Quasi Heimspiel für Moritz Krämer und Francesco Wilking. Dementsprechend gut besucht war das Konzert dann auch (dürften um die 300-400 Besucher gewesen sein). Die Location im malerischen und vor allen Dingen schattigen Rosenfelspark hat wahrscheinlich noch ihr übriges getan. Über 90 Minuten haben sie gespielt und auch sicher 6-7 neue Songs vom im August erscheinenden neuen Album. Die haben mir wieder sehr gut gefallen, ich freu mich auf die Platte! Insgesamt ein toller Auftritt, wobei die Band doch etwas müde wirkte. Wahrscheinlich auch den Temperaturen geschuldet und weil wirklich Kind und Kegel mit anwesend war.
Für die Leute aus dem Norden der Republik sei erwähnt, dass das ZMF, heuer im 37. Jahr, eine Institution in der Region geworden ist. Wenige Kilometer vom Zentrum entfernt wird eine Zeltstadt errichtet, dominiert vom großen Zirkuszelt, welches Platz für einige tausend Leute bietet und überwiegend von Weltstars bespielt wird, sowie dem etwa kleineren Spiegelzelt für die zweite Liga, Songwriter oder Kabarett. Daneben gibt es verteilt über das Gelände weitere offene Bühnen, auf denen man lokalen Nachwuchs, DJs oder Kleinkunst oft umsonst genießen kann. Und wer nichts hören will, kann das an einem lauen Sommerabend einfach als großen Biergarten mit internationaler Küche nutzen. Ein künstlerisches Konzept gibt es nicht wirklich. Mit einem kruden Mix aus Pop, Rock, Schlager, Folk, Jazz oder Rap werden einen Monat von ca. 600 Musikern volksfestartig bis zu 125.000 Leute bespaßt, vom Kleinkind über Studis bis zur Oma. In einer Stadt wie Köln, Berlin oder München, wo eh Hinz und Kunz sich die Türklinke in die Hand geben, kann man über das Aufgebot vielleicht lächeln, aber im etwas abgehängten Südwesten zieht das Gelegentlich ein paar Interpreten an, die sonst nicht hier Station machen würden. Einen Besuch kann man also immer empfehlen, falls man in der Gegend von Freiburg Urlaub macht. Soviel zum Thema "Was die Tourismusbehörde empfiehlt".
Ein anderer Aspekt ist der leidige Posten "Ticketpreise". Und damit sind wir schon beim Thema FOALS. Obwohl es ein Festival vor der Haustür ist, gab es in den letzten Jahren selten mehr als einen Act, den ich sehen wollte, und den konnte ich mir oft genug mit abgezweigten Pressekarten reinziehen. Dieses Jahr war es anders: Kamasi Washington, BAP, Chick Corea, Roosevelt, Metronomy, die göttliche Lorena McKennitt, Sophie Hunger und Foals ... alles was für mich, und dann doch wieder nicht, denn durch die Bank kostet hier jeder Auftritt mindestens 20 Euro mehr, als im Rest der Republik (oder nebenan in Frankreich). Das kann man sich selbst noch nach Bedarf schönreden, wenn auf der Bühne eine Legende steht, die vielleicht nicht mehr allzu lange lebt und dich stundenlang durch 30 oder sogar 50 Jahre Musikgeschichte führt. Aber bei einer stinknormalen Indierockband, die, wie in dem Genre üblich, sowieso nicht mal in der Lage ist lächerliche 90 Minuten zu schaffen, im Vorverkauf rund 60 Euronen zu verlangen, das war ein schlechter Witz. Darüber lachen konnten wohl nicht viele, denn der Vorverkauf lief für so ein Kaliber einfach nur mäßig.
