Ich war gerade bei Bad nerves mit Suck als Verband. Suck waren super, tolle Energie, mega Sound, Auch wenn Metall nicht mein Ding ist, hatte aber auch viele Punk Elemente. Aber bei Bad nerves bin ich raus, nachdem sie 5 mal denselben Song gespielt haben. Außerdem hat sich der Sänger wohl mit Mick Jagger verwechselt.
2011 spielte PJ Harvey schon einmal im Admiralspalast. Damals tourte sie mit ihrem Album Let England Shake. Es war Februar und bitterkalt, und das nicht nur draußen, wo ich 90 min. vor Einlass ausharrte. Leider waren 20 bis 30 Fans noch bekloppter als ich, aber ich kam trotzdem ganz nach vorn. Die Betreiberfirma des Admiralpalastes war seinerzeit insolvent, und so wurde der Saal nicht beheizt. Ich behielt also meinen langen Wintermantel an, ohne zu schwitzen.
Warum schreibe ich das alles? Nunja, die Wahl des Venues war damals wie heute eine ungewöhnliche, nicht nur wegen der damaligen Heizsituation, sondern weil aus dem gesamten Parkett die Bestuhlung entfernt wurde. Der Admiralspalast ist ein recht ansehnlicher Theaterbau aus der frühen Gründerzeit. Ohne Bestuhlung hätte es auch sicher beheizte Alternativen gegeben, die dazu noch günstiger gewesen wären, aber gut…
Dieses Jahr setzte man auf teilweise Bestuhlung, was ich noch eigenartiger fand als beim Konzert vor 12,6 Jahren. Ich fragte mich, wie man es gewährleisten wollte, dass die erste Sitzreihe nicht auf die Gesässe der der ersten Stehreihe starren müsste. Das Parkett ist nicht abschüssig. Die Antwort: gar nicht. Man entschied sich kurzerhand die vorgesehenen Stehreihen in Sitzreihen umzuwandeln, was zahlenmäßig offenbar möglich war. Die InhaberInnen von Steh-Tickets hatten jeweils freie Platzwahl in den vorderen Reihen.
Selten wurde mein Nerdtum so belohnt wie an diesem Abend. Ich war nämlich schon 2 Stunden vor dem angekündigten Einlass vor dem Eingang, und es waren nur eine Handvoll Fans noch bekloppter als ich. Die Temperaturen waren erheblich angenehmer als beim letzten Mal an der gleichen Stelle, und der Einlass begann sogar 15 min. früher.
Bereits vorher wurde per E-Mail angekündigt, dass es keine Vorband geben, und das Konzert pünktlich um 20 Uhr beginnen würde. Ich hatte einen Traumplatz in der ersten Reihe, ziemlich in der Mitte. Einziger Wermutstropfen mein erkälteter Sitznachbar, dessen Mundatmung die Defizite seiner oralen Flora offenbarte. Unangenehm.
Das Konzert war kurz gesagt ein Traum. PJ Harvey tanzte über die Bühne in etwa wie im Video von Down by the Water, bewegte sich theatralisch wie Kate Bush, kam mehrmals bis an den Bühnenrand, wie ich es von ihr bisher noch nicht kannte. Ihre vierköpfige Band war ausgestattet mit insgesamt drei Racks aus Keyboards und E-Pianos, Schlagzeug, Gitarren, Geige, Bass, während PJ selbst ihre alte Gibson Firebird spielte, neben ihrer seit White Chalk fast zum Markenzeichen gewordenen Auto-Harp, den Klanghölzern für Down by the Water und die Mundharmonika für das letzte Stück des Abends White Chalk. Die längste Zeit überließ sie die Instrumente allerdings ihrer Band.
