David Mitchell: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet (2012) Ich mag ja zwischendurch gern mal einen historischen Roman, allerdings gibt es in dem Genre inzwischen so viel Müll vom Reißbrett, dass es gar nicht so einfach ist, etwas gutes zu finden. Der hier ist allerdings sehr gut: abwechslungsreiche Handlung, spannende Figuren und ein interessantes Setting, von dem ich mir noch etwas mehr historischen Hintergrund gewünscht hätte. Die Geschichte spielt vorrangig in Dejima, einer Nagasaki vorgelagerten künstlichen Insel, auf der sich eine niederländische Handelsniederlassung befindet, über die sich Japan um 1800 langsam der Welt öffnete. Christoph Ribbat: Flackernde Moderne – Die Geschichte des Neonlichts (2011) Kurze Kulturgeschichte der kurzlebigen Neonbeleuchtung, die genauso schnell, wie sie strahlend erschien, auch schon wieder out war. Den gleichen Wandel machte auch ihr Image durch: Das glänzende, futuristische (Werbe)versprechen wurde zum billigen Schein über abgründigen Existenzen in Nachtlichtvierteln. Kulturgeschichtlich bewegt sich das etwa von Nelsons Algrens Erzählband „The Neon Wilderness“ (1947) über „Blade Runner“ bis „Neon Wilderness“ von The Verve. Bücher von Ribbat les ich immer gern, da er oft irgendwie selbstverständliche aber dann doch auch exotische Themen sehr erzählerisch verhandelt und mit häufig sehr gegensätzlichen Beispielen ihre Ambivalenz und Vielseitigkeit aufzeigt. Das passt auch hier wieder, allerdings wird vieles nur angerissen, was sicher einerseits den Drang nach Vollständigkeit und andererseits dem geringen Umfang des Bändchens anzulasten ist.
Zitat von kafkaktus im Beitrag #1576David Mitchell: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet (2012) Ich mag ja zwischendurch gern mal einen historischen Roman, allerdings gibt es in dem Genre inzwischen so viel Müll vom Reißbrett, dass es gar nicht so einfach ist, etwas gutes zu finden. Der hier ist allerdings sehr gut: abwechslungsreiche Handlung, spannende Figuren und ein interessantes Setting, von dem ich mir noch etwas mehr historischen Hintergrund gewünscht hätte. Die Geschichte spielt vorrangig in Dejima, einer Nagasaki vorgelagerten künstlichen Insel, auf der sich eine niederländische Handelsniederlassung befindet, über die sich Japan um 1800 langsam der Welt öffnete.
Entspricht ziemlich genau meiner Einschätzung des Buches. Für Tipps bezüglich laienverständlicher, im Optimalfall gut lesbarer Sachliteratur zum Hintergrund wäre ich sehr dankbar.
"Happy Holidays... is what terrorists say. Merry Christmas, from Avery and Jack."
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag BuchgeplauderAbgesehen davon, daß der "Baader - Meinhof - Komplex" von Stefan Aust ein furchtbar zäher Schinken ist (ich könnte so etwas gar nicht schreiben; ein Buch, das fast ohne Eigenanteil einfach nur akribisch Ereignisse dokumentiert), ist es für jeden politisch Interessierten eigentlich Pflichtlektüre, auch weil es ziemlich zu einer Entmystifikation beiträgt. Zumindest bei mir ist das so. Andreas Baader war für mich einfach nur ein profilierungssüchtiges, asoziales Arschloch, Gudrun Ensslin eine ziemlich intrigante Hexe und Ulrike Meinhof hat nicht nur ohne Not ihre Kinder im Stich gelassen, sondern wollte sie auch in ein Waisenhaus in einem palästinensischen Flüchtlingslager unterbringen, sich der Tatsache voll bewußt, daß sie vermutlich heute noch als Erwachsene in diesem Lager säßen. Dazu kommt noch der unverzeihliche Umstand, daß die RAF aus Eigeninteresse einen Kriegsverbrecher wie Hanns - Martin Schleyer zum Märtyrer und seine Frau - die ehemalige SS - Sekretärin - zur trauernden Opferwitwe gemacht zu haben, die jahrzehntelang in den Medien herumflennen durfte, und das, obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, Schleyer öffentlich als das vorzuführen, was er war. So verlogen, naziverseucht und korrupt die alte BRD war, es wären ihr würdigere Gegner zu wünschen gewesen. Zumindest mehr vom Schlage eines Fritz Bauer, nicht solche verkrachten Existenzen.
