Ich gehe dann so vor, mir erst den Film anzuschauen und anschließend das Buch zu lesen. Sonst ist man fast immer von der Umsetzung enttäuscht, andersrum klappt besser.
Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war (2013)
Ich hatte null Erwartungen: den Namen des Autors hatte ich noch nie gehört (und war dann erstaunt, daß der ziemlich prominent ist), und das Buch habe ich aus dem Haus meiner Mutter gerettet, wo es ungelesen Staub fing, weil die Inhaltsangabe interessant klang. Nach leichten Startschwierigkeiten habe ich es dann in einem Rutsch heruntergerissen. Eine ungewöhnliche autobiographische Familiengeschichte, recht offen erzählt; manchmal habe ich schallend gelacht, manchmal war es unangenehm albern, und gegen Ende wird es zunehmend traurig. Wie im richtigen Leben halt. Tolle Lektüre für zwischendurch, und sehr gut geschrieben, obwohl der Stoff eigentlich nicht viel für Stilübungen hergibt. Kann ich nur empfehlen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Ein bissl hat es mich an Schulman erinnert, eine Familiengeschichte mit einem traumatisierenden Erlebnis in der Kindheit im Hintergrund. Ein Paar hat einen siebenjährigen Sohn, dem in der Schule vorgeworfen wird, eine Mitschülerin belästigt zu haben (was genau passiert sein soll, erfährt man erstmal gar nicht). Bei der Mutter schleicht sich ein Misstrauen dem eigenen Kind gegenüber ein. Beklemmend und fast schon ein Pageturner dabei.
Zitat von King Bronkowitz im Beitrag #2419 Ich hatte null Erwartungen: den Namen des Autors hatte ich noch nie gehört (und war dann erstaunt, daß der ziemlich prominent ist),
Bis auf das neueste habe ich alle Bücher von Meyerhoff gelesen. Das "Ach diese Lücke..." ist unterhaltsam nett. (Da ich diverse nur leicht anonymisierte Personen aus dem Roman in der Realität kannte, war das Buch für mich persönlich ein sehr großes Vergnügen; aber das kriegt der normal-Leser nicht mit). "Die Zweisamkeit der Einzelgänger" ist mir etwas zu sehr selbstüberzeugt. "Hamster im Hinteren Stromgebiet" ist wohl ein typisches Buch über selbst erfahrene Erkrankung (bei ihm Schlaganfall). Auch hier ist mir eine bisschen zuviel Selbstdarstellung dabei. "Amerika" - sein erstes Buch - hingegen ist ganz großartig. Fast noch schöner als "Warum wird es ...". Voller Sympathie für Menschen.
nein das war das vierte - danach kam noch das mit dem schlaganfall. ich bin da ganz bei fanwander: "amerika" ist das beste. allein bei der der szene über den ausflug ins rutschenparadies habe ich tränen gelacht.
Charlotte Brontë - Jane Eyre, die Waise von Lowood (1847)
Wie man am Cover erkennen kann, handelt es sich um eine der kostenlosen Fassungen, die es bei Kindle gibt, teils noch in alter Orthografie und teils auch mit Fehlern, die vermutlich beim Digitalisieren erfolgt sind. "Jane Eyre" liest sich für sein Alter und seine Sprache erstaunlich leicht, dennoch habe ich mich abgemüht und es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich mit der "Autobiografie" (so der englische Untertitel) fertig war. Gerade die letzten Kapitel haben mich aber förmlich ins Buch gesogen, weil mich gerade das Vorgehen von St. John Rivers wütend gemacht hat. Das Leid, das Jane Eyre bisher erfahren hat, wird hier noch mal getoppt. Denn bisher waren es boshafte Menschen, die sie schlecht behandelten. Eine Bewertung erspare ich mir, dafür hat es zu lange gedauert. Aber vielleicht schaffe ich es ja, wieder mehr zu lesen. Nur ein Buch im vergangenen Jahr (ich hatte bei meiner Behauptung, nichts gelesen zu haben, "MTViva liebt dich" vergessen) ist dann doch arg wenig.
Die letzten Sechs in der Playlist: Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed || Idles - Joy As an Act of Resistance || Wild Nothing - Indigo
Ein stilles, schönes Buch für die noch staade Zeit. Sechs Astronauten kreisen 24 Stunden um die Erde. Es passiert sehr wenig, es dominieren Gedanken und Landschafts-(nennt man das im All so?)Beschreibungen. Poetische Bücher sind ja oft bissl anstrengend, dieses ist aber selbst recht schwerelos. Hat den Booker Prize 2024 gewonnen.
"Ein Klassiker der Abenteuerliteratur" steht auf dieser Ausgabe (ich hatte stilecht die uralte von meinem Vater, gedruckt zirka 1960), und das irritiert natürlich erstmal. Aber so falsch ist diese Kategorisierung nicht, denn speziell in der zweiten Hälfte weht oft ein Jack-London-Feeling durch die kalten Weiten Ostsibiriens. Der Schlussteil geht eindeutig zu schnell, aber ich war vom Roman deutlich beeindruckter, als ich dachte und habe ihn innerhalb weniger Tage durchgelesen. Sprachlich kann Bauer auch einiges, sein Stil ist irgendwie schwer zu beschreiben.
basiert auf einer geschichte, die murakami bereits 1980 geschrieben hat, aus den damals 100 seiten sind nun 620 geworden. das buch besteht aus drei teilen, die ersten beiden gehen auch in ordnung, das liest sich gut, regt an und bezaubert durch phantasievolle umgebungsbeschreibungen und faszinierende charaktere. ein problem habe ich mit dem dritten teil, da habe ich das gefühl, dass am ende etwas künstlich am leben gehalten wird, was eigentlich 150 seiten zuvor bereits ein gutes ende hätte finden können.
zunächst war ich skeptisch, weil ich ungerecht genug bin, jedes buch, welches annähernd diese thematiken aufgreift, an meinem goldstandard "das wirkliche leben" von adeline dieudonné zu messen. irgendwann habe ich dann aber doch gemerkt, dass "22 bahnen" zwar - natürlich - anders, am ende aber doch absolut super ist.
ich habe lange nichts von houellebecq gelesen, mir dieses aber letztes jahr zu weihnachten gewünscht. was ich erwartet habe, war ein politisches buch, eine dystopie, ähnlich wie "unterwerfung", letzten endes würde ich persönlich "vernichten" aber eher als familiengeschichte einsortieren. und das ist keineswegs enttäuschend, denn sprache und geschichte sind grandios und haben mich schwer begeistert.
und rechtzeitig zum urlaubsende auch noch dieses. zunächst war ich irritiert, weil ich nicht wusste, dass der kosmos jener aus kaiser-mühleckers "wilderer" ist (das fand ich ja super) und wollte schmollen, habe dann aber schnell gemerkt, dass die "brennenden felder" ein eigenständiges, eins-a-psychogramm sind, welches eben einfach nur eine andere ecke ausleuchtet. dennoch, an den "wilderer" kommt es nicht heran.
Das trifft es ganz gut. Ähnlich eigentümlich (so richtig sympathische Figuren sind bei ihm ja immer auch rar), aber bei mir hat sich das noch nicht abgenutzt. Beim Wilderer sind mir auch ein paar Momente noch eindringlicher hängen geblieben.