Auf der Bühne standen alte, teils rustikal wirkende Möbel. Harvey saß hin und wieder auf einem Holzstuhl neben einem Sitzpult, in etwa aus dem 19. Jahrhundert, schätze ich. Der erste Teil des etwa 105 Minuten umspannenden Sets bestand aus dem kompletten aktuellen Album I inside the old Year dying, das in der gleichen Reihenfolge wie auf der Aufnahme aufgeführt wurde. Zwischen den Stücken ertönten Naturaufnahmen von rauschenden Bächen, zwitschernden Vögeln, gurrenden Tauben und blökenden Schafen. Mir fiel erst dort auf, wie elektronisch doch das aktuelle Album ausfällt, im Kontrast zu all den Natur-Referenzen, inhaltlich wie ästhetisch.
Das Publikum war diesmal sehr angenehm. Kein Geschnatter, welches die nicht allzu laute Performance schnell gestört hätte, keine dummen Zwischenrufe. Der Applaus bei den älteren und noch älteren Stücken war erwartungsgemäß lauter. Zum Schluss hin, als sie den Song Dress spielten, hielt es dann niemanden mehr auf den Stühlen.
Ich glaube dieses Konzert wird mir als eins ihrer besten in Erinnerung bleiben, auch wenn die Auswahl alles andere als leicht fällt, bei den mindestens 7 Konzerten, die ich bereits von ihr gesehen habe.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Einem schönen Zufall sei Dank konnte ich recht spontan dieses eigentlich ausverkaufte Konzert sehen - und sogar ganz weit vorne direkt vor der Bühne sitzen. Ich durfte also ziemlich unmittelbar genießen, was Brusch "euch anderthalb Stunden bis zu Ende deprimieren" nennt.
Vor einigen Jahren schrieb hier der LFB mal was über "gestelzte Attitüde", was wohl nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist. Aber ehrlich gesagt macht mir das gar nichts, solange die Attitüde so eine ist, wie die von Tristan Brusch. Der schafft es nämlich irgendwie, ein Nachtleben-Irrlicht, einen Tom-Waits-esken Gossenpoeten und Drahtseiltänzer über den menschlichen Abgründen zu mimen und gleichzeitig als liebender Vater aufzutreten und eine spürbare Verletzlichkeit und Wärme dem Publikum, seinen Bandkolleg*innen, der Gastsängerin Annett Louisan, seinem Team und seinem verstorbenen Opa Kurt gegenüber zu zeigen.
Musikalisch war das Ganze auch wie erwartet sehr gut - die Band auf den Punkt und mit viel Spielfreude dabei. Starke Saxophon-Einlagen und Geigensoli inbegriffen, die ich so nicht erwartet hätte. Annett Louisan als Gastsängerin für zwei Songs hätte ich für verzichtbar gehalten, denn ihre kleine Rolle auf Bruschs letztem regulären Album ist eher nicht so mein Fall. Live muss ich aber sagen, dass ich den Reiz dieser Kombination doch irgendwie nachvollziehen kann. Die beiden haben auf der Bühne schon eine sonderbare Chemie - und vor allem sichtbar Spaß. Unter diesem Eindruck werde ich den Song auf dem Album noch einmal hören müssen. Vielleicht funktioniert das ja doch.
Zum wiederholten Male stelle ich außerdem fest, wie ärgerlich ich es finde, wenn Konzerte zu laut sind und welche Wohltat ein gut abgemischtes Konzert wie dieses ist. Umso wichtiger bei einem Künstler wie Tristan Brusch, wo es doch auch sehr auf die starken Texte ankommt. Die sind ohnehin, was das Ganze interessant macht. Denn Bruschs Hang zur kitschigen Chanson-Melodie und zum Schlager-Einschlag wären manchmal eine Spur zu viel für meinen Geschmack, wenn die Texte nicht regelmäßig den Kitschteppich unter den Füßen wegzögen und den ganzen großen Gefühlen eine Glaubhaftigkeit gäben, die echtem Schlager abgeht.
Ich bin wohl nicht fröhlicher aus diesem Konzert heraus gekommen, als ich hinein gegangen bin. Zufriedener aber dennoch. Ordentlich zu Ende deprimiert halt. Tut ja manchmal auch gut.
