Ich weiß, Wells hat in diesem Forum keine Freunde. "Vom Ende der Einsamkeit" hat mich damals sehr berührt. "Hard Land" ist mir stellenweise schon fast zu nah dran am Vorgänger-Roman. Erzählt wird eine Coming-of-Age-Story über einen Teenager in einer amerikanischen Kleinstadt Mitte der 80er-Jahre. Es geht um die erste Liebe, aber wie in "Vom Ende der Einsamkeit" auch um einen schweren Verlust. "Hard Land" wird von John-Hughes-Filmen inspiriert, das gibt Wells auch offen zu. Das liest sich auch ganz fluffig, war sogar auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller-Liste. Aber wer Wells nicht mochte, wird ihn hiernach immer noch nicht mögen. Wer ihm, wie ich, etwas abgewinnen kann, findet hier ordentliches neues Lesematerial.
Und jetzt versuche ich mich weiter an "Jane Eyre" in einer Uralt-Übersetzung.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Nick Mason über den Aufstieg von Pink Floyd, das Scheitern von Syd Barrett und den Disput zwischen David Gildmour und Roger Waters, der fast das Ende der Band bedeutete. Kurzweilig und sehr gut lesbar geschrieben mit einigen unbekannten Fotos.
einer der besseren nebeneffekte dieses ewigen watteartigen zustands ohne soziale kontakte ist ja, dass ich etwas mehr zum lesen komme. in den letzten wochen:
markus werner - bis bald alle paar monate muss ich mindestens markus werner lesen, sonst werde ich unglücklich. es spielt auch gar nicht so eine rolle, welches, sie sind alle so gut, dass man sie mehrfach lesen kann und soll. bis bald erzählt die geschichte eines denkmalpflegers, der im urlaub plötzlich einen herzinfarkt erleidet und danach mehr oder weniger immobil auf eine transplantation wartet, wie immer bei werner ist in die rahmenhandlung aber so viel anderes eingebettet, dass es müssig wäre, sich nur auf diese geschichte zu versteifen. es geht um alles. ich schenke ja mir nahestehenden personen (von denen ich denke, dass sie auf die lektüre ähnlich emotional reagieren wie ich) auch gerne mal bücher von markus werner. mit unterschiedlichem erfolg.
asta scheib - kinder des ungehorsams bei uns auf arbeit gibt es so eine art leihbibliothek, soll heissen, ein grosses regal in der kaffeeküche, wo leute bücher bringen und holen können. ohne viel zu erwarten hab ich das hier mal mitgenommen. kinder des ungehorsams erzählt die geschichte der aus dem kloster abgehauenen nonne katharina von bora, die dann martin luther heiratet. das buch ist irgendwo zwischen historischer erzählung und reflektion über liebe und glauben, will alles sein und verliert sich aber auch etwas in diesem anspruch. liest sich unfassbar schnell weg und ist schon auch unterhaltsam.
robert schneider - schlafes bruder das hatte ich tatsächlich noch nie gelesen. hier stimmt sehr vieles, die erzählung, die liebe zur musik und zur natur, die eigentümliche sprache (wenn jemand schnuppert, ob es brennt, steht eher "sie naste nach rauch", was ich herzallerliebst finde). der kontrast der naturszenen mit der bösartigkeit der dorfbewohner oder der menschheit allgemein. der schluss ist natürlich irgendwie banane, aber gleichzeitig passt es auch. ich war sehr angetan davon.
jonathan tropper - this is where i leave you ein wohl nicht autobiographischer ich-erzähler, dessen vater stirbt und die familie bittet, als trauergeste shiva zu sitzen. die familie ist natürlich höchst dysfunktional, die ehe des erzählers auch und sowieso funktioniert überhaupt nichts, wie es sollte. das ist irgendwo im universum anderer amerikanischer/ostküsten-jüdischer komik angesiedelt, es kommen woody allen, die royal tenenbaums oder transparent in den sinn - ohne dass einem die figuren aber so ans herz wachsen würden wie bei letzterem. es bleibt alles etwas konstruiert und erfindet nun wirklich auch das rad nicht neu, ist aber in sehr schönem englisch geschrieben (soll heissen: herrlich umgangssprachlich, aber nicht platt oder blöd) und hat schon seine momente.
und immer mal wieder dran an gerd koenen - die farbe rot ein deutlich über 1000seitiges monster über die geschichte des kommunismus. das ist gut und lehrreich, aber ich komme nur sehr langsam voran und brauche dann immer mal wieder was dazwischen, das eher meine seele als meinen kopf anspricht.
Zitat von drosophila im Beitrag #1655das ist gut und lehrreich, aber ich komme nur sehr langsam voran und brauche dann immer mal wieder was dazwischen, das eher meine seele als meinen kopf anspricht.
