das hat mich sehr beeindruckt. so "simpel" geschrieben, daß man es in einem rutsch durchlesen kann, und doch so nachhaltig. die wandlung eines kindes aus einem haushalt mit gewalttätigem, alkoholabhängigen vater zu einer jungen frau (das buch bildet eine spanne von ca. 5 jahren ab) ist absolut überzeugend dargestellt, und gerade die figur des jüngeren bruders ist sehr berührend gezeichnet. trauma --> reaktion. ich musste schon einmal schwer durchatmen, als ich durch war.
Das habe ich auch noch im Stapel. Selbst: Schenk - Roman d‘amour.
Eher kurz, fast schon eine Novelle. Eine Schriftstellerin hat einen Roman über eine Affäre geschrieben, der auf ihrer großen Liebe basiert und wird von einer Journalistin darüber ausgefragt. Ein interessantes Buch einer 77-jährigen Deutsch-Französin. Das „überraschende“ Ende ist erwartbar, stört hier aber nicht.
Schenk hatten wir bei einer Lesung (mit den Vorgänger) und sie ist absolut bezaubernd!
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
jochen unbehaun - die krügelsteiner und die räuber
der kapitalismus und die proletarische revolution für kinder erklärt auf 62 seiten mit tollen illustrationen zwischen wilhelm busch und f.k. wächter. super!
Wenn man sich daranmacht, das Gesamtwerk eines Schriftstellers zu lesen, kann nicht alles gut sein. Der Werbetext beschreibt es so:
Zum Abschluss der großen Remarque-Edition: seine frühen Romane. Die Geburt eines großen Erzählers! Gam ist jung und schön, aber rastlos. Auf der Suche nach sich selbst durchstreift sie vier Kontinente und reiht Affäre an Affäre, doch erst als ihr Liebhaber Lavalette stirbt, erkennt sie, dass sie sich nur allein finden kann. »Gam« ist der einzige Roman Remarques mit einer weiblichen Hauptfigur. Erst 1998 aus dem Nachlass publiziert, liegt er zum ersten Mal als Einzelausgabe vor.
Ich sage: 1922 oder 23 entstanden, ist das ein furchtbar prätentiöses Produkt und ein komplett überambitioniertes Werk eines jungen Schriftstellers, der offenbar noch keine Ahnung hatte, wo er überhaupt hinwollte und nur darum bemüht war, ein Kunstwerk zu schaffen. Demzufolge wird da alles hineingestopft, was ihm gerade durch die Rübe rauschte: Philosophie, fernöstliche Mystik, ein Abenteuerroman, ein Spionageroman, Poesie, exotische Schauplätze. Alles wird aufgeführt von hölzernen Protagonisten mit grauenhaft gestelzten Dialogen; durchaus gelungene Ansätze zerfließen wieder in den schwulsttriefenden Schilderungen allerlei exotischer Schauplätze wie Singapur, Colombo, Luxor und Malaysia, wo nicht nur ständig französischsprechende russische Adlige, englische Abenteurer und philosophierende Franzosen auftauchen (die man natürlich ca. 2000 Kilometer entfernt zufällig auf einem Dampfer wiedertrifft, um mit ihnen an der Reling zu parlieren), sondern auch ständig bronzefarbene Eingeborene, bei denen man prima die Lichtreflexe auf der schweißglänzenden Haut schildern kann. Das zeitgenössische Porträtphoto des Autors als Dandy mit exaktem Mittelscheitel und Monokel tut sein übriges.