Ich war gestern das erste Mal seit Kinderbeinen wieder in der Oper, Nozze di Figaro in der Bayerischen Staatsoper. Es war erstaunlich unterhaltsam, mich hat es ein wenig an das Bauerntheater bei uns erinnert, immer geht irgendwo auf der Bühne eine Tür auf, einer geht rein, einer raus, und dann gibt es Verwechslungen und Verwicklungen :-) . Habe nur eine Kritik gelesen, die genau das kritisiert hat, es sei kurzweilig, aber eigentlich zu vergnüglich und nicht tief genug. Für mich also genau das richtige und Mozart ist natürlich eh toll. Dass der Text in Deutsch oben mitläuft, hilft mir natürlich. Auch die 14-Jährige hat wacker durchgehalten bis zum Schluss, und das ganze Ambiente ist ja eh toll. Gerne wieder!
oft sind die besten dinge zufallsfunde: mein best buddy in irland sandte mir videos von diesem typen aus seiner nachbarschaft, ronan kealy alias junior brother. ich wurde fan, und als in der mailing list was von konzerten in D stand, musste ich gleich ran. ich kannte weder den laden noch den main act, also nahm ich mir die verbleibenden fünf tage zeit, mich musikalisch auf die hauptband vorzubereiten. es reichten wenige stunden, um mich komplett gefangenzunehmen (in diesem forum wurden sie auch schon verewigt), und ich war überzeugt genug, um noch eine ganze horde kumpels anzufixen. wir waren also insgesamt zu acht, als wir in diesem ziemlich kleinen (und im sommer bestimmt auch ziemlich idyllischen) glub direkt an der spree aufliefen. damit stellten wir wohl ziemlich genau 8% des gesamtpublikums; der drummer der band erzählte mir auf meine frage hin, dass genau 102 karten im vorverkauf weggegangen seien. dass es sich um ein publikum höchster qualität handeln könnte, ahnte ich aber schon, als mir vor der bar ein gewisser rodrigo gonzales über den weg lief. und dass es vor allem auf die qualität ankommt, stellten diese 102 dann bereits bei junior brother unter beweis, dessen sperriges repertoire am ehesten unter "post folk" firmieren könnte, und eher so spezielle geschmäcker wie den meinen anspricht. die crowd, natürlich zu großen teilen aus iren bestehend, focht das nicht an; soviel gecheere und gebanter hatte der gute im bislang unbeackerten ausland wahrscheinlich gar nicht erwartet, er nahm es aber dankbar und freudig an. the scratch selbst waren dann, wie man in meiner generation mal so schön sagte, vollbedienung. ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal in einem derart energetischen konzert war - selbst KZIMALPP oder die abrisskonzerte der punkband meines sohnes reichten da bei weitem nicht heran. 102 zuschauer hin oder her - der kleine laden kochte innerhalb von sekunden, es gab einen fröhlichen moshpit, und ich zählte im laufe des abends mindestens sechs stagediver. alles in good spirits, mind you - jedermann war blendend gelaunt, nicht ein hauch von aggression in der luft, und auch rod schien sich blendend zu amüsieren. musikalisch traf es tatsächlich auch voll mein herz - eine band, die klingt, als hätte man einen startenden düsenjäger zum straßenmusiker ausgebildet. ich badete im wall of sound wie in einer fontäne puren glücks (und wahrlich, das konnte ich brauchen!); hinterher gab es noch ein bisschen gelobhudel bei den jungs und ein vinyl und ein shirt vom merchstand ("feed your musicians", meinte mein kumpel jules sehr treffend, als er beladen von dannen zog). mr kealy freute sich sehr über meine kilcummin-connection, und lud mich für meinen nächsten besuch dort auf ein pint ein. und heute klingeln mir noch immer die ohren. freitag übrigens noch in wien, und montag in köln. nicht verpassen!