Das kenne ich. Lese schon ewig am Essayband von David Foster Wallace herum und hab mittlerweile 400 Seiten geschafft; größtenteils ist das für mich ein Paralleluniversum,weil er sich über Sachen verbreitet, die mich auf keiner Ebene tangieren. Vieles kapiere ich auch gar nicht und finde es dermaßen uninteressant, daß ich keinerlei Ambitionen habe, das auch nur kapieren zu wollen. Aber trotzdem lese ich das Buch mit Gewinn, denn es fordert mich; aber am Stück unlesbar.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Teil drei der Kopenhagen-Trilogie. Einer ihrer Ehemänner macht sie medikamentenabhängig, das Schreiben rückt in den Hintergrund. Die Sucht ist teilweise schwer erträglich, das Buch aber wieder sehr interessant. Das Ende ist leicht versöhnlich, die Autorin ist aber Jahre später durch Suizid gestorben (erhöht vielleicht die Kredibilität für autobiographische Romane).
Für mich ähnlich wie bei Faserland-Eurotrash. Um den neuen Roman zu lesen, habe ich erst einmal das Debüt gelesen, an das er nach Jahrzehnten anknüpft (Faserland hatte ich zuvor auch nicht gelesen). Eine lange Erzählung über einen Außenseiter in einem österreichischen Bergsportdorf. Ich mag den Ton sehr, es ist klassisch erzählt, vieles bleibt im Vagen (dass es angeblich aus fünf verschiedenen Perspektiven erzählt ist, wie ich in Schüleraufsätzen las, ist mir nicht aufgefallen 🤨). So war mir lange unklar, von wem Jakob gleich abgeholt wird (Polizei oder Psychiater). So Bergdorfthemen (Acht Berge, Ein ganzes Leben, Unsichtbare Grenze, etc) mag ich ja.
...zumindest bin ich gerade dabei. nach drei guten filmen zum thema ("der staat gegen fritz bauer", "im labyrinth des schweigens" und "der fall eichmann") und ebenfalls erfolgter einführung zur person "hannah arendt" wird es endlich mal zeit.
Zitat von oasupp im Beitrag #1660"der staat gegen fritz bauer", "im labyrinth des schweigens"
Beide absolut gleichwertig großartig und wichtig. Man vergißt gerne, wie gefährlich es in der Nachkriegs - BRD war, Täter aufzuspüren. Bin ja nach wie vor für eine 2 - Euro - Münze mit Porträt von Fritz Bauer. Das werde ich aber nicht mehr erleben.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Das Echo dunkler Tage Die vergessenen Kinder Der nächtliche Besucher
Mal wieder etwas für Krimifreunde, die auch nichts gegen ein bisschen Mystery haben. Die sogenannte Baztán-Trilogie, benannt nach dem Tal im baskischen Teil von Spanien in dem die Geschichte spielt. Ja, richtig gelesen, eine Geschichte und drei Bücher. Drauf gekommen bin ich, weil ich zufällig die Verfilmung(en) im ZDF gesehen hatte. Die fand ich von der Atmosphäre her sehr gut und die Schauspieler haben mir auch gefallen, aber ich fand die Schnitte/Sprünge manchmal etwas seltsam und das eine oder andere Logikloch konnte ich unmöglich übersehen. Trotzdem war ich neugierig geworden und habe mir dann den ersten Band als E-Book gekauft.
Und obwohl ich die Geschichte kannte und auch in etwas wusste, wie es ausgeht, finde ich die Bücher sehr spannend und auch atmosphärisch dicht. Auf jeden Fall ein Gewinn gegenüber der Verfilmung. Zum Inhalt will ich gar nicht viel sagen, anfangs geht es um eine Mordserie an jungen Mädchen und um baskische Sagen und Wald- bzw. Flussgeister. Irgendwie ist auch die Mutter der Kommissarin darin verwickelt. Übrigens die einzige Figur, die ich in der Verfilmung beeindruckender fand als im Buch.
http://www.last.fm/de/user/DerWaechter ehemaliger Influencer * Downtown * Radebrecht * "Die einzige Bevölkerungsgruppe, die man risikolos beleidigen kann, sind die Dummen. Da fühlt sich nie einer angegriffen." (Ronja von Rönne) “The sex and drugs have gone and now it’s just the rock ‘n’ roll” (Shaun Ryder)
Ich mochte schon Unter Leute nicht so richtig. Auch diesmal sind die Figuren wieder sehr holzschnittartig, die Werberin, die in die Provinz flieht, der Neonazi-Nachbar, der sich irgendwie als guter Mensch erweist. Dazwischen platziert sie wenig subtil alles, was sie mal zu Corona, FFF und Co sagen wollte. Auch nicht richtig schlecht, aber auch nicht gut.