Man kann nur spekulieren, wieso Remarque diesen bohèmehaften Quark nie veröffentlicht hat; vermutlich war er ihm irgendwann selbst peinlich. Auf jeden Fall ist es erstaunlich, wie er sich entwickelt hat, nachdem er seine literarische Bestimmung gefunden hatte; auch in seinem späteren Werk finden sich durchaus Elemente, die in "Gam" bereits in Ansätzen vorhanden sind. Das macht es nicht besser; um Remarques spätere Werke großartig zu finden, muß man es nicht gelesen haben. Aber wenn man die Gesamtausgabe hat, quält man sich auch einmal durch solch veritablen Scheiß und findet trotzdem noch die ein oder andere Erkenntnis.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Hatte mir ja die gebundene Neuausgabe gekauft, weil ich das nur als schäbiges Taschenbuch aus dem Antiquariat hatte, und es deshalb nochmal gelesen. In drei Tagen war ich wieder durch; alles an diesem Buch ist meisterhaft. Die Art, wie er das Grauen des Krieges platisch und nachvollziehbar macht, obwohl das nun schon über 100 Jahre her ist, und trotzdem zeitlos bleibt; wie er ständig Gedankengänge beschreibt, die so treffend sind, daß dieses Buch die Blaupause für sämtliche spätere Antikriegsliteratur ist. Wie er die Abstumpfung und zunehmende Gleichgültigkeit als Maßnahme beschreibt, um am Leben zu bleiben und angesichts des Gemetzels nicht den Verstand zu verlieren, genauso wie die Entfremdung zur eigenen Person vor dem Krieg. Und das lakonische Ende, das als Resümée alles auf den Punkt bringt. Ein ehrfurchtgebietendes Meisterwerk, vor allem, wenn man vorher solchen Scheiß wie "Gam" gelesen hat. Die Initialzündung eines Autors, der urplötzlich seinen künftigen Stil, Weg und Auftrag gefunden hatte.
Nein, ich bin nach wie vor kein Pazifist und werde auch nie einer werden; aber Bücher wie dieses verhindern angesichts diverser Kriege Gedankenlosigkeit, und er hat es zumindest geschafft, daß die Begeisterung, mit dem die Jugend in den I. Weltkrieg gezogen ist, heutzutage absolut nicht mehr nachvollziehbar ist und die Sprüche, mit denen sie dahin geschickt wurden, falsch, lächerlich und abstoßend wirken.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Wikipedia sagt: Tadellöser & Wolff ist ein Roman von Walter Kempowski, in dem der Autor Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend während der Jahre 1938 bis 1945 verarbeitet. Das Werk erschien 1971 und bildet den vierten Teil der Deutschen Chronik.
Wenn man sich einmal an den äußerst eigenartigen Stil gewöhnt hat (lauter Kürzestepisoden, die fragmentarisch wirken, aber doch quasi an einem durchlaufenden roten Faden hängen), macht dieses Buch richtig Spaß. Manches ist zwar redundant, aber die oft skurrilen Redewendungen und Ausdrücke der Figuren sind sehr unterhaltsam. Interessanterweise habe ich mir das Buch nach einem kurzen Blick hinein sofort gekauft, weil ich gleich eine Stelle erwischte, bei der ich lachen mußte.
Heidi Kleßmann spielte ein Stück, das 'Kasperle' hieß. 'Rummel - dummel - dumm!' ging das und 'rimmel - dimmel - dimm!" An ihrem dunkelblauen Kleid hingen rote Pompons. Die gerieten in heftige Bewegung.
Schöner und lakonischer kann man die kulturelle Ödnis im Dritten Reich nicht auf den Punkt bringen. Im Radio: Emmi Goedel - Dreysing mit ihrem Kinderchor. 'Sofort abdrehen, diese Pinkelmusik!!' Nicht auszuhalten. Unerträglich. Scheiße mit Reiße! Da könne man sich ja auch gleich einen Strick nehmen. Mal neugierig, wer sich das überhaupt anhört.