Dank RegularJohn , der mich auf die um die Hälfte (!) reduzierten Last-Minute Tickets von 30 Euro (klingt doch schon realistischer) aufmerksam gemacht hat, war ich nun mit ein paar Freunden doch drin und fühlte mich als peinlich berührter Gewinner, noch bevor es überhaupt losging. Die Verlierer: Veranstalter (Kohle kommt nicht rein), Band (Zelt nur halb voll) und die Masse der Gäste (die das doppelte bezahlt hat). Nun ja, genug rumlamentiert. Jetzt geht's um die Musik:
Die Vorband Sea Moya war eine stilistisch sinnvolle Wahl. Die Mannheimer (erst kürzlich nach Kanada umgesiedelt) machen eine Art sanft dahinschwebenden 08/15 Indie-Elektro-Schlabber, den man in besseren Momenten als die langweilige Version von frühen Foals-Alben einordnen kann. Leiernde Keyboards, die Abwesenheit von gutem Songwriting und lächerliches Rumgespacke zu angeblich ach so emotionalem Klanggefilden haben uns dann schnell auf eine Runde Bier in den Vorhof getrieben. Das Album "Falmenta" hat in der Tat ein paar akzeptable Stücke, aber an diesem Abend schien uns das egal.
FOALS begannen Punkt 20:30, und das war dann plötzlich eine andere Liga. Mit "On The Luna" und "Mountain at the Gates" wird das Set eröffnet, womit auf der melodiösen Pop-Ebene gleich mal alle ins Boot geholt werden. Der Ärger im Vorfeld war innerhalb von Sekunden vergessen, alle steigen begeistert ein und tanzen. Was folgt ist ein solides Set, das aus allen Alben einigermaßen gleichberechtigt diverse Highlights zieht. "Olympic Airways", "My Number" und "Black Gold" folgen, die Band ist rhythmisch unangreifbar, der Sound breit und alles wird mit enormer Dynamik vorgebracht. Ruhepausen gibt es abgesehen vom sanften Beginn bei "Spanish Sahara" keine, das ist auch gut so. "Red Socks Pugie" ist ein vorläufiges Highlight für alte Fans, bevor ein paar Nummern vom aktuellen Album anstehen. Für alle, die "Everything Not Saved Will Be Lost Part 1" im Vergleich zu den Vorgängern etwas skeptisch sehen, sei gesagt, daß "Exits", "In Degrees" und "White Onions" mit ziemlicher Power vorgetragen wurden. Von wegen Leute belästigen mit neuen Songs. Im Gegenteil, alles fügte sich nahtlos ins Gesamtkonzept ein. Perfekt arrangiert, flankiert mit simpler aber effektiver Lightshow und 6 Leuten, die sich zwischen ihren Plastikpalmen eingegrooved haben. Die Kommunikation mit dem Publikum beschränkt sich zwar auf das Wesentliche, aber eine Bad in der Menge von Yannis und ein Sit&Stand-Up punkten in der Kategorie 'inszeniertes aber willkommenes Entertainment'.
Zum dem Zeitpunkt ist etwas mehr als Stunde vorüber und ich bin schon kurz davor, das als den besten Auftritt des Jahres zu verbuchen. Jeder Song schien besser als der davor, es wurde immer lauter, schneller und härter. Party Pur. "Inhaler", "What Went Down" und "Two Steps Twice" raven durch das Zelt, und während um mich herum auch der letzte kapiert hat, daß er hier wohl keine Sekunde seines Lebens verschwendet hat, beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Wenn dieser Dreier vorgetragen wird, was bitteschön sollte dann die Steigerung sein? Eben. Keine. Nach 80 Minuten und tosendem Applaus Betritt der Veranstalter die Bühne und verkündet, daß es leider keine Zugabe geben werde. (Yannis war wohl angeblich nicht bei bester Gesundheit ... kann stimmen, sah vorher nicht so aus, wer weiß ... wer 80 Minuten macht, kann eigentlich auch 90 machen, oder?). Das Ganze führt zu einem ambivalenten Ende mit einigen Unmutsäußerungen des Publikums, aber was soll man machen, so ist es eben.
Fazit: Für das Ticket-Desaster und die Gesundheit kann die Band natürlich nichts. Solange sie auf der Bühne standen, haben sie die Welt beherrscht. Ich empfehle jedem einen Konzertbesuch, wünsche aber auch allen ein volles Set mit 18 oder mehr Songs zu sehen. "Birch Tree", "A Knife In The Ocean", "Hummer", "Snake Oil" oder "Providence" sind andernorts wohl auch im Programm. Bei uns halt nicht. Pech gehabt. Ich hatte trotzdem meinen Spaß.
