher beim Rolling Stone, wobei ich den Tagesspiegel-Artikel ebenfalls nachvollziehen kann - auch da steht viel wahres.
Edit: Hier noch eine Konzertkritik von Radio Eins als Audio. Kann ich auch zu großen Teilen unterschreiben. Nur eines noch zur Konkretisierung: Das Konzert dauerte etwas über 70 min (1 Stunde + Zugaben) und die Tickets waren nicht innerhalb von Minuten, sondern innerhalb eines Tages ausverkauft. Ich habe mein Ticket am Abend bestellt.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Asa fand ich sehr schön. Sie hat um 2015 angefangen, da stand das letzte Viertel noch an der Garderobe, dann war es rappelvoll, aber angenehm kuschelig.
Jedes Mal frage ich mich, wenn ich nach Mannheim komme, wie eine so verdammt hässliche Stadt zwei der besten mir bekannten Konzertlocations haben kann (Alte Feuerwache und Capitol)... Das Konzert war jedenfalls schon Monate im Voraus ausverkauft und ich habe trotz Corona nur 5 freie Plätze ausgemacht. Der Support, Marlene aus Berlin, konnte mich allerdings noch nicht überzeugen. Klang mir zu sehr nach Dota, mit der ich einfach nichts anfangen kann. Agnes Obel hatte ich wiederum zuletzt als Duo mit Anne Müller gesehen. Dieses Mal trat sie mit gleich drei Mitmusikerinnen auf (Cello, Percussion, Violine). Es stand auch allerhand Elektronik mit auf der Bühne für die ganzen (Stimm)Effekte. Kurzum: Es klang gigantisch gut! Damit meine ich nicht nur den Sound, sondern besonders die Live-Umsetzung der Songs. Finde das neue Album ja "nur" gut, aber live klangen die Stücke dann noch mal viel organischer. 90 Minuten hat sie gespielt, unglaublich kurzweilige 1 1/2 Stunden. Wer die Gelegenheit hat, sollte sich Agnes unbedingt live anschauen.
das war dann wohl der tanz auf dem vulkan. ich glaube nicht, dass irgendjemand zuhause geblieben ist. die schlange beim einlass war bestimmt 50 m lang und der typ vor mir hat die letzte karte an der abendkasse bekommen. drinnen herrschte herrliche brutschranktemperatur. also beste voraussetzungen für eine corona-party. aber egal, bei dieser show. schon die vorgruppe chastity war klasse. eigentlich stinknomaler indie-rock, aber mit genügend enthusiasmus vorgetragen, guten melodien, einem tollen gitarristen und einem sympathischen sänger. muss ich demnächst mal auschecken.
tja, und diiv haben halt genau das gemacht, was ich an ihnen liebe: zuckersüße harmonien und massive gitarrenwände - bzw. das erbe von my bloody valentine, slowdive und konsorten weiter zu tragen, so lange die abstände zwischen deren veröffentlichungen 15 bis 20 jahre beträgt. die songauswahl war schön gemischt. sogar ein song ("sometime") aus der zeit, als sie sich noch "dive" nannten war dabei und wurde gehörig gefeiert - kompetentes publikum also und enthusiastisch obendrein. es gab sogar einen mosh pit. die band war auch sehr angetan, nachdem wohl das gestrige konzert in wien abgesagt worden war. ich hatte heute auch kurz mal angedacht, daheim zu bleiben. jetzt bin ich heilfroh, dass ich es nicht gemacht habe.
Veil of Light (& Nella Lenoir) (18. Juli) und Steakknife (& ZikZak) (08. August) bei Toujours Kultur! in Karlsruhe
Eine Bühne auf einem Parkplatz vor einem geschlossenen Club, ein paar Stühle und Tische, die aus Bierkisten und Brettern improvisiert werden, eine Bar, zu der man nur mit Mundschutz darf, maximal 99 Personen dürfen rein, tanzen ist nicht. Klingt nicht gerade nach spaßiger Konzert-Atmosphäre, funktioniert aber erstaunlich gut. Beim Toujours Kultur!-Festival auf dem Schlachthofgelände in Karlsruhe (vor dem Substage) kriegen wir von Juli bis September, was uns so lange gefehlt hat - wenn auch mit oben genannten Einschänkungen. Und: Alles organisiert von den freien Kulturträgern in Karlsruhe, also Clubs wie dem KOHI, der Alten Hackerei etc. Eines der ersten Konzerte hat das KOHI organisiert: Veil of Light aus Zürich, die mit kühlem Synth-Industrial-Sound mit starkem Post-Punk- und Wave-Einschlag gleich an mehrere Helden der Genres erinnern, aber dabei immer eigenständig und mitreißend klingen. Zum ersten Mal auf einer vergleichsweise großen Bühne haben sich die beiden Herren gleich mal ordentlich ausgetobt, was den Spaß am Zusehen massiv erhöhte - wenn man schon nicht selbst tanzen kann, sollen das wenigstens die Stars machen. Und hüpfen sollen sie! Und von der Bühne springen! Die Leipzigerin Nella Lenoir dagegen beeindruckte mich im Vorprogramm nicht so richtig - was sie macht (Synthesizer einstellen, Loops generieren, singen) macht sie sehr gut, aber irgendwie kam keine Spannung auf, kein Feeling. Trip-Hop-Einflüsse soll sie haben, die hab ich aber eher nicht rausgehört. Vielleicht gebe ich ihr noch eine Chance, aber nicht wieder live. Dafür nervt ihr esoterisches Gemache zu hart. (Kann die Frau nicht normal gehen??)
Dann, ein paar Wochen später, präsentierte die Alte Hackerei Steakknife: astreiner Punk um Lee Hollis, den ich bisher nur als Schriftsteller kannte (Und von den Spermbirds, natürlich, aber mit denen hatte ich nie viel zu tun). Ich weiß nicht, ob man dazu viel sagen muss - die Herren hatten Bock, das hat man gesehen und gehört. Es wurde laut, roh und geil. Wegen eines verletzten Schlagzeugers musste die eigentliche Vorband Neat Mentals - wegen der ich das Ticket gekauft hatte, weil ein Freund dort Gitarre spielt - absagen, stattdessen kamen ZIK ZAK aus Darmstadt, die ihre Chance eindeutig nutzten und ihr ziemlich mitreißendes Album "egal" vorstellten. Sehr enthusiastisch, sehr spielfreudig, sehr schnell und laut - nicht immer einwandfrei, aber lustig. Ich hab die Platte gleich mal erstanden und bereue nichts - eindeutige Hörempfehlung für alle Punks. Zwischenansagen sollten sie noch mal üben, die waren immer etwa 90% weniger lustig, als die Jungs zu glauben schienen.
Insgesamt: Festivals unter freiem Himmel rocken!
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Meine Güte, fühlt es sich gut an, URLAUB IN POLEN zu lauschen! Ich würde euch gerne erklären, warum es sich lohnt, aber ich bin viel zu betrunken und euphorisch dafür. Hört sie euch an! Seht sie euch an! Sonntag bei Bumann in Köln zum Beispiel. Die sind klasse!
You all want the whole world to be changed so you will be different.