Sleep Token/ HEALTH (Palladium Köln, 11.12.23) HEALTH spielten schon, als wir uns um kurz nach acht ins proppenvolle Palladium gezwängt hatten. Laut war's, hart war's, eigentlich auch ziemlich gut war's - wenn da nicht dieser sphärisch-hübsche Klargesang wäre, der zwei, drei Songs lang nach einem coolen Bruch mit dem Industrial-Lärm der Band klingt, dann aber nur noch unpassend und irgendwann langweilig wirkt. Nennt mich selbst langweilig oder puristisch oder schlicht ahnungslos, aber wenn ich Noise/ Industrial/ Thrash höre, will ich angeschrien werden. HEALTH haben drauf verzichtet - schade.
Dann kurzer Umbau, während dem ich zum ersten Mal die Empore des Palladiums erkunden konnte. Sehr cooles Freature eines insgesamt sehr coolen Clubs, aber natürlich ebenfalls schon voll an jenem Abend. Also ein Glas überteuerten Wein zum Trost und weiter mit Sleep Token.
Die Lightshow war klasse. Der Bühnenaufbau - Background-Sängerinnen "Vesselettes" auf der linken Seite auf einem Podest massiv erhöht, der Drummer auf der rechten Seite ebenfalls, der Rest fand unten mittig statt - ziemlich cool. Mehr konnte ich nicht erkennen, denn wir entschieden uns angesichts der Enge für einen Platz sehr weit hinten. Der Sound war ebenfalls astrein, wenn auch überraschend leise - ich brauchte anders als bei HEALTH keine Ohrstöpsel. Tja, und dann kam die Musik. Sooo viele Balladen, sooo oft mal ein bisschen Growling angetäuscht, um doch wieder in ... tja, wie singt Vessel? Soulig? Keine Ahnung, auf jeden Fall beschränkt er sich meist auf Klargesang und wieder ist mir das zu wenig, wenn ich den übrigen Sound höre. Ein bisschen das Problem, das ich mit diesen schrecklichen Wir-machen-Metal-aber-unsere-Sängerin-macht-Oper-Bands habe. So schlimm sind Sleep Token dann allerdings nicht und es tut mir wirklich weh, dass ich nur zu diesem Schluss kommen kann, aber: Langweilig sind sie. Langweilig war's.
Das ziemlich junge, studentisch-hip wirkende Publikum sah das offenbar anders. Es sei ihnen gegönnt. Ich bin da raus.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Den Gesang bei Health finde ich auf Dauer auch zu schlapp irgendwie. Er muss nicht schreien für mich, aber ein bisschen mehr Variation im Ausdruck wäre schön.
Interessant, dass du das Palladium gut findest. Das liest man nicht oft.
Zitat von Olsen im Beitrag #1305Den Gesang bei Health finde ich auf Dauer auch zu schlapp irgendwie. Er muss nicht schreien für mich, aber ein bisschen mehr Variation im Ausdruck wäre schön.
Ja, das passt. Insgesamt finde ich HEALTH besser als Sleep Token, aber beide jetzt auch nicht wahnsinnig toll.
Zitat von Olsen im Beitrag #1305Interessant, dass du das Palladium gut findest. Das liest man nicht oft.
Echt? Ich mag den Laden sehr. Industriehallen-Flair mit mehr als genug Bars überall, der schönen Empore, einem großzügigen Vorraum, guter Belüftung und prima Sound - was will man mehr für ein Konzert?
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Weniger Säulen. Wenn du irgendwo in der Nähe stehst, siehst du unter Umständen kaum noch was. Dann eine Toilette, die nicht neben einer heillos überfüllten Garderobe ist. Wenn es dort ausverkauft ist, stellen sie manchmal Security oben an die Treppe und lassen die Leute nur noch in Gruppen nach unten.
Und generell habe ich da auch noch nie was mit gutem Sound gesehen, maximal annehmbar. Aber kann sich natürlich alles verändert haben.