Fast das ganze Buch spielt in Rostock und dem Umland, aber am Ende wird Klein - Walter als Hitlerjunge mit 15 Jahren als Kurier im ganzen Reich rumgeschickt. Ulm, Berlin, Heidelberg, Bamberg, Ludwigshafen (!) und Mannheim. Da dachte ich mir, es wäre doch nett, wenn Karlsruhe noch auftauchte, und sogar den Gefallen tat er mir: Auf einem völlig zerstörten Bahnhof stand gerade ein Zug nach Karlsruhe. Warum nicht mal nach Karlsruhe fahren? Es hatte mal einen leichten Kreuzer gegeben, der hatte auch 'Karlsruhe' geheißen, den hatte Dicker Krahl besessen. Einfach mal nach Karlsruhe fahren, wer konnte denn wissen, wann man da mal wieder hinkommt.
Der Einstieg in das Buch war reichlich zäh, und ich habe die erste Hälfte recht langsam gelesen, da mir der Stil anfangs auf Dauer zu nervig war. Doch irgendwann nach 240 Seiten machte es "Klick", und ich mähte die restlichen 230 Seiten in drei oder vier Tagen nieder. Definitiv eine Empfehlung, und ich möchte auch noch mehr von ihm lesen.
*edit*
Noch einmal Wikipedia:
Eine Besonderheit in Kempowskis Stil ist die Kunst der Collage. Durch eine scheinbar emotionslose Aneinanderreihung eigener Erlebnisse, von Liedtexten, Zitaten, Reklameschriften usw. in einen jeweils meist absatzweise strukturierten Kontext entsteht eine für den Leser authentisch wirkende Szene. Die hintereinander gereihten Absätze mit jeweils wechselndem Thema ergeben eine Art literarische Collage, die trotz ihrer scheinbaren Teilnahmslosigkeit spannend wirkt und dem Leser viel Raum für die eigene Interpretation lässt. In seiner Familienchronik hat er diese Collage-Technik zu hoher Perfektion ausgebaut.
Kann man so unterschreiben.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Lappert: Leben ist ein unregelmäßiges Verb. „Nach Hause schwimmen“ mochte ich sehr, sehr gerne. „Über den Winter“ fand ich etwas lahm. Das hier ist schon maßlos. 1000 Seiten, eigentlich jeder Strang ein Roman für sich, jede Nebenfigur wird mit einem manchmal zu originellen Lebenslauf versehen, unterschiedliche Erzählperspektiven etc Lappert wollte also mal den großen Roman schreiben. Die Geschichte ist aber interessant (vier Kinder wachsen in einer Kommune ohne Kontakt zur Außenwelt auf und werden dann auseinandergerissen), seinen Stil mag ich und die zweite Hälfte war besser als die erste (bei dicken Büchern immer wichtig). Kann man gut lesen, aber wäre vermutlich auch auf 900 Seiten gegangen :p
Kubsova: Ein stiller Roman über das karge Leben auf einem Bergbauernhof in Südtirol am Ende des Tals, die Industrialisierung der Landwirtschaft, Tourismus, das Leben von drei Generationen (vor allem der Frauen). Könnte gefallen, wem „Acht Berge“ (noch besser) und „Ein ganzes Leben“ gefiel. Tadellos, vermutlich ein Debüt.
Hat sich für die Dicke (1200 Seiten) erstaunlich leicht gelesen. Buch zum reinlegen sgae ich immer, wenn man es immer wieder gern aufklappt und weiterliest.
Bei meinem schlechten Gedächtnis war es hilfreich, paar Notizen zu machen, welcher Ferguson gerade dran ist. Auf Seite 800 weiß ich sonst nimmer, ob .4 mit Amy zusammen kam oder nicht. Im Grunde eine "was wäre gewesen, wenn"-Geschichte und man denkt dann gern über die eigenen Kreuzungen nach.
Stand schon länger herum und habe ich jetzt endlich mal gelesen. Ein tolles Buch, auch die Zusammenführung der Stränge am Ende. Ja, zum Reinlegen. Ich war zu faul zum Notizen machen, aber das hätte den Spaß sicher noch erhöht, da ich schon das ein oder andere mal durcheinander gekommen bin.