Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #239Die Frage ist, warum man es nicht geschafft hat, die Spätaussiedler besser zu integrieren. Das ist ebenfalls ein Versäumnis. Damals ging man dermaßen davon aus, daß das ein Selbstläufer sei, wenn die Leute erstmal in Deutschland sind, daß man sie genauso sich selbst überlassen hat wie viele andere auch. Trotz ihrer Geschichte wurde ihnen nicht das Gefühl gegeben, Deutsche und gleichwertige Mitbürger zu sein, so daß sie ihr Anderssein kultiviert haben. Und das haben wir jetzt davon.
Und da ist es hilfreich, dieselben Vorurteile wieder auszupacken, die zu dieser Misere geführt haben? Man könnte auch polemisch nachfragen, warum Leute, die vor zehn Jahren mal eine korsischen Käse hinten im Kühlschrank gefunden haben, sich auf Facebook mit Bildern von der FLNC schmücken. Fühlst du dich da treffend charakterisiert?
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Mich erstaunt, wie schnell die Entwicklung sich auch bei uns gesellschaftlich bemerkbar macht. Russische Produkte und Wodka verschwinden aus Supermarktregalen. Da erlaube ich mir schon die Frage, ob das a) irgendwie spürbar Russlands Wirtschaft noch mehr schadet oder b) eine generelle moralische Geiselhaft aller russisch-stämmigen Menschen für "ihren" durchgeknallten Präsidenten ist
Als ich 2007 in Australien auf einer Melonenfarm war, fragte ein alter Mann recht barsch "where are you from?" Auf die Antwort "Germany" kam "I fought the germans in the war" mit anschließendem Ausspucken.
My two cents: wir haben gerad besseres zu tun, als auf Russlanddeutsche per se oder "das Russische" per se einzudreschen.
Davon abgesehen: ich habe mit allem Französischen gebrochen und habe damals das laufende Verfahren zur Wiederannahme der französischen Staatsbürgerschaft umgehend beendet, obwohl mir das Vorteile verschafft hätte. Ich stehe ständig im Kontakt mit Korsika und bin im Rahmen meiner Möglichkeiten politisch tätig.
Ich habe hier in Karlsruhe kein französisches Bistro eröffnet und fahre bei der WM Autokorso mit der Tricolore.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Eben. Du identifizierst dich stark mit Korsika, ein "Land", das nicht deine Heimat ist. Zumindest nicht in so gerader Linie, wie ich Kartoffel in mindestens vierter Generation das von Deutschland sagen kann. Das macht keinen von uns besser oder schlechter, aber manche Biographie und Verhaltensweise macht es von außen schwerer erklärbar. Da sind oft Traumata vorhanden, die sich über Generationen ziehen, Diskriminierungserfahrungen im Herkunftsland oder zumindest im Herkunftsland der Eltern, ein Gefühl der Entwurzelung und des Zwischendenstühlensitzens. Mich wundert, dass ausgerechnet du mit deiner Biographie das so abtust. Wenn Interesse an der speziellen Thematik der Russlanddeutschen besteht, kann ich den Podcast "Steppenkinder" empfehlen: https://www.podcast.de/podcast/898498/st...siedler-podcast
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Auch wenn das natürlich nicht Hauptaugenmerk ist in diesem Konflikt, tun mir russische Freud*innen und Bekannte schon auch ziemlich leid, die sich auf einmal unter großem Rechtfertigungsdruck sehen und ihre politische Haltung in vorauseilendem Gehorsam kundtun, damit bloß niemand glaubt, sie fänden das gut, was da gerade passiert.
Die Diskussion über Russlanddeutsche ist mir zu albern. Für diese Bevölkerungsgruppe sollte sich genauso die polemische Verallgemeinerung verbieten, wie für jede andere. Daran ändert auch jede anekdotische Erfahrung nichts. Genauso wie auch nicht „alles Französische“ (sic!) schlecht sein kann. Man kann für sich selbst entscheiden, eine Kultur oder ein Volk nicht zu mögen oder sich damit nicht zu beschäftigen. Aber dann entscheidet man sich halt für die gleiche Über-einen-Kamm-Schererei, die man z. B. Menschen vorwirft, die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer als eine homogene Masse von Wirtschaftsflüchtlingen (sic!) versteht.
Tja, so wie es aussieht, werden wir es auf lange Zeit mit einer neuen Welt der Blöcke zu tun haben, die auf ökonomische Selbständigkeit bedacht sind. Die Ära der Globalisierung dürfte vorerst an ihr Ende gekommen sein. Ein neuer eiserner Vorhang könnte sich über Europa legen, mit einer entsprechenden Spaltung in West und Ost. Schade um die jahrzehntelangen Bemühungen, die sich diesbezüglich gerade in Luft auflösen.
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
Dieser Fatalismus liegt mir fern, langfristig profitieren ja immer alle Seiten von Kooperation, Investitionen und Handel, auch wenn die derzeitige Situation natürlich beklemmend ist.
Eine ökonomische Blockbildung halte ich auch für wenig wahrscheinlich. Welche Blöcke sollen das denn sein? Russland macht ökonomisch weltweit keinen Stich, schon gar nicht, wenn Europa sich da mal vom fossilen Gas abkoppelt, und China wird den Teufel tun, sich vom Weltmarkt abzukoppeln, der ihm seinen rasanten Wohlstand beschert hat. Die chinesischen Absetzungsbewegungen gegenüber Russland sind jetzt schon überraschend deutlich.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Das hängt davon ab, ob es dem Westen gelingt, einen Keil zwischen Russland und China zu treiben. Ansonsten dürften sich China und Russland noch enger aneinanderketten und einen neuen Ostblock basteln.
China hat Investitionskapital und Technologie zu bieten und gleichzeitig einen unstillbaren Hunger nach Öl, Gas, Erzen, Düngemitteln und anderen Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten. Hier kommt der Vorteil Russlands ins Spiel: Während Energielieferungen aus dem Nahen Osten oder Rohstofflieferungen aus Lateinamerika und Afrika vielleicht eines Tages in Gefahr stehen, von einer US-Marineblockade unterbrochen zu werden, sind die Pipelinerouten und Eisenbahnverbindungen aus Zentralasien und Russland sicher.
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
80% der chinesischen Exporte gehen in westliche und prowestliche Staaten, darauf wird und kann China absehbar nicht verzichten. Die Rohstoffversorgung durch ein paar Paria-Staaten bringt China ohne Exportmärkte nicht viel.
Zitat von LFB im Beitrag #25180% der chinesischen Exporte gehen in westliche und prowestliche Staaten, darauf wird und kann China absehbar nicht verzichten.
Genau dort sitzt der Hebel für den Westen.
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
In allernächster Zeit könnten Bosnien-Herzegowina und Serbien interessant werden ... Russland zündelt dort auch schon und greift Dodik unter die Arme, der die Republika Srpska abspalten möchte.
Ich vermute, dass dort nach der Ukraine die nächsten Unruhen ausbrechen werden.
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)