PS: Vom neuen "Everything Not Saved Will Be Lost – Part 2" war (soweit ich mich erinnere) noch nichts zu hören.
ME-Leser 1984 bis 2016 - ME-Forum seit 30.04.2003 - Erster Beitrag: "Wo kann ich mich hier wieder abmelden?" Heavy Rotation → ◉ Jake Bugg (2024) A Modern Day Distraction ◉ Julie (2024) The Ant-Aircraft Friend ◉ Towa Bird (2024) American Hero ◉ The Courettes (2024) The Soul Of... The Fabulous Courettes ◉ Noga Erez (2024) The Vandalist
Angenehme und überraschend kleine (dennoch nicht ausverkaufte) Openair Venue, amphietheatermässig mit Holzbänken, von denen beim ersten Song allerdings fast alle aufstanden, wodurch es nicht zu gediegenen wurde. Blumfeld erinnern mich inzwischen etwas an Element of Crime: Solider Pop für die ü40er. Wogegen nichts zu sagen ist. Songs aus allen Phasen der Bandgeschichte, ausser den Lowlights des Debüts. Sogar "wohin mit dem Hass" war dabei. Der immer wieder geforderte Apfelmann nicht. "1000 Tränen tief" dann zum dritten Zugabenblock leider schon, allerdings in Jochen-Karaoke-Version, vielleicht haben sich die anderen geweigert. Hat Spaß gemacht.
Blasmusik (plus Cello und Oud) aus Dresden. Wobei ich nicht weiß, ob irgendein Mitglied gebürtig von dort ist. Einer ist sogar exil-Bayer, was die Frage beantwortet, warum sie vor ein Paar Jahren beim Heimatsound Festival, das sich eigentlich alpenländischer Musik widmet, gespielt haben. Das Konzert fand im (bestuhlten) Garten statt, wodurch einerseits auf dem Bahnsteig des benachbarten S-Bahnhofs die Band zu hören war, andererseits die Züge beim Konzert. Gute Musik auf jeden Fall, aber ich habe den Verdacht, dass der Band die (linke, antirassistische) Botschaft wichtiger ist als die Musik. Die Express Brass Band knallt jedenfalls mehr.
Zitat von Anorak Twin im Beitrag #914"Lass uns nicht über Sex reden" z.B.
Zustimmung.
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Ja das hab ich mich auch gefragt, es war eigentlich in Leipzig so wie immer inkl. "Take a bow"-outro und später das klassische "Verstärker/Electric Guitars". Der Element-of-Crime-Vergleich hinkt auch etwas, denn denen wird ja immer (zurecht) nachgesagt, dass sie seit Jahren die gleiche Platte veröffentlichen - Blumfeld gibt's ja offiziell gar nicht mehr. Und selbst "Heavy" ist inzwischen zehn Jahre alt. Nur ähnlich wie Element of Crime sehen sie auf der Bühne inzwischen aus, wie eine Musiklehrer-Kombo, außer Jochen natürlich (drei verschiedene Hemden in 100 Minuten!).
Aber das Konzert hat mir zumindest mal wieder vor Augen geführt, wie aktuell und relevant die Distelmeyer-Songs nach wie vor sind. Schade, dass da doch so wenig bzw. nichts neues kommt und Jochen dem Trugschluss erlegen ist, dass man ihn wegen seiner Stimme bzw. seiner Sangeskünste mag. (Wer bitte braucht ein Cover-Album von ihm?) Was macht der eigentlich? Der Roman war ja nun auch nicht der große Wurf.
Wundert mich, dass das alle so sehen, denn ich fand "Otis" gar nicht schlecht!
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Da fällt mir gerade eine nette Geschichte ein. Ein Freund von mir hatte einen Jungen aus der Schule abgeholt, der damals ungefähr 10 war. Wie sie kurz vor der Schule standen, erzählte eine seiner Mitschülerinnen meinem Freund voller Stolz, dass ihr Vater beruflich ein bekannter Schriftsteller sei und eben einen Roman veröffentlicht hat. Dann kam ein Auto vorgefahren und das Mädel stieg bei ihrem Vater, Herrn Distelmeyer, ein. Tja, Schriftsteller also ;-)
Ob solche Menschen Elternpflegschaftsvorsitzende werden?
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