Daran hat sich nichts geändert; daß Teile der RAF tatsächlich an der Planung eines Anschlags auf eine EL - AL - Passagiermaschine beteiligt waren, die ihre palästinensischen Freunde mittels einer Boden - Luft - Rakete abschießen wollten (was an den Skrupeln einer einzigen Beteiligten zum Glück scheiterte) trägt nicht gerade dazu bei, diesem Haufen gewogener gegenüberzustehen. Schön zu lesen ist dieses brillant recherchierte, aber staubtrockene Werk nicht; aber sehr lehrreich.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Zitat von tenno im Beitrag #1579nüchtern halt, ohne extra-dramatisierung.
Das definitiv, und das ist auch gut so. Hab mir ja auch den Riesenschinken von Telford Taylor über die Nürnberger Prozesse reingetan und erwarte bei einem Sachbuch auch in erster Linie detaillierte Information. Aber ich konnte es trotzdem nur in kleinen Happen lesen ... vor allem der Prozeß selbst war ziemlich ... ächz. Doch egal, seinen Zweck hat es erfüllt. Hatte auch kein Lesevergnügen erwartet.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Fand das damals (muss mindestens zehn Jahre her sein) auch recht flüssig. Aber das mag auch dem zeitweise gesteigerten Interesse für die Thematik geschuldet gewesen sein.
Heutzutage würde ich mir sehr gut überlegen, ob ich das wirklich lese (vor allem angesichts des Umfangs). Vielleicht empfiehlt sich ja, mal testweise nochmal quer zu lesen, wenn eine Laune dazu lockt.
Es ist wie mit so vielen Büchern leider: man vergisst dann doch recht viel davon. Was insbesondere bei historischen Büchern auch schade ist.
Stimmt, bei Sachbüchern ist das sehr lästig und man würde sich wünschen, ein fotografisches Gedächtnis zu besitzen. Auf der anderen Seite finde ich es vorteilhaft, dass ich von Romanen so schnell wieder das meiste vergesse. Dann kann ich sie öfter lesen.
Zitat von aalpaca im Beitrag #1583 Es ist wie mit so vielen Büchern leider: man vergisst dann doch recht viel davon.
Wenn ich mich für ein Thema interessiere, befasse ich mich ziemlich intensiv damit. Das kann auch mal heißen, daß ich mir zum selben Komplex auch mal zehn verschiedene Dokumentationen anschaue, manchmal zum Leidwesen von Menschen, die mit mir zusammenleben müssen. Was die RAF angeht, war ich da auch schon hinreichend gebrieft, was das Buch dann nicht unbedingt spannender macht.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Passt eigentlich nicht in mein Beuteschema, zudem insgesamt krasse 1300 Seiten dick. Aber war schon sehr interessant. So berühmt können Schriftsteller heute kaum noch werden, er hat zeitweise einen Roman pro Woche geschrieben und war stinkreich.
Er zeichnet sich als fürsorglichen bescheidenen Familienvater, lebt im Luxus, hat tausende Frauen, seine Tochter hat sich umgebracht. Vieles irritierend, in leichtem Ton erzählt, ein Faszinosum. Wegen der Dicke nur für Vielleser geeignet (die Aufzeichnungen der Tochter am Schluss habe ich etwas überflogen).
Boyd ist ein guter Erzähler, auch wenn es mir hier fast schon zu perfekt ist. Ein schottischer Klavierstimmer verliebt sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in eine russische Sängerin. Das erinnert ganz bewusst an Tolstoi und Co, es gibt Kutschen und Duelle. „Auf alt gemacht“ hat das die SZ genannt, das trifft es ganz gut. Ich mochte das Ende, das versöhnt mich immer. Ein gutes Buch für zwischendurch, aber kein Schwergewicht.
Ich habe das in Vorbereitung auf das neue erstmals gelesen. Ist natürlich heute keine Sensation mehr, Ähnliches hat man inzwischen öfters gelesen. Aber auch keine flüchtige Popliteratur, die Tristesse kommt auch heute noch gut rüber, finde ich.